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Die Morde von Kinloch

hier erhältlich:

Ein Mann schwingt sich mit einem Kanister in der Hand über die Reling einer Motorjacht und geht einige Schritte das hölzerne Pier des beschaulichen schottischen Küstenortes Kinloch hinunter. Er stoppt, setzt sich auf den Boden und gießt den Kanisterinhalt über sich aus. Im nächsten Moment endet sein Leben in einer Stichflamme, die gen Himmel schießt.
DCI Jim Daley steht vor einem Rätsel: Wer oder was trieb den Mann zu einem derart grausamen Selbstmord? Viel Zeit zum Rätseln bleibt Daley allerdings nicht. Kurz darauf werden zwei weitere Leichen in Kinloch gefunden. Eindeutig ermordet …

»Wer bleireiche Action und bissige Dialoge mag, sollte der Serie eine Chance geben ...« Krimicouch.de


  • Erscheinungstag: 03.06.2019
  • Aus der Serie: Dci Jim Daley
  • Bandnummer: 3
  • Seitenanzahl: 416
  • ISBN/Artikelnummer: 9783959678391
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Für meine Großmutter Margaret Pinkney, geborene MacMillan, die mir immerfort vorlas und ihre Geschichten erzählte.

Obwohl sie uns schon vor mehr als vierzig Jahren verlassen hat, vermisse ich sie noch immer.

»Sünder, deren Lieb’ auf ew’g getränkt mit Bitterkeit und Wermut«

Edward Perronet

Prolog

Feierlich läutete die Glocke auf den Pontons in der Brise, die vom Atlantik her über Kinloch wehte und mit ihrer lauen Wärme einen weiteren herrlichen Hochsommertag ankündigte. Der sepiafarbene Schein der ersten Sonnenstrahlen hüllte die schlafende Stadt ein.

Als wäre sie gerade erwacht, sprang die Tür zum Ruderhaus der Alba auf. Die Sonne spiegelte sich sanft in ihrem lackierten Eichenholz und glänzte auf dem polierten Messing des Bullauges, während Walter Cudihey auf das schmale Deck heraustrat. Sein Gesicht war eine starre Maske, die Augen schwarz. In der linken Hand hielt er einen Benzinkanister, die rechte umschloss einen kleinen Gegenstand, der vollständig in der geballten Faust verschwand.

Mit einer Gewandtheit, die man ihm bei seinem Alter und Körperbau gar nicht zugetraut hätte, schwang er sich über die Bordwand und landete auf den Bohlen des Anlegestegs. Sein Blick glitt über das ölig-blaue Wasser des Loch und die steil aufragende Hafenmauer, zur massigen Silhouette eines Granitdenkmals jenseits der Straße, dessen Umrisse im ersten Morgenlicht wie ausgeschnitten wirkten. Es war das Mahnmal für die Kriegstoten von Kinloch, und das schlichte Kreuz an seiner Spitze zeichnete sich schwarz gegen die Glut der aufgehenden Sonne ab. Cudihey kehrte dem Denkmal den Rücken zu und ließ sich im Schneidersitz nach Osten blickend auf den hölzernen Planken nieder. Seine Pupillen waren wie Stecknadelköpfe im ersten Morgenlicht.

Er saß eine ganze Weile da, bevor er, ohne eine Miene zu verziehen oder den Blick vom Horizont abzuwenden, den Behälter in die Höhe hob und sich mit seinem Inhalt übergoss. Die klare Flüssigkeit spritzte auf seinen kahlen Schädel und den schütteren Haarkranz, tränkte das weiße T-Shirt, die Bermuda-Shorts und die Holzplanken, während der Kanister mit einem hohlen Laut gluckerte, bis er leer war.

Cudihey kniff die Augen vor dem beißenden Treibstoff zusammen, legte blind den Behälter weg und ließ die Kappe eines Messingfeuerzeugs aufschnappen. Einen Herzschlag lang zögerte er, bevor er es mit einer schnellen Daumenbewegung am Reibrad entzündete. Die Flamme breitete sich rasch über seinen Arm aus und verschlang seinen Leib mit einem erst roten, dann grünlichem Flackern. Es knisterte heftig, während Cudiheys Körper vom Feuer verzehrt wurde und zusammenschrumpfte wie ein Sonntagsbraten.

Durch einen Schleier aus Glut war noch kurz eine schwarze Masse sichtbar, die langsam nach hinten kippte, während das verkohlte Bohlendeck nach unten ins Wasser krachte und eine stinkende Dampfwolke aufstieg.

1

Jim Daley wachte jäh auf. Blinzelnd sah er auf die Uhr und stellte fest, dass es 5.28 Uhr war. Er stützte sich auf einen Ellbogen und versuchte, seine Gedanken zu sammeln und sich zu orientieren. Er hatte einen trockenen Mund, sein Schädel pochte und ihm war ein wenig übel – unleugbar das Resultat übermäßigen Alkoholgenusses in der Nacht zuvor. Wie in viel zu vielen Nächten in letzter Zeit, dachte er.

Während die tiefen Strahlen der Morgensonne durch den dünnen Vorhang schienen, stellte er fest, dass er sich in dem kleinen Doppelbett viel zu breit gemacht hatte, das ihm nicht gehörte, auch wenn es nicht ganz unvertraut war. Moderne Drucke und kunstvolle Schwarz-Weiß-Fotos zierten die Wände. Über seinem Kopf hing ein Strohhut mit roter Schleife.

Und neben ihm ergossen sich die langen, kastanienbraunen Haare der Frau, mit der er die Nacht verbracht hatte, auf das weiße Kissen und umrahmten ihr rundes Gesicht. Ihr Atem ging tief, und ihre langen Wimpern zuckten im Traum. Einen Moment lang erfreute er sich an ihrer blassen Schönheit, bevor düsterere Gedanken sich in den Vordergrund drängten und die Übelkeit in seiner Magengrube zurückkehrte, unmissverständlich und unangenehm wie stets.

So sanft es seine massige Gestalt zuließ, hievte er die Beine aus dem Bett und hielt auf dem Fußboden Ausschau nach seiner Kleidung. Neben einem Spitzen-BH, einer zerknitterten schwarzen Seidenstrumpfhose und einem Slip – so knapp, dass er den Namen kaum verdiente – erblickte er sein Hemd, hellblau und zeltartig im Vergleich zu den anderen Kleidungsstücken. Darauf lag eine kleine Silberfolienverpackung, aufgerissen und mit einem benutzten Kondom darin, zusammengeknotet und säuberlich in die Hülle zurückgestopft. Er rieb sich seufzend die Bartstoppeln am Kinn.

Während er das Hemd überstreifte, sah er im Schrankspiegel, dass sein Gesicht zwar gefurchter und faltiger geworden war, aber auch merklich schmaler. Leider wurde die flüchtige Freude darüber von seinem hartnäckigen Bauch gedämpft, den er einziehen musste, um die Hose schließen zu können. Er nahm sein Jackett von der Rückenlehne des einzigen Stuhls im Zimmer und zuckte zusammen, als ein paar Münzen klimpernd aus der Innentasche fielen und die Stille des Raums zerrissen. Doch es reichte nicht, um seine schlafende Gefährtin zu wecken. Sie drehte lediglich den Kopf und arrangierte die Haare auf dem Kopfkissen neu. Trotz seines Unbehagens, trotz der schwierigen Lage, in die er sich hineinmanövriert hatte, trotz der gängigen katholischen Anfälle von Schuldgefühl, musste er lächeln. Sie war so schön. Er schlüpfte in sein Sakko und stieg über den Rest der Kleidung hinweg zur Tür.

In der kleinen Diele versuchte er, seine Gedanken zu ordnen. Er war immer ein Frühaufsteher gewesen, allerdings war es heute sogar für ihn ein wenig zeitig, um hellwach und auf Draht zu sein, vor allem wegen des Weins von letzter Nacht, den er immer noch in seinem eigenen Atem riechen konnte. Als er ins Wohnzimmer trat, erwachte gerade sein Mobiltelefon zum Leben. Er nahm es vom Kaffeetisch, registrierte die entgangenen Anrufe und las die neue Nachricht. Ein heftiges Stirnrunzeln vertiefte die Furchen in seiner Stirn. Er wollte sich gerade nach dem Festnetztelefon umsehen, als er ein Geräusch hinter sich hörte und sich umdrehte.

»Morgen, Sir … Jim«, sagte Mary Dunn lächelnd und zog die Augenbrauen hoch, als sie ihren Fehler bemerkte. Daley sah ihr in die eisblauen Augen, und sein Blick wanderte zu ihrer kleinen Stupsnase und den roten Lippen, die einen leichten Schmollmund bildeten. Unter den Falten des Morgenmantels zeichneten sich ihre schlanken Gliedmaßen ab, und beim Anblick ihres Dekolletés durchzuckte ihn ein Stich des Begehrens. Nicht zum ersten Mal erinnerte sie ihn an die junge Liz.

»Morgen.« Er lächelte. »Wie geht’s?«

»Gut. Ein bisschen müde. Probleme?« Sie sah zu dem Telefon in seiner großen Hand hin.

»Wenn Brian hier wäre, würde er wohl sagen: ›Das Leben eines Polizisten ist eines der schwersten.‹ Ich muss so schnell wie möglich aufs Revier. Ich wollte gerade rasch dort anklingeln – wo ist denn das Festnetztelefon?« Er warf ihr einen bittenden Blick zu und verzog das Gesicht zu einer komischen Grimasse. »Hier hat man kaum ein Netz«, erklärte er, als sie das Telefon unter einem Magazin auf dem Sofa hervorzog und ihm reichte.

