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Drei, die der Himmel schickt: Himmel, hilf!

hier erhältlich:

Knallhart und rücksichtslos war Greg Bennett sein Leben lang. Aber eines traurigen Tages im Advent findet er sich auf den kalten Steinstufen einer Kirche wieder und muss sich eingestehen: Alles hat er falsch gemacht ... Himmel, hilf! Und er hat Glück, denn sein Stoßgebet wird erhört: Drei freche Engel werden ausgesandt, um zu retten, was zu retten ist.


  • Erscheinungstag: 10.08.2014
  • Seitenanzahl: 544
  • ISBN/Artikelnummer: 9783862789153
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Debbie Macomber

Himmel, hilf!

Roman

Übersetzung aus dem Amerikanischen von
Sabine Schlimm

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MIRA®TASCHENBÜCH

MIRA®TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2012 by MIRA Taschenbuch
in der Harlequin Enterprises GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Shirley, Goodness And Mercy

Copyright © 1999 by Debbie Macomber

erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

Published by arrangement with

HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Covergestaltung: pecher und soiron, Köln; Andrea Lorenz-Beier, Köln

Redaktion: Mareike Müller

Titelabbildung: pecher und soiron, Köln

Autorenfoto: © by Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

ISBN epub 978-3-86278-915-3

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net

1. KAPITEL

Greg Bennett hasste Weihnachten.

Er hatte noch nie an dieses ganze Gerede von “Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen” geglaubt. Sentimentales Zeug, seiner Ansicht nach. Nein, in einer Stadt war Weihnachten einfach gleichbedeutend mit Kommerz – und San Francisco stellte dabei keine Ausnahme dar. Man musste sich doch nur umsehen! Kaum Anfang Dezember, und in den Schaufenstern sämtlicher Kaufhäuser drängten sich Wichtel, Nikoläuse und lamettabehangene Weihnachtsbäume. Und das schon seit Wochen!

Das Schlimmste waren in Gregs Augen aber die Menschenmassen. Alle Welt schien Weihnachtsgeschenke zu kaufen, und die Passanten wirkten dabei auch noch unnatürlich fröhlich. All das verdüsterte seine eigene Laune nur noch.

Nichts hätte ihn um diese Jahreszeit in die Stadt gebracht, wenn er nicht dringend einen Kredit gebraucht hätte. Wenn er das Geld nicht bekam, dann musste er noch vor Jahresende die wenigen verbliebenen Mitarbeiter entlassen, und das würde das Ende seines Weinguts bedeuten. Eine Krankheit hatte seine Reben und damit die Arbeit von Jahrzehnten innerhalb von Monaten dahingerafft. Nun sah die Zukunft des Weinbergs düster aus, und Greg stand vor dem Ruin.

Den Morgen hatte er damit verbracht, bei einer Bank nach der anderen Klinken zu putzen. Genau wie die anderen betroffenen Winzer hatte er es zunächst bei den kleinen Banken im Napa Valley versucht – ohne Erfolg. Die Krankheit hatte nicht nur seinen Weinberg zerstört, sondern auch die der anderen. Einige Rebflächen allerdings waren aus bisher unerfindlichen Gründen verschont geblieben. Nach der Katastrophe hatten zunächst Gerüchte über staatliche Hilfen die Runde gemacht, aber das Geld war ausgeblieben. Offenbar war das Unglück nicht so groß, dass die Politik Handlungsbedarf sah. Pech für Greg.

Er befand sich in einer Zwickmühle: Ohne Darlehen konnte er keine neuen Reben pflanzen. Ohne Reben keine Trauben, ohne Trauben kein Wein, und ohne Wein kein Winzer. Kein Gregory Bennett.

Was er nach einem solchen Morgen brauchte, waren ein ordentlicher Drink und ein bisschen weibliche Gesellschaft. Also betrat er das elegante Hotel St. Francis – nur um sich sogleich einem riesigen Weihnachtsbaum mit Goldkugeln und rotsamtenen Schleifen gegenüberzusehen. Angewidert wandte er sich ab und ging hastigen Schrittes auf die Bar zu.

