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Zärtlich, sinnlich, zauberhaft

hier erhältlich:

Shane Larrabee ist ihr Traummann. Doch obwohl Kate erneut zauberhafte Stunden der Leidenschaft mit ihm erlebt, sieht es nicht nach einem Happy End aus. Shane will, dass sie ihren geliebten Beruf als Polizistin aufgibt ...


  • Erscheinungstag: 30.11.2023
  • Seitenanzahl: 122
  • ISBN/Artikelnummer: 9783745753745
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Jetzt oder nie.

Shane Larrabee hob seinen Hut vom staubigen Boden des Rodeo-Platzes auf und schwenkte ihn in der Luft, während er unter dem Beifall der Menge zum Ausgang der Arena lief.

Die Rodeo-Clowns übernahmen die Manege, und wie üblich faszinierten sie das Publikum mit ihren Späßen. Der Bulle, von dessen Rücken Shane gerade eben abgesprungen war, stürmte wutschnaubend auf die Clowns zu, doch die wichen geschickt aus und dirigierten das Tier hinaus.

Shane hatte einen hervorragenden Ritt hingelegt. Er würde hier in Reno siegen, und bei seinem Punktestand war ihm auch die Teilnahme an der Meisterschaft in Las Vegas sicher. Alles war heute bestens gelaufen, dabei hatte er sich den ganzen Tag über nicht so recht auf das Rodeo konzentrieren können.

Jetzt oder nie. Diese Worte gingen ihm seit Stunden nicht aus dem Kopf.

Am Gatter wartete Kate und lächelte ihn strahlend an. Das helle Scheinwerferlicht ließ ihr langes rotbraunes Haar leuchten, wie ein glühender Kranz umrahmte es ihr Gesicht.

Schon von weitem sah Shane ihr in die Augen, in diese tief blaugrünen Augen, die all seine Träume und Wünsche beherrschten. Und wieder dachte er: Jetzt oder nie .

„Du hast es geschafft!“, jubelte Kate. Sobald er das Tor passiert hatte, fiel sie ihm um den Hals und küsste ihn überschwänglich.

Sein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe. Nichts konnte jetzt noch schief gehen. Absolut nichts. Lachend und überglücklich schlang er die Arme um ihre Taille, hob Kate hoch und wirbelte sie herum. Diese Frau würde er bis in alle Ewigkeit lieben, daran gab es für Shane nicht den leisesten Zweifel.

„Du wirst das Turnier gewinnen. Ich bin ja so stolz auf dich.“ Noch einmal küsste Kate ihn zärtlich, nachdem sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte.

„Komm, Rotschopf!“, raunte er ihr ins Ohr und zog sie mit sich in den Schatten der Tribüne. Eigentlich war es ja sein Plan gewesen, Kate in eines der besten Restaurants der Stadt einzuladen. Romantische Musik, ein festlich eingedeckter Tisch mit Kerzen und Rosen, er hätte Champagner geordert – doch er konnte nicht länger warten, nicht eine Sekunde.

Mit einer Hand griff er unter den Lederschutz, der seine Jeans bedeckte, fasste in die Hosentasche und zog eine kleine, mit Samt bezogene Schachtel hervor. Dann nahm er Kate fest in die Arme. „Und wenn ich in Vegas gewinne, musst du dabei sein, Rotschopf.“

Kate strahlte ihn an. „Na klar. Ich werde ein paar Tage Urlaub nehmen, einen Flug nach Vegas buchen und …“

Shane schüttelte den Kopf. „Nein. Ich will dich immer bei mir haben, bei all meinen Auftritten und bei jedem Sieg. Ich möchte nicht einen Tag und keine einzige Nacht mehr ohne dich sein.“ Er hielt ihr die kleine Schachtel vor die Nase und klappte den Deckel hoch. „Heirate mich, Rotschopf.“

Kate starrte auf den goldenen Ring mit dem funkelnden Diamant-Solitär. Tränen stiegen ihr in die Augen und liefen ihr langsam über die Wangen. Dann löste sie sich abrupt aus Shanes Umarmung …

Drei Jahre später

Am liebsten hätte er die Vergangenheit aus seinem Gedächtnis gelöscht. Jeden Gedanken an damals … an sie.

