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Der beste Fußballer aller Zeiten oder: Die Wahrheit ist nichts für Feiglinge

hier erhältlich:

Der Traum vom Fußballstar - ganz nah!

Zwei Sachen liebt der 10-jährige Philip über alles: seinen dreibeinigen Hund Sam und Fußball. Doch seine Mutter will nicht, dass er vor dem Wechsel auf die weiterführende Schule mit dem Fußballtraining anfängt. Philip ist genervt: er mag nicht warten! Er will seinem größten Idol Vitor Santos nacheifern. Was für ein Glück, dass ihn die eigenwillige neue Nachbarin Phoebe dabei unterstützt. Philip beginnt heimlich zu trainieren, während seine Mutter denkt, er sei im Schulgarten. Doch dann lässt er sich auf eine gefährliche Challenge ein ...

Kurzweiliges und humorvolles Lesefutter fürFußballjungs​



  • Erscheinungstag: 19.03.2024
  • Seitenanzahl: 160
  • Altersempfehlung: 8
  • Format: Hardcover
  • ISBN/Artikelnummer: 9783505151613

Leseprobe

»In der Schule war er eher unauffällig, aber ich dachte mir schon, dass Vitor eines Tages von hier weggehen würde, um der Welt zu beweisen, was in ihm steckt.«

Vitors Lehrer Armindo Salazar

»Ich bin sehr stolz auf Vitor! Wir sind einfache Leute, aber ich habe immer zu ihm gesagt: Wenn der Fußball das ist, was du willst, mein Sohn, dann unterstütze ich dich, so gut ich kann! Aber du musst kämpfen! Du heißt nicht umsonst Vitor, du wirst jedes Schlachtfeld als Sieger verlassen!«

Senhor Santos, Vitors Vater

1. Kapitel
Was für ein mieser Vormittag

»Wenn ich ein Selfie mache, dann sieht man einen zehnjährigen Jungen mit braunen Haaren. Meistens sehe ich darauf ernst aus. Als Hintergrund nehme ich das Bild von Vitor Santos, das über meinem Schreibtisch hängt, und manchmal hüpft auch mein Hund Sam ins Bild.«

Philip

Am Dienstag gehe ich noch weniger gerne in die Schule als sonst, also eigentlich minus-null-gerne. Jeden Dienstag müssen wir in so einem doofen Buch lesen, und das schon seit den Ferien! Ich bin keiner, der gerne liest. Normalerweise schaffe ich gerade mal zwei Seiten, bevor ich halb, drei viertel oder ganz einschlafe. Mama sagt, wenn man lese, würde man »neue Lebenswelten« kennenlernen, was völlig übertrieben ist. Es reicht vollständig, wenn man sich in einer Welt gut auskennt. Bei mir ist es die von Vitor Santos, dem besten Fußballer aller Zeiten. Dank ihm erlebte ich all die Dinge, die ich sonst nie erlebt hätte, auch wenn Phoebe das Gegenteil behauptet, was bei ihr übrigens ziemlich normal ist. Bis mir die Sache mit dem Buch passierte, war ich in der Schule hauptsächlich damit beschäftigt, nicht aufzufallen. Und ich bereute es auch sofort, dass ich die Klappe so weit aufgerissen hatte.

Frau König, unsere Klassenlehrerin, stand vor meinem Tisch und sah mich kopfschüttelnd an. »Du meinst also, du willst das Buch nicht lesen, weil eine Mutter drin vorkommt? Also das verstehe ich jetzt wirklich nicht, Philip, das musst du mir erklären! Es ist doch ganz normal, dass Kinder Mütter haben – zum Glück!«

Ein Raunen ging durch die Klasse. »Vielleicht mag er mehr so fantastische Geschichten mit Einhörnern«, sagte Ella, die eine Reihe vor mir sitzt und immer alles kommentieren muss.

