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Zwischen Gefühl und Geheimnis

hier erhältlich:

Eine berührende Liebesgeschichte von der Königin der Military-Romance!

Sicherheit, Beständigkeit … und Vorhersehbarkeit. So sieht Maggies Leben aus. Bis eine unverhoffte Begegnung mit ihrem Freund aus Kindertagen ihr den Mut verleiht, endlich etwas zu wagen und ihre Träume nicht länger zu ignorieren. Denn ausgerechnet bei Matt Stone hat sie plötzlich Schmetterlinge im Bauch. Doch dann erfährt Maggie, dass Matt etwas vor verbirgt - und dieses fatale Geheimnis könnte alles verändern …


  • Erscheinungstag: 20.04.2015
  • Seitenanzahl: 110
  • ISBN/Artikelnummer: 9783955764425
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright dieses eBooks © 2015 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Scenes of Passion

Copyright © 2003 Suzanne Brockmann

erschienen bei: Silhouette Books, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Covergestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Mareike Müller

Titelabbildung: Harlequin Enterprises, S.A., Schweiz Autorenfoto: © Shirin Tinati

ISBN eBook 978-3-95576-442-5

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

1. KAPITEL

Der Verkehr bewegte sich im Schneckentempo.

Maggie Stanton saß in ihrem Wagen, zu müde, den Radiosender zu wechseln und einen Song zu suchen, der weniger nervig war als der, den sie gerade hörte. Sie fühlte sich zu müde, um überhaupt etwas zu tun.

Vielleicht war müde nicht das richtige Wort. Vielleicht war entmutigt passender. Oder unterdrückt.

Andererseits beinhaltete unterdrückt einen gewissen Widerstand, doch selbst den brachte sie nicht auf. Sie fühlte sich wie ein Fußabtreter. Ein Schwächling ohne eigenes Leben. Sie war jetzt neunundzwanzig Jahre alt und lebte bei ihren Eltern. Notgedrungen war sie wieder bei ihnen eingezogen, nachdem ihre Wohnung ausgebrannt war.

Das war vor drei Jahren gewesen.

Anfangs hatte ihre Mutter sie gebeten, zu bleiben, um bei der Hochzeit ihrer Schwester zu helfen, und ehe sie sich versehen hatte, war ein Jahr um gewesen. Dann, gerade als sie eine passende Wohnung in der Stadt gefunden hatte, war ihre Großmutter gestorben, und sie hatte es nicht übers Herz gebracht, ihre Mutter allein zu lassen.

Inzwischen war es höchste Zeit auszuziehen, und was machte ihre Mutter? Sie erklärte, es wäre doch albern, sich eine neue Wohnung zu suchen, wenn man doch bald heiraten würde.

Du meine Güte, heiraten. Maggie seufzte. Sollte die Braut nicht zumindest in den Bräutigam verliebt sein?

Allerdings. Aber wie bei den meisten Entscheidungen in ihrem Leben war es durchaus möglich, dass auch diese wieder von ihren Eltern getroffen wurde. Und sie, Maggie, würde wie immer einfach nur dastehen, nicken und lächeln.

Was war sie bloß für ein jämmerliches Etwas!

Maggies Handy klingelte und erlöste sie von weiteren Selbstvorwürfen. „Hallo?“

„Hey, Äffchen.“

Maggie fröstelte. Warum tat sie sich das an? Warum ging sie mit einem Mann aus, der sie Äffchen nannte? Nein, sie ging nicht nur mit ihm aus, sie war – wie ihre Mutter es nannte – so gut wie verlobt mit ihm.

Brock Donovan hatte sie tatsächlich gefragt, ob sie ihn heiraten wollte. Sie hatte sich während der vergangenen Wochen um eine Antwort herumgedrückt, was sich als großer Fehler herausgestellt hatte. Es wäre besser gewesen, sofort abzulehnen und schreiend aus dem Zimmer zu laufen. Stattdessen hatte sie die Entscheidung aufgeschoben, weil sie zu feige war. Sie hatte sich eingeredet, dass sie den richtigen Zeitpunkt, ihm den Laufpass zu geben, ohne seine Gefühle zu verletzen, schon finden würde.

Leider hatte Brock nach seinem Antrag nichts Eiligeres zu tun gehabt, als zu Vanessa, Maggies älterer Schwester, zu rennen, um ihr zu berichten, dass er die entscheidende Frage gestellt hatte. Und Vanessa hatte es ihren Eltern erzählt.

