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Beautiful Stranger

Als Buch hier erhältlich:

hier erhältlich:

Band 2 der New York Times-Bestsellerserie aus den USA endlich auf Deutsch!

Ein charmanter britischer Playboy. Eine hemmungslose Frau. Eine geheime Affäre …

Sara Dillon hat von Männern erst mal genug, als sie spontan für einen Neuanfang nach New York zieht. Bis ihr gleich am ersten Abend in einem Club ein unwiderstehlicher Fremder begegnet. Aber was spricht eigentlich gegen ein bisschen Spaß? Einen One-Night-Stand sieht man ja nicht wieder …

Max Stella genießt sein Junggesellenleben in vollen Zügen. Bis er Sara trifft. Zum ersten Mal will er mehr als nur eine unverbindliche Affäre. Doch so sehr Sara offensichtlich der tabulose Sex mit ihm gefällt, so sehr scheint sie zu fürchten, dass er ihr privat zu nahe kommen könnte.

Die beiden beginnen ein erregendes Spiel um Nähe und Distanz, um Lust … und Gefahr!


  • Erscheinungstag: 10.12.2014
  • Aus der Serie: Beautiful Bastard
  • Bandnummer: 2
  • Seitenanzahl: 304
  • ISBN/Artikelnummer: 9783956491092

Leseprobe

Christina Lauren

Beautiful Stranger

Roman

Aus dem Amerikanischen von Mette Friedrichs

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MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2015 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH

Deutsche Erstveröffentlichung

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Beautiful Stranger

Copyright © 2013 by Lauren Billings und Christina Hobbs

erschienen bei: Gallery Books, New York

Published by arrangement with Gallery Books, a division of

Simon & Schuster, Inc., New York

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Maya Gause

Titelabbildung: Simon & Schuster, New York

Autorenfoto: © Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

ISBN eBook 978-3-95649-477-2

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

PROLOG

Als mein altes Leben starb, verabschiedete es sich nicht leise. Es explodierte.

Aber um fair zu sein: Ich hatte den Stift der Handgranate selbst gezogen. Binnen nur einer Woche hatte ich mein Haus vermietet, meinen Wagen verkauft und meinen untreuen Freund verlassen. Und obwohl ich meinen überängstlichen Eltern versprochen hatte, vorsichtig zu sein, rief ich erst, als ich bereits am Flughafen war, meine beste Freundin an, um ihr mitzuteilen, dass ich auf dem Weg zu ihr war.

Da erst begriff ich, was geschehen war – in diesem einen perfekten, klaren Moment.

Ich war bereit, von Neuem zu beginnen.

„Chloe? Ich bin’s“, sagte ich mit zitternder Stimme und sah mich im Terminal um. „Ich komme nach New York. Hoffentlich ist der Job noch nicht anderweitig vergeben.“

Sie schrie auf, warf das Telefon hin und beruhigte jemanden im Hintergrund, dass es ihr gut ginge.

„Sara ist auf dem Weg hierher“, hörte ich sie erklären, und mein Herz machte bei dem Gedanken, zu Beginn dieses neuen Abenteuers bei ihnen zu sein, einen kleinen Satz. „Sie hat ihre Meinung geändert, Bennett!“

Ich hörte ein Jubeln, ein In-die-Hände-Klatschen, und dann sagte er etwas, das ich nicht richtig verstehen konnte.

„Was hat er gesagt?“, fragte ich.

„Er fragt, ob Andy mitkommt.“

„Nein.“ Ich versuchte, die Übelkeit zu unterdrücken, die meinen Hals hinaufkroch. Sechs Jahre war ich mit Andy zusammen gewesen, und egal wie froh ich war, mich von ihm getrennt zu haben, fühlte sich diese dramatische Wende in meinem Leben immer noch irgendwie unwirklich an. „Ich hab ihn verlassen.“

Ich hörte, wie sie scharf Luft holte. „Geht es dir gut?“

„Mehr als gut.“ Und das stimmte. Auch wenn ich mir bis zu diesem Moment nicht bewusst gewesen war, wie gut es mir ging.

„Ich glaube, das ist die beste Entscheidung, die du je getroffen hast“, sagte Chloe und hielt dann kurz inne, weil Bennett im Hintergrund etwas zu ihr sagte. „Bennett meint, du wirst schnell wie ein Komet zu uns sausen.“

Um mein Grinsen zu unterdrücken, biss ich mir auf die Lippen. „Da hat er tatsächlich fast ins Schwarze getroffen. Ich bin am Flughafen.“

Chloe kreischte irgendetwas Unverständliches und versprach dann, mich am LaGuardia abzuholen.

Lächelnd legte ich auf und überreichte dem Mann am Schalter mein Ticket. Ein Komet war zu direkt, zu zielstrebig. Ich war mehr wie ein alter Stern, dem der Treibstoff ausgegangen ist; meine eigene Schwerkraft zog mich nach unten, erdrückte mich. Ich hatte keine Energie mehr für mein allzu perfektes Leben, meinen allzu vorhersehbaren Job, meine lieblose Beziehung – ausgebrannt mit nur siebenundzwanzig. Wie ein Stern war mein Leben in Chicago unter seinem eigenen Gewicht kollabiert. Deshalb musste ich weg. Große Sterne hinterlassen schwarze Löcher. Kleine Sterne hinterlassen Weiße Zwerge. Ich dagegen hinterließ kaum einen Schatten. All mein Licht begleitete mich.

