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Schwingen der Nacht

hier erhältlich:

Schwingen der Nacht Wie auf dunklen Schwingen joggt Clair mit dem attraktiven Harris Black durch den abendlichen Park. Atemlos - vor Angst! Denn was, wenn ihr Traummann herausfindet: Sie ist die nackte Frau auf dem Foto, das er immer bei sich trägt …


  • Erscheinungstag: 10.12.2012
  • Seitenanzahl: 192
  • ISBN/Artikelnummer: 9783955760366
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Lori Foster

Der Engel in meinem Bett

Roman

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MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2012 by MIRA Taschenbuch
in der Harlequin Enterprises GmbH

Uncovered

Copyright © 2004 by Lori Foster

erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

Published by arrangement with

HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Titelabbildung: Corbis GmbH, Düsseldorf; Thinkstock/

Getty Images, München

Autorenfoto: © by Harlequin Enterprises S.A., Schweiz / Don Schenk

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN eBook 978-3-95576-036-6

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net

1. KAPITEL

Es nieselte ein wenig, deshalb zog Harris Black eine Regenjacke über, ehe er zum Joggen nach draußen ging. Die Lichter der Straßenlaternen spiegelten sich auf dem nassen Asphalt. Nach der Hitze des Augusttages hatte der leichte Regen die gleiche Wirkung wie ein Aufguss in der Sauna. Alles schien zu dampfen.

Harris liebte seine Joggingrunde am Abend aus zwei Gründen. Erstens waren weniger Menschen unterwegs und es herrschte kaum Verkehr auf den Straßen. Und zweitens traf er Clair Caldwell.

Clair wohnte in dem Apartmentgebäude nebenan und begleitete ihn bei seinen abendlichen Läufen. Es gab ein Dutzend Gründe, warum Harris sie so sehr mochte.

Anders als die meisten Frauen fand Clair an denselben Dingen Gefallen wie er: Sportübertragungen im Fernsehen, Joggen und Junkfood. Nicht ein einziges Mal hatte sie ihn gezwungen, eine romantische Komödie über sich ergehen zu lassen. Gott sei Dank. Stattdessen hatten sie sich an einem gemütlichen Samstagnachmittag alle Alien-Filme angesehen, einen nach dem anderen, ohne sich ein einziges Mal von der Couch zu bewegen.

Clairs Job faszinierte ihn. Als zwei angesehene Privatdetektive ihr Büro in die Nähe von Chester, Ohio, verlegt hatten, wo sie wohnten, hatte Clair die Chance ergriffen und arbeitete nun als Sekretärin in der Detektei. Sie war abenteuerlustig und genoss den Nervenkitzel bei der Arbeit. Doch ihre Pflichten gingen über die bloßen Tätigkeiten einer Sekretärin weit hinaus. Sie war ein Genie am Computer, half bei Online-Ermittlungen und war eine echte Allrounderin. Und sie hatte immer lustige Anekdoten zu erzählen.

Umgekehrt lauschte sie gern seinen Geschichten über seine Arbeit und seine Freunde. Als Feuerwehrmann war er Zielscheibe unzähliger derber Witze, und Clair schien sie alle zu kennen. Sie zog ihn über die Länge seines Schlauches auf, sein “schweres Gerät” und über seine “ganz spezielle” Ausrüstung. Doch wenn er ernst war, war sie es auch. Sie hatte die Fähigkeit, seine Stimmungen zu erahnen, wie er es noch bei keinem anderen Menschen erlebt hatte. Selbst bei seinen besten Freunden Buck, Ethan und Riley musste er sich manchmal hinter einer Maske verstecken. Niemand wollte einen mürrischen oder launischen Kumpel – nicht einmal, wenn er gerade ein Feuer bekämpft hatte, das keinen guten Ausgang genommen hatte. In solchen Momenten versuchten sie immer, ihn durch Scherze aufzumuntern, damit er wieder bessere Laune bekam.

Clair war da anders. Einmal, nachdem er einen furchtbaren Brand hatte löschen müssen, bei dem zwei Menschen ums Leben gekommen waren, hatte sie einfach neben ihm auf dem Sofa gesessen und seine Hand gehalten. Sie hatten gemeinsam ferngesehen, aber Harris wusste, dass keiner von ihnen auf den Film geachtet hatte.

Was das Verhältnis zu Clair vor allen Dingen ausmachte, war die Ungezwungenheit. Er traf sich nur mit ihr, wenn er wollte, und hatte nie das Gefühl, sie anrufen zu müssen. Seltsamerweise rief er sie deshalb ziemlich oft an oder traf sich mit ihr.