Ihre Mutter hatte daraufhin sofort Brautzeitschriften gekauft und Verhandlungen mit diversen Restaurants aufgenommen. Ihre Eltern waren völlig aus dem Häuschen gewesen und hatten sogar eine Verlobungsfeier ausrichten wollen. Glücklicherweise war der einzig freie Tag ihrer Mutter der Samstag in dieser Woche – der Tag, an dem am „Eastfield Community Theater“ das Vorsprechen für das diesjährige Sommer-Musical stattfand. Ihre Mutter wusste genau, dass dieser Termin tabu war.

Maggies Engagement beim Theater war das Einzige, was sie sich nie hatte nehmen lassen. Ihre Eltern hatten gewollt, dass sie nach Yale ging, also war sie nach Yale gegangen. Yale hatte einen sehr guten Theaterfachbereich, doch ihre Eltern hatten sie so vehement vor hungernden Künstlern gewarnt, dass sie ihren Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und nicht in Theaterwissenschaften gemacht hatte. Anschließend hatte sie dann, wieder auf Drängen ihrer Eltern, noch ein Jurastudium angehängt, statt nach New York zu ziehen und sich um eine Rolle in einer Seifenoper zu bewerben.

Ihr Vater hatte gewollt, dass sie für seine Anwaltsfreunde Andersen und Brenden in New Haven arbeitete, und genau das tat sie inzwischen.

Deshalb steckte sie jetzt im Stau und war so gut wie verlobt mit einem Mann, der sie Äffchen nannte. Hauptsache, sie musste niemanden enttäuschen.

Maggie ertrug dieses Leben nur, weil es das „Eastfield Community Theater“ gab und ihre Rollen, die sie dort spielte.

„Ich bin noch im Büro“, erklärte Brock ihr am Telefon. „Es geht alles drunter und drüber hier. Deshalb muss ich für heute leider absagen. Das macht dir doch nichts aus, oder?“

Obwohl sie mit Brock zum Essen verabredet war, hatte Maggie in weiser Voraussicht ihre Sporttasche mitgenommen, denn er sagte ständig ihre Verabredungen ab.

Allerdings hatte sie ihm an diesem Abend den Laufpass geben wollen. Behutsam, ohne zu schreien und ohne ihm wehzutun. Einerseits war sie erleichtert wegen seiner Absage, andererseits ärgerte sie sich darüber. Dieser Mann liebte sie angeblich. Brock wollte sie heiraten und trotzdem sagte er ständig ihre Verabredungen in letzter Minute ab.

Maggie stellte sich ihre Hochzeit vor – während sie in ihrem Hochzeitskleid in der Limousine saß, die sie zur Kirche bringen sollte, würde Brock sie anrufen. „Äffchen“, würde er ins Handy brüllen, „mir ist was dazwischengekommen. Wir müssen es verschieben. Das macht dir doch nichts aus, oder?“

Vermutlich ist das einer der Gründe, weshalb Brock dich heiraten will, ging es Maggie durch den Kopf. Du bist immer so verdammt entgegenkommend.

Natürlich machte es ihr nichts aus. Es machte ihr nie etwas aus. Sie tat immer das, worum man sie bat oder was von ihr erwartet wurde und lächelte dabei auch noch.

Du bist wirklich erbärmlich, Maggie, dachte sie resigniert.

„Ich rufe dich morgen an“, sagte Brock. Und damit beendete er das Gespräch, ohne dass Maggie auch nur einen Ton gesagt hatte.

Mit seinem lockigen Haar und dem Grübchen im Kinn war Brock ein gut aussehender Mann. Und, wie Maggies Mutter immer wieder betonte, er hatte Anspruch auf sechs Wochen Urlaub im Jahr. Das war doch mal ein guter Grund zum Heiraten – der großzügige Urlaubsanspruch des Mannes.

Sieh dich vor, hatte Angie beim letzten Telefonat gesagt. Maggies Schulfreundin war davon überzeugt, dass Maggie, wenn sie nicht Acht gab, eines Morgens aufwachen und mit Brock verheiratet sein würde. Ungefähr so, wie sie eines Morgens wieder in ihrem alten Kinderzimmer aufgewacht war, mit einem Juraabschluss und einem Job bei „Anderson & Brenden“.

