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Lilous Wundergarten

hier erhältlich:

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Als Lilou bei den Brombeerbüschen am Haus ihrer Oma ein Eichhörnchen entdeckt und ihm folgt, traut sie ihren Augen kaum: Sie gelangt plötzlich in einen geheimen Teil des Gartens, den sie zuvor noch niemals betreten hat. Hier stehen die wunderbarsten und schönsten Pflanzen, die man sich nur vorstellen kann. Da sich dann auch noch ihre neue Mitschülerin Elena vom einen auf den anderen Moment völlig verändert, nachdem sie ein Erdbeertörtchen verputzt hat, beginnt Lilou zu kombinieren. Die Erdbeeren stammten aus Oma Idas seltsamem Garten - was wenn die Pflanzen von dort magische Wirkungen haben und Oma Ida eine Wundergärtnerin war?
Ein wunderbar kreativ-witziges Buch voller toller botanischer Ideen, mit farbenfrohen Illustrationen und einer spannenden Handlung!


  • Erscheinungstag: 05.03.2020
  • Seitenanzahl: 128
  • Altersempfehlung: 8
  • Format: Hardcover
  • ISBN/Artikelnummer: 9783505143441

Leseprobe

1

Der Wundergarten

Lilou stand im Garten unter dem alten Apfelbaum und wartete auf ihren Cousin Enzo. Sie mussten los, die Schule fing gleich an! Plötzlich hörte sie ein Rascheln im Gestrüpp hinter den Brombeerhecken. War das ein Eichhörnchen? Oder ein Vogel? Neugierig lief sie zu den Brombeerbüschen und quetschte sich durch die Ranken. Sie blieb an den Zweigen hängen, und die Beeren malten dunkle Flecken auf ihr rotes Kleid. Doch das war Lilou egal. Wenn es ein Eichhörnchen war, musste sie es unbedingt sehen! Schließlich waren Eichhörnchen ihre Lieblingstiere.

Lilou stolperte über eine Wurzel und fiel auf die Knie, zum Glück ins weiche Gras. Als sie den Kopf hob, blickte sie sich staunend um. Wo war sie denn jetzt gelandet? Der Garten von Oma Ida sah plötzlich ganz anders aus. Zwischen den Obstbäumen rund um eine Lichtung wuchsen Pflanzen, die Lilou nie zuvor gesehen hatte, mit exotischen Blüten in Lila, Rot und Himmelblau. Der Boden unter den Bäumen war bedeckt mit einem Teppich aus niedrigen Sträuchern voller Beeren, die so süß dufteten wie Sirup. Und in der Luft schwirrten Marienkäfer. Wenn Lilou einen Finger ausstreckte, um sie zu berühren, hüpften sie in der Luft auf und ab und sausten schnell davon. Auch die Bäume selbst hingen voller reifer Früchte. Äpfel, Birnen und Pflaumen, wohin das Auge reichte. Lilou drehte sich verwundert im Kreis. Wo war das Haus von Oma Ida? Sie hatte doch eben noch vor der Terrasse gestanden und auf Enzo gewartet! Doch plötzlich sah sie nichts vor sich als diesen undurchdringlichen Urwald. Da war das Geräusch wieder! Ein Rascheln in den Brombeerbüschen, dann ein flinker brauner Körper, der über die Lichtung hüpfte. Es war tatsächlich ein Eichhörnchen!

»Warte!«, rief Lilou und lief dem Tierchen hinterher. Es war ganz schön flink, doch Lilou konnte auch ziemlich schnell rennen, wenn sie wollte. Sie sprang über einen umgefallenen Baumstamm, trat mit ihrer Sandale in eine matschige Birne, sodass es schmatzte, und verfolgte das Eichhörnchen im Slalomlauf um die Bäume und Blumen. War der Garten von Oma Ida schon immer so groß gewesen? Lilou konnte sich nicht daran erinnern, diese Ecke des Gartens jemals gesehen zu haben. Mit klopfendem Herzen blieb sie stehen. Sie befand sich jetzt vor einer Wiese, auf der sich Grashalme wiegten wie Wellen im Meer. Sie waren so hoch gewachsen wie Lilou selbst. Über ihr spannte sich der blaue Sommerhimmel. Oma Idas Haus konnte sie noch immer nicht sehen.