Der Barkeeper schien zu spüren, dass dieser Kunde dringend etwas zu trinken brauchte. “Was darf ich Ihnen bringen?”, fragte er prompt. Sein Namensschild wies ihn als Don aus.

Greg setzte sich auf einen der Barhocker. “Einen Martini, bitte.” Am liebsten hätte er um einen doppelten gebeten, aber es war noch nicht einmal Mittag. Außerdem musste er noch nach Hause fahren. Nicht, dass es ihn besonders heimwärts gezogen hätte. Das Haus war so leer wie sein ganzes Leben. Nun ja, natürlich nicht leer im wörtlichen Sinne – die Möbel hatte Tess schließlich nicht mitgenommen. Aber er fühlte sich darin so einsam wie nie zuvor.

Tess, seine dritte und habgierigste Ehefrau, hatte ihn vor einem halben Jahr verlassen. Noch immer stritten die Scheidungsanwälte darüber, wie das Geld aufgeteilt werden sollte, und die Sache würde sich sicher noch eine Weile hinziehen. Warum sollten die Rechtsverdreher sich auch beeilen, wenn sie für jede Stunde eine Rechnung über dreihundert Dollar schreiben konnten?

Wie auch immer: Tess war weg. Greg erhob stumm das Glas darauf, sie aus seinem Leben verbannt zu haben. Insgeheim schwor er sich, nie wieder den gleichen Fehler zu begehen und noch einmal zu heiraten. Drei zerbrochene Ehen machten es ganz deutlich: Er war einfach nicht für dauerhafte Zweisamkeit geschaffen.

Und trotzdem – er vermisste Tess, wie er sich etwas überrascht eingestehen musste. Nun ja, vielleicht ging es ihm weniger um Tess selbst als die Sehnsucht danach, sich im Bett an einen warmen Körper zu schmiegen. Eigentlich hatte er schon bei der Hochzeit gewusst, dass er einen Fehler machte. So viel hätte ihn das unschöne Ende seiner zweiten Ehe jedenfalls lehren können. Die erste Ehe hatte zehn Jahre lang gehalten, und er hatte sich mit Jacquie überworfen, weil … Warum eigentlich? Er konnte sich schon nicht mehr daran erinnern. Vermutlich war es um eine blöde Kleinigkeit gegangen. Wie üblich.

“Sind Sie in der Stadt, um einzukaufen?”, erkundigte der Barkeeper Don sich beiläufig, während er eine Schale mit Erdnüssen vor Greg hinstellte.

Verächtlich lachte dieser auf. “Einkaufen? Nur über meine Leiche.”

Der jüngere Mann lächelte wissend. “Ach, zu der Sorte gehören Sie also.”

“Sie meinen, zu denen, die ihren gesunden Menschenverstand noch nicht vollständig ausgeschaltet haben? Sagen Sie, wie kommt es eigentlich, dass Weihnachten vernünftige Leute plötzlich in sentimentale Schwachköpfe verwandelt?”

Greg schüttelte den Kopf. Voriges Jahr, Tess und er waren kaum anderthalb Jahre verheiratet, hatte sie unmissverständlich durchblicken lassen, dass sie zu Weihnachten Diamanten erwartete. Und zwar viele. Sie wollte damit vor ihren Freundinnen prahlen. Das hatte er davon, dass er sich auf eine neunzehn Jahre jüngere Frau eingelassen hatte. Tess war hübsch, blond und besaß eine Figur, die bewundernde Blicke auf sich zog, wo sie auch ging oder stand.

Beim nächsten Mal würde er eine solche Frau einfach in sein Bett holen und wieder hinauswerfen, sobald sie ihn langweilte. Nie wieder heiraten – er brauchte wirklich keine weiteren juristischen Verwicklungen.