Sicher nicht, so eine blöde Kuh! Unsere Klassenlektüre, das Buch von dieser Mutter, die zusammen mit ihrem Sohn für ein Jahr bei den amerikanischen Ureinwohnern lebte, lag mitten auf dem Boden des Klassenzimmers, genau da, wo es nach meinem Wutanfall gelandet war. Ich fixierte die Stelle auf meinem Schreibtisch, an der jemand mit schwarzem Filzstift ein X hingemalt hatte. Wenn ich lang genug darauf starrte, würde sich das X vielleicht in Luft auflösen oder meine Lehrerin, was eindeutig die bessere Variante wäre. Frau König redete immer weiter, aber ich hörte ihr überhaupt nicht zu. Im Weghören bin ich nämlich Experte, das beherrsche ich mindestens ebenso gut wie den Ball jonglieren. Rechter Fuß, linker Fuß, zwanzigmal ohne Unterbrechung ist mein bisheriger Rekord. Mama hasst es, wenn ich im Flur übe, vor allem während sie mit mir redet: »Sag mal, Philip, möchtest du dich nicht für den Schulgarten anmelden?« Rechts, links, rechts, links … Ohren zuklappen und nicht rausbringen lassen.

»Philip!«

»Was?«

»Ich rede mit dir!«

»Ich geh nicht in den Schulgarten! Niemals!«

Rechts, links, rechts …

»Siehst du, Mama, wegen dir muss ich noch mal von vorne anfangen!«

Keine Ahnung, was ich in diesem öden Schulgarten sollte, da gibt es doch nur Mädchen und Loser. Aber Mama und ihre Freundin Trine sahen das überhaupt nicht ein und behaupteten, es sei »unglaublich spannend«, den Pflanzen beim Wachsen zuzusehen. Dem einzigen Grünzeug, dem ich beim Wachsen zusehen wollte, war der Rasen auf dem Fußballplatz! Aber das kapierten sie nicht. Genauso wenig, wie sie verstanden, dass ich nicht in diesen öden »Ich näh mir meinen Hoodie selbst«-Nähkurs für Kinder gehen wollte. Mama sagte, es sei sehr nützlich, wenn man möglichst vielseitig talentiert ist. Ich möchte trotzdem lieber nur einseitig talentiert sein, und zwar im Fußball, so wie mein bester Kumpel Mo aus meiner Klasse. Wenn ich wie er zweimal in der Woche trainieren dürfte, dann wäre ich bestimmt genauso gut wie er, also eigentlich sogar ganz sicher.

»Philip, hörst du mir überhaupt zu?« Frau Königs Stimme klang ungeduldig.

Ich starrte das nächste Loch in die Luft, sämtliche Wörter hatten sich aus meinem Kopf verabschiedet.

Frau König ging mit forschem Schritt zurück zu ihrem Schreibtisch und sagte für den Rest der Stunde kein Wort mehr zu mir, aber nachdem es geklingelt hatte, hielt sie mich zurück. »Wir vergessen, was da vorhin passiert ist, Philip, denn ansonsten machst du deine Sache ja gut.« Sie lächelte aufmunternd.

Ich hätte sie gerne gefragt, warum sie mir dann in fast allen Fächern ein Ungenügend gab. Aber ich traute mich nicht. Was für ein mieser Vormittag, jetzt kam ich mir definitiv wie ein Loser vor.

»Ist doch normal, dass die Mutter im Buch mitmacht!«, erklärte Mo in der großen Pause. »War ja ihre Idee, zum alten Indianer-Chef ins Reservat zu fahren.«

»Man sagt nicht ›Indianer‹«, erklärte Blerim wichtig. »Es heißt ›amerikanischer Ureinwohner‹.«

»Das weiß ich auch!« Mo kann es nicht ausstehen, wenn man ihn verbessert, was Blerim jedoch regelmäßig vergisst. Mo, der eigentlich Mohammed heißt, weil sein Vater ihm einen schönen muslimischen Namen geben wollte, den aber trotzdem alle nur Mo nennen, ist so etwas wie mein bester Kumpel in der Schule. Und eigentlich wusste er ganz genau, weshalb ich dieses nervige Buch nicht lesen wollte. Er behauptet nämlich selbst immer, bei uns zu Hause gehe es zu wie auf einem Mädchengeburtstag. Es nervte mich, wenn Mo so etwas sagte. Aber leider hatte er recht, denn bei uns zu Hause ging es wirklich immer nur um Mädchenzeugs.