Aber Maggie war Maggie und Angie war Angie. Die Freundin hatte gerade einen Engländer geheiratet und lebte jetzt in London, wo sie am Theater arbeitete. Sie hatte einen Traumjob und einen Traummann. Freddy Chambers, ein grundsolider Brite, war der perfekte Ehemann für Angie, die im Gegensatz zu ihm ein ziemlich leidenschaftliches Naturell besaß.

Deshalb war auch die ruhige Maggie so gut mit Angie ausgekommen.

Obwohl ihr Schulabschluss schon mehr als zehn Jahre zurücklag, vermisste Maggie die Highschool noch immer. Sie und Angie sowie Angies Freund, Matt Stone, alle theaterbesessen, waren unzertrennlich gewesen, und das Leben war ein endloser Spaß. Abgesehen von den Zeiten, in denen Angie und Matt sich gestritten hatten. Was jeden zweiten Tag vorkam, denn Matt war genauso impulsiv wie Angie.

Das Leben hatte voller Erwartungen, Aufregungen und Möglichkeiten gesteckt. Es gab immer ein neues Stück, das geprobt, ein neuer Tanz oder Song, der gelernt werden musste. Die Zukunft hatte sich strahlend vor ihnen aufgetan.

Matt wäre genauso entsetzt wie Angie, wenn er wüsste, dass Maggie jetzt Firmenanwältin war, und dass ihr Büro nicht einmal über ein Fenster verfügte. Aber er war damals direkt nach seinem Schulabschluss verschwunden. Die Freundschaft zwischen ihm und Angie war nach dem letzten furchtbaren Streit nicht mehr zu retten gewesen. Matt hatte danach die Stadt verlassen und war nicht mehr zurückgekehrt. Nicht einmal zur Beerdigung seines kürzlich gestorbenen Vaters war er erschienen.

Maggie war die Einzige von ihnen, die noch immer in Eastfield lebte. Und sie musste zugeben, dass es ihr sogar gefiel, abgesehen von der Tatsache, dass sie bei ihren Eltern wohnte.

Angie hatte vorgeschlagen, Brock zum Teufel zu jagen und sich mit dem fantastisch aussehenden, muskulösen Typen, den Maggie im Fitness-Club entdeckt hatte, auf und davon zu machen. Tarzan hatte Maggie ihn getauft, nachdem er vor gut einer Woche im Club aufgetaucht war. Sie stellte ihn sich jetzt vor, wie er auf sie zukam, indem er über die Dächer der parkenden Autos hinwegschritt.

Er würde wie in Zeitlupe gehen – Männer, die so aussahen wie er, taten das immer, zumindest im Kino. Das T-Shirt würde sich über seiner breiten Brust spannen, die Jeans würde hauteng sitzen, sein blondes Haar würde ihm über die Schultern fallen, während ein Lächeln seinen sinnlichen Mund umspielen und seine goldgrünen Augen gefährlich glitzern würden.

Zwar war Maggie ihm noch nie so nahe gekommen, dass sie seine Augenfarbe gesehen hatte, doch sie hatte schon immer eine Schwäche für diese exotische Farbe gehabt, die sie an Raubkatzen erinnerte. Mühelos würde er sich von der Motorhaube ihres Wagens schwingen und die Fahrertür öffnen.

„Ich fahre“, würde er mit tiefer, sinnlicher Stimme verkünden.

Sie, Maggie, würde über die Handbremse hinweg auf den Beifahrersitz rutschen, ganz graziös natürlich, während Tarzan das Lenkrad übernahm.

„Wohin fahren wir?“, würde sie fragen.

Lächelnd würde er erwidern: „Ist das wichtig?“

Sie würde nicht mit der Antwort zögern. „Nein.“

Glut und Zufriedenheit würden in seinen herrlichen Augen aufblitzen, und sie würde wissen, dass er sie an einen wunderbaren Ort bringen würde.

Hinter ihr wurde gehupt. Der Verkehr floss wieder. Maggie trat aufs Gas und nahm die nächste Ausfahrt. Wenn sie Glück hatte, konnte sie im Fitness-Club noch einen Blick auf ihren Tarzan werfen. Dann wäre der Abend wenigstens nicht ganz verloren.

Du meine Güte, dachte sie. Das ist wirklich erbärmlich.

2. KAPITEL

Matt Stone brauchte Hilfe.