In diesem Augenblick betrat eine blonde Schönheit die Bar, und Greg fuhr zusammen. Einen Herzschlag lang glaubte er, Tess vor sich zu sehen, doch glücklicherweise hatte er sich getäuscht. Anerkennend ließ er den Blick über sie schweifen: blond, schön und vermutlich eine Zicke. Nicht, dass Letzteres ihn besonders gestört hätte – im Gegenteil, im Moment konnte er etwas Ablenkung gut gebrauchen. Demnächst würde er seinen einundsechzigsten Geburtstag feiern, aber er wirkte schlank und fit. Sein Haar war immer noch dicht, wenn auch inzwischen grau, was ihm eine gewisse weltmännische Eleganz verlieh. Greg wusste, dass er ohne Mühe als Fünfzigjähriger durchgehen konnte. Sein gutes Aussehen hatte ihn weit gebracht, und er tat alles, um es sich zu erhalten.

“Herzlich willkommen”, begrüßte er den Neuankömmling, während er seinen Barhocker drehte, um sich der Frau voll zuzuwenden.

“Hallo.”

An ihrem Lächeln konnte Greg ablesen, dass sie gegen Gesellschaft nichts einzuwenden hatte. Umso besser. Vielleicht bot sie ihm die Ablenkung, die er brauchte. Wenn alles gut ging, blieb er vielleicht sogar über Nacht in der Stadt. Angesichts der Misserfolge dieses Vormittags hatte er sich etwas Trost redlich verdient. Nicht, dass er auf der Suche nach etwas Ernstem wäre – er suchte lediglich einen Flirt, der ihn auf andere Gedanken brachte. Eine kleine Affäre.

“Erwarten Sie jemanden?”, fragte Greg.

“Nein, eigentlich nicht.” Ihre Stimme klang tief und sinnlich.

Greg zeigte auf die Pakete und Tüten. “Sie waren wohl einkaufen.”

Sie nickte. Als der Barkeeper auf sie zukam, wies Greg ihn an: “Das geht auf meine Rechnung.”

“Danke.” Wieder diese sinnliche Stimme. Noch mehr beeindruckte Greg allerdings, dass sie ein Glas Bennett-Wein bestellte. Pinot Noir.

Er glitt vom Barhocker und trat an ihren Tisch. “Ich bin Greg.”

“Cherry Adams.”

Der Name gefiel ihm. Er passte zu ihr. “Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?”

“Nein. Bitte sehr.”

Sofort sah der Tag ein wenig freundlicher aus. Greg zog einen Stuhl heran und ließ sich nieder. Während sie ein paar Minuten lang über dieses und jenes plauderten, umging Greg geschickt die Notwendigkeit, seinen Nachnamen zu nennen. Sie sollte keinesfalls zwei und zwei zusammenzählen und ihn mit den Schwierigkeiten bei Bennett Wines in Verbindung bringen.

Doch auch so stellte sich schnell heraus, dass Cherry Adams eine Menge über Wein wusste. Greg fühlte sich geschmeichelt, dass sie seinen 1996er Pinot Noir lobte. Im Gegensatz zu dieser Fremden hatte Tess keinen blassen Schimmer von dem Thema gehabt, obwohl sie mit dem Besitzer eines Weinguts verheiratet war. Schon am Unterschied zwischen einem Chablis und einem Chardonnay scheiterte sie. Er konnte ihr auch nie begreiflich machen, weshalb er seinen Sekt nicht Champagner nennen durfte. Dabei hatte er ihr ein übers andere Mal erklärt, dass diese Bezeichnung den Schaumweinen aus der französischen Region Champagne vorbehalten blieb.

Nachdem er Cherry ein weiteres Glas Wein bestellt und sich selbst einen zweiten Martini genehmigt hatte, schlug Greg ihr vor, gemeinsam etwas zu essen.

Cherry zögerte und senkte den Blick auf ihre Hände. “Es tut mir leid, aber ich habe einen Maniküretermin.”

“Dann versuchen Sie doch, ihn zu verschieben.” Sein Tonfall ließ durchblicken, dass es bessere Arten gab, den Nachmittag zu verbringen. Doch das sprach er nicht offen aus. Sie sollte ihn nicht für aufdringlich halten. Später, nach dem Mittagessen, würde er sie mit der Wahrheit überraschen und ihr sagen, wer er war. Ihr Interesse an seiner Person schmeichelte ihm zutiefst – umso mehr, als sie nicht ahnte, dass er der Produzent jenes “exquisiten” Weines war. Was würde sie wohl sagen, wenn sie es erfuhr? Der Gedanke brachte ihn zum Lächeln. Dieser kleine Flirt bestätigte genau das, was er sich ständig sagte, seit Tess ihn verlassen hatte: Er war immer noch jung, vital, attraktiv.