Ihre Zeit miteinander verbrachten sie ohne irgendwelche erotischen Hintergedanken, sodass die Sache zwischen ihnen nicht unnötig verkompliziert wurde. Es war ihr egal, ob er sich rasierte oder ob er Twinkies zum Mittagessen verspeiste oder ob er die ganze Nacht mit seinen Kumpels um die Häuser zog. Zuerst hatte ihr Desinteresse ihn gestört, doch nachdem Ethan und Riley zwei Frauen in die Fänge geraten waren und sie geheiratet hatten, war Harris lächelnden Schönheiten gegenüber inzwischen äußerst misstrauisch – und das aus gutem Grund. Die frischgebackenen Ehefrauen schienen zu glauben, dass auch er eine ernsthafte Beziehung brauchte, und seitdem hatte er keine ruhige Minute mehr. Es war so schlimm, dass er sich fast überhaupt nicht mehr mit Frauen traf.

Was bedeutete, dass er enthaltsam lebte. Und das war nicht schön. Aber immer noch besser, als ständig Gesprächen über “… und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage …” ausweichen zu müssen. Nichts konnte guten Sex gründlicher verderben, als wenn eine Frau zu weit in die Zukunft blickte.

Mit Clair war Sex nie ein Thema. Es kam einfach nie auf. Sie waren Freunde, fühlten sich wohl miteinander, und keiner von ihnen überschritt jemals diese Grenze. Ihre Beziehung war so entspannt, dass er mehr Zeit mit Clair verbrachte als mit seinen Kumpels. Natürlich bevorzugten Ethan und Riley momentan auch eher die Gesellschaft ihrer Ehefrauen.

Als Harris unter dem Vordach des Apartmentgebäudes hervortrat, landete ein dicker Regentropfen auf seiner Nase. Es lag ein Sturm in der Luft, und wahrscheinlich würde er losbrechen, noch ehe sie ihren Lauf beendet hatten. Harris rannte über den Hof zwischen den Gebäuden, als die Nachbartür auch schon aufging und Clair nach draußen kam. Lächelnd blickte er sie an.

Was ihre Persönlichkeit betraf, war sie irgendetwas zwischen einer Intelligenzbestie und einer Sportskanone; sie liebte alle Arten von Sport und war klüger, als gut für sie war. Aber egal in welcher Situation, und obwohl sie sich nicht besonders aufreizend kleidete, sah Clair doch immer stylish aus. Zugegeben, es war ihr eigener, einzigartiger Stil, aber ihre äußere Erscheinung war immer wohlüberlegt und wirkte niemals, als hätte sie keinen Geschmack oder keine Zeit gehabt.

Vor ein paar Wochen hatte sie sich ihr glänzendes dunkelbraunes Haar kürzer schneiden lassen. Heute trug sie die Haare zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden, der wirklich süß aussah. An ihrer ovalen schwarzen Hornbrille hatte sie ein Gummiband befestigt, damit sie ihr beim Laufen nicht von der Nase rutschte. Irgendwie sah der Look der sportlichen Bibliothekarin bei Clair gut aus.

Da sie die Haare zurückgebunden hatte, fiel Harris zum ersten Mal auf, dass sie keine Ohrringe trug. Eigentlich hatte er Clair noch nie mit Schmuck gesehen. Heutzutage hat doch so ziemlich jede erwachsene Frau ihre Ohren gepierct – ganz zu schweigen von anderen Körperteilen, dachte Harris. Aber er hatte ja schon immer gewusst, dass Clair anders war als andere Frauen.

Mit ihren eins fünfundsechzig war sie durchschnittlich groß – allerdings hatte sie ausgesprochen lange Beine. Schlanke, sexy Beine, die selbst in klobigen Laufschuhen umwerfend aussahen. Heute Abend stellte sie diese Beine in einer lässigen kurzen Hose zur Schau. Wie Harris hatte sie ein Zugeständnis an das regnerische Wetter gemacht und einen Windbreaker übergezogen.

Er warf einen Blick zum düsteren Himmel hinauf. Durch die dichten schwarzen Wolken hindurch waren weder der Mond noch die Sterne zu sehen. Die Zweige der Bäume bogen sich in den schweren Windböen. Herumliegender Müll wurde über die Straße geweht. “Sieht aus, als würden wir heute noch einen höllischen Sturm bekommen.”

“Machst du einen Rückzieher, Süßer? Bist du aus Zucker?” Sie gab ihm einen Klaps auf den Hintern. Einen festen Klaps. Dann lief sie los.

Schmunzelnd folgte Harris ihr. “Rache ist süß, Kleines.”