Der Highway führte bergauf, und als Shane die Anhöhe erreicht hatte, kam Reno in Sicht. Jedes Mal, wenn er auf diese Stadt zufuhr, quälten ihn die alten Erinnerungen erneut, und das war auch heute so.

Er sah in den Seitenspiegel und warf einen Blick auf seinen Bruder, der den Truck hinter ihm steuerte.

Shane hatte in diesem Jahr nicht am Rodeo in Reno teilnehmen wollen. Während der letzten Jahre war er hier gewesen, aber zum Glück Kate nicht über den Weg gelaufen. Diesmal hatte er ein ungutes Gefühl gehabt und sich deshalb entschlossen, diese Station auszulassen. Das war allerdings, bevor Widow Maker, dieser verflucht aggressive Bulle, ihn in Mesquite abgeworfen hatte. Nach dem Desaster war ihm keine andere Wahl geblieben. Um sich für die Meisterschaft in Las Vegas zu qualifizieren und dort seinen Titel zu verteidigen, musste er in Reno antreten und auch gewinnen.

Er rückte seinen Stetson auf dem Kopf zurecht. Dann rollte er mit den Schultern, als wollte er alle lästigen und quälenden Gedanken abschütteln. Es war sinnlos, länger über die Vergangenheit zu grübeln. Er musste sich auf seine Auftritte konzentrieren und dieses Rodeo gewinnen.

Doch unwillkürlich wanderte sein Blick zu den Hügeln südlich der Stadt, dorthin, wo die Ranch lag, die Kates Großvater seiner einzigen Enkelin hinterlassen hatte.

1. KAPITEL

„Warum Sie wirklich hier sind, darf niemand erfahren!“

Kate nickte. „Ich weiß. Captain Aames hat klare Anweisungen gegeben.“ Es war ihr erster Einsatz als verdeckte Ermittlerin. Und das ausgerechnet beim Rodeo! Vermutlich würde sie während der nächsten Tage auf etliche Leute treffen, die sie von früher kannten und die wussten, dass sie Polizistin war. Ihnen allen hatte sie zu erzählen, sie hätte den Dienst quittiert.

Die Tür wurde aufgerissen. Kate drehte sich um.

„Verdammt, Hodges, jetzt guck dir das an!“ Shane Larrabee kam in den Raum gestürmt und warf ein Dutzend langer, rostiger Nägel auf den Tisch des Rodeo-Managers.

Kate stockte der Atem. Als ihr Chef ihr diesen Auftrag erteilt hatte, war ihr sofort klar gewesen, dass sie Shane hier begegnen könnte, aber sie hatte nicht gleich am ersten Tag damit gerechnet.

„Wenn mein Pferd darauf getreten wäre … Zum Teufel, Jim, das ist gar nicht auszudenken!“, tobte Shane. „Du musst etwas unternehmen, bevor alles außer Kontrolle gerät.“

„Ich bin ja an der Sache dran“, antwortete Hodges.

„Dann beeil dich! Es war schon das dritte Mal in zwei Tagen, dass dieses Schwein versucht hat …“ Erst jetzt bemerkte Shane, dass noch eine weitere Person im Raum war – er starrte Kate an, und seine Worte blieben ihm im Hals stecken.

„Shane, das ist Kate Morgan. Sie hat sich gerade fürs Hindernisreiten eingetragen“, erklärte Jim Hodges.

Hindernisreiten?

