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Zugeknöpft war gestern

hier erhältlich:

Ihr Angebeteter will sich nicht mehr mit ihr treffen, weil sie zu unerfahren ist! Juno hat zwar immer fleißig gelernt - nur leider nichts über Liebe und die Männer. Sie ist noch Jungfrau. Aber auch auf diesem Feld möchte sie jetzt schnell zur Expertin werden und sucht sich den perfekten Lehrer dafür: Alessandro Ricci, den berüchtigten Playboy. Doch nach den ersten erotischen Lektionen wird Juno klar, dass dieses Arrangement nicht lange gut gehen kann …


  • Erscheinungstag: 02.04.2020
  • Aus der Serie: Club
  • Bandnummer: 36
  • Seitenanzahl: 160
  • ISBN/Artikelnummer: 9783745751901
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Juno

Alessandro Ricci ist fantastisch im Bett.

Zumindest habe ich es so von anderen Leuten gehört. Leider weiß ich das nicht aus erster Hand. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens bin ich noch Jungfrau, und zweitens hat er sich geweigert, mit mir zu schlafen, als ich ihn darum gebeten habe.

Das war nicht gerade meine Sternstunde.

Das erste Mal sind wir uns auf der Party zum fünfzigsten Geburtstag meines Vaters begegnet. Sogar inmitten von all diesen schrecklich reichen, glamourösen Leuten der besten Kreise, die mein Vater zu seiner Party eingeladen hat, ragte Alessandro heraus. Er wirkte wie der strahlende Siriusstern am klaren Nachthimmel.

Ich hatte mich gerade mit gesenktem Kopf durch die Menge der Partygäste gedrängt, um mich eine Weile in einer ruhigen Ecke zu verstecken. Ich brauchte eine Pause von den anstrengenden, höflichen Konversationen. Mein herrischer Vater hatte von mir verlangt, dass ich den ganzen Abend lang mit seinen Freunden und Geschäftspartnern plaudere.

Und in dem Moment stieß ich mit der Schulter gegen etwas Festes, was beim Aufprall nicht nachgab. Als ich mich umdrehte, um denjenigen entschuldigend anzusehen, hörte für mich die ganze Welt einen Moment lang auf, sich zu drehen. Die Luft wich mir aus den Lungen, und eine Hitzewelle stieg mir den Hals hinauf ins Gesicht.

Dazu muss man wissen, dass Alessandro Ricci nicht nur gut aussieht. Er ist bildschön. Atemberaubend, unfassbar schön. Seine Gesichtszüge sind perfekt symmetrisch, auch wenn ich weiß, dass so etwas physiologisch nicht möglich ist. Niemand hat ein perfektes Gesicht. Aber dieser Mann ist der Perfektion so nahe, wie man nur sein kann. Seine Knochenstruktur sieht aus wie von einem meisterhaften Künstler aus Stein gehauen. Jeder Zug hat exakt die richtige Form und Größe. Er sieht aus, als hätte jemand von den attraktivsten Männern der Welt das Beste genommen und zusammengefügt, um ihn zu formen.

Und dann sein Körper! Bei so einem Anblick kann man gar nicht wieder wegsehen. Breite Schultern, schmale Hüften und lange, muskulöse Beine. Er ist ein gutes Stück größer als ich, und ich bin nicht gerade klein. Ich habe ihn auf weit über eins achtzig geschätzt. Er trug einen perfekt geschneiderten Anzug, der sich an ihn schmiegte, als sei er in diesen Körper verliebt. An dem makellosen weißen Hemd war der oberste Knopf geöffnet, und in dem V war seine gebräunte Haut zu sehen und der verheißungsvolle Anflug der dunklen Behaarung seiner muskulösen Brust.

Wenn ich die Aufgabe hätte, den perfekten männlichen Körper zu zeichnen, würde ich genau diesen Mann als Vorbild dafür nehmen.

Ich fühlte mich wie gebannt. In diesem Moment war ich wie ein Gespenst, das zwischen den Welten gefangen ist. Es fiel mir unsagbar schwer, ihn anzusehen – so umwerfend sah er aus –, aber gleichzeitig konnte ich den Blick auch nicht abwenden.

Er dagegen sah mich an – oder vielmehr musterte er mich – als würde er mich mit den Augen ausziehen.

Was für unglaubliche Augen!

Allein beim Gedanken daran überkommt mich jetzt noch ein Prickeln, das mich von Kopf bis Fuß durchrieselt. Seine Augen sind hellgrün und scheinen zu leuchten. Sie wirken wissend und geheimnisvoll zugleich. Dieser Mann schien genau zu wissen, was er zu tun hatte, um mich in ein hilflos stammelndes Wrack mit weichen Knien zu verwandeln. Instinktiv wusste ich, dass dieser Mann mir Dinge bieten konnte, die ich noch nie erlebt hatte. Heiße, schmutzige und sündige Dinge.