Er war seit zwei Wochen wieder in Eastfield und konnte nicht länger so tun, als wäre er in der Lage, die Sache allein zu bewältigen. Sein Vater schaffte es, sich selbst nach seinem Tod noch in Matts Leben einzumischen. Er hatte Matt ein Vermögen hinterlassen und die Verantwortung für das Schicksal der zweihundertundzwanzig Angestellten der „Yankee Potato Chip Company“. Vorausgesetzt, Matt tanzte nach seiner Pfeife.

Was ihn, Matt, betraf, hätte sein Vater das Geld mit in die Hölle nehmen können, aber zweihundertzwanzig Menschen den Job nehmen? Bei dieser Wirtschaftslage?

Er würde wohl lernen müssen zu tanzen.

Deshalb brauchte Matt einen Anwalt an seiner Seite. Er brauchte jemanden, der sich in geschäftlichen Dingen auskannte, jemanden, dem er vertrauen konnte.

Er brauchte Maggie Stanton.

Er hatte sie im Fitness-Club gesehen, doch sie war immer in Eile gewesen. Mal war sie in den Umkleideraum gehastet, mal zu ihrer Aerobic-Stunde, oder sie war nach Hause gefahren.

Am vergangenen Abend hatte er sie dabei ertappt, wie sie ihn beobachtet hatte. Sehr diskret natürlich. Maggie würde niemals jemanden offen anstarren, doch sie hatte ihn in den Spiegeln gemustert, während er trainiert hatte. Sie hatte ihn nicht erkannt. Matt wusste nicht, ob er beleidigt oder froh darüber sein sollte. Schließlich hatte er sich tatsächlich verändert.

Sie dagegen sah noch genauso aus wie früher. Blaue Augen, braunes Haar, niedliches Gesicht mit winzigen Sommersprossen auf ihrer süßen kleinen Nase.

Es war jammerschade, dass sie einen Juraabschluss gemacht hatte, statt nach New York an den Broadway zu gehen. Sie hatte eine Stimme, die ihm immer den Atem geraubt hatte, und sie konnte schauspielern und tanzen wie eine Göttin.

Auf der Highschool hatte Maggie sämtliche Hauptrollen in den Musicals gespielt. Sie war Eliza Doolittle, als er den Henry Higgins spielte, und in seinem Abschlussjahr spielten sie Tony und Maria, die Hauptfiguren in der „West Side Story“.

Es war der Anfang vom Ende seiner Freundschaft mit Angie und Maggie gewesen, denn Angie hatte es gewusst. Als Tony und Maria mussten er und Maggie sich auf der Bühne küssen. Und diese Küsse waren völlig anders als der keusche Kuss, den sie sich als Eliza und Henry im Jahr davor gegeben hatten. Diesmal waren sie leidenschaftlich und hemmungslos. Beim ersten Mal war Matt einfach den Anweisungen des Regisseurs gefolgt, hatte Maggie in seine Arme gezogen und sie mit all der aufgestauten Frustration und dem Verlangen geküsst, wie es seine Rolle verlangt hatte.

Maggie hatte sich in Maria verwandelt und den Kuss stürmisch erwidert, während sie sich an ihn geschmiegt hatte. Von da an hatte er aufgehört, sich etwas vorzumachen.

Er hatte sich eingestanden, dass er sich in die beste Freundin seiner Freundin verliebt hatte.

Und natürlich hatte Angie es gewusst. Der einzige Mensch, der es nicht erkannt hatte, war Maggie gewesen. Oder vielleicht hatte sie es doch gewusst und war genauso wütend auf ihn gewesen wie Angie.

In dem Fall würde sie seinen Anruf nicht erwidern.

Was bedeuten würde, dass er einfach weiter anrufen würde. Denn er brauchte Maggie Stanton, und diesmal würde er kein Nein akzeptieren.

Den Arm voller Akten, stolperte Maggie in ihr Büro. Es war fünf Uhr nachmittags, und sie hatte gerade einen sechsstündigen Termin mit einem Mandanten hinter sich.

Auf ihrem Schreibtisch stapelten sich die Nachrichten, die die Sekretärin für sie hingelegt hatte. Daneben lag ein Aktenstapel, an dem ein Zettel befestigt war, auf dem stand: „Bitte bis morgen bearbeiten.“

Kein Problem, vorausgesetzt, sie blieb bis Mitternacht.