An Shanes Gesichtsausdruck konnte Kate ablesen, wie sehr ihn diese Auskunft verwirrte. Drei Jahre war es her, seit er sie verlassen hatte. Seitdem hatte sie ihn nicht mehr gesehen, seine Stimme nicht gehört, nicht in seine Augen geblickt.

Ihr Herz hämmerte wie verrückt. Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Schließlich war sie im Dienst und hatte einen Auftrag auszuführen. Die Tatsache, dass ihr Ex-Freund hier war, durfte für sie keinerlei Unterschied machen.

Seine Augen verschlangen sie beinahe.

„Und dieser junge Mann ist Shane Larrabee, amtierender All-Around-Cowboy der Professional Rodeo Cowboy Association“, fuhr Hodges fort. „Er hält den Titel schon seit drei Jahren, und ich gehe jede Wette ein, dass er ihn auch diesmal erfolgreich verteidigen wird.“

Kate zwang sich zu einem Lächeln. „Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mr. Larrabee.“

Mr. Larrabee? Warum tut sie so, als wären wir uns noch nie begegnet? „Hindernisreiten?“, stammelte Shane und ließ sie nicht aus den Augen.

„Ja.“ Kate nickte. Ihr war klar, welche Frage ihm jetzt durch den Kopf ging, und dass sie ihm darauf keine ehrliche Antwort geben durfte.

Sie betrachtete sein Gesicht. Es wirkte kantiger als früher. Einige Falten hatten sich eingegraben. Auch um die Lippen herum – ihr Magen zog sich zusammen, als sie daran dachte, wie leidenschaftlich dieser Mund sie geküsst hatte. Trotzdem strahlte Shane noch immer jungenhaften Charme und gleichzeitig männliche Reife aus. Der Drei-Tage-Bart betonte sein gutes Aussehen.

In seinem dunklen Haar, das bis auf den Hemdkragen fiel, gab es inzwischen einige graue Strähnen. Wie viele Male hatten ihre Finger zärtlich durch diese seidige Mähne gestrichen?

Seine Schultern waren breiter, als sie erinnerte, seine Taille schmaler, die Beine länger und schlanker.

Kate musste sich sehr bemühen, die Fassung zu bewahren. Es war nicht fair, dass man sie hierher geschickt hatte. Warum hatte Aames nicht eine ihrer Kolleginnen ausgesucht? Sie konnte ja wohl nicht die einzige Polizistin in Reno sein, die als Jugendliche am Junior Rodeo teilgenommen hatte und ein Pferd besaß.

Sie zwang sich, ihren Blick von Shane zu lösen, und zeigte auf die Nägel, die er dem Rodeo-Manager auf den Schreibtisch geworfen hatte. „Haben Sie die in Ihrem Pferdestall gefunden?“ Sie nahm einen der rostigen Stifte hoch und betrachtete ihn aufmerksam.

„Während der letzten Tage hatten wir ein paar Probleme“, gab Jim Hodges zu. „Aber wir haben die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Es sollte keine weiteren Zwischenfälle geben. Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Morgan. Vermutlich war da nur ein gelangweilter Teenager am Werk, der uns einen Streich spielen wollte.“

Kate spürte, wie Shane sie fortwährend beobachtete. Die Situation wurde für sie unerträglich. „Gut.“ Sie warf den Nagel zurück auf den Tisch. „Wenn hier alles geregelt ist, werde ich jetzt ausladen.“

Bevor einer der Männer antworten konnte, hob Kate grüßend die Hand und lief hinaus.

Shane sah ihr fassungslos nach. Warum hatte sie so getan, als seien sie Fremde? Und was machte sie beim Rodeo? Seit wann nahm sie am Hindernisreiten teil?

Das grelle Sonnenlicht blendete Kate, als sie vor die Tür trat.

Ich will keine Polizistin zur Frau, Kate. Kündige deinen Job und heirate mich, oder ich mache Schluss. Dieses Ultimatum hatte er ihr vor drei Jahren gestellt, und seine Worte hallten erneut erbarmungslos durch ihren Kopf.