»Na, warte, du Eichhörnchen«, flüsterte Lilou, »ich finde dich schon!«

Einfacher gesagt als getan. Schließlich konnte Lilou im Gräsermeer rein gar nichts sehen. Dafür hörte sie etwas Seltsames. Die Grashalme murmelten. Sie schienen sich miteinander zu unterhalten.

»Einen wunderschönen guten Morgen, Frau Grünschilf!«

»Einen allerwärmsten Sommermorgen, Herr Wurzelgrün!«

»Seht ihr den blauen Himmel, meine Halmfreunde? Das wird ein ganz entzückender Tag werden!«

»Aber ja, Frau Wiegengras! Wir sollten tanzen. Allesamt im Takt auf mein Kommando: Eins, zwei, drei, Wellensamba!«

Und plötzlich schüttelten sich die Grashalme um Lilou herum, führten einen Tanz auf, der sie hin und her wirbelte, bis ihr ganz schwindelig wurde. Irgendwann schaffte Lilou es, den Ausgang aus dem Gräsermeer zu finden. Sie taumelte hinaus und stand plötzlich wieder unter dem Apfelbaum vor der Terrasse. Das rote Backsteinhaus von Oma Ida erhob sich vor ihr, und hinter ihr standen die Brombeerbüsche, so unschuldig, als sei nichts gewesen.

»Wo warst du?«, fragte Enzo. »Wir müssen doch zur Schule!«

Lilou starrte ihren Cousin an, als hätte sie einen Geist gesehen. Wo waren die exotischen Blumen? Die Marienkäfer und das Murmelgras? Plötzlich kletterte das Eichhörnchen neben ihr am Stamm des Apfelbaums hinauf.

»Hah!«, rief sie. »Da hab ich dich!« Sie wollte nach dem Tier greifen, doch es schlüpfte natürlich in Windeseile in die Baumkrone. Hatte Lilou sich das gerade nur eingebildet, oder hatte das Eichhörnchen ihr zugezwinkert?

»Enzo, hast du in Oma Idas Garten schon mal ein Gräsermeer gesehen, mit Halmen so hoch wie du selbst? Oder Blumen mit himmelblauen Blüten?«

Enzo schüttelte den Kopf. »Nee, das wäre mir aufgefallen. Wenn du an deinem ersten Schultag nicht gleich zu spät kommen willst, sollten wir aber los. Es ist schon halb acht!«

Lilou sah noch einmal verwundert zu den Brombeeren, doch dann nickte sie. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Grundschule von Wundernhausen, die Lilou von jetzt an besuchen würde. Denn sie war erst vor zwei Tagen mit ihren Eltern in Oma Idas altes Haus gezogen. Vorher hatten sie alle zusammen mit Tante Cécile und Enzo in Südfrankreich gelebt, der Heimat von Lilous Vater Bruno. Cécile und Enzo waren nur zu Besuch und wohnten so lange mit ihnen in Oma Idas Haus. Und weil Enzo sich dort ohne Lilou langweilte, begleitete er sie einfach in die Schule. Zum Glück hatten sie beide von Geburt an Deutsch und Französisch gelernt. So konnten sie sich auch in Wundernhausen problemlos verständigen.

Wie aufgeregt Lilou war, ihre neuen Mitschüler zu treffen! Ein bisschen machte sie sich auch Sorgen: Würde sie hier neue Freunde finden?