Mama und ihre Freundin Trine führen zusammen den Baby- und Schwangerschaftskleiderladen Luftballon unten bei uns im Haus. Trine ist aber nicht so oft da wie Mama, weil sie eigentlich Juristin ist und Frauen mit wenig Geld dabei hilft, komplizierte Formulare auszufüllen. Mama hatte früher auch andere Berufe, aber jetzt kümmert sie sich hauptsächlich um den Laden und näht gelbe und graue Babykleider mit weißen Punkten. Rosa Kleidung für Mädchen findet sie total blöd. Dabei ist das vollkommen egal, Mädchen bleiben immer Mädchen, ob man sie rosa anzieht oder nicht, und Babyläden sind sowieso das Langweiligste, was es auf der Welt gibt. Mo sagt, der Frisörsalon seiner Tante in Pristina sei auch sehr, sehr übel. Aber da muss ich ja nie rein. In Mamas Laden hingegen muss ich jeden Tag, wenn ich von der Schule komme und meinen Hund Sam abholen will. Er liegt tagsüber zusammengerollt unter dem Ladentisch auf meiner alten Kinderdecke, damit er sich nicht alleine in unserer Wohnung langweilt. Wenn ich zu Hause ankomme, gehe ich immer als Erstes zu Sam, das ist wichtig, damit er weiß, dass ich wieder da bin.

In den Luftballon kommen nie normale Menschen, sondern immer nur Mütter mit dicken Bäuchen oder mit quengelnden Kleinkindern, die im ganzen Laden ihre angeknabberten Kekse verteilen. Jungen in meinem Alter bin ich in Mamas Laden noch nie begegnet. Logisch, denn das Hirn von jedem Jungen stößt sofort Warnsignale aus, sobald er in die Nähe eines Babyladens kommt.

Leider wohnt auch sonst niemand in unserem Haus, mit dem ich was machen könnte. Das war zwar schon immer so, aber ich finde es trotzdem blöd. Deshalb will ich auch unbedingt wieder zu den Kickers Schönfeld (das ist der Fußballverein, in dem Mo trainiert). Vor genau einem halben Jahr durfte ich da zum Probetraining. Leider lief es nicht so toll. Aber es war überhaupt nicht meine Schuld! Das erste Mal kam ich zu spät, weil Mama vergessen hatte, sich von Trine das Auto zu leihen. Und als wir endlich auf dem Fahrrad ankamen, bekam ich zuallererst zwanzig Strafliegestütze aufgebrummt, bevor ich beim Aufwärmtraining mitmachen durfte.

Herr Branko, der Trainer, war ziemlich schlecht gelaunt und hat Mo und mich dauernd angeschnauzt, wir sollen nicht so viel rumquatschen und wie »ein planloser Hühnerhaufen« auf dem Platz rumstraucheln. Dabei wollte mir Mo nur kurz zeigen, wie man den Ball hoch in die Luft schießt und mit dem Nacken wieder auffängt. Ein Trick, den er auf Youtube gesehen hatte, aber noch nicht so gut beherrschte (was Mo abstritt, obwohl es jeder sehen konnte).

Nach dem zweiten Training wollte Mama unbedingt mit Herrn Branko reden, und als wir wieder zu Hause waren, erklärte sie mir, sie habe das Gefühl, es sei noch nicht der richtige Zeitpunkt für mich, im Verein zu spielen.

»Aber Mama, ich muss zu den Kickers! Du hast es mir versprochen!«, rief ich entsetzt.