Um ihn zu ärgern, wackelte sie für ein paar Schritte extra aufreizend mit den Hüften, ehe sie wieder ernst wurde.

Seite an Seite liefen sie die Straße entlang. Nur das Geräusch ihrer Sportschuhe auf dem nassen Untergrund und ihr Atmen durchbrachen die Stille. Nach fünfzehn Minuten war aus dem Nieseln ein leichter Dauerregen geworden. Clair beschwerte sich nicht, also verlor auch Harris kein Wort darüber. Wenn sie damit fertig wurde, konnte er das auch.

Nachdem sie ungefähr zwei Kilometer zurückgelegt hatten, blickte Harris sie an. Sie wirkte hochkonzentriert, und ihr kurzer Pferdeschwanz, der vor Nässe inzwischen etwas dunkler war, hüpfte im Rhythmus ihrer langen Schritte. “Ist heute bei der Arbeit was Interessantes passiert?”, fragte er.

Sie zog die Stirn kraus. “Dane hat einen Kerl erwischt, der seine Frau betrogen hat.” Empörung schwang in ihren Worten mit. “Er war echt wütend, als er ins Büro kam, um die Sache für die Akten zu erfassen. Er sagte, die Frau sei verdammt hübsch und auf jeden Fall ohne den Kerl besser dran – und trotzdem hat sie sich die Augen ausgeheult.”

“Was für eine Schande.” Harris wollte eigentlich nicht heiraten. Doch falls er den Schritt je wagen sollte, war er sich sicher: Er wäre seiner Frau absolut treu. In seinen Augen waren Ehepartner, die den anderen betrogen, das Letzte. Wenn man seinen Spaß haben wollte – so wie er –, sollte man gar nicht erst irgendjemandem etwas versprechen.

Clair hatte immer noch nicht genug. Unermüdlich legte sie Meter um Meter zurück, und ihre Schritte klatschten auf dem nassen Asphalt. Patsch, patsch, patsch. “Ich würde nicht weinen.” Sie ballte die Hände zu Fäusten und steigerte das Tempo weiter, bis sie nicht mehr joggten, sondern rannten.

“Was würdest du denn tun?”

Die Sekunden verstrichen. Clair wurde langsamer und entspannte sich allmählich wieder. Mit einem bösen, vielsagenden Lächeln sagte sie schließlich: “Ich würde ihm einen kleinen Besuch abstatten – mit einem Baseballschläger. Und dann würde ich mich von ihm trennen.”

“Sehr wirkungsvoll.” Harris lachte. “Aber ich fürchte, auch nicht ganz legal.”

“Mag sein. Aber mir würde schon was einfallen, damit er bezahlt …”

Ein greller Blitz erleuchtete die gesamte Umgebung, gefolgt von einem Donnerkrachen, das die Stille der Nacht zerriss. Erschrocken blieben Clair und Harris stehen.

“Wow.” Clair stützte die Hände auf die Knie, atmete tief durch und betrachtete mit großen Augen und voller Bewunderung das Wüten von Mutter Natur.

“Das ist doch verrückt. Komm.” Harris packte ihren Arm und zog sie mit sich Richtung Hauptstraße. “Zeit, sich auf den Heimweg zu machen.” Eigentlich hätten sie die längere Strecke genommen, um möglichst lange miteinander joggen zu können, aber jetzt wollte Harris Clair einfach nur noch aus dem Sturm und in Sicherheit bringen.

Sie widersprach nicht. Das war ein weiterer von Clairs Vorzügen – gesunder Menschenverstand. Seiner Erfahrung nach verfügten nur die wenigsten Menschen über beides: angelesenes Wissen und Intelligenz und Logik im alltäglichen Leben. Doch Clair verband beides, was noch ein Grund war, warum er sie so mochte.

Sie waren nur noch wenige Minuten von ihren Wohnungen entfernt, als der Regen plötzlich sintflutartig niederprasselte und sie innerhalb von Sekunden vollkommen durchnässte. Die Sicht war gleich null. Die Kanalisation wurde mit den Wassermassen nicht mehr fertig, und binnen kürzester Zeit wurden die Straßen zu Flussbetten. Kaltes Wasser umspülte ihre Knöchel. Durch den heftigen Wind stachen die Regentropfen auf der Haut wie kleine Nadeln, und Harris fluchte. Während er versuchte, Clair mit seinem Körper abzuschirmen, lotste er sie in den dunklen, aber geschützten Eingang eines geschlossenen Klamottenladens. Es war nur ein schmaler Zugang, sodass sie eng beieinanderstehen mussten. Clair schien diese vertrauliche Nähe gar nicht aufzufallen.