Maggie ließ den Kopf auf den Schreibtisch sinken. „Ich hasse diesen Job“, flüsterte sie und wünschte, sie wäre mutig genug, das so laut zu sagen, dass Andersen oder Brenden sie hören konnten.

Es klopfte. Maggie hob den Kopf und stellte sich vor, dass dies sein Auftritt war. Der Auftritt ihres Tarzans. Die Tür würde sich öffnen, und dort stünde er und würde sie mit seinen goldgrünen Augen anschauen.

Er würde hereinkommen, die Tür hinter sich schließen und fragen, ob sie bereit sei.

Sie würde seine ausgestreckte Hand ergreifen und Ja sagen.

Die Tür wurde einen Spalt aufgeschoben und Janice, die Empfangssekretärin, steckte den Kopf herein. „Sie sind ja immer noch da.“

Maggie nickte niedergeschlagen.

„Da war noch ein Anruf für Sie.“ Janice reichte ihr einen Zettel.

Matt Stone, las Maggie. „Halt, warten Sie! Hat er keine Nummer hinterlassen?“

„Er meinte, sie würden sie kennen“, erklärte Janice. „Es tut mir leid, ich hätte trotzdem …“

„Nein, ist schon gut.“

Matt. Die einzige Nummer, die sie von ihm hatte, war die in dem großen Haus, in dem er damals mit seinem Vater gelebt hatte.

Als Janice gegangen war, nahm Maggie den Telefonhörer und begann zu wählen, doch dann legte sie wieder auf.

Sie hatte sich immer etwas unwohlgefühlt, weil sie sich damals, während des letzten großen Streits zwischen Matt und Angie, auf Angies Seite geschlagen hatte. Es war der Streit, der Matts und Angies Beziehung und damit auch ihre eigene Freundschaft zu Matt beendet hatte.

Angie hatte ihr nie verraten, worum es bei diesem Streit gegangen war. Maggie wusste nur, dass er kurz nach dem Beginn der Proben zur „West Side Story“ angefangen hatte. Eines Abends war Angie dann zu Maggie gekommen, um sich Trost zu holen. Kurz darauf war auch Matt aufgetaucht. Sie hatte an seinem Atem gerochen, dass er Whiskey getrunken hatte, was ihr Sorgen bereitet hatte, denn normalerweise trank er nur Bier.

Matt hatte sich auf die Treppe der Veranda fallen lassen. Als sie sich neben ihn gesetzt hatte, wusste sie sofort, dass tatsächlich etwas nicht stimmte. Nicht nur, dass er zu viel getrunken hatte, er hatte auch ängstlich ausgesehen und sich unbehaglich gefühlt. Er hatte ihr nicht in die Augen geschaut, als er meinte: „Maggie, es gibt da etwas, was ich dir sagen muss.“

In dem Moment war Angie aufgetaucht und hatte ihn wütend aufgefordert, zu verschwinden. Sie hatte wie eine wilde Furie gewirkt.

Matt hatte resigniert geflucht, und sie selbst hatte nur von Angie zu Matt schauen können, hoffnungslos hin und her gerissen. Sie wollte sich aus dem Streit heraushalten, doch Matt hatte sie deswegen ausgelacht, und Angie hatte ihn wütend in den Rücken getreten. Er war von der Treppe und in die Büsche gefallen. Fuchsteufelswild hatte er sich wieder aufgerappelt.

„Lass mich in Ruhe!“, hatte Angie ihn angeschrien. „Ich warne dich, Matt, halt dich von Maggie fern!“

Nie zuvor hatte Maggie solch einen Hass in den Augen ihrer Freundin gesehen. Matt hatte sich demonstrativ von Angie abgewandt und sie, Maggie, angeschaut. „Ich würde gern mit dir sprechen“, hatte er gesagt. „Allein. Lass uns eine kleine Tour mit dem Auto machen.“

Ehe Maggie etwas erwidern konnte, hatte Angie ihn beschimpft und ihn aufgefordert, endlich zu verschwinden. Darauf hatte sie, Maggie, nur eine lahme Entschuldigung herausgebracht und sich von Angie ins Haus ziehen lassen.

Danach hatte sie Matt nur noch bei den Theaterproben gesehen. Sie hatte ihn gedrängt, die Sache mit Angie wieder ins Reine zu bringen, doch er hatte nur gelächelt und gemeint „Du begreifst es immer noch nicht, oder?“

Schließlich hatte sie es begriffen. Matt und Angie hatten sich getrennt, und ihre Dreierfreundschaft war damit beendet.