»Kaffee?« Sie gähnte.

»Äh, ja«, erwiderte er und hielt nach einem freien Sitzplatz Ausschau. »Nur ganz schnell, dann muss ich los. Du weißt ja, wie es ist.«

Sie lächelte ihm schwach zu. Sie wusste verdammt gut, wie es war. Er war ihr Chef, mehr als zwanzig Jahre älter als sie, und sie waren seit fast sieben Monaten Geliebte.

»Falls jemand nach Detective Constable Dunn fragt, sag ihm, du kennst mich nicht.« Sie grinste über die Schulter zurück, während sie in die kleine Küche tappte.

Er sah ihr nach. Es war schwierig, sehr schwierig. Um ihre Beziehung geheim zu halten, hatte er sie darin bestärkt, von ihrer Wohnung in der Stadtmitte in ein kleines Cottage am Rand der Ortschaft Machrie umzuziehen, sieben Kilometer nördlich von Kinloch. Es lag abseits der Straße an einem Feldweg, sodass es selbst den hartnäckigsten Klatschmäulern in der Stadt schwerfallen dürfte, ihrem Geheimnis auf die Spur zu kommen – jedenfalls hatten sie das gehofft. Innerhalb von Tagen nach dem Umzug jedoch, keine vierundzwanzig Stunden nach seinem ersten Besuch hier, hatte ihn ein Bekannter auf der Straße angehalten, der es »nur recht und billig fand, ihn darüber aufzuklären, was alle sagten«. Nach einer Phase, in der sie sich nicht mehr getroffen und er sich einsamer als je zuvor gefühlt hatte, war er zu ihr zurückgekommen. Seitdem behandelten sie ihr verbotenes Verhältnis so diskret wie möglich, und das wissende Nicken und das verschwörerische Zwinkern hatten bald aufgehört – jedenfalls weitgehend. Das Leben hatte zu einer Art von Normalität zurückgefunden.

Anfangs hatte Daley sich vorgenommen, sie nicht zu lieben, sondern die Affäre als eine schöne Erfahrung mitzunehmen, wie das Leben sie eben mit sich brachte. Aber bald hatte er gespürt, dass eine Leere an ihm nagte, wenn sie nicht da war, er konnte nicht mehr richtig stillsitzen, aufstehen, schlafen oder irgendeine der alltäglichen Tätigkeiten durchführen, aus denen das Leben bestand. Er liebte ihre Gesellschaft. Sie war freundlich, verfügte über stille Entschlossenheit und einen trockenen Humor. Sie passten gut zusammen, hatten einen ähnlichen Geschmack, lachten über die Witze des anderen und wussten beide um die Strapazen einer Laufbahn bei der Polizei.

Er hörte sie in der Küche hantieren, während sie vor sich hin sang. Genau wie er liebte sie Musik, war aber völlig unmusikalisch, sodass er nicht erkannte, welchen Song sie gerade in der Mangel hatte. Er sah zur Decke, rieb sich die Augen und seufzte. Er wusste, dass er die Beziehung hätte beenden sollen. Sie hatten sich an dem Tag geküsst, als er ihr das Leben gerettet und Liz die Fotos gezeigt hatte, auf denen sie in Mark Hendersons Armen lag – dem Tag, an dem sein Leben auf den Kopf gestellt worden war. Er hatte versucht, vernünftig zu sein, doch ohne Erfolg. Liz’ Weggang hatte eine klaffende Lücke in seinem Leben hinterlassen, eine, die anscheinend nur seine junge Untergebene hatte ausfüllen können.

Er war so umsichtig, die 141 vorzuwählen, bevor er die Nummer des Polizeireviers von Kinloch eintippte. Die Gerüchte und Spekulationen waren zwar verstummt, aber er musste ja nicht wieder Öl ins Feuer gießen.

»Hier Daley«, sagte er mit einem halben Gähnen. »Was gibt es?« Er hörte ein paar Sekunden lang zu, bevor er begann, sich die Stirn zu massieren und nach einer kurzen Verabschiedung auflegte.

»Nichts Gutes, nehme ich an?« Mary überreichte Daley mit ernster Miene einen Becher dampfenden Kaffees.

»Nein, ganz und gar nicht. Offen gesagt, an deiner Stelle würde ich mich anziehen.« Er warf ihr ein schiefes Lächeln zu, während er vorsichtig an dem starken Kaffee nippte.

Sie sah ihm nach, bis er seinen Wagen erreicht hatte und davonfuhr. Er war ganz sicher nicht der junge, gepflegte, gebräunte und gecremte Typ Mann, der für die Frauen des 21. Jahrhunderts das Ideal zu sein schien. Er war beinahe doppelt so alt wie sie, aber das spielte keine Rolle. Ihr gefiel er, selbstbewusst, ohne arrogant zu sein, mutig, aber zugleich besonnen. Er gab ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, er ließ ihr Herz schneller schlagen.

Constable Dunn brühte sich noch eine Tasse Kaffee auf. Bald würde sie ihre Maske aufsetzen und so tun, als wäre der Mann in dem gläsernen Büro nicht der, den sie liebte, sondern der, der er von Anfang an gewesen war – ihr Boss. Sie schob den Schmerz beiseite, den der Gedanke ihr bereitete, und sagte sich, dass es eben im Augenblick nicht anders ging. Sie wollte die Sache nicht allzu gründlich durchdenken. Sie wollte nicht, dass die Realität dabei schlecht wegkam.

Das Telefon klingelte. Jemand aus dem Polizeirevier von Kinloch würde ihr gleich etwas erzählen, das sie schon wusste.

2

Während Daley die Main Street entlangfuhr, sah er, dass sich trotz der frühen Stunde eine Menschenansammlung bei den Pontons gebildet hatte. Einige wenige Polizisten in Uniform bemühten sich, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Es sah aus, als würden sie die Schlacht verlieren. Er parkte so nah am Loch, wie es in dem Gewimmel möglich war, und drängte sich zum Schauplatz durch. Schwarzer Rauch hing in der klaren Luft, und ein widerlicher Gestank, herangetragen von der warmen Brise, stieß ihm übel auf.

»Entschuldigen Sie bitte«, rief Daley, während er sich durch die versammelten Einwohner kämpfte.

»Aye, lasst den Mann durch«, schrie jemand in der Menge.

»Kommt schon, lasst den großen Boss durch!«, verlangte ein anderer. »Seht ihr nicht, wie erschöpft er aussieht?« Darauf lief eine kurze Welle von Heiterkeit durch die schaulustigen Frühaufsteher.

»Kein Wunder. Bei der scharfen Kleinen käm ich auch nicht mehr aus’m Bett raus.« Viele der Einheimischen brachen – trotz des Gestanks und der schaurigen Szene – in schallendes Gelächter aus.

Daley war derartiges Geplänkel zwar gewohnt, doch irgendetwas an der frühen Stunde und der Örtlichkeit machte ihn wütend. Plötzlich wurde ihm übel beim Anblick der Menge, die so scharf darauf war, einen Blick auf die sterblichen Überreste eines Mitmenschen zu werfen. Er machte auf dem Absatz kehrt. »Gut, jetzt reicht es! Jemand hat hier sein Leben verloren, und euch fällt nichts Besseres ein, als dumme Witze zu reißen? Bis auf Weiteres ist das für mich ein Tatort, deshalb muss ich alle bitten, zurückzutreten und uns unseren Job machen zu lassen, andernfalls weise ich meine Beamten an, ein paar Verhaftungen vorzunehmen. Constables, tun Sie Ihre Pflicht.« Er gab den Uniformierten ein Zeichen, und sie begannen, die jetzt folgsamere Menge von den Pontons wegzudrängen.

Daley duckte sich unter dem gelben Tatortband durch und spürte, wie seine Hose sich am Hintern spannte. Das hätte ihm gerade noch gefehlt, dass sie jetzt platzte! Doch sie blieb heil, und er ging weiter zu den Überresten eines der schwimmenden Anleger, aus denen sich der Jachthafen zusammensetzte. Feuerwehrleute wimmelten um ein kleines hölzernes Boot herum, dessen Bug stark verkohlt war. Es war neben einer klaffenden schwarzen Lücke vertäut, die das andere Ende des Anlegestegs zur Insel gemacht hatte. Er trat zu einem Sergeant in Uniform und zwei Personen im Anzug, die ihm den Rücken zukehrten. Sie spähten alle ins flache Wasser des Loch.

»Guten Morgen, Gentlemen. Bitte bringen Sie mich auf den neuesten Stand, DS Rainsford.«

Ein hochgewachsener junger Mann im Maßanzug drehte sich zu ihm um. Sein langes schmales Gesicht und die kantigen Gesichtszüge verliehen ihm etwas Hochmütiges. Er trug die Haare kurzgeschnitten und mit Seitenscheitel. Er war etwas größer als Daley, der sich, konfrontiert mit der textilen Eleganz seines Untergebenen, unbewusst genötigt fühlte, seinen in aller Eile gebundenen Krawattenknoten zu richten.