Sie zitterte so sehr, dass sie sich mit einer Hand an der Wand abstützen musste. Mir ist nur schwindlig, weil es heute so heiß ist, redete sie sich ein. Aber warum waren ihre Knie auf einmal so weich wie Butter? Warum bekam sie kaum noch Luft? Sie presste eine Hand auf ihren Magen, als ihr übel wurde.

Leute kamen vorbei; eine Frau blieb stehen und sah Kate fragend an. „Kann ich Ihnen helfen? Sie sehen ziemlich blass aus.“

Kate schüttelte den Kopf und versuchte zu lächeln. „Danke, es ist alles in Ordnung.“ Sie löste sich von der Wand, dann ging sie auf wackeligen Beinen zu dem Parkplatz, auf dem ihr Jeep und Pferdetransporter standen. „Er hat dich verlassen“, murmelte sie. „Er ist einfach gegangen und hat sich nie wieder gemeldet. Nicht einmal eine Postkarte warst du ihm wert.“ Sie warf einen Blick in den Anhänger, um zu prüfen, ob es Rain Dancer gut ging. „Er hat dich nicht wirklich geliebt, und du liebst ihn auch nicht mehr, so viel ist sicher“, flüsterte sie, während sie in den Jeep stieg und sich hinter das Lenkrad setzte. „Also vergiss ihn endlich!“

Leichter gesagt als getan. Während der letzten drei Jahre war es ihr nicht gelungen, obwohl sie Shane nicht gesehen hatte. Und jetzt würde sie ihm in den nächsten Tagen zu allem Überfluss auch noch auf Schritt und Tritt begegnen.

Das Rodeo in Reno war eine der wichtigsten Stationen vor der Meisterschaft in Vegas, und Kate hatte befürchtet, dass ihr Ex-Freund dabei sein würde.

Vor zwei Tagen waren die Viehbestände eingetroffen und die meisten der Teilnehmer angereist. Gleich darauf hatten die Sabotage-Akte begonnen. Irgendein Verrückter trieb hier sein Unwesen, manipulierte und beschädigte die Ausrüstung der Reiter. Shane war schon drei Mal das Ziel dieser Anschläge gewesen.

Kate ließ den Motor an und fuhr zu der langen Reihe blau gestrichener Pferdeställe am östlichen Rand des Rodeo-Geländes.

Sie hätte versuchen können, sich zu drücken, aber dieses war ihr erster Undercover-Auftrag seit ihrem Examen an der Polizeischule, und es wäre dumm gewesen, ihn abzulehnen, wenn sie auf eine schnelle Beförderung hoffen wollte.

Dumm gelaufen, dachte sie, als sie vor dem Stall hielt, den Hodges ihr zugewiesen hatte. Ich muss den Saboteur so schnell wie möglich fassen, danach kann ich sofort von hier abhauen.

Kate blieb im Auto sitzen und schloss die Augen. Warum musste Shane ausgerechnet in diesem Jahr nach Reno kommen? Hätte er seine Punkte nicht woanders sammeln können? Seit dem Bruch ihrer Beziehung war sie dem Rodeo absichtlich fern geblieben, um Shane nicht zu begegnen, und das hatte sie auch in diesem Jahr vorgehabt.

Sie versuchte, die Gedanken an diesen großen, gut aussehenden Cowboy zu verscheuchen. Was ihr natürlich nicht gelang.

Es ist aus und vorbei, sagte sie sich. Ich finde ihn nur ziemlich attraktiv, das ist alles. Und selbst wenn ich ihn noch lieben würde, hätte es keinen Sinn, sich wieder mit ihm einzulassen. Nie im Leben werde ich den gleichen Fehler machen wie meine Mutter. Für keinen Mann der Welt.

Kate sprang aus dem Wagen und lief zur Rückseite des Pferdetransporters. „Vergiss ihn endlich!“, zischte sie.