»Meine Mutter hat heute Morgen Erdbeertörtchen gebacken«, sagte Enzo vergnügt. »Sie ist extra um fünf Uhr früh aufgestanden, um die wilden Erdbeeren im Garten zu pflücken. Danach hat die ganze Küche geduftet wie eine Erdbeersirup-Fabrik. Ich habe zwei Törtchen für uns dabei, die können wir in der großen Pause essen.«

Er steckte die Brotdose mit den Törtchen in das Netzfach von Lilous Schulranzen. Die gab ein lautes »Mmh« von sich, lachte auf und griff nach Enzos Hand. Gemeinsam rannten sie durch die von Linden gesäumte Allee zur Schule.

2

Erdbeerliebe

Als sie beide schon das Schulgebäude in der Ferne erkennen konnten, sauste plötzlich ein Junge auf einem Skateboard an ihnen vorbei. Er kam ein paar Meter weiter zum Stehen und zog sich die Kappe vom Kopf. Darunter kam ein Wust rotblonder Wuschelhaare zum Vorschein.

»Hey«, sagte der Junge, »seid ihr neu hier? Ich bin Tim.«

»Hallo«, sagte Lilou und lächelte ihn an. »Lilou Caillou, und das ist mein Cousin Enzo. Ich bin gerade erst hergezogen, aus Frankreich.«

»Aus Frankreich? Wow! Echt cool. Und jetzt wohnt ihr in Wundernhausen?«

»Ja, aber nur ich. Enzo fährt wieder nach Frankreich zurück, wenn seine Ferien vorbei sind. Und so lange kommt er mit zur Schule, damit ihm nicht langweilig wird.«

Tim nickte auch Enzo zu, der begeistert sein Skateboard betrachtete. Enzo liebte Skateboards, Surfbretter oder Basketbälle. Er war nur ziemlich schlecht in allen Dingen, in denen man körperliches Geschick beweisen musste. Dafür war er der beste Ideenfinder und Zeichner, den man auf dem Planeten finden konnte. Lilou wusste gar nicht, ob sie in irgendetwas besonders gut war. Vielleicht im Träumen? Denn das mit dem Garten eben musste ein Traum gewesen sein, anders konnte sie es sich nicht erklären!

»In welche Klasse gehst du?«, fragte Tim.

»3b«, antwortete Lilou.

»Cool, dann kommst du in meine Klasse zu Frau Fröhlich«, sagte er und hob die Hand zum Abklatschen. Lilou folgte seiner Aufforderung und schlug ihn ab.

»Ist sie denn nett?«, fragte sie.

»Klar! Vor allem fährt sie jeden Sommer nach Frankreich in den Urlaub. Pluspunkt für dich!«

Lilou schaute verlegen auf ihr rotes Kleid mit den Brombeerflecken und lief zwischen Tim und Enzo in Richtung Schule. Ab und zu blickte sie zur Seite und musste grinsen, denn Tim versuchte immer wieder, im Schritttempo auf seinem Board zu balancieren. Er sah dabei aus wie ein Hampelmann. Ein lustig-cooler Hampelmann. Und für einen kurzen Augenblick wagte Lilou zu hoffen, dass sie ihren ersten Freund in Wundernhausen gefunden hatte.

Doch dann passierte das Unglück mit den Erdbeertörtchen. Kleine, runde Törtchen mit Vanillecreme und wilden Erdbeeren aus Oma Idas Garten, frisch gebacken von Tante Cécile. Enzo hatte die Brotdose mit den Törtchen achtlos in das Netzfach von Lilous Schulranzen gesteckt. Und während sie mit Enzo und Tim die Allee hinaufspazierte, rutschte die Dose aus dem Fach und landete auf dem staubigen Boden. Hätte sie doch nur niemand gefunden! Aber nein, die drei wurden verfolgt. Von einer Erdbeertörtchendiebin. Ihr Name war Elena.

