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Rikka

hier erhältlich:

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Nein, Rikka ist nicht verknallt! Ganz und gar nicht. Sie hat nun wirklich genug um die Ohren, mit ihren kleinen Geschwistern, dem in einer anderen Stadt lebenden Vater und ihren Stiefeltern - da ist sie dankbar für jeden schönen Moment ganz für sich und zusammen mit ihrer besten Freundin Lise. Und nun kommt Lise plötzlich mit solch einem Thema um die Ecke und erzählt ihr, dass sie sich in Tom aus Klasse B verknallt hat! Rikka ist 10 Jahre alt und irgendwie scheint sich gerade alles um sie herum zu verändern. Lise verhält sich so anders, kommt aus ihren Schwärmereien gar nicht mehr heraus und dann ist da dieser Junge mit seiner Familie in das Haus nebenan gezogen … Aber Rikka will das alles nicht, sie will mit alldem nichts zu tun haben - kann nicht einfach alles so bleiben, wie es war?


  • Erscheinungstag: 06.02.2020
  • Seitenanzahl: 128
  • Altersempfehlung: 9
  • Format: Hardcover
  • ISBN/Artikelnummer: 9783505143397

Leseprobe

 

 

 

 

Beste Freunde, oder …? 

„Ich liebe Sommer!“, sagt Rikka und blickt verträumt in den blauen Himmel. Sie liegt rücklings im Gras, und die Grashalme kitzeln an ihren Handflächen, als sie darüberstreicht. 

„Ich liebe Eis“, sagt Lise, die neben ihr liegt, den Blick ebenfalls in den blauen Himmel gerichtet. Lise ist Rikkas beste Freundin. 

„Ich liebe es, wenn es so heiß ist, dass das Eis fast schon geschmolzen die Speiseröhre runterrutscht“, sagt Rikka. 

Lise kichert. 

„Und ich liebe es, den ganzen Tag bis spät abends draußen zu sein, ohne dass die Erwachsenen einen ins Bett schicken“, ruft Lise so laut, dass ihre Mutter es gar nicht überhören kann. 

Dann dreht sie sich auf die Seite und sieht Rikka an, ehe sie ganz leise sagt: 

„Ich liebe Tom aus der B-Klasse.“ 

Es wird mucksmäuschenstill. Lise wird rot. Rikka sieht in den wolkenlosen blauen Himmel. 

„Ich bin in Tom aus der B-Klasse verliebt“, wiederholt Lise. 

Rikka hat sich bisher nie Gedanken darüber gemacht, dass Lise verliebt sein oder sich irgendwann verlieben könnte. Sie hat eigentlich noch nie viel übers Verliebtsein nachgedacht. Vielleicht hätte sie das besser tun sollen, weil Lise jetzt plötzlich verliebt ist und sie nicht. 

„Du kennst Tom doch“, sagt Lise. „Kannst du uns nicht verkuppeln?“ 

„Euch verkuppeln?“, sagt Rikka, als wüsste sie nicht, was Lise meint. 

„Du kennst Tom doch“, wiederholt Lise. 

„Schon“, antwortet Rikka und versucht verzweifelt, sich zu erinnern, wann sie Tom das letzte Mal gesehen hat. Das kann sie nicht. „Aber inzwischen gar nicht mehr so wirklich“, sagt sie. 

„Einmal kennen ist immer kennen“, sagt Lise. „Das wär ja wohl komisch, wenn man die, die man kennt, plötzlich nicht mehr kennt?“ 

„Tom ist mein Nachbar, mehr nicht. Er geht in die B-Klasse und ich in die A. Er spielt Fußball mit den B-Klässlern und ich bin mit DIR zusammen.“ 

Sie spricht das DIR extra betont aus, damit Lise versteht, wie wenig sie Tom kennt. Tom könnte genauso gut auf einem ganz anderen Planeten leben als sie, so selten sieht sie ihn. 

„Das passt doch perfekt“, sagt Lise. „Du kennst Tom von früher, und darum kannst du zu ihm gehen und uns verkuppeln.“ 

Sie lacht. Rikka nicht. 

Danach redet Lise nur noch über Tom. Die ganze Zeit. 