»Guten Morgen, Sir. Wie Sie sehen, hielt ich es für notwendig, die Leiche so schnell wie möglich aus dem Wasser zu bergen.« Er wies auf drei Männer, die hüfttief im Wasser standen. Zwei von ihnen erkannte Daley als Mitglieder der RNLI, der Royal National Lifeboat Institution. Der andere war von der Feuerwehr. Die Seenotretter trugen orangefarbene Neoprenanzüge, während der Feuerwehrmann sich mit einer gelben Wathose begnügen musste, in die bereits das Wasser hineinschwappte. »Die Flut kommt, Sir. Ich denke, Sie verstehen die Eile – selbst wenn die Spurensicherung noch nicht eingetroffen ist.« Rainsfords Akzent klang weder schottisch noch englisch. Neutral, fand Daley.

»Was ist mit einer Beeinträchtigung des Tatorts?«, fragte er besorgt. Er befürchtete, dass bei dem Versuch, die Leiche aus dem Loch zu bergen, Beweismaterial verlorengehen könnte.

»Ich fürchte, wenn wir die Leiche nicht schnell da herausbekommen, wird sie bald anfangen zu zerfallen, Jim.« Daley wandte sich der kleinen dicklichen Gestalt von Dr. Richard Spence zu, einem der hiesigen Ärzte, von denen alle aufgrund von Kinlochs abgeschiedener Lage mit Polizeiangelegenheiten zu tun bekamen, wann immer es nötig wurde. Daley mochte den Mann, im Unterschied zu einigen weniger polizeifreundlichen Angehörigen seines Berufsstands, und respektierte seine Meinung.

»Das ist das Problem in einem solchen Fall«, fuhr Spence fort, »gut durchgebraten und dann in kaltem Wasser abgeschreckt. Es ist dasselbe wie bei einem Rinderbraten, es lösen sich immer Stücke – vor allem in Salzwasser. Besser wir holen ihn – oder sie – so schnell wie möglich da raus, Jim.«

Daley dankte dem Arzt und wandte sich wieder seinem Sergeant zu. »Was sonst können Sie mir sagen?«

»Ich habe vor ein paar Minuten mit dem Manager der Pontons gesprochen, Sir. Das Boot heißt The Alba, und es legte gestern gegen Mittag hier an. Ein Mann namens Walter Cudihey bezahlte die Liegegebühr per Kreditkarte. Der Manager mailt mir die Details, sobald er im Büro ist. Ich überprüfe noch, ob dieser Cudihey Mitglied im Jachtverband ist.« Er lächelte selbstsicher. »Abgesehen von der Feuerwehr, die den Brand an Bord gelöscht hat, hat niemand das Boot betreten.« Rainsford zog die Augenbrauen hoch und sah Daley über die Nasenspitze hinweg an. »Ich dachte, wir warten besser auf Sie, bevor wir mit der Durchsuchung beginnen, Sir.«

Daley nickte knapp. »Ja, das haben Sie gut gemacht, Detective Sergeant Rainsford.« Der junge Detective war jetzt seit fast vier Monaten bei ihm. Er war tüchtig, sachkundig und intelligent, auch wenn Daley seine Art ein wenig störte. Vielleicht lag es an dem Prädikatsexamen in Soziologie, seiner durchtrainierten Figur, seiner manchmal ein wenig herablassenden Ausstrahlung – oder einer Mischung von alldem. Vermutlich erinnerte er ihn entfernt an seinen verhassten Schwager Mark Henderson. Jedenfalls hatte Marcus Rainsford etwas an sich, das Jim Daley nicht mochte. Und natürlich ließ sich nicht leugnen, was auf der Hand lag: DS Rainsford mochte als Polizist noch so intelligent und pflichtbewusst sein, aber eine wichtige Eigenschaft fehlte ihm – er war nicht Brian Scott.

Es dauerte über eine Stunde, bis die Leiche mittels eines improvisierten Hebezeugs aus dem Wasser geborgen war. Währenddessen traf die Spurensicherung ein, um eine forensische Aufnahme des Bootes und der Überreste des Pontons durchzuführen. Die Leiche wurde dafür vorbereitet, per Hubschrauber nach Glasgow transportiert zu werden, wo eine ausführliche Autopsie stattfinden würde. Einwohner säumten die Straße, als Daley den Hügel hinauf und durch die Tore des Polizeireviers von Kinloch fuhr.

»Entschuldigung, Sir.« Detective Constable Dunn saß bereits an ihrem Schreibtisch, und ihr aufgeklappter Laptop zeigte ein paar verschwommene Schwarzweißfotos. »Ich dachte, Sie würden das sehen wollen.« Sie deutete darauf.

Daley beugte sich über ihre Schulter und stützte sich mit der Hand an ihrer Rückenlehne ab, während er mit zusammengekniffenen Augen auf den Bildschirm starrte. Ihre Haare rochen nach Erdbeeren, und er sah fasziniert zu, wie sie mit einem langen Finger die Scrollfunktion der Tastatur bediente, um das Video zurückzuspulen.

»Hier, Sir.« Das Bild erstarrte, und eine lange Reihe von durchlaufenden Zahlen am oberen Rand, die Daley nichts sagten, blieb stehen. Rechts unten in der Ecke konnte man die Uhrzeit ablesen, 04:17:23. »Das Material stammt aus der Überwachungskamera am Ende des Piers, Sir. Sie deckt das Gebiet recht gut ab, wenn auch – aber sehen Sie selbst.« Sie klickte einen Pfeil auf dem Bildschirm an, und die Bilder setzten sich in Bewegung.

Es war zwar eine Schwarzweißaufnahme, doch von guter Auflösung. Es gab ein Aufblitzen, als die Kabinentür der The Alba aufschwang und ein kleiner, dicker und kahlköpfiger Mann auftauchte, der ein T-Shirt und Shorts trug und einen großen eckigen Behälter in der Hand hielt. Daley sah, wie er behände auf den Ponton und damit aus dem Bild sprang.

»Was jetzt?«, fragte er und betrachtete aus irgendeinem Grund Dunns Scheitel.

»Eine Sekunde, Sir – sehen Sie weiter zu.«

Es gab einen Blitz, der einen Augenblick lang den ganzen Bildschirm weiß aufleuchten ließ. Als der grelle Schein verblasste, sah man Flammen am linken Bildrand flackern, die langsam auf die Jacht übergriffen.

»Da haben wir es«, sagte Daley und richtete sich mit einem langen Seufzer auf.

»Nein, warten Sie, Sir, das ist noch nicht alles.« Dunn ließ das Video rasend schnell zurücklaufen. Daley beugte sich wieder über sie und sah zu, wie die Zeit rechts unten rückwärts lief. »Nachdem ich das eigentliche Ereignis isoliert hatte, hielt ich es für sinnvoll, mir kurz anzusehen, was vor dem Brand passierte.« Sie sah zu Daley hoch und lächelte ihn an. »Hier ist es.« Sie hielt das Video bei 02:07:48 an.

Abermals schwang die Kabinentür auf, auch wenn diesmal kein Sonnenlicht auf dem Bullauge aufblitzte. Zwei Männer traten auf das schmale Deck des Bootes heraus. Einer von ihnen wirkte ausgesprochen wackelig auf den Beinen. Daley sah zu, wie der Mann mit der Glatze und den Bermudashorts ihm vom Deck auf den Ponton half. Dunn hielt das Bild genau in dem Moment an, als die schwankende Gestalt sich aufrichtete und ungefähr in Richtung der Kamera blickte. Es gab keinen Zweifel – selbst auf diese Entfernung war Hamishs Gesicht unverkennbar.

»Oh nein«, stöhnte Daley.

3

Sie hatte sich nie mit Kirkintilloch anfreunden können. Ein Teil von ihr sehnte sich immer noch nach dem East End von Glasgow zurück. Ihre Freunde, ihre Familie – oder was davon übrig war, eben einfach jeder, an dem ihr etwas lag – lebte irgendwo in diesem übel beleumundeten Teil der Stadt. Der Umzug nach Kirky, wie der Ort vom Großteil der hiesigen Bevölkerung genannt wurde, war ein Kompromiss gewesen.

Solange die Kinder im Haus gewesen waren, hatte sie nicht viel Zeit gehabt, sich über ihre Umgebung Gedanken zu machen. Aber nun, da beide flügge waren, blieb ihr viel mehr Zeit für sich – nach allem, was passiert war.

Ihr Blick fiel auf eine Fotografie auf dem Kaminsims. Es zeigte einen in strammer Haltung dastehenden Mann. Er hatte die Arme dicht an den Körper gelegt, und die Daumen seiner geballten Fäuste, die in weißen Handschuhen steckten, wiesen zu Boden. Sie lächelte, während sie seine kantigen Gesichtszüge betrachtete, die man unter der schwarz-weiß karierten Mütze mit der hohen Krempe und dem glänzenden schwarzen Schirm gerade so eben erkennen konnte. Selbst von hier aus sah sie die scharfen Bügelfalten in der Hose und den Ärmeln des Uniformrocks. Sie lächelte dem ernsthaften jungen Gesicht zu, das so wenig zu dem Mann zu gehören schien, den sie heute kannte. Die Aufnahme war vor vielen Jahren entstanden, genau gesagt kurz nach ihrer Hochzeit. Ihr Herz war von Stolz erfüllt gewesen, als sie ihrem Mann, Brian Scott, bei der Abschlussparade der Polizeischule zugesehen hatte. Eine Träne schlängelte sich an ihrer Wange herab.

In ihre liebevollen Erinnerungen brach ein lautes Klopfen an der Tür ein. Hinter der Glasscheibe zeichnete sich eine Gestalt in Uniform ab, und die goldene Tresse an der Mütze deutete darauf hin, dass es sich nicht um irgendeinen Polizeibeamten handelte.