Nass klebte ihr Haar an ihrem Kopf, und Wasser tropfte von ihrem gesamten Körper. Sie zitterte, doch sie beschwerte sich nicht. “Meinst du, es hört gleich wieder auf?”

Wieder zuckte ein Blitz über den unheilverkündend düsteren Himmel. Der Donnerschlag, der folgte, ließ den Boden unter ihnen erzittern. “Nein. Aber lass uns hier erst mal ein paar Minuten abwarten.”

Mit einem Seufzen nahm Clair die Brille ab, auf deren Gläsern sich Regentropfen gesammelt hatten. Sie hob den Windbreaker an, fand an ihrem T-Shirt, das sie darunter trug, eine trockene Stelle und putzte ihre Brille. Dabei konnte Harris einen Blick auf ihren Bauch erhaschen. Er erkannte nicht viel, denn es war dunkel, und sie stand so nahe bei ihm, dass sie ihn mit ihren Ellbogen ständig anstieß. Er verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und strengte sich an, um noch mehr zu sehen.

In dem Moment bemerkte sie seinen Blick – und für den Bruchteil einer Sekunde zog sie Jacke und T-Shirt hoch bis über ihre Brüste. Überrascht sah Harris auf und starrte ihr ins Gesicht.

Sie schmunzelte. “Bitte schön. Ist deine Neugierde damit gestillt?”

Beinahe hätte er seine Zunge verschluckt. “Nein.” Es dauerte einen Augenblick, bis sein Gehirn verarbeitet hatte, was er gerade gesehen hatte. “Ist das ein Sport-BH?”, brachte er hervor.

Lachend stieß Clair ihm den Ellbogen in die Rippen. Dieser Stoß war härter als die vorherigen, und Harris ächzte. Dennoch trat er noch näher an sie heran, um etwas von ihrer Wärme zu spüren und um sie an weiteren gewalttätigen Ausbrüchen zu hindern.

“Ja. Ungefähr genauso enthüllend wie das Oberteil eines Badeanzugs, also pack die Glupschaugen wieder ein. Du hast doch nicht geglaubt, ich würde dir tatsächlich was Wichtiges zeigen, oder?” Kopfschüttelnd schnalzte sie mit der Zunge. “Der Regen muss dein Hirn aufgeweicht haben.”

“Ich hab nur was Helles aufblitzen sehen”, erwiderte Harris. “Und ich wusste nicht, ob es Brüste oder Klamotten sind. Du kannst es einem Kerl nicht verübeln, wenn er Klarheit haben will.”

“Ich hab nicht so große Brüste, dass ich damit angeben könnte.”

In dem beengten Eingang und mit dem eisigen Regen, der ihm auf den Rücken prasselte, war es nicht möglich, es sich bequem zu machen. Harris legte eine Hand an die Wand hinter ihr und beugte sich etwas vor – raus aus dem Sturm, näher zu Clair. Den Blick auf ihre Brust gerichtet, murmelte er: “Ich finde, du hast genug”, und meinte es auch so.

“Gesprochen wie ein wahrer Freund. Danke.” Und bevor Harris noch etwas zu dem Thema sagen konnte, stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um ihm über die Schulter zu blicken. “Hey, der Regen hat ein bisschen nachgelassen. Sieht aus, als wäre das Schlimmste vorüber. Lass uns nach Hause gehen, bevor wir erfrieren.”

Der Regen war kalt, und die Temperatur war um mindestens zehn Grad gefallen. Nicht, dass Harris gefroren hätte. Mit einer Frau über ihre Oberweite zu sprechen hatte eine erhebliche Wirkung auf seine Libido – auch wenn er nicht mit dieser Frau schlief. Und wenn die Frau dann auch noch an ihn geschmiegt war … Tja, er hatte einige überraschend lüsterne Gedanken. Andererseits befand er sich auch gerade in einer selbst auferlegten monatelangen Trockenzeit. Unter diesen Umständen hätte ihn vermutlich alles heißgemacht.

Vielleicht würde er an seinem nächsten freien Tag doch nachgeben müssen und sein Glück versuchen, in der sanften Umarmung einer Frau ein bisschen Trost zu finden.

Gemeinsam setzten er und Clair ihren Weg fort. Zwar joggten sie nicht mehr, aber sie trödelten auch nicht. Da Clair schwieg, blieb Harris viel Zeit, um nachzudenken. Über ihre Brüste.

Verstohlen und ohne den Kopf zu wenden, musterte er ihren Körper. Durch die Kälte hatten sich ihre Brustspitzen aufgerichtet, und da ihre nassen Kleider an ihrem Körper klebten, konnte ihm das gar nicht entgehen. Sein Puls ging schneller, wodurch ihm wärmer wurde als durch ihren kleinen Ausflug.