In diesem Augenblick passierte es.

Der Ausdruck auf Cherrys Gesicht offenbarte ihre Gedanken so klar und deutlich, als hätte sie sie laut ausgesprochen. Sie war an Greg nicht interessiert. Ja, um ihr bei einem Drink die Zeit zu vertreiben, genügte er – zumal er ihren Wein zahlte. Aber das war alles.

“Ich muss mich wirklich auf den Weg machen”, erklärte Cherry und griff nach ihren Einkaufstaschen. “Meine Fingernägel sehen schrecklich aus. Vielen Dank für … für die Gesellschaft und den Wein.”

“Keine Ursache”, murmelte Greg, während er ihr nachsah. Der Schlag, den sie seinem Stolz versetzt hatte, schmerzte.

Kurz darauf ging er ebenfalls. Niederlagen hatte er noch nie gut wegstecken können. Er besaß darin einfach keine große Übung.

Greg wusste, dass er nach zwei Martinis nicht mehr fahren konnte. Also ließ er das Auto auf dem Parkplatz stehen und ging zu Fuß einfach irgendwohin. Ziellos spazierte er durch die überfüllten Straßen, während er gleichzeitig versuchte, den abstoßend gut gelaunten Passanten auszuweichen. Ihm knurrte der Magen, und sein Kopf schmerzte, aber all das war nichts gegen seinen verletzten Stolz. Jedes Mal, wenn er sich an Cherrys Miene erinnerte, verzog er unwillkürlich das Gesicht. Okay, ja, sie war zu jung gewesen; vermutlich nicht älter als dreißig.

Andererseits kannte Greg Dutzende Frauen ihres Alters, die sich alle zehn Finger danach lecken würden, Zeit mit ihm zu verbringen. Er war charmant, weltgewandt und reich. Vielleicht nicht ganz so reich wie früher – aber das würde er bald wieder sein, sobald er diese steinige Wegstrecke überwunden hatte. Falls er sie überwand. Die Wahrheit war: Er stand kurz davor, alles zu verlieren.

In dem verzweifelten Versuch, seinen düsteren Gedanken zu entfliehen, beschleunigte Greg seine Schritte. Nur nicht nachdenken! Die Ängste gar nicht erst hochkommen lassen! Stattdessen konzentrierte er sich auf das Geräusch seiner Schritte und den Rhythmus seiner Atemzüge. Ohne auch nur einmal Halt zu machen, bog er hier und dort ab, bis er sich in einer Seitenstraße vor einer imposanten Backsteinkirche wiederfand.

Greg blieb stehen. Eine Kirche. Wenn ihm nicht so elend zumute gewesen wäre, hätte er am liebsten aufgelacht. Er erinnerte sich noch genau daran, wie seine Mutter ihn und seinen Bruder Phil jeden Sonntag zum Gottesdienst geschleppt hatte. Sogar zu Collegezeiten war er noch regelmäßig in die Kirche gegangen. Aber nun hatte er keine mehr betreten, seit … seit Catherine.

Sie war im College seine Flamme gewesen – bis plötzlich Schluss war. Nein, wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er sie hatte sitzen lassen. Im Laufe der Jahre waren seine Schuldgefühle schwächer geworden. Inzwischen dachte er nur noch selten an Catherine. Merkwürdig, dass diese Sache ihm nun, fünfunddreißig Jahre später, plötzlich wieder so lebhaft vor Augen stand!

Als er Catherine zum letzten Mal gesehen hatte, war er in seinem College-Abschlussjahr. Sie liebten sich, alles war gut. Dann gestand Catherine ihm, dass sie schwanger war, und versetzte Greg damit in Panik. Er stand kurz vor den Abschlussprüfungen, wollte endlich den Schritt ins Leben gehen – und reagierte so, wie es ihm damals das Vernünftigste schien: Er lief davon.