Im nächsten Jahr war Matt aufs College gewechselt, Angie hatte einen neuen Freund gefunden, und das Leben war weitergegangen. Eine Zeit lang hatte Maggie Matts Leben noch verfolgt, doch die letzte Adresse, die sie von ihm hatte, war schon fast sieben Jahre alt. Damals hatte er in Los Angeles gelebt. Seitdem hatte sie nichts mehr von ihm gehört.

Und jetzt war er zurück.

Maggie nahm den Telefonhörer und wählte.

Nach dem vierten Klingeln ertönte eine atemlose Stimme. „Hallo?“

„Hallo, Matt.“

„Maggie!“, rief er erfreut. „Danke, dass du so schnell zurückrufst. Wie geht es dir?“

Schrecklich, hätte sie fast erwidert. „Mir geht’s gut. Willkommen zurück an der Ostküste.“

„Na ja“, er klang etwas zögernd, „ich bin aus geschäftlichen Gründen hier, und das ist auch einer der Gründe, weshalb ich dich angerufen habe. Ich meine, abgesehen davon, dass ich wissen wollte, wie es dir geht. Es ist ja ewig her.“

„Du klingst noch genauso wie früher.“

„Ehrlich? Wie erschreckend.“

Maggie lachte. „Und in was für Geschäfte bist du verwickelt?“

„Erbgeschäfte“, erklärte er. „Kannst du heute Abend mit mir essen gehen? Ich möchte dich um einen riesigen Gefallen bitten, und das möchte ich lieber nicht am Telefon tun. Ich brauche alle mir zur Verfügung stehenden Überredungskünste.“

Er klang wirklich wie früher. „Wie groß ist der Gefallen?“

„Ungefähr fünfundzwanzig Millionen Dollar groß.“

Maggie verschluckte sich fast. „Was?“

„Ich würde das wirklich lieber persönlich mit dir besprechen“, meinte Matt. „Wie wäre es, wenn ich dich um halb sieben abhole?“

Maggie schaute auf ihren überfüllten Schreibtisch. „Besser etwas später. Ich habe noch einiges hier im Büro zu tun und wollte außerdem gern noch in den Fitness-Club. Mein Kurs ist um acht zu Ende. Wäre das zu spät?“

„Kein Problem. Heute Abend ist dieser Tanzkurs, in den du gern gehst, oder? Ich habe dich dort gesehen.“

„Du macht wohl Witze. Du hast mich im Club gesehen und nicht mal Hallo gesagt?“ Maggie konnte es nicht glauben. „Na vielen Dank.“

„Du hast mich nicht gesehen?“

„Wenn, dann hätte ich dich doch wohl begrüßt.“

Matt lachte. „Vielleicht hast du mich nicht erkannt. Ich habe zugenommen.“

„Wirklich?“ Maggie versuchte sich einen Matt vorzustellen, der fünfzig Pfund mehr auf den Hüften hatte. Wahrscheinlich waren ihm auch schon die ersten Haare ausgegangen, als Strafe dafür, dass er mit siebzehn so überaus gut ausgesehen hatte.

„Warum treffen wir uns nicht im Club“, fragte er. „Wir können dort im Café etwas Gesundes essen.“

Maggie schnaubte. „Seit wann machst du dir Gedanken über gesundes Essen?“

Matt lachte nur. „Bis nachher. Ich meine kurz nach acht.“

Dank der Aktenberge auf ihrem Schreibtisch versäumte Maggie ihren Tanzkurs. Es war Viertel nach acht, als sie auf den Parkplatz des Fitness-Clubs fuhr.

Und da war er. Ihr Tarzan. Er stand lässig am Eingang. Genau wie in ihrer Fantasie trug er Jeans und ein weißes T-Shirt.

Nur dass dies die Realität war.

Er stand einfach da, als würde er auf sie warten. Und sie würde an ihm vorbeieilen müssen, weil Matt auch schon wartete.

Doch als sie sich ihm näherte, kam Tarzan auf sie zu. Sein glänzendes Haar fiel auf seine breiten Schultern. Er sah noch besser aus, als sie es sich vorgestellt hatte, obwohl es schwer war, sein Gesicht in der Dämmerung genau zu erkennen.