»Philip, das Training läuft dir doch nicht davon«, sagte Mama. »Wir kümmern uns nach deinem Wechsel aufs Gymnasium darum. Versprochen. Jetzt geht erst mal die Schule vor, das haben wir doch schon besprochen.«

»Aber wieso? Ich kann doch auch auf eine andere Schule?« Doch Mama redete immer weiter und behauptete, das »aufgeblasene Macker-Gehabe« von diesem unfreundlichen Glatzkopf (Herrn Branko) ginge ihr auf den Geist (als ob das jemanden interessieren würde) und dass Schönfeld im Übrigen auch viel zu weit weg sei. Und zudem hätte sie weder Lust noch Zeit, jeden Samstag auf ein Turnier zu fahren, und auch nicht, selbst gebackene Kuchen anzuschleppen, wie das von den Müttern erwartet würde. Mama war nicht zu bremsen.

»Herr Branko ist nett!«, unterbrach ich sie (obwohl er mir ein bisschen Angst gemacht hatte). »Und Mo sagt, mit dem Fahrrad dauert es höchstens eine halbe Stunde, nach Schönfeld zu fahren … Er macht das auch, wenn sein Vater keine Zeit hat, ihn zu bringen.«

»Philip, hör mir zu, wir suchen dir einen anderen Verein …«

»Und Trine kann doch den Kuchen backen, sie backt mir ja sonst auch immer die Geburtstagskuchen«, fuhr ich unbeirrt fort. Aber je mehr ich reklamierte, desto beharrlicher wurde Mama. Sie gehört leider überhaupt nicht zu der Sorte Mütter, die sich erweichen lassen. Da hat Mo schon mehr Glück. Er braucht nur ein paarmal heimlich zu gähnen, damit er tränende Augen bekommt, und schon gibt seine Mutter klein bei, und er darf alles machen, was er will. »Mein Vater würde mir das bestimmt erlauben, wenn er da wäre!«, schrie ich und spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen.

Mama strich mir über die Wange. »Jetzt warten wir doch erst mal ab, Philip.«

Ich stieß ihre Hand weg und beschloss, nie mehr ein Wort mit ihr zu reden.

Wenn ich mich total über etwas aufrege, dann erzähle ich es zuallererst Sam, meinem Hund. Sam ist ein echter Jack Russell Terrier und der beste und klügste Hund der Welt, und obwohl er nur noch drei Beine hat, ist er schnell wie ein Blitz. Eigentlich wollten Mama und Trine erst eine Katze als Haustier, aber weil Mama gerne Tiere rettet, hat sie Sam zu uns geholt, nachdem Herr Ramirez, ihr Baby-Möbel-Lieferant, ihn beim Rückwärts-in-die-Garageneinfahrt-Fahren versehentlich vor seiner Garage rückwärts angefahren hat. Es ist gar nicht praktisch, wenn einem Hund ein Bein fehlt, aber Sam merkt man echt fast nichts an. Er kommt im Einkaufszentrum sogar schneller die Treppe hoch als ich und ist immer als Erster vor dem Dönerstand. Nur Treppen runterlaufen mag er nicht so gern, aber das ist überhaupt nicht schlimm. Ich trage ihn dann einfach runter.

Sam ist auch so ziemlich der Einzige, der mir aus meiner Familie fehlen würde, wenn er nicht mehr da wäre. Mama und Trine sind eh nie weg, deshalb kann ich sie gar nicht vermissen, selbst wenn ich wollte. Einen Vater habe ich nicht, also irgendwie zwar schon, aber eben doch nicht, weil ich ihn nie sehe. Bei mir ist das anders als bei Benji, der in den Sommerferien immer mit seiner großen Schwester nach Spanien zu ihrem Vater fliegt. Aber ich weiß, dass Papa auf einer Urlaubsinsel wohnt, weit weg, vor der Nordwestküste Afrikas, und dass Mama ihn da kennengelernt hat, als sie einen Sommer lang in einem Hotel an der Rezeption gearbeitet hat. Aber als ich auf die Welt kam, war sie nicht mehr in dem Hotel, sondern schon lange wieder zu Hause. Weil Mama nie etwas über Papa sagt, habe ich manchmal das Gefühl, dass es ihn gar nicht gibt. Deshalb habe ich beschlossen, dass Sam und ich irgendwie miteinander verwandt sind. Sam jagt nämlich genau wie ich am liebsten Bällen hinterher und ist – das ist das Allerwichtigste – ein Männchen.