»Willie!« Sie bat den Mann in der makellosen Uniform herein. »Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich dich das letzte Mal gesehen habe. Wie geht’s Sheila und den Kleinen?«

»Aye, gut, gut. Sind alle erwachsen, genau wie deine. Und selber, Ella, wie kommst du zurecht?« Der Mann war groß und füllig. Mit der fleischigen Hand schob er sich die Mütze in den Nacken und zog die Frau an sich wie ein Bär.

»Lass mich runter, du großer Mistkerl«, kreischte sie. »Komm schon rein und setz dich, sonst kriegst du noch Plattfüße. Und nimm um Himmels willen den Deckel da ab, du siehst ja aus wie der Herzog von Edinburgh.«

»Aye, die Uniformen werden jeden Tag ausgefallener. Kann man sich das vorstellen?«, sagte er und deutete auf den Rollkragenpullover, den er anstelle des Uniformrocks trug, den sie gerade auf dem Foto ihres Ehemanns betrachtet hatte. »Scheiße, demnächst lassen sie uns noch Baseballkappen tragen – vor allem seit dem ganzen Palaver über unsere eigene schottische Polizei.«

»Aber was soll das Lametta auf deiner Schulter? Ich hab ja jetzt schon ein paar Jährchen mit euch Polis zu tun, aber so was hab ich noch nicht gesehen.« Ella trat einen Schritt zurück, um ihren alten Freund zu bewundern, während sie auf den großen Ledersessel deutete.

»Och, ich bin jetzt Deputy Assistant Chief Constable, ist das zu glauben? Kriegt man einen Kieferkrampf, wenn man’s ausspricht. Chief Superintendent war mir ganz recht. Und jetzt muss ich jeden verdammten Tag nach Kincardine rüber. Tulliallan hat mir schon nicht gefallen, als ich und dein Brian noch auf Probe waren, und in den letzten paar Wochen hab ich nichts gesehen, was das ändern könnte. Ist sowieso alles Unsinn – jeder Trottel weiß doch, dass die neue Truppe am Ende ihr Hauptquartier in Glasgow kriegt, oder nicht weit weg davon. Alles andere macht keinen Sinn. Wirst schon sehen«, sagte er, »wir beziehen von der Bande aus Edinburgh wieder die übliche Prügel.«

»Ich fürchte, ich hab ein bisschen den Kontakt verloren, seit – na ja, du weißt schon«, sagte sie mit einem tiefen Seufzer. »Die Dinge haben sich verändert, da will ich nicht lügen, Willie, es gibt Zeiten, da möchte ich bloß im Bett liegen bleiben und mir die Decke über den Kopf ziehen.« Sie setzte sich ihm gegenüber auf das Sofa.

»Och, so geht’s uns doch allen mal, Ella. Wir haben letztes Jahr unseren kleinen Jinky verloren. Scheiße, Mann, ich hab geheult wie ’n Schlosshund. Aye, war ein klasse Kumpel, der Gute.«

»Ist nicht ganz das Gleiche, Willie«, sagte Ella, während ihr Tränen in die Augen traten.

»Was meinste damit?«

»Also versteh mich nicht falsch, ich weiß, wie gern du ihn gehabt hast und so …«

»Aye, das kannst du zweimal sagen.« Willie rieb sich die Stirn. »Unsere Sheila konnt’s nicht über sich bringen, seine Decke zu waschen. Neulich Abend sind wir zum Essen gegangen, und da hatse ein Haar von ihm auf ihrem Rock gefunden. Wir mussten heimgehen – ganz außer sich war sie.«

»Arme Sheila«, sagte Ella mitfühlend.

»Natürlich will sie wieder einen, aber was Pudel heute kosten, nee. Leck mich am Arsch, fast einen Riesen wollen die dafür haben! Echte Pudel, nicht diese Spielzeugtölen. Jinky hatte nichts von ’nem Spielzeug!«, sagte er, und sein Gesicht rötete sich bei dem Gedanken an die Wucherpreise. »Tut mir leid, Ella, hab nicht nachgedacht. Ich hätt’ unsern Jinky nicht damit vergleichen sollen, was deinem Brian passiert ist.«

Sie betrachtete wieder die Schwarzweißfotografie. Das aufgeweckte junge Gesicht starrte sie unter seiner Schirmmütze hervor an. Hätte sie nur die Zeit zurückdrehen können. »Keine Sorge, Willie. Och, es war schwer, weißte …« Sie brach in Tränen aus, sodass der große Polizist sich aus seinem Sessel hievte und sie unbeholfen umarmte.

»Na, na, Ella. Das wird schon wieder, wird es immer. Nur Geduld. Ich hab da ’ne Idee …«

Plötzlich hörte man Gepolter aus der oberen Etage des Hauses, gefolgt von einem cholerischen kehligen Husten. Schnelle Schritte trappelten die Treppe herunter, und einen Herzschlag später flog die Wohnzimmertür auf. Ein zerzauster Mann in einem blauen Pyjama mit einem großen orangefarbenen Fleck auf dem rechten Aufschlag stand darin. Seine graumelierten Haare waren struppig, ebenso der entsprechende Bart.

»Lass bloß die Pfoten von meiner Frau, du großer Haufen Mist.« Der Gesichtsausdruck des Mannes passte zu seiner Ausdrucksweise. »Ich hätt’s wissen müssen, kaum mach ich ein Auge zu, schon sind die Polis da und schmeißen sich an mein Eheweib ran!« Langsam verwandelte sich sein Stirnrunzeln in ein breites Lächeln. »Wie geht’s, Willie?«, sagte er und streckte dem anderen Mann die Arme entgegen. »Dachte mir schon, dass das dein Rumgestöhne ist, das ich von oben gehört habe. Komm her.« Er umarmte den großen Mann und klopfte ihm auf den Rücken.

Willie sagte: »Du alter Galgenvogel. Hattest in den letzten Tagen keine Zeit für ’ne Rasur oder ’ne Dusche, was. Aye, und wie man riecht, leistet dir John Barleycorn droben Gesellschaft.« Der große Polizeibeamte wich ein wenig vor dem Geruch nach schalem Alkohol zurück. »Aye, aber gut, dich zu sehen. Wie geht’s dir, Brian?«

»Mir? Alles paletti, Willie. Aber vielleicht nicht ganz so toll wie dir. Scheiße, du siehst aus wie der alte Lord Nelson persönlich.« Brian Scott, ungepflegt und nach Alkohol stinkend, lächelte seinen ältesten Freund an.

»Also, Hamish, Sie müssen mir jetzt genau erzählen, was von dem Zeitpunkt ab geschehen ist, als Sie diesen Mann kennenlernten, bis Sie das Boot verließen«, sagte Daley mit Nachdruck. Er saß auf einem niedrigen Stuhl im engen Wohnzimmer des Cottages des Fischers. Der Raum war dunkel, und ein Nebel aus Pfeifenrauch hüllte den alten Mann ein, der in einem hölzernen Schaukelstuhl saß. Über einem altmodischen gusseisernen Ofen hing das vergilbte Ölgemälde eines Fischerboots, das sich durch schwere See kämpfte. Der antiquierte Eindruck wurde verstärkt durch zwei Öl-Sturmlampen, die an vorspringenden Haken zu beiden Seiten des Bilds hingen. Sie wirkten weder aufpoliert noch aufgehübscht, sondern so, als wären sie ständig in Gebrauch. Was wohl auch der Fall war, wie Daley vermutete. Neben einem uralten Radio stand eine fluoreszierende Boje, auf einem Tisch aus alten Orangenkisten eine Churchill-Büste. An der Wand lehnte etwas, das wie ein Sargdeckel aussah, außerdem eine Angelrute mit großer Messingrolle. Es roch durchdringend nach einer Mischung aus modriger Feuchtigkeit, dem salzigen Duft des Meeres und seiner Geschöpfe, überlagert vom würzigen Aroma des Tabaks. In der Düsternis war schwer zu sagen, woraus der Boden bestand, aber für Daley fühlte es sich an wie die Fußböden aus gestampfter Erde, von denen er in Romanen über das alte Schottland gelesen hatte. Zwischen zwei ausgefransten Vorhängen sah man durch das schmutzige Fenster das Meer. Hamishs abgelegenes Cottage lag über zwei Kilometer außerhalb von Kinloch am Ufer gegenüber der Insel, die über das Loch wachte. Ein fast perfekter Hafen bei jedem Wetter.

In Hamishs Schoß lag der größte Kater, den Daley je zu Gesicht bekommen hatte. Er gab ein tiefes, sattes Schnurren von sich, während er den Besucher durch halb geschlossene gelbe Augen beiläufig und doch wachsam musterte.

»Wie heißt er?«, fragte Daley und nickte zu dem Tier hin.

»Aye, sein Name, aye«, sagte Hamish zögernd. Schließlich antwortete er mit einem leichten Nicken: »Hamish. Aye, Sie brauchen nichts zu sagen, lassen Sie’s einfach. Ich weiß schon, dass es ein bisschen übertrieben ist, ein Haustier nach sich selbst zu nennen, aber denken Sie doch mal nach. Wie viele Leute nennen ihre Kinder nach sich selbst? Aye, ein ganzer Haufen. Gibt hier ’ne Familie namens Robertson, und scheiß die Wand an, kaum einer von denen heißt nicht Davie. Oder wie man so schön vor Gericht sagt: ›Meine Beweisführung ist abgeschlossen, Euer Ehren.‹« Hamish nahm einen tiefen Zug von seiner Pfeife und stieß eine Wolke beißenden blauen Rauchs aus. Daley hätte schwören können, dass der Kater ihm einen missbilligenden Blick zuwarf.