Er lächelte, als sie näher kam, und Maggie stellte fest, dass er fantastisch aussah mit seinen hohen Wangenknochen. Mit diesem Lächeln auf den wunderbar geformten Lippen, und diesen goldgrünen Augen, die … du lieber Himmel! Es waren Matts Augen! Maggie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal derart sprachlos gewesen war.

Ihr Fantasie-Tarzan war tatsächlich ihr alter Freund Matt. Er hatte wirklich zugelegt, aber nur was die Muskeln betraf.

„Hallo, Maggie.“ Matt strahlte sie an.

Er wusste genau, dass sie ihn im Club bemerkt, aber nicht erkannt hatte, das war Maggie sofort klar. Komm schon, ermahnte sie sich, du bist Schauspielerin.

„Hallo, Matt“, sagte sie betont gelassen. „Entschuldige, dass ich mich verspätet habe.“

„Kein Problem. Ich bin froh, dass du da bist. Du siehst toll aus.“

„Ich sehe immer noch wie vierzehn aus“, erklärte sie. „Du hast dich ja prächtig entwickelt. Himmel, Matt, ich habe dich hier im Club gesehen, ohne dich zu erkennen.“

„Na ja, ich habe mich schon etwas verändert“, erwiderte er nun ernst.

Maggie musste fortschauen. Plötzlich fühlte sie sich unwohl bei seinem Anblick. Matt Stone war zum Mann geworden. Irgendwie hatte sie den jugendlichen Matt erwartet. Dieser Mann war nicht nur größer und breiter, sondern er hatte auch die nervöse Energie verloren, die ihn als Jugendlichen angetrieben hatte. Damals hatte er kaum eine Minute stillsitzen können und hatte eine Zigarette nach der anderen geraucht.

Der neue Matt hingegen strahlte eine unglaubliche Ruhe aus. Wegen dieser Ausstrahlung hatte sie ihn nicht erkannt – abgesehen von seinen langen Haaren und seinem muskulösen Körper.

Matt lächelte sie an, nicht unbekümmert wie früher, sondern mit ehrlicher Freude. „Ich habe dich wirklich vermisst.“

„Ich dich auch. Aber jetzt muss ich noch einmal kurz verschwinden. Es ist eine lange Fahrt von New Haven hierher.“

„Kein Problem. Ich gehe schon ins Café. Soll ich dir etwas bestellen?“

„Ja, bitte“, sagte sie, als er ihr die Tür aufhielt. Das war auch neu. Matt, der eine Tür aufhielt? „Einen Salat, bitte.“

„Mit italienischem Dressing“, sagten sie beide wie aus einem Munde.

Matt grinste. „Einige Dinge ändern sich nie.“

3. KAPITEL

Als Maggie ins Café kam, stand Matt an der Obst-Bar und unterhielt sich mit drei jungen Studentinnen. Was hatte er noch gesagt? Einige Dinge ändern sich nie.

Matt drehte sich um, als hätte er Maggies Blick gespürt, und entschuldigte sich schnell. Lächelnd kam er auf sie zu. „Hallo.“

Ihr Essen war bereits da, und sie setzten sich an einen Tisch. Vor Matt stand ein riesiger Salat und ein Teller mit Gemüse.

Matt aß Gemüse?

„Bevor wir über den millionenschweren Gefallen sprechen“, sagte Maggie, „brenne ich darauf zu erfahren, was du in den letzten zehn Jahren gemacht hast.“

Und wo war das Bier? Schon mit siebzehn hatte sich Matt nie ohne Zigarette und ohne Bier zum Essen hingesetzt.

„Es würde zehn Jahre dauern, um dir alles zu erzählen“, meinte er grinsend, während er sich über seinen Salat hermachte.

„Rauchst du noch?“, fragte Maggie.

„Nein. Ich hab vor drei Jahren aufgehört. Auch mit dem Trinken. Außerdem habe ich angefangen, mich vegetarisch zu ernähren. Na ja, ich … war krank und hatte das Gefühl, ich müsste mal etwas für meinen Körper tun. Ich weiß nicht, ob es wirklich geholfen hat, aber auf jeden Fall hat es meinem Kopf gutgetan, verstehst du?“

„Wie lange warst du krank?“

„Ziemlich lange. Macht es dir etwas aus, wenn wir das Thema wechseln? Es ist … na ja, ich bin ein wenig abergläubisch.“

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