Er brachte es nicht fertig, von Angesicht zu Angesicht mit Catherine zu sprechen. Stattdessen teilte er ihr in einem Brief mit, dass er sie verließ. Mit dem Baby sollte sie tun, was sie für richtig hielt. Natürlich hatte er sich wie ein Feigling verhalten, aber schließlich war er damals nicht viel mehr als ein Kind gewesen. Er machte sich schon lange keine Vorwürfe mehr deswegen. Von Catherine hatte er nie wieder etwas gehört. Er wusste bis heute nicht, ob sie das Kind bekommen hatte. Damals waren Abtreibungen noch illegal, aber wer eine unerwünschte Schwangerschaft beenden wollte, fand normalerweise Mittel und Wege dazu. Seiner Mutter hatte Greg nie erzählt, weshalb die Beziehung zu Catherine so plötzlich zu Ende ging, aber Phil wusste Bescheid. Damit hatten ihre Schwierigkeiten miteinander begonnen.

Beinahe ohne es zu merken, ging Greg die Stufen zur Kirche hinauf. Nur, um den Passanten auszuweichen. Alles, was er suchte, waren ein paar Momente der Stille und des Friedens, um seine Gedanken zu sammeln.

Auf der obersten Stufe zögerte er. Er gehörte nicht in eine Kirche – nicht so, wie er lebte. Und dennoch …

Sein Leben war leer, und er war alt genug, es sich einzugestehen. Aber mit sechzig ließ sich daran nicht mehr viel ändern. Seit er erwachsen war, hatte er immer den Weg des geringsten Widerstands gewählt und seine Interessen über die anderer Menschen gestellt. Er hatte geglaubt, nur so Erfolg haben zu können. Angefangen hatte es damals, als er Catherine verließ.

Sie verursachte ihm die ersten Gewissensbisse, Matthias die nächsten. Und dann kam seine Mutter …

Matthias Jamison, ein Cousin von Gregs Vater, arbeitete auf dem Bennett-Anwesen. Nachdem die Eltern sich während Gregs Highschool-Zeit getrennt hatten, verbrachten Greg und Phil die Ferien bei ihrem Vater auf dem Weingut. Obwohl Greg der jüngere der Brüder war, interessierte er sich stärker für das Familienunternehmen. Stunde um Stunde verbrachte er dort, um alles über Wein, Reben und Kellerei zu lernen.

Der zehn Jahre ältere Matthias nahm Greg unter seine Fittiche und zeigte ihm all das, was John Bennett ihm nicht beibrachte. Der Vater bestand darauf, dass ein Wirtschaftsstudium für Greg unerlässlich wäre, und er sollte recht behalten. Später, als John Bennett starb, zahlte Greg seinen Bruder aus und bewirtschaftete das Weingut mit Matthias’ Hilfe.

Ihre Weine waren schon immer gut gewesen. Was fehlte, war lediglich eine vernünftige Marketingstrategie. Wie sollten die Kunden schließlich Bennett-Weine bestellen, wenn sie nie davon gehört hatten? Das einzige Problem, das zwischen Gregs Ideen und ihrer Verwirklichung lag, war der enorme Finanzbedarf. Aber er wagte den Schritt, schaltete ganzseitige Anzeigen in edlen Feinschmecker-Zeitschriften und reiste zu Weinmessen in aller Welt. Sein Einsatz begann gerade, erste Früchte zu tragen, als Matthias eines Tages zu Greg kam und ihn um ein Darlehen bat.

Man hatte bei seiner Frau Mary eine seltene Form von Blutkrebs festgestellt. Aber das Medikament, das ihr Leben retten konnte, wurde von der Krankenversicherung nicht bezahlt. Bald hatten die Kosten der Behandlung Matthias’ sämtliche Ersparnisse aufgezehrt, und die Banken weigerten sich, ihm einen Kredit zu gewähren. In dieser Situation bat er Greg um Hilfe. Nach allem, was Matthias für ihn und seine Familie getan hatte, wusste Greg, dass er ihm diese Unterstützung schuldete, wenn nicht sogar viel mehr.

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