»Ganz schön groß.«

»Aye, gut erkannt, Mr. Daley. Er ist der Sohn eines wilden Katers, daher kommt das. Ich hatte da mal so ein hübsches Kätzchen namens Sheena. Aye, die war ein schönes Ding. Aber egal, jedenfalls ging sie eines Tages raus, und als sie zurückkam, war sie übel zugerichtet, zerbissen und mit großen Beulen und ausgerissenem Pelz. Armes kleines Ding. Erst dachte ich, ein Hund oder ein Marder hätt sie erwischt, aber dann wachte ich jede Nacht von dem Geheule auf, wie von einem kranken Baby war das, ein Geplärre, dass man die Toten hätte aufwecken können.«

»Was war es?«, fragte Daley automatisch.

»Der wilde Bursche. In der dritten Nacht schlich ich mich mit meiner Laterne raus, und da saß er, rotzfrech mitten im Hinterhof. Riesig, wie ein kleiner Tiger – eine schottische Wildkatze. Also ich kann Ihnen sagen, kein Wunder, dass unsere Sheena so verängstigt war. Das war vielleicht ein Riesentrumm. Gibt kaum ein aggressiveres Liebesspiel im Tierreich. Sie beißen ihr Liebchen in den Nacken, damit es stillhält, bis es vorbei ist. Egal, so war’s jedenfalls, und ein paar Monate später warf Sheena den großen Kerl da. Aye, und sie hat nie wieder einen Schritt vor die Tür gesetzt, da konnt’ ich mir noch so viel Mühe geben.«

Der Kater drehte den Kopf zu Daley und starrte ihn mit seinen durchdringenden gelben Augen an. »Er ist ein schöner Kerl, das muss man sagen«, meinte er.

»Aye. Wie ich sehe, haben Sie den Sargdeckel bemerkt, Mr. Daley.« Hamish sog an seiner Pfeife. »Ich wollt mir mal ’nen neuen Tisch bauen, und der olle Kennedy, der Totengräber, hat mir den Deckel vor ein paar Jahren besorgt. Der Tisch da drüben is bloß provisorisch. Wann hab ich ihn gleich wieder gemacht? Muss so gegen 59 gewesen sein, also scheint er’s irgendwie zu tun, meinense nicht?« Der alte Mann grinste, und die fahle Haut um seine schrägstehenden Augen legte sich in Falten. Daley glaubte, etwas Ungewöhnliches in der Blässe des Mannes zu entdecken, einen gräulichen Teint, den man nicht bei jemandem erwartet hätte, der so viel Zeit im Freien verbrachte, vor allem jetzt, im Hochsommer.

»Alles okay mit Ihnen?«

»Och, bloß ’n bisschen zu viel vom Wasser des Lebens, Mr. Daley. Whisky. Mäßigung ist alles, heißt es, aye, aber wenn die Hand so freigiebig ausschenkt, wer könnte da Nein sagen.« Er zuckte mit den Schultern, als hätte er sich in das Unvermeidliche fügen müssen.

»Gut, kehren wir wieder zum Anfang zurück, Hamish.« Daley wollte weiterkommen, egal wie schlimm der Kater seines Gesprächspartners war. »Sie haben ihn also gestern am Kai getroffen, stimmt das?«

»Aye, das hamse ganz richtig mitgekriegt, genau.« Hamish nahm einen langen Zug von seiner Pfeife und füllte den ohnehin stickigen Raum mit frischen blauen Wolken. »Er wollte wissen, ob’s in der Stadt ’nen Schiffsausrüster gibt, also hab ich ihn rüber zu Sean Hall geschickt, gleich über die Straße bei den Pontons, wissense? Als er mit seinem Krempel zurückkam, gerieten wir ins Plaudern – wie wir jetzt, Mr. Daley.« Der alte Mann grinste wieder. »Ich flickte gerade meine Netze, und das schien ihn mächtig zu interessieren. Kriegt man heute nicht mehr so oft zu sehen. Die Blödel schmeißen ihre zerrissenen Netze einfach über Bord und kaufen sich neue.« Er schüttelte den Kopf. »Schlechte Erziehung.«

»Worüber haben Sie gesprochen?«

»Sie wissen doch, Mr. Daley, wenn man sich erst mal ein oder zwei Gläschen hinter die Binde gegossen hat, lockert das die Zunge.« Der alte Mann schloss einen Moment lang die Augen, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Als Daley schon dachte, er wäre eingenickt, erhob er wieder die Stimme. »Aye, er war ein lustiger Bursche. Und außerdem hatte er ein gutes Fläschchen dabei. Nicht das gepanschte Zeugs. Einen teuren Single Malt, Mr. Daley, hätt Ihnen sicher auch geschmeckt, da hab ich keinen Zweifel.«

»Das ist ja toll, Hamish«, sagte Daley. Er musste den Mann vom Thema Maltwhisky abbringen. Sein Gesichtsausdruck reichte aus, um Hamish zu sachdienlicheren Erinnerungen zu drängen.

»Er war ziemlich kräftig, Mr. Daley«, sagte Hamish. »Sah viel älter aus, als er tatsächlich war – irgendwas in den Fünfzigern, wenn ich mich recht entsinne. Allerdings arbeitete er für die schottische Regierung, und da wird man schnell alt, würd ich sagen.«

»Ja, das haben wir bereits herausgefunden. Wirkte er in irgendeiner Weise deprimiert oder bedrückt, Hamish?«

»Nee, gar nicht. Eher im Gegenteil. Der konnte vielleicht Witze reißen!« Hamish warf unvermittelt den Kopf in den Nacken und lachte. »Kennen Sie den mit der Frau des Fischers und dem Bückling?«, fragte er. Daley runzelte die Stirn. »Aber Moment mal, irgendwas war da.« Hamish beugte sich verschwörerisch vor, als wollte er Daley ein Geheimnis anvertrauen, und ein Ausdruck höchster Konzentration trat auf sein Gesicht.

»Ja. Was?« Daley neigte sich zu ihm und hoffte, dass der alte Mann sich an etwas Wichtiges erinnerte.

Gerade als Daley dachte, er würde etwas sagen, lehnte Hamish sich plötzlich zurück und griff nach dem angeschlagenen blauen Becher auf dem kleinen Tisch neben seinem Schaukelstuhl. Enttäuscht stellte er fest, dass nichts mehr von dem Tee darin war, mit dem er seinen Whiskybrand gelöscht hatte.

»Geben Sie her.« Daley streckte die Hand aus. »Ich mache Ihnen noch einen Becher Tee. Und Sie denken derweil scharf nach, was letzte Nacht passiert ist. Es ist wirklich wichtig, Hamish!«

Er überließ den alten Mann seinen Gedanken und ging in den angrenzenden Raum, der als Küche diente. Es hatte sich dort sicher in den letzten fünfzig Jahren wenig verändert, doch Daley stellte erleichtert fest, dass alles sauber und aufgeräumt war. Eine Reihe frisch gespülter, wenn auch angeschlagener Teller stand in einem grauen Abtropfgestell aus Plastik, dem einzigen modernen Accessoire im Raum. Er fand einen gedrungenen elektrischen Wasserkocher mit angelaufener Silberoberfläche, ähnlich dem, den seine Mutter benutzt hatte, als er ein Kind gewesen war. Nachdem er ihn unter einem Messinghahn mit Wasser gefüllt hatte, steckte er das Kabel in eine Steckdose, die keinen Ein- und Ausschalter hatte. Hamish der Kater, der ihm gefolgt war, setzte sich mit derselben ruhigen Selbstbeherrschung wie sein Herrchen neben den Kessel. Er bewegte sich erst, als der Detective die Hand hob, um ihn zu streicheln, und präsentierte ein fabelhaftes Gebiss aus Reißzähnen, während er drohend fauchte.

Bis das Wasser zu kochen begann, ließ Daley seine Gedanken schweifen. Es gab viele Gründe, aus denen ein Mensch Selbstmord begehen konnte. Schulden, Enttäuschungen, Verbrechen, gescheiterte Liebesbeziehungen – damit kannte er sich aus – und jede Menge weitere Anlässe. Doch warum sollte sich jemand das Leben auf derartig schmerzhafte und langwierige Art nehmen? Er schauderte, wenn er sich die Todesqualen vorstellte, die Walter Cudihey durchlitten haben musste, während sein Leben in einem unbarmherzigen Flammenmeer endete.

Als er mit zwei dampfenden Bechern Tee wieder in das schummrige Wohnzimmer zurückkehrte – zu seinem großen Bedauern gab es im Haus keinen Kaffee –, stellte er erfreut fest, dass Hamish vornübergebeugt mit einem Ausdruck des Triumphs im Gesicht dasaß.

»Aye, Mr. Daley«, verkündete er, während er den Becher mit unsicherer Hand entgegennahm, »da war wirklich was.«

»Gut, sprechen Sie weiter, Hamish.«

»Tja.« Der alte Mann schloss ein Auge, neigte sich zu Daley und senkte die Stimme. »Einmal wurde er ein bisschen melancholisch. Bei manchen hat der Alkohol so ’ne Wirkung. Aber egal, wir hatten gelacht und Witze gemacht, uns an die Fischerei erinnert und wie alles den Bach runter und die ganze Welt langsam vor die Hunde ging – hatten eben unseren Spaß, Sie wissen schon«, erzählte Hamish mit einem geschlossenen Auge.