Ich bebte am ganzen Körper. Das Gefühl war für mich völlig ungewohnt. Um halbwegs die Kontrolle über mich zu behalten, musste ich die Hände zu Fäusten ballen.

Noch nie zuvor hat jemand so etwas in mir ausgelöst. Nicht mal Adam.

Allerdings bin ich ziemlich sicher, dass alle Frauen so auf Alessandro reagieren. Ich habe mich umgehört. Es heißt, er sei ein erstklassiger Verführer und unverbesserlicher Playboy. Doch als er mich so anlächelte, habe ich mich trotzdem ganz besonders gefühlt. Und seltsamerweise sogar attraktiv.

Man hat mich immer mit meinen beiden älteren schönen Schwestern verglichen, und da konnte ich nie mithalten. Ich weiß, dass ich im Vergleich zu ihnen blass und fade wirke wie ein Foto, das zu lange in der Sonne gelegen hat. Diese Erkenntnis hat meinem Selbstwertgefühl einen ziemlichen Dämpfer verpasst.

Allerdings habe ich eine herausragende Besonderheit, und das ist mein Haar. Es reicht mir halb den Rücken hinab und hat ein warmes rötliches Kastanienbraun. Aber ehrlich gesagt habe ich es nie sonderlich gemocht. Es macht mich zu auffällig. Mir ist es immer lieber, wenn ich irgendwo unbeachtet am Rand stehen kann, um von dort aus dem Treiben zuzusehen, als dass ich mich mitten ins Getümmel stürze, so wie Maya und April es tun.

Vom Verstand her und abgesehen von Sandros faszinierendem Charisma weiß ich, dass das Aufeinandertreffen nichts war als eine rein physikalische Reaktion. Ich habe auf seine Pheromone reagiert. Mit Vernunft hatte das nichts zu tun. Normalerweise reizen mich an Männern eher ihre Intelligenz und ihr Ehrgeiz als etwas so Oberflächliches wie ihr Aussehen. Das hat mich jedoch nicht davon abgehalten, mich bei Sandro nach gewissen Dingen zu sehnen.

Ich wollte, dass er gewisse Dinge mit mir tut.

Was genau das sein könnte, weiß ich selbst nicht so genau, aber ich würde meinen Uniabschluss darauf verwetten, dass dieser Mann genau weiß, wie er mich richtig in Fahrt bringen kann. Auf jeden Fall hatte er diese Ausstrahlung, als könne er jede Frau glücklich machen und wäre jederzeit mehr als bereit dazu.

Als Wissenschaftlerin vermute ich, dass er ein äußerst interessantes anthropologisches Forschungsobjekt abgeben würde.

Als ich mich irgendwann zusammenreißen und seinem Blick ausweichen konnte, in dem ich mich gefangen fühlte, verkroch ich mich ins nächstbeste Bad und versuchte, mein wild klopfendes Herz zu beruhigen. Im Spiegel betrachtete ich mein rotes Gesicht und dachte daran, wie intensiv und interessiert er mich angesehen hatte. Den sinnlichen Effekt dieses Blicks hatte ich ganz tief in mir gespürt. Das Blut raste mir dröhnend durch die Adern, und überall am Körper bekam ich eine Gänsehaut. Unwillkürlich wünschte ich mir, ich könnte das genauso meisterhaft. Während ich darüber nachdachte, wie es sich anfühlen würde, so eine Fähigkeit zu besitzen, begann irgendwann eine Idee sich in meinem Kopf festzusetzen.

Erst kurze Zeit zuvor hatte ich sehr darunter gelitten, von einem Mann zurückgewiesen worden zu sein, in den ich ein Jahr lang bis über beide Ohren verliebt gewesen war. Dieser Mann gehört zu den klügsten unserer Zeit, und ich hatte das Glück, gemeinsam mit ihm in der Abteilung der Herzkreislaufforschung an der St. George’s University in London zu arbeiten. Mein Liebeskummer hat mich zu dem Entschluss gebracht, dass es höchste Zeit war, etwas gegen meine sexuelle Unreife zu unternehmen. Das Leben sollte nicht mehr an mir vorbeiziehen. Wenn ich etwas wollte, dann musste ich aktiv zupacken. Ich musste „meine Frau stehen“, wie meine Schwester Maya es nennen würde, egal, wie sehr mir davor auch grauen mochte. Und Alessandro Ricci war vielleicht der perfekte Mann, um mir dabei zu helfen.