Elena beäugte die drei Gestalten mit einigem Misstrauen. Was war das für ein fremdes Mädchen, das sich gleich an den Klassensprecher und Möchtegern-Skateboarder Tim rangewanzt hatte? Warum trug sie so ein auffallend rotes Kleid und hopste über die Allee wie ein kleines Kind? Elena rümpfte die Nase, strich ihr frisch gewaschenes braunes Haar hinters Ohr, griff nach der Brotdose, die am Boden lag, und machte sie auf. Erdbeertörtchen. Wie die dufteten! Wenn die Neue sie schon rumliegen ließ, würde sie ja sicher nichts dagegen haben, wenn Elena mal kostete. Sie vergrub die Zähne in dem Erdbeertraum, kaute, schluckte, leckte sich den Zuckerguss von den Lippen und seufzte. Schmeckte wirklich gut. Ehe die drei auf sie aufmerksam wurden, hatte sie beide Törtchen verputzt.

»Hey, ihr da!«, rief sie und eilte auf Tim und die beiden anderen zu. »Ich glaube, ihr habt was verloren.« Mit einem zuckersüßen Erdbeerlächeln hielt sie der Neuen mit den wilden blonden Haaren und der Stupsnase die Brotdose entgegen. »War einfach zu lecker, konnte mich nicht zurückhalten. Aber heul nicht, deine Mama backt dir bestimmt neue Törtchen. Ich bin übrigens Elena.«

»Lilou«, sagte Lilou und schaute enttäuscht auf die leere Brotdose.

Doch Elena achtete gar nicht mehr auf sie. Sie hatte nur noch Augen für Tim. Was war mit ihm geschehen? Warum leuchteten seine Haare, als hätten sie einen goldenen Heiligenschein? Warum war sein Lächeln plötzlich so süß und sein abgewetztes Skateboard das coolste, das Elena je gesehen hatte? Das konnte doch nicht wahr sein! Elena spürte ein Kribbeln im Bauch und das Schlagen ihres Herzens.

»Hey, Tim«, hauchte sie. So hatte sie ja noch nie mit ihm gesprochen! Normalerweise lästerte sie nur mit ihren Freundinnen über seine ungekämmten Haare und seine Skatermanöver, bei denen er sich ständig auf die Nase legte.

»Du siehst heute echt gut aus«, flötete sie. Die Worte machten sich selbstständig! »Sitzen wir gleich in Kunst nebeneinander?«

Und ehe der verdutzte Tim etwas erwidern konnte, drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange. »Bis gleich!«, rief sie und lief kichernd davon.

»Was hat die denn genommen?«, fragte Tim verwirrt. »Die ist doch sonst nicht so.«

»Scheint in dich verliebt zu sein«, sagte Enzo.

»Elena in mich? Quatsch! Nie im Leben!«

Lilou aber blickte ratlos in die Brotdose. Der Geruch süßer Erdbeeren hüllte sie ein. Irgendwie hatte sie kein gutes Gefühl. Elena schien sie nicht zu mögen. Dafür mochte sie Tim umso mehr. Ausgerechnet Tim, der so nett zu ihr gewesen war! Und warum hatte jedes von Elenas Worten so intensiv gerochen wie das Erdbeershampoo, das Lilou immer benutzte?

Vielleicht waren die Törtchen schlecht gewesen. Vielleicht würde Elena sich wieder beruhigen. Ganz sicher würde sie das!

3

Herr Beerenblut

Das Schulgebäude war ein großes, vierstöckiges Haus aus rotem Backstein. Davor, auf dem Hof, stand eine riesige Kastanie, die laut Tim Hunderte Jahre alt war.

»Fast so alt wie unser Schulleiter, Herr Rübenkraut«, sagte er.

»Haben hier alle so seltsame Namen?«, fragte Enzo.

»Eigentlich nicht. Bis auf Frau Tulpenrot und Herr Morgengrün sind sie alle recht normal. Obwohl – Beerenblut, der Referendar, das ist auch ein seltsamer Name … Der Typ ist aber überhaupt nicht gruselig, falls ihr das jetzt denkt.«

Lilou und Enzo sahen sich verwundert an und zuckten mit den Schultern. Der Klassenraum der 3b lag im vierten Stock, und von hier oben hatte man einen Blick über ganz Wundernhausen und die umliegenden Weizenfelder.

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