Und dann sagt sie: „Wir müssen dir auch jemanden suchen!“ 

Rikka geht die Jungs in ihrer Klasse durch. Da ist keiner dabei, in den sie sich verlieben könnte. In der B auch nicht. 

Ein unangenehmer Gedanke schießt Rikka durch den Kopf. Was, wenn sie sich gar nicht verlieben kann? 

„Kannst du dir vorstellen, dass manche Menschen sich nicht verlieben können?“, fragt sie vorsichtig und wie beiläufig, damit Lise nicht mitbekommt, dass sie bei der Frage an sich selber denkt. 

„Alle Menschen können sich verlieben“, sagt Lise, als wäre sie plötzlich die Verliebtheits-Expertin. 

Rikka starrt auf den Boden. Und wenn sie nun der einzige Mensch auf der ganzen Welt ist, der sich nicht verlieben kann? Was dann? Oder vielleicht weiß sie einfach nur nicht, wie sich das anfühlt? Was, wenn sie schon seit Ewigkeiten verliebt ist, ohne es zu ahnen? 

„Und wie fühlt sich Verliebtsein so an?“, fragt Rikka. 

„Es prickelt im Bauch“, sagt Lise zufrieden. 

Rikka fühlt in sich rein, aber in ihrem Bauch prickelt nichts. 

„Wollen wir baden gehen?“, schlägt Rikka vor und richtet sich ganz auf. „Ich kann Mama fragen, ob sie mitkommt.“ 

„Wie kann man bloß so blaue Augen haben wie Tom!“, seufzt Lise. 

Rikka ist noch gar nicht aufgefallen, dass Tom so blaue Augen hat. 

„Fahren wir mit dem Rad zur Badestelle?“, wiederholt Rikka noch einmal ihre Frage, aber Lise hört ihr immer noch nicht zu. 

Da sagt Rikka, dass sie dann jetzt zum Essen nach Hause muss, obwohl sie heute schon gegessen haben. 

Rikka geht langsam nach Hause. Dass Lise sich verliebt hat, liebt sie ganz und gar nicht. Sie bricht einen Zweig ab und zieht ihn an dem Bretterzaun entlang, an dem sie vorbeispaziert. Tacktacktacktacktack macht es, als der Zweig über die Bretter streift. Am nächsten Wochenende ist sie bei ihrem Vater, da kann sie nichts mit Lise unternehmen. Es ist sowieso schon blöd, jedes zweite Wochenende ohne Lise zu verbringen, aber jetzt noch mal doppelt blöd. Was, wenn Lise genau an diesem Wochenende mit Tom zusammenkommt? Rikka will sich gar nicht vorstellen, wie es ist, am Sonntag nach Hause zu kommen und keine beste Freundin mehr zu haben. 

Sie lässt den Zweig fallen und überlegt, was sie den Rest des Tages noch machen soll. Als sie an dem Haus vorbeigeht, in dem Tom wohnt, kriegt sie eine Gänsehaut. Als ob seit Lises Geständnis ein Fluch über dem Wohnviertel liegt. 

„Rikka ist da!“, ruft Rikkas dreijährige Schwester Anna. 

Sie und ihr Zwillingsbruder Nils kommen angelaufen. 

„Spielst du mit Anna und Nils?“, fragt Mama. 

Rikka seufzt. 

Mama nutzt jede Gelegenheit, Rikka ihre beiden Ge­schwister aufzudrücken und auf sie aufpassen zu lassen. Dar­um treffen sie sich meistens bei Lise zu Hause, weil Lise ein Einzelkind ist. 

 

Die Verkupplungskatastrophe 

Am nächsten Tag steht Rikka in der Pause mit Lise zusammen und stirbt fast vor Langeweile. 

„Hast du Tom im Flur gesehen?“, fragt Lise sie neugierig. 

„Ja.“ Rikka seufzt. 

„Was ist sein Lieblingsessen?“, fragt Lise. 

„Keine Ahnung“, sagt Rikka und stöhnt genervt. 

„Hat er ein großes Zimmer?“, fragt Lise weiter. 

„Eher nicht“, antwortet Rikka. 

Bevor Lise gestern erzählt hat, dass sie verliebt ist, war alles noch ganz normal. Jetzt dringt Rikka kaum noch zu ihr durch. 