Und so ist Sandro zur Hauptrolle in dem Trauerspiel gekommen, in dem es um meinen demütigenden, fehlgeleiteten Versuch ging, meine Jungfräulichkeit zu verlieren.

Es passierte auf einer Privatparty in Chelsea.

Das ist nicht gerade der typische Ort, an dem man mich an einem Samstagabend antrifft. Die meisten Wochenenden verbringe ich entweder zu Hause bei der Arbeit an meiner Doktorarbeit, oder ich treffe mich mit einer Freundin, mit der ich mich bei einem guten Dinner über den Zustand dieser Welt unterhalte.

Deshalb gehört es für mich nicht zu meinen üblichen Wochenendbeschäftigungen, mich in schwüler Dunkelheit durch Räume voller halbnackter Körper zu drängen, die sich zu einem hämmernden Dance-Track verrenken und winden.

Von Maya hatte ich den Tipp bekommen, Alessandro werde zu dieser Party kommen, nachdem ich ihr eingestanden hatte, wie interessiert ich an ihm bin. Sie hatte gesagt, das hier sei ein guter Ort, um ihn zu treffen. Gleichzeitig hatte sie mich vorgewarnt, das hier sei nicht mein übliches Umfeld, aber ich hatte ihr versichert, dass es wahrscheinlich genau der ideale Platz für das sei, was ich im Sinn hatte. Ganz bestimmt würde dort eine dunkle, verführerische Atmosphäre herrschen, und ich hatte gehofft, dass sich mir dadurch die Gelegenheit bietet, ihm nahezukommen, ohne dass ich dafür viel reden muss.

Das mag zwar draufgängerisch klingen, aber ich hatte schreckliche Angst vor meiner eigenen Idee. Ich hatte so große Angst, dass ich mir schon drei Wodka gegönnt hatte, bevor ich überhaupt zu dieser Party gefahren bin. Außerdem hatte ich mir einen Flachmann in die Handtasche gesteckt, nur für den Fall, dass ich später noch mal etwas nachtanken muss. Da ich sonst so gut wie nie etwas trinke, war mir schon ziemlich schwindlig, als ich mich zwischen all den verschwitzten Körper durchdrängte, die sich alle im pulsierenden Technobeat wiegten. Die ganze Zeit über sah ich mich nach Sandro um.

Ich hatte mir extra dasselbe Outfit angezogen, in dem er mich auf der Party meines Vaters gesehen hatte, weil ich hoffte, dass Sandro sich dann eher an mich erinnerte. Leider war mir darin viel zu heiß, und im Vergleich zu den anderen Partygästen war ich vollkommen overdressed. Das Krepp-Top klebte mir bereits am Körper, und der Bund meines schwarzen, knöchellangen Rocks, der mir letzte Woche noch perfekt gepasst hatte, kniff unangenehm an der Taille. Seit dem Tag der Party meines Vaters hatte ich wegen des Stresses ständig gegessen, und jetzt verfluchte ich mich in Gedanken, weil ich so schwach war. Unauffällig öffnete ich den Knopf hinten am Rock, damit er zu kneifen aufhörte, und das Top zog ich nach unten, damit niemand sah, wie der Rock klaffte.

Im nächsten Raum konnte ich Sandro inmitten der unzähligen Gäste auch nirgends entdecken. Gerade als ich auf dem Weg zur Tür war, um ins nächste Bad zu verschwinden und mich wieder etwas zu sammeln, sah ich eine vertraute, umwerfende Gestalt am Durchgang zur Eingangshalle vorbeigehen.

Er war es.

Wegen der dröhnenden Musik konnte sicher niemand meine Entschuldigungen hören, während ich mich durch die Menge kämpfte. Ich eilte ihm nach und gelangte in dem Moment zu dem Durchgang, als er am anderen Ende der Halle die geschwungene Treppe nach oben ging. Mit seinen langen Beinen kam er die Stufen schnell hinauf, und er bewegte sich dabei so faszinierend grazil, dass ich einen Moment lang wie gebannt dastand und ihn beobachtete, bis mir klar wurde, dass ich ihn aus den Augen verlieren würde, wenn ich nicht seine Aufmerksamkeit auf mich zog.

Ich versuchte, ihn zu rufen, aber meine Kehle war wie ausgedörrt von der überwältigend heißen Luft auf dieser Party. Ich konnte nur noch krächzen. Deshalb holte ich den Flachmann aus meiner Tasche und nahm schnell einen Schluck gegen das Kratzen im Hals, während ich Sandro die Treppe hinauf folgte. Der Alkohol rann wie Feuer durch meine Kehle. Ich rang nach Luft. Das Brennen in meiner Luftröhre wurde immer schlimmer. Ich fing an zu husten und nach Luft zu schnappen. Mir brannten Tränen in den Augen, als ich mich ans Geländer klammerte und versuchte, mich zusammenzureißen, während mir der Alkohol durch die Adern strömte und sich mit dem Adrenalin vermischte, das mein Keuchen und Husten freigesetzt hatte.