Jim Hodges klappte das Stallbuch auf und ging die Eintragungen durch. „Bring dein Pferd in 38A unter.“

Shane reagierte nicht, sondern starrte auf die Tür, durch die Kate gerade verschwunden war.

„Larrabee!“

Hodges’ Stimme riss Shane aus seinen Träumen, und er drehte sich verwirrt um. Als er Kate gerade eben so plötzlich gegenübergestanden hatte, waren die Erinnerungen an damals wie eine Lawine über ihn hereingebrochen.

„Bring dein Pferd in 38A unter“, wiederholte Hodges.

„Mein Pferd verlegen? Wozu soll das gut sein?“

„Du warst schon drei Mal das Opfer des Saboteurs. Vielleicht schnappen wir ihn, bevor er herausfindet, in welchem Stall du bist.“

Leise vor sich hin fluchend verließ Shane das Büro. Zuerst diese verdammten Anschläge, und dann musste er auch noch Kate über den Weg laufen. Er wünschte, er hätte auf seine innere Stimme gehört und wäre nicht nach Reno gekommen. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass man diesem Mistkerl schnellstens das Handwerk legte, bevor seinem Pferd etwas zustieß. War Kate hier, um in dem Fall zu ermitteln? Das klang einleuchtend. Und es bedeutete, dass sie noch immer Polizistin war! Er verscheuchte den Gedanken sofort wieder. Schließlich musste er sich auf das Rodeo konzentrieren … auf sein Rodeo.

Grantig nahm er sein Pferd am Zügel und marschierte wütend zu dem neu zugewiesenen Stall. In der Auffahrt zur Nummer 38 stand ein roter Jeep mit einem rot-weißen Pferdetransporter. Die Fahrzeuge parkten zwischen den Boxen und blockierten die Tür zu Samsons neuer Unterkunft.

Shane sah sich suchend um – die Tür zu 38B war offen, er ging darauf zu und blickte hinein.

Mitten im Stall stand eine bildschöne Appaloosa-Stute, deren dunkles Fell seidig glänzte. Shane beugte sich etwas vor und entdeckte zwei lange, schlanke Beine, die in Reitstiefeln steckten. Er klopfte kurz an die Stalltür. „Hallo, könnten Sie vielleicht Ihren Pferdetransporter zur Seite fahren?“

Kate war gerade dabei, Rain Dancer zu striegeln. Sie hatte die Stimme sofort erkannt und war vor Schreck erstarrt.

„Hallo?“, rief Shane noch einmal, als keine Antwort kam.

Zögernd richtete Kate sich auf und sah den Cowboy über Rain Dancers Rücken hinweg an. Am liebsten wäre sie geflohen, aber er stand in der Tür. Es gab keinen Ausweg.

Shane hatte sich den Stetson tief ins Gesicht gezogen, so dass Kate seine Augen nicht sehen konnte. Das war auch nicht notwendig. Sie spürte seinen Blick und erinnerte sich genau daran, wie es war, sich in diesen Augen zu verlieren.

Muss sie ausgerechnet die Box neben mir haben? schoss es Shane durch den Kopf. Im ersten Moment dachte er daran, wieder umzukehren, aber dann fielen ihm die rostigen Nägel ein. Und das Motoröl, das gestern jemand über seine Ausrüstung gekippt hatte. Die beschädigten Zügel. Es war zu gefährlich, in dem alten Stall zu bleiben.

Kate ging um Rain Dancer herum und blieb in sicherer Entfernung zu Shane stehen.