Daley fragte sich, wie lustig ein Gespräch über den Niedergang der Fischereiindustrie sein konnte, sagte aber nichts.

»Und dann kriegte er aus heiterem Himmel seinen Moralischen – die Flasche war schon fast leer, muss ich zugeben, und meine Stimmung ging auch ein bisschen in den Keller.« Hamish griff nach seiner Pfeife, paffte ausgiebig und blies noch mehr blauen Mief in die Luft. »Aye, er war ziemlich am Boden, wenn ich mich nicht irre. Sagte, das wäre vielleicht seine letzte Reise ans Meer, dass die Dinge aus dem Ruder gelaufen wären und er einen Fehler gemacht hätte.« Hamish verstummte und beäugte Daley mit rätselhaftem Ausdruck.

»Ja, gut, Hamish. Was hatte er falsch gemacht?«

Nach kurzer Pause warf sich Hamish im Stuhl zurück und versetzte ihn in heftiges Schaukeln.

»Wenn Sie meine Meinung hören wollen, dann sag ich sie Ihnen. Der Mann hatte Schiss, aye, der machte sich beinahe in die Hosen. Laberte über seine Fehler und das Böse, das er in die Welt gelassen hätte.« Hamish nahm noch einen Zug. »Och, ich hab ja im Lauf der Zeit ’ne Menge Scheiß von Leuten gehört, die nix vertragen, ihren Moralischen kriegen und ’ne Menge Stuss daherquatschen. Aber bei Mr. Cudihey war’s irgendwie anders. Ich erinner mich noch, dass er sagte, es gäb nur einen Weg, seine Seele zu reinigen – nach allem, was er getan hätte, natürlich.«

»Und was war das?«

Hamish setzte sich bolzengerade auf. »Sehn’se, das ist eben die Sache. Ich kann mich ums Verrecken nicht dran erinnern.«

4

Der Mann wand sich. Seine Hände waren mit demselben schmutzigen Strick hinter seinem Rücken zusammengebunden, der auch seine Füße fesselte. Sein Hintern und die Beine waren taub vor Kälte, da er halb in dem stinkenden Bilgewasser untergetaucht lag, das durch den Laderaum des Trawlers schwappte. Im Halbdunkel konnte er die wimmelnde Masse von blaugrauen Garnelen in mit Eis gefüllten Plastikboxen erkennen. Das raschelnde Geräusch, das sie von sich gaben, hätte er eher mit ihren Insektenkollegen an Land assoziiert.

Er stieß ein stummes Schluchzen aus und versuchte ein weiteres Mal, sich von seinen Fesseln zu befreien. Ein großer Tropfen Wasser klatschte ihm auf den Kopf. Das war so oft geschehen, und das Wasser war so kalt, dass jeder Tropfen sich wie ein Hammerschlag anfühlte. Durch das Schwanken des Schiffs musste er wieder würgen. Erbrochenes brannte in seiner Kehle und seiner Nase und triefte ihm übers Kinn.

Plötzlich ertönte ein metallisches Kreischen, und ein Strahl goldenen Lichts strömte in den Frachtraum, während zwei Gestalten die eisernen Stufen herunterstiegen. Sie trugen Gummistiefel und platschten durch das Wasser auf den gefesselten Mann zu.

»Es wird dich freuen zu hören, dass deine Reise bald zu Ende ist.« Der Größere der beiden Männer, dessen Silhouette sich gegen das grelle Licht abzeichnete, sprach mit deutlich osteuropäischem Akzent. Sein Kumpan stieß ein leises Kichern aus.

»Um Himmels willen, lasst mich gehen«, brachte er heraus. Es hatte ein Aufschrei sein sollen, war jedoch nur ein heiseres Flüstern, so sehr war seine Kehle von Erbrochenem, Salzwasser und Furcht zugeschwollen.

»Du wirst bald frei sein. Allerdings ist es wohl nicht die Art von Freiheit, die du dir wünschst.« Das hatte wieder der große Mann gesagt, langsam und präzise wie einer, der sich in einer fremden Sprache ausdrücken will. Abermals lachte sein kleinerer Kumpan unterdrückt auf.

»Pavel, greif ihn dir«, befahl der Größere.

Der gefesselte Mann schrie vor Schmerz auf, als Pavel ihn mit bemerkenswerter Kraft an den Handfesseln packte und ihn auf die Füße stellte. Sein Blick verschwamm, während er über eine breite Schulter gehievt und ins grelle Licht hinausgetragen wurde. Sein Kopf knallte gegen die Reling des Trawlers, und er wurde auf das sonnendurchflutete Deck gestoßen.

Er landete unsanft an der Bordwand des Fischerboots, und abermals blieb sein Kopf nicht verschont. Seine Kräfte schwanden. Nur Pavels eiserner Griff am Kragen seiner wetterfesten Jacke bewahrte ihn davor, auf die Knie zu sinken.

»Du hast uns lange Zeit als Botenjunge gedient, ja?«, fragte der große Mann, während er seinem Gefangenen in die Augen sah.

»Ja«, stieß er hervor. »Ich habe nur einen einzigen Fehler gemacht. Ich stand unter Druck.« Seine Stimme brach, doch er sprach mit einem typischen englischen Privatschulakzent. »Sie müssen verstehen, es ist schwer, wenn …« Er bekam nicht die Möglichkeit, den Satz zu vollenden, denn ein Hieb traf ihn in den Solarplexus und trieb ihm die Luft aus der Lunge.

»Nicht so schwer, wie es noch für dich werden wird«, sagte sein Peiniger. »Aber du musst noch deine allerwichtigste Botschaft überbringen.«

Schläge begannen auf den wehrlosen Mann einzuprasseln, während er um Atem rang und bei Bewusstsein zu bleiben versuchte. Gebrochen und blutend verlor er bald den Kampf und versank in Schwärze. Sie banden seine Hände und Füße los und machten sich an die Arbeit.

Kirsteen Lang runzelte die Stirn, als sie die Tür ihres kleinen Büros öffnete. Das Fenster war geschlossen, und obwohl es noch nicht einmal Mittag war, herrschte drückende Hitze. Während sie am Fenstergriff zerrte, verfluchte sie das Fehlen von Klimaanlagen im Verwaltungsgebäude. Inzwischen war sie ein sehr junges, wenn auch nur vorübergehendes Mitglied im Gefolge der Ersten Ministerin, und sie freute sich auf ein neues Büro oder wenigstens einen Schreibtisch in einem der exklusiven Großraumbüros des Gebäudes, jedenfalls fürs Erste.

Sie atmete tief durch, als frische Luft durchs Fenster hereinströmte. Von unten hörte sie, wie wieder einmal ein Touristenführer das Gebäude beschrieb, das ursprünglich von dem spanischen Architekten Enric Miralles entworfen worden war, der jedoch seine Vollendung nicht mehr erlebt hatte. Sie hegte den Verdacht, dass die vielen nervtötenden Fehler, die es in seinen Mauern beherbergte, auf Miralles Frau zurückgingen, die das Projekt nach seinem Tod weitergeführt hatte. Ihr hatte der Blick fürs Detail gefehlt, der ihren verstorbenen Ehemann auszeichnete. Kirsteen hatte einmal gehört, wie ein schottisches Parlamentsmitglied in der hellen, neuen und offenen Festival-Café-Bar darüber gesprochen hatte. Ein Kollege hatte ihn sofort zum Schweigen gebracht und ihm souffliert, wie gefährlich es sei, vom Weg der Political Correctness abzuweichen. Doch man musste zugeben, dass dieser schottische Sommer ungewöhnlich heiß war.

Sie war zwar Beamtin, doch es zog sie in die glamouröse Welt der Politik und ihrer Klientel. Vor ihrem geistigen Auge sah sie sich schon die Fragestunde an die Erste Ministerin mit ein oder zwei gut platzierten Bonmots moderieren. Oder dass sich Raunen in den Gängen erhob, wenn sie inmitten ihres eigenen Gefolges hindurchrauschte. Schließlich war sie klug und gebildet, ganz anders als viele der pöbelnden, ungehobelten Politiker mit Mundgeruch, Grammatikproblemen und billigen Anzügen von der Stange. Ihrer Meinung nach bedeutete es Stillstand und Abstieg im mittleren Alter, wenn es einem mit Mitte zwanzig an Ehrgeiz fehlte. Aber einen Mangel daran hätte man Kirsteen Lang niemals vorwerfen können.

Während sie ihren Computer hochfuhr, schreckte sie ein lautes Klopfen an der Tür auf. »Herein«, rief sie und erwartete, den pickeligen Jüngling zu sehen, der die Hauspost austrug. Überrascht sah sie einen hochgewachsenen Mann im dunklen Anzug vor sich, der sich zwischen Tür und Aktenschrank ins Büro zwängte.

»Kirsteen Lang?«, fragte er, während er in die Innentasche seines Sakkos griff.

»Ja.«

»Ich bin DC Gillies von der schottischen Polizei«, sagte der junge Detective und zückte seinen Dienstausweis. »Ich bin auf Wunsch unserer Kollegen drunten in Kintyre hier. Darf ich mich setzen?«

»Ja, natürlich.«

Der Polizist nahm Platz und zog ein Notizbuch aus der Hosentasche. Durch seine Größe wirkte das Büro noch winziger, als es war. Er sah aus wie ein Erwachsener auf einem Kinderstuhl beim Besuch in einer Grundschule.