Einen Moment lang drehte sich alles um mich, während mir das alkoholisierte Blut pochend durch die Adern strömte. Eine Sekunde lang wollte ich mich umdrehen und weglaufen, zurück in die Sicherheit meines ruhigen, gemütlichen Apartments …

An der Schulter spürte ich den behutsamen Druck einer warmen Hand. Die Berührung riss mich aus meinen wirbelnden Gedanken, und ich hob den Kopf. Ich lief rot an, weil es mir so peinlich war, in so einem Moment angesprochen zu werden, und als ich hochsah, blickte ich in die Augen des Menschen, der mich von allen am wenigsten in diesem Zustand sehen sollte.

„Alles in Ordnung?“, fragte Sandro in seinem tiefen, rauen Tonfall, der durch das warme Timbre seines italienischen Akzents nur noch anziehender klang.

Ich konnte nur dümmlich nicken. Mir brannten die Tränen in den Augen, und in meiner Kehle loderte immer noch der Alkohol. „Mir geht’s gut“, zwang ich mich krächzend zu antworten, als er mich besorgt ansah. „Ich habe mich nur verschluckt.“ Mit einem Finger deutete ich vage auf meinen Hals.

„Würde es helfen, wenn ich Ihnen auf den Rücken klopfe?“

Aus seinen faszinierenden Augen sah er mich fragend an und zog eine seiner dunklen Brauen hoch.

„Nein, schon gut.“ Mühsam schluckte ich und hüstelte, um wieder sprechen zu können. „Eigentlich tut man das nur, wenn jemandem ein fester Gegenstand in der Luftröhre steckt. Ansonsten ist es nur ein körperlicher Angriff ohne jeden Grund.“

Einen Moment lang wirkte er entrüstet, als sei es sehr unhöflich von mir, sein vernünftiges Hilfsangebot abzulehnen, und als hätte ich ihn dabei auch noch als Idioten bezeichnet.

Frustriert schüttelte ich den Kopf. Wieso klang bei mir alles immer so belehrend wie von einer verstockten Gouvernante?

„Ich bin Juno. Wir sind uns schon begegnet. Das heißt, es war eher ein Zusammenstoß als eine Begegnung. Also, ich war es, die mit Ihnen zusammengestoßen ist. Letzten Mittwochabend“, erklärte ich schnell, um von meinem Fauxpas abzulenken. „Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern?“, fügte ich eher unbeholfen hinzu.

Was war bloß los mit mir? Normalerweise war ich nicht so ungeschickt. Anscheinend hatte die Mischung aus Alkohol, Nervosität und Sandros verwirrender Nähe meine neuralen Verbindungen gekappt.

„Daran erinnere ich mich. Auf Maxims Party.“ Offenbar verzieh er mir, denn auf seinem schönen Gesicht breitete sich ein sexy Lächeln aus.

Vor Aufregung machte mein Magen einen Hopser. „Oh, gut. Ich hatte schon Angst, Sie hätten es vergessen. Meistens bleibe ich den Leuten nicht lange im Gedächtnis.“ Über diese dümmliche Antwort ärgerte ich mich selbst. Das hier lief absolut nicht so wie erhofft. Ich hatte mir vorgenommen, reif und sexy zu wirken. Und jetzt war ich praktisch vor seinen Füßen zusammengebrochen.

„Aber an dem Abend haben Sie Ihr Haar offen getragen.“ Freundlicherweise ging er mit keiner Silbe auf mein stilloses Gestammel ein.

Unwillkürlich hob ich die Hand zum Nacken, wo ich mir das Haar zu einem festen Knoten zusammengesteckt hatte. So trage ich es meistens, oder ich flechte es mir zu einem Zopf, um es zu bändigen. Meine langen Ponysträhnen lasse ich aber meistens in die Stirn hängen, damit ich mich notfalls dahinter verstecken kann.

„Ja, das stimmt. Aber hier ist es mir heute zu heiß, um es offen zu tragen.“ Ich strich mir übers Gesicht. „Die Luft kocht hier ja förmlich.“

Fragend lächelte er mich an, dann streckte er eine Hand aus und strich mir die Strähnen aus dem Gesicht. Das fühlte sich so intim und besitzergreifend an, dass ich überrascht nach Luft schnappte.