„Deine Fahrzeuge“, stammelte er. „Sie blockieren die Tür zum Stall nebenan.“

„Zum Stall nebenan?“, wiederholte Kate langsam. Verwirrt betrachtete sie ihn, sein Pferd, die Wand zwischen den beiden Pferdeboxen. „Das ist dein Stall?“

„Hodges hat mich verlegt.“ Ihm wurde flau, als er sich daran erinnerte, wie wundervoll es gewesen war, Kate in den Armen zu halten. Sein Blick glitt über ihren Körper; über das lockige rotbraune Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel; über die sanften Rundungen ihrer Brüste, die er so häufig liebkost hatte; die langen, schlanken Beine. Als er ihr in die Augen sah, hatte ihn die Vergangenheit wieder eingeholt, und er fragte sich, wie in aller Welt er es fertig gebracht hatte, sie zu verlassen.

Das Herz schlug Kate bis zum Hals, und sie konnte nicht verhindern, dass ihre Hände unaufhörlich zitterten.

„Wie … wie ist es dir ergangen, Shane?“, fragte sie schließlich.

Schrecklich, wäre seine ehrliche Antwort gewesen. „Gut“, sagte er stattdessen in seiner tiefen und sanften Stimme. „Hätte nicht besser sein können. Und bei dir?“

Kate lächelte gekünstelt. „Wunderbar. Ich leite jetzt unsere Ranch, mein Vater hat sich zur Ruhe gesetzt, und …“ Sie zuckte mit den Schultern und verstummte. Da sie ihm die Wahrheit nicht sagen durfte und Angst hatte, sich zu verraten, wenn sie weiter sprach, schwieg sie lieber. Captain Aames hatte klare Anweisungen gegeben: Absolut niemand durfte erfahren, dass sie Polizistin war. Sollte sie sich nicht daran halten, würde ihr Chef nicht zögern, sie zur Verkehrsstaffel zu versetzen.

Shane umklammerte Samsons Zügel. Alles drängte ihn, Kate in die Arme zu nehmen und sie so lange zu küssen, bis er keine Luft mehr bekam, bis … Er schob diesen abwegigen Gedanken beiseite und erinnerte sich daran, dass sie vor wenigen Minuten in Hodges Büro so getan hatte, als wären sie beide sich noch nie begegnet.

Er hielt ihren Blick fest. „Wann hast du mit dem Hindernisreiten angefangen?“

Sie hatte sich Antworten auf alle möglichen Fragen zurecht gelegt, doch jetzt war nur noch eine absolute Leere in ihrem Kopf. Gereizt zupfte sie am Ärmel ihrer Bluse. „Vor … vor einigen Monaten. Ich … äh … ich wollte schon immer an Turnieren teilnehmen, aber, na ja, es gab die ganze Zeit wichtigere Dinge.“

„Den Polizeidienst, zum Beispiel?“ Shane merkte selbst, dass sein Ton zu schroff war. Aber er hatte sie geliebt, hatte um ihre Hand angehalten, und ihr war ein Job bei der Polizei wichtiger gewesen als ein Leben mit ihm – das schmerzte ihn noch heute. Er sah, wie sie bei seiner Frage zusammenzuckte.

„Ja, zum Beispiel den Polizeidienst“, antwortete sie leise.

„Aber inzwischen hast du den Dienst quittiert und bist Hindernisreiterin geworden?“

„Stimmt, ich bin Hindernisreiterin.“ Mit der Antwort hatte sie zumindest vermieden, ihn wirklich anzulügen.

Also war sie nicht mehr bei der Polizei. Wie häufig hatte er in den letzten drei Jahren das Telefon angestarrt und überlegt, ob er sie anrufen sollte? Kate zu verlassen, war das Schwerste, was er je getan hatte, aber er hatte keine andere Wahl gehabt. Natürlich war er sich damals sicher gewesen, dass sie sehr bald nachgeben und sich bei ihm melden würde.

Aber es war nie ein Lebenszeichen von ihr gekommen, und das hatte ihn beinahe umgebracht. Nächtelang hatte er sich in Bars herumgetrieben, sich am nächsten Tag halb benommen wieder aufs Pferd gesetzt. Fast ein Jahr lang war er mindestens ebenso häufig im Krankenhaus wie in der Arena gewesen.