„Und dann hat er auch noch einen Hund!“, zwitschert Lise mit strahlenden Augen. „Ich hab mir immer schon einen Hund gewünscht!“ 

Rikka spürt einen leichten Stich im Magen. Toms Hund Pip ist ein ganz kleines bisschen auch ihr Hund. Sie kennt Pip, seit er als winziger Welpe auf ihr rumgeturnt ist. Manchmal kommt Pip einfach zu ihnen ins Haus gelaufen, obwohl er da gar nicht wohnt. Gehört Pip von nun an nur noch Tom und Lise? 

Als es zum letzten Mal klingelt und der Schultag rum ist, schlägt Lise vor, Tom hinterherzuspionieren. 

Er geht ein kleines Stück vor ihnen durch das Schultor. 

„Och nö“, sagt Rikka. „Muss das sein?“ 

„Vielleicht kannst du uns ja heute schon verkuppeln“, sagt Lise und sieht sehnsüchtig hinter Tom her. 

„Wollen wir nicht lieber baden gehen? Es ist sooo heiß!“, stöhnt Rikka. 

„Keine Lust“, sagt Lise. 

„Du hattest aber doch gestern schon keine Lust zu baden!“ 

„Ich will lieber Tom hinterherspionieren“, sagt Lise und nimmt seine Verfolgung auf. 

Okay, denkt Rikka, dann spionieren wir eben hinter Tom her. Und wenn er im Haus verschwunden ist, können wir baden gehen. 

Sie folgen Tom. Er wohnt in dem Haus vor Rikkas Zuhause. Er schlüpft durch ein Loch in der Hecke in den Garten und ist weg. 

„Das war’s also!“, sagt Rikka und atmet erleichtert aus. 

„Du musst ihn anrufen und fragen, ob er mit mir gehen will“, sagt Lise mit flehendem Blick und hält Rikka am T-Shirt fest. 

„Jetzt gleich?“, fragt Rikka. 

Dazu hat sie jetzt überhaupt keine Lust, das ist doch oberpeinlich. 

„Ja!“, sagt Lise energisch. 

„Kannst du ihn nicht selber fragen?“, sagt Rikka und zieht den T-Shirt-Zipfel aus Lises Griff. 

„Spinnst du? Das trau ich mich nicht!“ 

„Ich mich auch nicht!“ 

„Aber er ist dein Nachbar“, quengelt Lise. „Das kann doch nicht so schwer sein.“ 

Rikka stellt sich vor, wie sie an der Tür klingelt und Tom fragt, ob er mit Lise gehen will. Das geht nicht. Sie kann das nicht tun. 

„Jetzt mach schon …“, bettelt Lise. „Please!“ 

Rikka zögert. Wenn sie es nicht macht, wird Lise sauer. Wenn sie es macht, hat Lise ab dann wahrscheinlich einen Freund. 

Rikka findet das eine wie das andere doof. 

Lise schiebt sie vor sich durch das Loch in der Hecke in den Garten. Vor ihr ist Toms Haus, hinter ihr versperrt Lise den Weg. Sie hat keine andere Wahl. 

Rikka geht auf das Haus zu und biegt um die Ecke. Hier kann Lise sie nicht sehen. Sie steigt langsam die Stufen hoch. Am liebsten würde sie einfach nach Hause gehen. Sich die Bettdecke über den Kopf ziehen, bis Lise nicht mehr verliebt ist. 

Rikka stellt sich vor die Tür, die im gleichen Moment aufgeht, als sie den Klingelknopf drückt. Fast wäre sie vor Schreck die Treppe runtergefallen. 

Tom und seine Mutter Mona stehen mit Rucksäcken auf der Schulter aufbruchsbereit im Flur. Mona hält Pip am Halsband fest, der vor lauter Begeisterung, Rikka zu sehen, mit dem Schwanz wedelt und aufgeregt auf der Stelle trippelt. Tom und Mona lachen über Pip, der Rikka so unmissverständlich um eine Streicheleinheit anbettelt. 

„Hallo, Rikka“, sagt Mona. „Schön, dich zu sehen! Wir wollen gerade zum Waldsee, baden. Magst du mitkommen?“ 

Ein paar Sekunden ist es ganz still. Das, was sie wegen Lise und Verkuppeln und so weiter fragen wollte, kann sie jetzt unmöglich sagen. 

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