Aus dem Augenwinkel konnte ich eine Bewegung wahrnehmen und sah einen Mann schnell an uns vorbeigehen, während er auf das Display des Handys in seiner Hand sah. Hatte dieser Kerl uns gerade fotografiert, während wir uns unterhielten? Wie merkwürdig. Aber den Gedanken verdrängte ich schnell wieder.

Für die Klatschspalten war ich mittlerweile völlig uninteressant, ganz im Gegensatz zu meinen glamourösen Schwestern. Zum Glück! Für mich gibt es nichts Schlimmeres als ständig von Paparazzi verfolgt zu werden, die mein Privatleben in aller Öffentlichkeit zerpflücken wollen.

„Wieso so nervös, Juno?“, fragte Sandro leise.

Als ich mich ihm wieder zuwandte, erwiderte er meinen Blick aus seinen hellen Augen, und mein Magen hüpfte gleich noch einmal.

„Nervös? Ich?“ Es klang wie ein Piepsen.

„Nicht? Auf mich wirken Sie ein bisschen angespannt. Stimmt irgendwas nicht? Ist hier heute Abend etwas vorgefallen?“ Er richtete sich auf. „Hat Ihr Date Sie versetzt?“ Dabei spannte er die Lippen an, als würde der Gedanke ihn wütend machen.

„Nein, nein, ganz und gar nicht.“ Ich atmete tief durch. Eine bessere Gelegenheit, ihn um Hilfe zu bitten, konnte sich gar nicht bieten. Mein Herz hämmerte schneller, und meine Nerven schienen zu zittern. „Eigentlich bin ich … ganz allein hergekommen, weil ich gehofft hatte, Ihnen über den Weg zu laufen.“ Es klang nicht ganz so verführerisch, wie ich es gehofft hatte. Eigentlich klang es eher wie das Piepsen einer heiseren Maus. Aber in dem Moment war ich nur heilfroh, dass ich es ausgesprochen hatte.

„Mir?“ Er wirkte überrascht, aber ich war mir ziemlich sicher, dass das nur gespielt war. Wahrscheinlich tauchten ständig und überall Frauen auf Partys auf, die darauf hofften, ihm zu begegnen.

„Ja. Ich habe einen Vorschlag für Sie.“

„Einen Vorschlag?“ In seinem Blick lag ein belustigter, spöttischer Ausdruck, aber an der Art, wie er den Kopf leicht zur Seite neigte, konnte ich erkennen, dass ich sein Interesse geweckt hatte. Kaum merklich kam er mir etwas näher. Das gab mir den Mut weiterzusprechen.

„Ich hatte gehofft, wir könnten das an einem Ort besprechen, wo wir etwas ungestörter sind“, erklärte ich, als aus dem nächstgelegenen Flur eine Gruppe von Leuten kam, die sich ungehobelt einen Weg an uns vorbei bahnten. Wir standen immer noch mitten auf der Treppe.

„Okay, ich gebe zu, dass ich neugierig bin. Suchen wir uns oben ein ruhigeres Zimmer.“ Er deutete nach oben, damit ich voranging. „Ladys first.“

Mir zitterten die Knie, als ich vor ihm die Treppe hinaufging. Im Rücken spürte ich seine Präsenz, ganz dominant. Es kam mir vor, als würde ich die Hitze spüren, die sein kraftvoller Körper ausstrahlte, obwohl ich vom Verstand her wusste, dass das nicht möglich war. Alle Nervenenden in mir standen unter Hochspannung. Meine Sinne waren wie betäubt.

Mir raste das Herz in der Brust, als ich das nächstbeste Zimmer betrat. Zum Glück war dort niemand. Sandro folgte mir und schloss die Tür hinter sich.

Neben einem riesigen Bett stand eine kleine Lampe und verbreitete warmes, gedämpftes Licht. Ich schluckte, weil ich auf einmal Angst bekam. Eine kleine Stimme in meinem Kopf fing an zu protestieren, es sei verrückt von mir zu glauben, ich könne das hier durchziehen. Aber ich wusste, dass ich den Mut nicht verlieren durfte. Wenn ich jemals meine Probleme mit Sex und Männern lösen wollte, musste ich aktiv werden.

Ich ließ meine Handtasche zu Boden fallen und wandte mich ihm zu.

Groß und stolz stand er ein paar Meter von mir entfernt, die Hände entspannt an den Seiten. Es wirkte respektvoll, wie er mir meinen Freiraum ließ. Dieser Mann war ganz offensichtlich ein Gentleman, und das machte mir Mut. Alles, was ich über ihn gehört hatte, hatte darauf schließen lassen, aber es beruhigte mich, jetzt die Bestätigung dafür zu bekommen. Zumal ich in diesem Zimmer mit ihm allein war.