In Denver hatte er sich das rechte Bein gebrochen, in San Antonio zwei Rippen, in Billings hatte er sich eine Gehirnerschütterung zugezogen, und schließlich war er in Phoenix aufgespießt worden. Erst nach langer Zeit war es ihm irgendwie gelungen, einigermaßen zur Besinnung zu kommen.

„Bei den Meisterschaften in Vegas im letzten Jahr warst du hervorragend“, meinte Kate.

Shane kniff überrascht die Augen zusammen. „Warst du da?“

Sie lächelte und schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe es im Fernsehen gesehen.“

Als er sich an diesen Ritt erinnerte, musste er unwillkürlich grinsen. „Es war knapp. Beinahe hätte ich es verhauen.“

„Warum?“

Er sah ihr tief in die Augen. Eine innere Stimme sagte ihm, es wäre besser, sich umzudrehen und wegzugehen, doch er rührte sich nicht von der Stelle. „Am Abend vor dem Finale war ich bei den Bullen, um die Tiere anzusehen, die ich für meinen Ritt gezogen hatte. Na ja, einige von ihnen waren reichlich aggressiv und haben mich recht unfreundlich begrüßt. Ich habe einen Huf gegen das Schienbein bekommen. War ziemlich heftig.“

„Oh je!“ Kate musste ihren Blick abwenden. Es war grausam, mit ihm in diesem kleinen Stall zu stehen und den Gefühlen ausgeliefert zu sein, die wie ein Tornado in ihr tobten.

„Warum hast du vorhin vorgetäuscht, wir würden uns nicht kennen?“

„Ich … ich wollte Hodges nichts erklären müssen, das ist alles.“

„Wirklich?“ Shane sah sie skeptisch an.

Sie schluckte schwer. „Ist doch einfacher, so zu tun, als wären wir uns noch nie begegnet, statt irgendwelche Fragen zu beantworten.“

„Wahrscheinlich.“

„Dann werde ich jetzt den Transporter wegfahren.“ Kate tätschelte ihr Pferd und legte die Kämme und Bürsten zur Seite. Sie spürte Shanes Blick auf sich und erstarrte innerlich. Nichts hat sich geändert, dachte sie. Ich bin immer noch Polizistin. Damals hat er es nicht akzeptieren können, und auch heute würde ich meine Karriere nicht für ihn aufgeben. „Ich … ich bin hier sowieso fertig.“

Entschlossen ging sie auf ihn zu – Shane trat zur Seite und ließ sie vorbei, dann verriegelte er die Stalltür hinter ihr.

Am Wagen drehte Kate sich noch einmal kurz um. „Viel Glück beim Wettkampf“, rief sie ihm zu, bevor sie in den Jeep sprang.

„Danke, dir auch.“ Shane war bereits zum zweiten Mal an diesem Tag innerlich aufgewühlt. Er sah, wie Kate langsam zurücksetzte, dann Richtung Parkplatz fuhr.

Erst als ihr Fahrzeug außer Sicht war, führte er Samson in den neuen Stall. Seine Gedanken waren bei Kate – bis er das Licht anknipste und die hässliche Drohung entdeckte, die jemand mit roter Farbe an die Wand geschmiert hatte.

2. KAPITEL

Am späten Nachmittag wurde das Rodeo mit einer großen Show eröffnet.

Shane hatte sich inzwischen wieder einigermaßen beruhigt. Er saß auf einem Zaun und verfolgte das Geschehen in der Arena. In der engen Box hinter ihm stand eingepfercht und schnaubend der Bulle, auf dem er gleich reiten sollte.

Ein Rodeo-Clown lief im Zickzack vor einem wütenden Stier her, der gerade eben seinen Reiter abgeworfen hatte. Die Zuschauer jubelten begeistert. Der Clown nahm Kurs auf eine der roten Tonnen und verschwand blitzschnell darin – Sekunden, bevor das aggressive Tier die Tonne auf die Hörner nahm und sie durch die Luft schleuderte.