Als ich heute von der Schule nach Hause kam, hatte ich nicht die geringste Lust, auch nur einen Fuß in Mamas Laden zu setzen. Mit dem Ellbogen stieß ich gegen die Ladentür. »Saaaaam!«

Mama war am Telefon und wedelte hektisch mit der Hand. Damit wollte sie mir verständlich machen, dass ich nicht so rumschreien soll. »Saaam!«, schrie ich erneut. Diesmal lauter. Vielleicht war er ja schon oben in unserer Wohnung. Mit einem Ruck zog ich die Tür zu, damit es schön knallte. Durch die Scheibe sah ich, wie Mama genervt den Kopf schüttelte. Mir egal! Sie sollte nur wissen, dass ich schlecht gelaunt war.

Vor unserer Haustür blieb ich stehen. Ein Mann in einem blauen Arbeitskittel beobachtete mich und trank dabei Bier aus einer Dose. Jetzt erst bemerkte ich, dass unsere Haustür weit offen stand.

2. Kapitel
Endlich ein Junge im Haus

»Selfies mache ich nur mit meinen Kumpels oder mit Papa. Früher haben Papa und ich immer extra doof ins Handy geguckt. Danach hat Papa die Bilder ausgedruckt und mit einem Magneten an den Kühlschrank geheftet. Ich fand das immer total witzig.«

Frederik

»Wir kriegen neue Mieter«, erklärte Mama beim Mittagessen und erzählte, dass die alte Frau Meyer aus dem obersten Stockwerk nun endlich einen Platz im Altersheim erhalten habe und wie froh sie darüber sei, weil ihr die Wohnung zu groß geworden sei und sie mit ihren schmerzenden Beinen auch fast nicht mehr die Treppe hochkomme.

»Für mich keine gekochten Karotten! Die sind eklig.« Schnell zog ich meinen Teller weg.

»Die Neuen sind eine Familie mit zwei Kindern«, sagte Mama und ließ drei kleine Karottenscheiben auf meinen Teller gleiten.

»Ich will, dass ein Junge einzieht! Damit ich mit ihm Fußball spielen kann«, rief ich begeistert und war plötzlich wieder bester Laune.

Was darauf folgte, war klar. Mama hielt mir einen Vortrag darüber, dass meine Bemerkung »voll daneben war«, weil man mit Mädchen genauso gut spielen könne wie mit Jungs. (Sie sollte mal an unsere Schule kommen, dann könnte ich ihr locker das Gegenteil beweisen.) Aber ich beschloss, besser nichts mehr zu sagen. Nach dem Essen stand ich auf und ging in mein Zimmer.

»Philip, wo gehst du hin?«, rief Mama.

»Wie viele Möglichkeiten gibt es in einer kleinen Vierzimmerwohnung?« Mo hat das mal zu seiner Mutter gesagt. Aber mir fallen leider nie so kluge Antworten ein (was ein großer Nachteil ist). Ich spürte, wie sich meine schlechte Laune wieder in mir breitmachte. Missmutig ließ ich mich auf mein Bett plumpsen und starrte auf das Poster von Vitor Santos, das über meinem Schreibtisch hängt.