Der perfekt sitzende Sport-BH unterband jegliches Wackeln und Wogen, doch Harris schätzte, dass sie ein B-Körbchen hatte. Vermutlich eine gute Handvoll. Nicht, dass er je die Gelegenheit bekommen würde, es mit seinen eigenen Händen nachzuprüfen, aber ein anderer Kerl … Nein, dieser Gedankengang gefiel ihm auch nicht. Zwar hatte er außer Freundschaft keine Ansprüche auf Clair, doch die Vorstellung, dass sie an einen gesichtslosen, namenlosen Typ geschmiegt war und mit ihm schlief, fühlte sich nicht richtig an. Harris schob das verstörende Bild beiseite und dachte über ihre Worte nach.

Warum nahmen Frauen an, dass Männer sich nur zu Pin-up-Models hingezogen fühlten? Eine Frau war eine Frau war eine Frau. Jede war anders, und jede war auf ihre Art charmant und sinnlich.

“Beeil dich, du lahme Ente. Ich schwöre dir, meine Oma ist schneller als du.”

Vielleicht doch nicht so charmant, gestand Harris sich selbst ein und musste schmunzeln. Aber auf jeden Fall sinnlich. Er ließ sich noch einen Schritt zurückfallen und betrachtete Clairs wohlgeformten Po. Wundervoll kurvig. Ja, sogar superschlaue Sportskanonen waren sinnlich, wenn man sich die richtigen Stellen ansah.

Clair drehte sich um, damit sie ihn ansehen konnte, und ging rückwärts weiter. “Möchtest du einen heißen Kakao? Ich mach mir gleich einen.”

Ihre Brillengläser beschlugen allmählich, ihr Pferdeschwanz löste sich auf, und Wasser tropfte von ihren Ohren.

Harris schüttelte den Kopf. “Ich kann nicht. Ich hab diese Woche Frühschicht. Ich muss nach Hause, duschen und mich dann aufs Ohr hauen.” Als Feuerwehrmann arbeitete Harris im Schichtdienst. Das Gute daran war, dass er alle drei Wochen ein paar Tage freimachen konnte, und diese freie Zeit stand bereits vor der Tür.

“Gut.” Sie waren nur noch ein paar Schritte von seinem Haus entfernt, und Clair drehte sich um, um über die Straße zu gehen. “Wir sehen uns dann morgen.”

Ohne nachzudenken, nutzte Harris seine Chance. Als sich ihm die Gelegenheit bot, versetzte er Clair einen Klaps auf den Po. Da ihre Hose ebenfalls nass geregnet war, fiel der Schlag etwas heftiger aus, als er es beabsichtigt hatte.

Erschrocken legte sie die Hände auf ihren Po. Ehe ihr empörtes Aufkeuchen verklungen war, hatte Harris die Straße schon überquert. Er konnte sich ein leises Lachen nicht verbeißen. “Gute Nacht, Clair!”

Leichtfüßig sprang er die Stufen zu seinem Apartment hinauf, wartete jedoch wie immer vor der Tür, bis Clair ihre Wohnung erreicht hatte. Sie rieb sich den Po, als sie die Treppe zu ihrem Apartment hinaufging, murmelte vor sich hin und warf ihm böse Blicke zu. Einen Augenblick später ging in ihrem Wohnzimmer das Licht an, und Clair tauchte am Fenster auf und winkte ihm zu. Harris winkte zurück.

Zuerst hatte Clair sich gegen seine übertriebene Fürsorglichkeit gewehrt. Aber er hatte so lange auf sie eingeredet, bis sie sich dieses kleine Ritual schließlich zur Gewohnheit gemacht hatten. Während er draußen wartete, ging sie hinein und machte einen Kontrollgang durch die Wohnung, ehe sie ihm vom Fenster aus zuwinkte. Das war das Zeichen, dass alles in Ordnung und sie in Sicherheit war. Und allein.

Eines Tages würde sie einen Freund haben, der sich um sie kümmerte. Doch bis es so weit war, machte es Harris nichts aus, diese Aufgabe zu übernehmen. Im Gegenteil – er bestand sogar darauf.

Eine halbe Stunde später hatte er geduscht und sich hingelegt. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, lag er ausgestreckt auf seinem Bett. Eigentlich hätte er locker sein sollen, stattdessen vibrierte sein nackter Körper förmlich vor Anspannung. Er lauschte den Regentropfen, die gegen das Fenster prasselten, lauschte dem Donnergrollen und betrachtete das grelle Licht, das die zuckenden Blitze an die Decke warfen.

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