Bewundernd schüttelte Shane den Kopf. „Die sind ja noch verrückter als wir.“

„Stimmt“, pflichtete Tim Norris ihm bei. „Aber lenk nicht vom Thema ab. Woher kann dieser Mistkerl gewusst haben, in welchen Stall dein Pferd verlegt werden sollte?“

Shane zuckte gleichgültig mit den Schultern, doch seine Augen verrieten, wie verärgert er wegen des Vorfalls war.

„Hoffentlich schnappen sie ihn bald!“ Tim fluchte leise vor sich hin.

„Ich bin gleich dran“, murmelte Shane. Er schwang seine Beine über den Zaun und sprang mit einem Satz auf LaBambas Rücken.

Der braun-weiße Bulle schnaufte entrüstet, als er Shanes Gewicht auf sich spürte, dann scharrte er wild mit einem Vorderhuf, als könne er es gar nicht abwarten, in die Arena entlassen zu werden und den unliebsamen Reiter abzuwerfen.

Auf dem Bullen verfolgte Shane den Ritt von Skip Magruder. Er schüttelte entnervt den Kopf. „Warum bin ich ausgerechnet direkt nach dem Kerl dran?“

Tim lachte. „Ist doch alles nur Show heute. Aber schließlich hast du ja vor, ihn zu übertrumpfen, da ist es nur mehr als gerecht, wenn du vorher seinen Staub schlucken musst.“

Jim Hodges’ Stimme dröhnte aus dem Lautsprecher: „Leute, das war die Legende , Skip Magruder. In seiner langen, erfolgreichen Laufbahn war er unter anderem bereits drei Mal All-Around-Cowboy. Vor zwei Jahren ist in San Antone ein Bulle etwas unsanft mit ihm umgegangen, deshalb hat er seitdem an keinem Rodeo teilnehmen können. Aber jetzt ist er wieder dabei! Herzlich willkommen, Skip!“ Beifall brauste auf.

„Auch der nächste Reiter ist einer der ganz Großen“, fuhr Hodges fort. „Shane Larrabee, amtierender All-Around-Cowboy, und das seit drei Jahren. Larrabee hat sich vorgenommen, seinen Titel zu verteidigen, und sollte ihm das gelingen, würde er damit Magruders Rekord brechen. Beide sind nach Punkten fast gleich auf, es bleibt also spannend.“

Shane sah mit suchendem Blick auf die Zuschauertribüne. Früher hatte Kate niemals einen einzigen seiner Auftritte verpasst. Doch heute konnte er sie nicht entdecken. Enttäuscht bemühte er sich, seine Gedanken auf den bevorstehenden Ritt zu konzentrieren.

Als Shane in ihre Richtung sah, trat Kate hastig einen Schritt zurück.

Sie musste daran denken, wie grauenhaft und höllisch die ersten Monate nach ihrer Trennung gewesen waren. Und dann die freundlich gemeinten Sprüche aus ihrer Umgebung: Er war sowieso nicht der Richtige für dich. Andere Mütter haben auch schöne Söhne. Offensichtlich hat er dich nicht wirklich geliebt .

Das Schlimmste war, dass gerade dieser letzte Satz zutraf. Sonst hätte Shane ihr niemals so ein Ultimatum stellen können.

Erst nach langer Zeit war alles erträglicher geworden.

Doch die plötzliche Begegnung mit Shane hatte ihre Gefühle für ihn wieder wachgerüttelt, und sie konnte sich nicht länger vormachen, nichts mehr für ihn zu empfinden. Sie liebte ihn noch, und tief in ihrem Inneren hatte sie das immer gewusst.

Kate sah, wie Shane seinen Hut zurückschob und ein Zeichen gab, dass er bereit war.

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