Kirsteen lächelte den gutaussehenden Detective freundlich an und fuhr sich mit der Hand durch die langen blonden Haare. »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.

»Soviel ich weiß, haben Sie einen Kollegen namens Walter Cudihey?«, fragte der Polizist und sah ihr dabei direkt ins Gesicht. Er trug zwar einen eleganten Anzug, hatte manikürte Fingernägel und perfekt frisierte Haare mit einem dazu passenden Designer-Stoppelbart, dennoch entdeckte Kirsteen einen Arbeiterklasse-Akzent aus Edinburgh, der sie an einige der Parlamentarier erinnerte, mit denen sie täglich zu tun hatte. Sie lehnte sich zurück und zog das Jackett über der Brust zusammen. Nun war sie weniger darauf bedacht, ihn zu beeindrucken.

»Ja, er ist mein Chef«, erwiderte sie mit kühlem Lächeln. »Obwohl ich im Moment ans Büro der Ersten Ministerin ausgeliehen bin«, fügte sie hinzu.

»Ich verstehe.« Der junge Detective warf einen Blick in sein Notizbuch, anscheinend unbeeindruckt von Kirsteens Stellung. »Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für Sie.«

»Wie bitte?« Kirsteen spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog.

»Mr. Cudihey ist heute Morgen verstorben. Unsere Ermittlungen befinden sich noch in einem sehr frühen Stadium, doch ich glaube, Ihnen sagen zu können, dass er sich anscheinend das Leben genommen hat.« Der Detective zog einen Füller aus der Innentasche. »Darf ich Ihnen ein paar Fragen über Ihren Kollegen stellen?«

»Ja … Ja, natürlich.« Kirsteen hatte Mühe, die Fassung wiederzuerlangen, während sie spürte, wie ein Schweißtropfen ihr zwischen den Brüsten hindurch rann.

Er lag mit dem Gesicht nach unten in feinem weißen Sand. Die Sonne schien ihm warm auf den nackten Rücken, und die Wellen plätscherten um seine Füße. Er versuchte, sich zu bewegen, doch die Folgeerscheinung der Prügel, die er bezogen hatte, jagten scharfe Pfeile aus Schmerz durch seinen ganzen Körper. Der Kopf tat ihm weh. Er spannte sich gegen den nächsten Schlag und fürchtete, seine Peiniger würden zurückkommen. Während er lauschte und nur flach zu atmen wagte, hörte er nichts außer dem sanften Zischen der Wellen und den Schreien der Seevögel, die über ihm kreisten.

Eine scheinbare Ewigkeit verstrich. Der Geruch des Meeres mischte sich mit dem Gestank nach Blut und Erbrochenem. Hoffnung stieg in seiner Brust auf, und trotz der Schmerzen in den Armen und im Rücken hob er zaghaft den Kopf und stützte sich auf die rechte Hand. Aus seiner bodennahen Perspektive hatte er nur einen begrenzten Blick auf eine weiße Sandfläche, die in der hellen Sonne wie Schnee glitzerte. Ein niedriger, felsiger Hügel im Hintergrund war von grobem, fruchtbarem Machair-Boden bedeckt.

Mit jeder Sekunde fühlte er sich sicherer und versuchte, sich vorsichtig aus dem Sand hochzurappeln. Behutsam rollte er sich zur Seite, sodass er seine Umgebung inspizieren konnte. Erleichterung durchflutete ihn, als ihm klar wurde, dass er sich allein an einem verlassenen Sandstrand befand. Er hatte überlebt. Der Gedanke war ein Hochgefühl.

Dann musste er plötzlich heftig würgen und spuckte Blut und Schleim in den Sand. Schmerz flammte in ihm auf, und er hatte Mühe zu atmen. Er sah an seinem blutigen Körper herunter und bemerkte, dass er vollständig nackt war. Blau unterlaufene Prellungen übersäten die wenigen Stellen seiner Haut, die nicht von geronnenem Blut bedeckt waren. Seinem Blut. Er sah, dass der Sand um ihn herum sich dunkel färbte. Er musste Hilfe finden, sonst würde er hier verbluten, ohne einen anderen Zeugen als die Möwen.

Aber er konnte sich nicht bewegen. Es gelang ihm, sich soweit herumzuwälzen, dass er dem Meer zugewandt lag, und er bemerkte erleichtert, dass auf dem Wasser kein Schiff zu sehen war außer einem entfernten Öltanker, kilometerweit draußen im blauen Dunst.

Ich habe überlebt! Es war eine Bestrafung, aber ich habe überlebt!

Er fühlte den Drang zu furzen, aber da stimmte etwas nicht. Es tat weh. Etwas steckte zwischen seinen Pobacken. Plötzlich fühlte er sich unwohl im weichen Sand. Ein mörderischer Schmerz durchzuckte ihn, während er die Hand ausstreckte und es schaffte, die Fingerspitzen in der Furche an seinem Po entlanggleiten zu lassen. Da war es. Ein harter, festsitzender Stöpsel, rau wie ein Stein, der aus seinem Anus ragte. Er kratzte und zerrte daran, doch das einzige Ergebnis war, dass neue Wellen von Schmerz durch seinen Körper pulsierten.

Plötzlich wurde ihm übel, sein Magen krampfte sich zusammen und er schrie auf. Sie hatten ihn nicht nur zusammengeschlagen, sondern auch vergiftet. Er musste kacken – doch er konnte es nicht. Ein furchterregendes Grollen lief durch seine Innereien. Wenn seine Gedärme in Bewegung kamen, würden sie platzen und ihn langsam und qualvoll töten. Es sei denn, er wäre bis dahin bereits verblutet.

Eine erneute Lanze aus heißem Schmerz ließ ihn aufschreien.

Er schluchzte laut auf, als er es begriff, und die Seevögel erhoben sich flatternd und stiegen über der kleinen Insel hoch in den blauen Himmel. Er würde hier sterben.

5

Auf dem Rückweg von Hamish legte Daley bei den Pontons einen Stopp ein, um zu sehen, welche Fortschritte die Durchsuchung von Cudiheys Jacht machte. Das Boot war zu einem Anleger geschleppt worden, der von dem Brand nicht betroffen war, sodass Daley zu Fuß hingelangte. Es war inzwischen beinahe Mittag, und die Sonne stand hoch und heiß am strahlend blauen Himmel. Die Menge der Schaulustigen hatte sich zerstreut, nur ein paar Einzelne lungerten noch auf der Promenade über dem Loch herum, begierig darauf, so viel wie möglich über die Ereignisse zu erfahren, die sich früher am Tag zugetragen hatten. Daley war es zu warm, daher zog er sein Jackett aus und hängte es sich über die Schulter.

Ein Mann von der Spurensicherung begrüßte ihn mit gerötetem Gesicht in seinem geschlossenen Overall.

»Heiße Arbeit, Sergeant McCaig?«, fragte Daley lächelnd mit einem Blick auf das Namensschild des Beamten. »Schon irgendetwas von Bedeutung gefunden?«

»Ehrlich gesagt nicht viel«, antwortete McCaig und zog seine Kapuze herunter, unter der ein dichter Schopf von kurzgeschnittenen, krausen Haaren zum Vorschein kam. »Der übliche Kram, den man erwarten würde. Kleidung, Navigationsgeräte, ein paar Bücher, einige Vorräte und wahrscheinlich mehr leere Whiskyflaschen als gesund ist. Abgesehen davon nicht viel. Ach ja, bis auf die Sachen hier.« Er griff in die Tasche und brachte einen kleinen USB-Stick und ein Blatt Papier zum Vorschein, das aussah, als wäre es aus einem Buch herausgerissen worden. »Offensichtlich hatte er eine verdammt gute Kamera, daher habe ich mir erlaubt, die Bilder für Sie abzuspeichern«, fuhr McCaig fort. »Soweit ich sehen konnte, hauptsächlich Landschaften – vor allem von einem bestimmten Strand. Es gibt nur ein einziges Porträtfoto von einer jungen Frau, und zwar einer hübschen. Das ist alles, keine Spur von der Kamera selbst. Ich habe die Aufnahmen auch ans Revier gemailt.« Er reichte Daley den Stick.

»Danke«, sagte er und steckte ihn ein. »Keine Notizen, Logbücher, persönliche Papiere, solche Dinge?«

»Nein, es sei denn, sie wären gut versteckt. Wir sind noch dabei, alles bis auf die Bordwände herunter abzubauen, und wenn irgendetwas auftaucht, sage ich Ihnen Bescheid. Was wir gefunden haben, ist das hier.« Er reichte Daley das herausgerissene Blatt Papier in einer Klarsichthülle. Wie sich herausstellte, handelte es sich um eine Seite aus einem Atlas, die den größten Teil der Westküste von Schottland zeigte. Das einzige Interessante daran war eine mit roter Tinte gezeichnete Linie, die von ihrem Rand bis zu einem Punkt im Norden der Halbinsel Kintyre verlief.

»Irgendeine Idee, was das darstellen soll?«

»Nein. Ich habe eine Kopie davon gemacht und sie Ihnen geschickt. Wir werden eine Analyse durchführen, um zu sehen, ob uns das Papier selbst etwas sagt. Aber das ist ein Schuss ins Blaue.«

Daley kehrte zu seinem Wagen zurück, der am Ende des Piers geparkt stand. Es war ein herrlicher Tag. Er blickte über das Loch hinweg zu der Insel an seinem Eingang, während die Möwen über seinem Kopf kreischten und am Himmel kreisten. Er fragte sich, ob das Wetter dort, wo Liz sich jetzt aufhielt, auch so gut war, und wie sie – Plural – wohl miteinander auskamen. Er verbannte die Vorstellung aus seinen Gedanken.