„Also, was kann ich für Sie tun, Juno?“, fragte er, als ich kein Wort herausbrachte. Ich war so damit beschäftigt gewesen, mir innerlich Mut zu machen, dass ich ihn peinlich lange angeschwiegen hatte.

Ich räusperte mich und straffte die Schultern, um Selbstsicherheit auszustrahlen.

Aber ich bekam kein Wort heraus. Langsam stieg Panik in mir auf. Verdammt, wie verführt man jemanden, den man so gut wie gar nicht kennt? In diesen Dingen hatte ich absolut keine Erfahrung.

Verzweifelt dachte ich an die Sexszenen, die ich im Fernsehen gesehen hatte. Wenn eine Frau sich nach Sex sehnt, zieht sie sich einfach vor dem Mann aus, und er scheint genau zu wissen, was sie will, ohne dass sie es auszusprechen braucht.

Mittlerweile hämmerte mir das Blut so laut in den Schläfen, dass ich schon befürchtete, Sandro könne es in der Stille des Raums hören. Zumindest sah er mich an, als sei er wegen irgendetwas besorgt.

„Alles okay?“ Er zog die Brauen zusammen.

„Hmm, hmm.“ Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen, dann griff ich mit zitternden Fingern nach dem Saum meines Tops. Mir war klar, dass ich mich beeilen musste, bevor ich noch den Mut verlor. Ich wollte mir das Top verführerisch über den Kopf ziehen. Leider blieb der Halsausschnitt an meinem Dutt hängen, und ich bekam es nicht über das Kinn gezogen. Genau in dem Augenblick öffnete sich der Reißverschluss meines Rocks, weil der Knopf bereits offen war, und der Rock glitt mir über die Schenkel hinunter bis zu den Füßen. Ich stand in meiner Unterwäsche da, während mein Kopf noch in dem ausgezogenen Top festhing.

Das war leider nicht die elegante Art, mich auszuziehen, die ich geplant hatte.

Schließlich schaffte ich es, den Kopf aus dem nervigen Top herauszubekommen, und ich schleuderte es entnervt zu Boden. Vor Verlegenheit war ich knallrot.

„Was tun Sie da?“

Es klang belustigt, aber davon ließ ich mich nicht ablenken. Ich wollte dieses beschämende Vorspiel bloß schnell hinter mich bringen, um zu dem Teil zu kommen, weswegen ich hier war.

Leider musste ich es anscheinend doch aussprechen.

Ich schluckte. Meine Kehle war so ausgedörrt wie mein Sexleben. „Ich will, dass Sie … mit mir Sex haben.“

Einen Moment lang sah er mich nur sprachlos an, dann zuckten seine Mundwinkel, und er lächelte belustigt.

„Einfach so? Ohne dass wir uns vorher kennenlernen?“ Er verschränkte die Arme. „Wieso die Eile?“

„Weil ich noch Jungfrau bin und das gern ändern will“, platzte ich heraus und ging zitternd einen Schritt auf ihn zu. Dabei stolperte ich fast über meine Handtasche. Mein kleiner, silberner Flachmann fiel heraus und rutschte zwischen uns über den Fußboden.

Er sah zu der kleinen metallenen Flasche hinunter und dann wieder zu mir. Fragend zog er eine Braue hoch. „Sind Sie betrunken?“

„Nein“, log ich und schob den Flachmann mit dem Schuh wieder unter die Handtasche. Schlendernd ging ich noch ein paar Schritte auf ihn zu und hoffte, damit seine Aufmerksamkeit von der Flasche abzulenken.

„Ich habe gehört, Sie seien fantastisch im Bett, und da dachte ich, Sie sind perfekt, um mir mit meinem Problem zu helfen. Ich will vom Besten lernen.“ Das ließ ich so selbstbewusst klingen, wie ich nur konnte. Verzweifelt hoffte ich, ihn zu ködern, indem ich an seine Eitelkeit appellierte.

Mit einer Schulter lehnte er sich an die Wand. Immer noch hielt er die Arme vor der Brust verschränkt. In dieser lässigen Haltung wirkte er auf mich so sexy, dass es mich noch mehr einschüchterte.

„Sie sind also heute Abend hergekommen, weil Sie wollen, dass ich Sie von Ihrer Jungfräulichkeit befreie? Wollen Sie das damit sagen?“ Dabei musterte er mich so eingehend, dass es mir sinnlich über die nackte Haut rieselte.