Vitor schaute lachend auf mich hinunter. »Du hast es gut«, sagte ich, »dir gelingt immer alles!«

Plötzlich hörte ich ein feines Winseln. Sam! Leise öffnete ich die Tür und ließ in rein. Sam sprang sofort an mir hoch und gab mir einen feuchten Hundekuss. Ich kraulte seine Ohren und hob ihn auf mein Bett. »Willst du dir mit mir zusammen Vitors zehn spektakulärste Tore ansehen?« Sam schnüffelte begeistert an meinem Handy. Er liebt Youtube-Filmchen.

»Philip, vergiss nicht, deine Hausaufgaben zu machen, bevor du rausgehst …«

Ich konnte hören, dass jetzt Trine vor meiner Zimmertür stand. Im Gegensatz zu Mama respektiert sie verschlossene Kinderzimmertüren.

»Philip?«

»Ja, ja, ich bin dran.« Ich stellte mein Handy auf stumm und schaute mir das finale Champions-League-Tor von Vitor Santos an. Sensationell! Ein verwandelter Elfmeter! Thierry wirft sich nach links, der Ball fliegt ins rechte Eck. Nach dem Treffer steht Vitor breitbeinig auf dem Rasen, die Hände in die Hüften gestemmt.

Ich hörte, wie sich Trines Schritte entfernten. »Die Luft ist rein«, sagte ich. Sam antwortete mit einem kurzen Fiepen.

Drei Tage später stand ein Umzugswagen vor der Tür. Zwei Männer machten die Seile von den Möbeln los und ein dritter gab ihnen Anweisungen. Von den neuen Mietern war nichts zu sehen. Doch als ich nach der Schule nach Hause kam, klebte ein neues Schild neben der Klingel.

Thomas Schulze Morgan, Kathryn Schulze Morgan und Frederik und Pho…ebe Schulze buchstabierte ich. Ich ließ meine Schultasche im Flur stehen und lief langsam die Treppe hoch. Vor der Wohnungstür von den Morgan-Schulzes lagen mehrere Paar Schuhe auf einem Haufen: Sneakers, spitze Stiefel mit Absätzen und braune Wildleder-Männerschuhe. Die Sneakers waren riesig. Neben dem Schuhberg lehnten ein Kickboard und ein Skateboard mit Totenkopf an der Wand.

Innerlich jubelte ich, hier wohnte definitiv ein Junge. Ich klingelte. Die Tür wurde ruckartig aufgerissen und ein mürrisch aussehendes Mädchen starrte mich unfreundlich an. »Was willst du?«

»Ähm … nichts. Also, ich wohne im ersten Stockwerk.«

»Ach so …«

»Ist dein Bruder da?«

»Nö, wieso?«

»Ich dachte, er kommt vielleicht raus.«

»Fibi, wer ist da?«, rief eine Frauenstimme.

»Niemand!«, schrie das Mädchen zurück. »Bloß der Kleine von unten, er fragt nach Frederik.«

Ich starrte auf ihre Füße, die in einem Paar riesiger Sneakers steckten.

»Ich bin Fibi«, sagte das Mädchen.

»Hallo«, murmelte ich und wollte gleich wieder gehen.

»Fibi ist englisch. Ich komme zur Hälfte aus Schottland«, fuhr das Mädchen fort.

Während sie redete, fixierte sie mich, als wäre ich ein wildes Tier, das man keinen Moment unbeobachtet lassen durfte. »Fibi, what’s that …« Eine Frau mit grauen kurzen Haaren und knallrotem Lippenstift stellte sich hinter das unfreundliche Mädchen und lächelte. »Ich bin Kathryn, Frederiks und Fibis Mutter. Aber Frederik ist nicht da, er ist mit seinem Vater in der Schreinerei.« Sie erzählte mir, dass Vater und Sohn zusammen ein Hochbett zimmern wollten. Komisch, wenn sie sprach, klang das, als ob sie englisch sprechen würde, obwohl sie deutsch redete. Kathryn fragte, ob ich nicht doch reinkommen wolle.

»Du kannst ja auch mit Fibi …«

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