»Sir.« Sergeant Rainsford steckte den Kopf durch die Tür von Daleys Glaskasten. »Assistant Chief Constable Manion hat angerufen, während wir nicht da waren. Er bittet Sie, sich so schnell wie möglich zu melden.« Er reichte Daley eine gelbe Haftnotiz. »Glück gehabt mit dem alten Knaben?«

»Nein, leider nicht. Cudihey scheint etwas Wichtiges gesagt zu haben, aber Hamish kann sich nicht erinnern, weil er so betrunken war. Hoffentlich kommt die Erinnerung zurück, aber wetten würde ich nicht darauf.«

Als Rainsford gegangen war, dachte Daley ein paar Minuten lang nach. Was wollte Willie Manion von ihm? Er hoffte, dass er nicht schon wieder aufdringliche Fragen über sein Privatleben stellen würde. Er griff zum Telefon und wählte die Nummer, die Rainsford ihm gegeben hatte. Nachdem ihn eine forsche Sekretärin kurz in die Warteschleife gehängt hatte, meldete sich Assistant Chief Constable Manion.

»Jim, wie geht es Ihnen?«

»Gut, Sir, kann nicht klagen. Meine Glückwünsche zu Ihrer Beförderung.«

»Ja, danke, Jim. Und Ihnen auch, zu dem glücklichen, na ja, Sie wissen schon …« Seine Stimme verklang, als wäre ihm bewusst geworden, dass er etwas Unpassendes gesagt hatte. »In Kinloch ist eine Menge los, wie ich höre«, fuhr Manion rasch fort, als wäre er erpicht darauf, das Thema zu wechseln.

»Ja, Sir. Ein Selbstmord. Und zwar ein spektakulärer.«

»Das ist einer der Gründe für meinen Anruf, Jim. Die Presse reißt sich bereits darum, wie zu erwarten war. Alles, was mit Politik zu tun hat, lockt sie an wie die Schmeißfliegen.«

»Ja, und sagen Sie es nicht – jemand hat den Zeitungen bereits was erzählt.«

»Genau so ist es, Jim. Sie wissen ja selbst, was in unserem Parlament los ist. Mehr Löcher als ein Schweizer Käse. Aber ich nehme an, so etwas sollte ich nicht sagen – jedenfalls nicht in meinem neuen Job.«

»Ja«, antwortete Daley. »Wie stehen die Dinge mit der ›Police Scotland‹? Ich habe noch nicht einmal einen neuen Dienstausweis.«

»Aye, man kann wohl sagen, dass wir ein paar Probleme haben. Nicht zuletzt wegen des Getues um das neue Logo. So weit kommt es, wenn ein Haufen Polizisten Geschäftsleute spielt, was, Jim? Aber egal, wir müssen uns vorsehen, was diesen Selbstmord angeht. Ich weiß, der Typ war keine große Nummer in der Regierung, aber alle Politiker werden unruhig, wenn irgendwas in ihrer Nähe zu stinken anfängt. Ich hatte bereits die Erste Ministerin am Telefon. Also seien Sie bitte vorsichtig, Jim. Ich kümmere mich persönlich um die Sache. Geben Sie Bescheid, wie sich die Dinge entwickeln.«

»Wird gemacht, Sir«, erwiderte Daley. »Aber Sie sagten, Sie hätten mehrere Themen zu besprechen?«

»Aye, das stimmt, Jim.« Manion zögerte, und Daley befürchtete, weitere Fragen nach seinem Privatleben beantworten zu müssen. »Ich war vorhin drüben bei Ihrem alten Kumpel.«

»Brian?«, fragte Daley. Er wusste, dass die beiden gute Freunde waren. Sie hatten sich gemeinsam bei der Polizei beworben und sich ihre Freundschaft trotz völlig unterschiedlicher Karrieren bewahrt.

»Aye, er war ganz gut in Form.« Manion klang skeptisch. »Nicht vollständig er selbst, Sie verstehen. Aber auch nicht allzu schlimm.«

»Das freut mich. Ich habe seit ein paar Wochen nichts mehr von ihm gehört.«

»Nun, das werden Sie bald nachholen können. Ich habe ihn dazu überredet, den Dienst wieder anzutreten. Hauptsächlich Bürokram – jedenfalls für den Anfang.«

Daley war überrascht, dass Scott sich entschlossen hatte, wieder zur Arbeit zu kommen. Beinahe jedes Mal, wenn er in letzter Zeit mit seinem Freund gesprochen hatte, war dieser betrunken gewesen und hatte beteuert, die angebotene Entschädigung anzunehmen und aus der Polizei ausscheiden zu wollen. »Wie geht es ihm? Ich meine, angeschossen zu werden ist eine sehr traumatische Erfahrung, Sir.«

»Och, Sie kennen doch unseren Brian, rastlos wie immer. Aye, und Sie wissen ja, was er tut, wenn er zu viel Zeit hat. Er treibt Ella in den Wahnsinn. Den ganzen Tag besoffen. Er muss wieder zur Arbeit, sonst braucht er bald eine neue Leber.« Manion lachte freudlos.

»Dann also leichter Innendienst im Hauptquartier, Sir?«

»Nein, nicht direkt. Er braucht vor allem Luftveränderung. Sie werden die nächsten Tage alle Hände voll zu tun haben. Da wäre es doch ideal, wenn Ihr alter Kumpel Ihnen zur Hand geht, oder?«

»Ja«, antwortete Daley überrascht. »Aber was ist mit der Untersuchung?« Seit Scott sich von seinen Schussverletzungen erholt hatte, hatte man ihn in die Mangel genommen, wie es dazu hatte kommen können, dass ein Mann aus dem Zeugenschutz ihn hatte überwältigen und entkommen können. »Und was ist mit Superintendent Donald?«

»John Donald können Sie mir überlassen, Jim«, antwortete Manion zuversichtlich. »Und denken Sie dran, er ist jetzt Chief Superintendent und König seiner eigenen Burg.«

»Ich rufe Brian gleich an«, sagte Daley erleichtert, weil Manion für Scotts Rehabilitierung zuständig war. Unter seiner raubeinigen Schale verbargen sich ein scharfer Verstand und eine durchsetzungsfähige Persönlichkeit. Er war Daleys Vorgesetztem John Donald mehr als gewachsen, trotz dessen wichtiger Rolle in der »Police Scotland«, der unlängst neu organisierten schottischen Polizei. »Wann darf ich mit ihm rechnen?«

»Morgen, Jim. Was du heute kannst besorgen, wie meine Großmutter zu sagen pflegte. Aber legen Sie ihn an die kurze Leine. Er kann die Dinge im Büro organisieren. Diese Cudihey-Geschichte ist jetzt genau das Richtige für ihn. So können Sie Ihre eigentlichen Ermittlungen fortsetzen, während Brian den Verwaltungskram erledigt.«

»Ehrlich?«, fragte Daley nur teilweise im Spaß. »Verwaltungskram ist nicht direkt seine starke Seite, Sir.«

»Och, er kommt schon zurecht. Bei Problemen melden Sie sich einfach«, sagte Manion munter. »Wir sind ihm was schuldig, Jim. Habe ich Ihnen schon erzählt«, fuhr er weniger fröhlich fort, »dass wir unseren kleinen Pudel verloren haben?«

Nach einer längeren Unterhaltung über die schlimmen Auswirkungen, die der Verlust des geliebten Familienhaustiers angerichtet hatte, hörte Daley, wie Manion zögerte.

»Ich sollte Ihnen das eigentlich nicht sagen, aber man hat mir eine heikle Aufgabe übertragen, Jim«, sagte Manion mit leiser Stimme. »Aye, und das vom neuen Chief Constable persönlich, wer hätte das gedacht?«

»Aufgabe?«

»Sagen wir, Sie sind nicht der Einzige, der gemerkt hat, dass bei unserem Freund John Donald nicht alles Gold ist, was glänzt. Meine Aufgabe ist – aye, in aller Stille, sozusagen –, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich weiß, dass ich mich auf Sie und Brian verlassen kann – na ja, ich hoffe jedenfalls, dass Brian sich zusammenreißt und von der Flasche fernhält. Sie erfahren bald mehr darüber.«

Nachdem das Telefongespräch zu Ende war, dachte Daley noch länger darüber nach. Er freute sich, dass Sergeant Scott den Dienst wieder antrat, obwohl sein alter Freund bei den letzten Gelegenheiten, als er ihn getroffen hatte, definitiv nicht er selbst gewesen war. Vermutlich konnte er ihn schlimmstenfalls als Diskussionspartner für seine Theorien verwenden, wie er es immer getan hatte. Aber den Papierkram würde er definitiv jemand anderem überlassen.

Die Tatsache, dass Manion eine – wenn auch geheime – Untersuchung auf höchster Ebene gegen Chief Superintendent Donald leitete, war eine überraschende, doch willkommene Neuigkeit. Er und Daley hatten sich durch ihre gemeinsame Freundschaft zu Brian Scott kennengelernt. Manion war ein grundsolider, nüchterner Cop der alten Schule. Was ihm an Finesse fehlte, glich er durch Erfahrung und Instinkt aus. Und jetzt hatte Daley endlich jemanden auf höchster Ebene, dem er trauen konnte.

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