Ich nahm all meinen Mut zusammen und hielt seinem Blick stand. „Ja, genau das wollte ich damit sagen.“

Fassungslos stieß er die Luft aus. „Wieso ich? Wir kennen uns doch gar nicht.“

„Als Sie mich am Mittwoch auf der Party angesehen haben, habe ich gemerkt, dass Sie mich attraktiv finden. Und ich finde Sie auch attraktiv, also rein körperlich, und da dachte ich, es könnte für beide Seiten angenehm sein, wenn …“

Eine peinliche Pause entstand, ehe er wieder etwas sagte. „Angenehm?“

„Genau. Äh, lustig. Und … äh … sexy.“ Ich konnte selbst kaum glauben, was da an entsetzlichem Unsinn aus meinem Mund kam. Hielten mich nicht alle für das Genie in der Familie?

„Also, wenn Sie mich rein körperlich attraktiv finden, wie könnte ich da ablehnen?“, fragte er trocken.

Innerlich verfluchte ich mich wieder, weil ich in solchen Situationen so unerfahren war. Bei meinem Lieblingsthema kann ich stundenlang voller Selbstsicherheit reden, aber in diesem Moment brachte ich mich mit jedem Satz nur noch tiefer in einen dunklen Abgrund hinein, und ich wusste nicht, wie ich da wieder herauskommen konnte.

„Nein, hören Sie. Es tut mir leid, das klingt alles nicht richtig.“ Ich schlang die Arme um mich, weil mir klar wurde, wie entblößt ich war. „Wie Sie mittlerweile leider bestimmt gemerkt haben, fehlt es mir an Erfahrung beim Aushandeln solcher Dinge.“

„Was Sie nicht sagen!“ Seine Belustigung wurde mit jedem Wort deutlicher.

Ich versuchte, mir den Frust nicht anmerken zu lassen. Bloß nicht aufregen! Ich musste ganz cool bleiben, die Situation unter Kontrolle bringen, so wie meine Schwester Maya es getan hätte. Ich versuchte, mich an ihrem Vorbild zu orientieren, während ich mich ein bisschen mehr aufrichtete und langsam auf ihn zu ging, wobei ich ihm direkt in die Augen sah.

„Ich spüre da zwischen uns eine Verbindung. Es knistert“, sagte ich leise und versuchte, nicht zu schwanken.

Er runzelte die Stirn. Jetzt wirkte er verwirrt. Er öffnete den Mund, als wolle er mir widersprechen, doch dann schwieg er. In der angespannten Stille musterte er mich durchdringend. Seine Brauen waren dicht zusammengezogen.

Mein Puls dröhnte. Ich hörte es in meinen Ohren hämmern.

„Hören Sie, Juno, Sie wirken auf mich wie eine liebenswerte Frau, und ich nehme es als großes Kompliment, dass ich bei Ihnen ganz oben auf der Liste stehe, aber ich muss ablehnen“, erklärte er schließlich. „Ich schlafe nicht mit Jungfrauen, und erst recht nicht, wenn sie betrunken sind. Im Bett bevorzuge ich Frauen, die genau wissen, was sie wollen, und denen es beim Sex nur um den Spaß geht.“

Vor Enttäuschung brannten mir die Tränen in den Augen. „Mit mir könnte es auch spaßig sein“, erwiderte ich und hörte selbst, wie verzweifelt das klang.

Er warf mir einen Blick zu, aus dem deutlich zu erkennen war, dass er auf keinen Fall etwas mit Verzweiflung zu tun haben wollte.

Die Enttäuschung tat mir fast körperlich weh. Ich hatte mich zum Narren gemacht, und was hatte es mir eingebracht? Eine gigantische Abfuhr.

„Mein Gott! Was stimmt denn nicht mit mir und den Männern? Wie soll ich denn jemals Erfahrungen sammeln, wenn keiner mit mir schlafen will!?“

Stolpernd ging ich den letzten Schritt auf ihn zu und stützte mich mit einer Hand an der Wand hinter ihm ab, um nicht zu schwanken. Sein wundervoller, männlich-herber Duft umgab mich. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, und mir wurde schwindlig.

„Bitte. Ich tue auch alles, was Sie sagen. Was immer Sie wollen. Sagen Sie es einfach. Gibt es irgendeinen Gefallen, den ich Ihnen tun kann? Oder würde Geld helfen? Oder … äh … irgendwas anderes?“, fügte ich hastig hinzu, als ich darüber erschrak, dass ich ihm Geld angeboten hatte. Wie dumm von mir! Das musste ihn ja kränken. „Ich könnte Ihnen versprechen, Ihnen zu helfen, wann immer Sie meine Hilfe brauchen“, fuhr ich schnell fort und konnte nur hoffen, dass er meinen Ausrutscher überhört hatte.

„Sie bieten mir Geld?“ Angewidert verengte er die Augen.

„Nein, kein Geld. Vergessen Sie das. Das habe ich nicht so gemeint …“

„Dann sollte das also nicht so klingen, als würden Sie hoffen, ich würde mich für Sex bezahlen lassen?“ Sein Tonfall war ein einziger Vorwurf.

Verlegenheit stieg in mir auf. In diesem entsetzlichen Moment konnte ich fast spüren, wie er innerlich die Fäuste ballte, weil ich ihn in seinem männlichen Stolz gekränkt hatte. „Es tut mir leid …“

Noch bevor ich den Satz beenden konnte, unterbrach er mich, indem er abwinkte. „Ich finde Sie zwar attraktiv, aber ich würde niemals so tief sinken, mit einer Frau zu schlafen, die eine so geringe Meinung von mir hat.“ Seine Stimme klang bedrohlich tief. „Gehen Sie lieber nach Hause, bevor Sie hier noch irgendjemand anderem so etwas Dummes sagen. Nicht jeder verzeiht Ihnen eine solche Frechheit so einfach wie ich.“

Ehe ich ein weiteres Wort herausbringen konnte, war er aus dem Raum verschwunden. Nur noch der Klang von seiner Abscheu hallte mir im Kopf nach.

Ich war so gedemütigt, dass ich weinen wollte. Nicht zu fassen, wie grauenhaft ich das angestellt hatte! Ich hatte mich vollkommen zum Narren gemacht. Ein absolutes Desaster. Im Grunde hätte ich mich nicht dümmer dabei aufführen können, ihn dazu zu überreden, mir zu helfen.

Deshalb war ich völlig überrascht, als ich am nächsten Nachmittag meine Mailbox abhörte und dort eine Nachricht von ihm war. Er fragte mich, ob ich mich von ihm auf einen Drink einladen lasse.

2. KAPITEL

Sandro

Es war nicht gerade die beste Woche, die hinter mir lag.

Zum einen war ich mit meinem Kaufangebot für ein verfallenes Gebäude in Shoreditch gescheitert. Dieses Haus hatte ich mit meinem Freund Jon zusammen in ein erschwingliches Künstleratelier umbauen wollen. Leider hatte ein schmieriger Immobilienhai den Zuschlag bekommen. Und zum anderen hatte mich diese hübsche Rothaarige von Maxims Party wie ein hirnloses Stück Fleisch behandelt. Das hatte mich extrem sauer gemacht, denn als ich sie auf Harrys Party in Chelsea erkannte, hatte ich mich wirklich gefreut, sie zu sehen. Bis zu dem Zeitpunkt war diese Party für mich lahm gewesen. Immer dieselben bekannten Gesichter und die gleichen ermüdenden Unterhaltungen. Deshalb hatte es in mir gefunkt, als ich sie gesehen hatte.

Für Frauen mit rötlichen Haaren habe ich schon immer eine Schwäche gehabt, und auf Maxims Party, auf der ich in Vertretung meines Vaters war, weil der gerade wichtige Familiengeschäfte in Rom zu erledigen hatte, war ich von dieser Frau schon beim ersten Anblick fasziniert gewesen, weil sie so eine süße Ausstrahlung hatte. An ihrer Körperhaltung hatte ich sofort gemerkt, dass sie nicht sehr selbstbewusst und weltgewandt war, ganz im Gegensatz zum Großteil der übrigen Frauen auf dieser Party. Ich hätte sie am liebsten irgendwo hingebracht, wo ich sie beschützen konnte. Und vielleicht noch anderes mit ihr anstellen, wenn sie damit einverstanden war. Schließlich ist sie eine attraktive Frau.

Besonders schön fand ich, wie ihre makellosen hellen Wangen rot wurden, als ich sie anlächelte.

Es macht mir Spaß, Frauen zum Erröten zu bringen. Das gibt mir echt einen Kick. Eigentlich macht es mich immer heiß, wenn ich sie dazu bringen kann, ganz instinktiv auf mich zu reagieren. Ein leichtes Schimmern von Schweiß über der Oberlippe, geweitete Pupillen oder ein koketter Augenaufschlag. All das liebe ich, denn ich liebe Frauen.

Alle Frauen.

Frauen sind so faszinierende, exquisite Wesen.

Und normalerweise lieben die Frauen auch mich.

Deshalb war ich so angepisst, als diese Frau mir zu verstehen gab, dass sie mich für eine Art männliche Hure hielt. Ganz offensichtlich war sie an mir als Mensch nicht im Geringsten interessiert, als sie mich fragte, ob ich sie entjungfere.

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