Ich war bereit, noch einmal als Komet von Neuem zu beginnen: einmal aufladen, zünden und hoch am Himmel verbrennen.

1. KAPITEL

Du ziehst das silberne Kleid an, oder ich bringe dich um“, rief Julia aus der Küchenecke, wie ich sie zu nennen pflegte. Sie war mit Sicherheit nicht groß genug, um sie als normale Küche zu bezeichnen.

Ich hatte ein geräumiges viktorianisches Haus in den Chicagoer Suburbs gegen ein liebenswertes East-Village-Apartment von der Größe meines vorherigen Wohnzimmers eingetauscht. Es kam mir noch kleiner vor, als ich erst mal ausgepackt und alles an seinen Platz gestellt hatte und meine zwei besten Freundinnen zu Besuch kamen. Der Wohn-/Ess-/Küchenbereich hatte riesige Erkerfenster, wirkte dadurch aber nicht wie ein Palast, sondern eher wie ein kleines Aquarium. Julia war nur übers Wochenende zu Besuch bekommen, anlässlich der Party, die wir heute Abend feiern wollten, aber sie hatte mich bereits mindestens zehn Mal gefragt, warum ich mir so eine winzige Wohnung ausgesucht hatte.

Ehrlich gesagt hatte ich mich dafür entschieden, weil sie so anders war als alles, was ich bisher kannte. Und weil winzige Wohnungen ziemlich genau das waren, was man in New York fand, wenn man spontan hierherzog, ohne sich vorab um ein neues Zuhause zu kümmern.

Im Schlafzimmer zupfte ich am Saum meiner paillettenbesetzten Miniaturausgabe von einem Kleid und starrte auf meine blassen Beine, die ich heute Abend extrem zur Schau stellen würde. Mein erster Impuls war bescheuerterweise, mich zu fragen, ob Andy es als zu freizügig empfinden würde – auch wenn ich danach sofort feststellte, dass ich das Kleid liebte. Ich musste diese ganzen alten Andy-Programme von meiner Festplatte löschen, und das sofort.

„Nenn mir nur einen guten Grund, warum ich das hier nicht tragen sollte.“

„Mir fällt keiner ein.“ Chloe kam in einem dunkelblauen Kleid herein, das sie umgab wie eine Aura. Sie sah wie immer fantastisch aus. „Wir gehen was trinken und tanzen – etwas Haut zu zeigen ist dabei Pflicht.“

„Ich weiß nicht, wie viel Haut ich zeigen will“, sagte ich. „Schließlich hab ich vor, mein brandneues Single-Dasein eine Weile zu genießen.“

„Tja, einige der Frauen dort werden ihren nackten Hintern zeigen. Du wirst also nicht sonderlich auffallen, falls es das ist, was dir Sorgen macht. Außerdem“, sagte sie und zeigte zur Straße hinunter, „ist es zu spät. Die Limo wartet bereits.“

Du solltest deinen nackten Hintern zeigen“, erwiderte ich. „Wo du dich die letzten drei Wochen nackt gesonnt und schon tagsüber Drinks gekippt hast. Noch dazu in einer Villa in Frankreich.“

Chloe legte geheimnisvoll lächelnd eine Hand auf meinen Arm. „Lass uns gehen, du Prachtweib. Ich hab die letzten Wochen mit dem Bastard verbracht … Jetzt bin ich reif für einen Abend mit meinen Mädels.“

Wir verließen mein Apartment und stiegen in den wartenden Wagen. Julia ließ den Champagnerkorken knallen. Nur ein einziger kitzelnder, blubbernder Schluck, und die Welt um mich herum schien sich aufzulösen – wir waren nur noch drei junge Freundinnen in einer Limo, die die Straße hinunterbrausten, um ein neues Leben zu feiern.

Und an diesem Abend feierten wir nicht nur meine Ankunft: Chloe Mills kam unter die Haube, Julia war zu Besuch, und eine frisch getrennte Sara hatte ein wenig nachzuholen.

Der Club war düster, ohrenbetäubend laut und voller sich windender Körper: auf der Tanzfläche, in den Fluren, an der Bar. Auf einem kleinen Podest legte eine DJane Platten auf, und auf der gesamten Front versprachen Flyer, dass sie die neueste und heißeste DJane wäre, die Chelsea zu bieten hatte.

Julia und Chloe schienen vollkommen in ihrem Element zu sein – während ich mich fühlte, als hätte ich die meiste Zeit meiner Kindheit und meines jungen Erwachsenenlebens auf ruhigen steifen Veranstaltungen verbracht. Es war, als würde ich aus den Seiten meiner stillen Chicago-Story steigen und stattdessen in den Inbegriff eines New-York-Abenteuers eintauchen.

Es war perfekt.

Mit geröteten Wangen, klebrigem Haar und Beinen, die sich anfühlten, als wären sie seit Jahren nicht mehr richtig benutzt worden, bahnte ich mir einen Weg zur Bar.

„Entschuldigung!“, schrie ich, um den Barkeeper auf mich aufmerksam zu machen. Ohne zu wissen, was sich hinter den Namen eigentlich verbarg, hatte ich bereits ein paar „Feuchte Nippel“, „Zementmixer“ und „Lila Titten“ bestellt. Zu diesem Zeitpunkt aber – der Club zum Bersten voll, die Musik so laut, dass meine Knochen bebten – sah er nicht mal zu mir auf. Zugegeben, er war echt im Stress, und so aufwendige Kurze in geringer Stückzahl zu mixen war sicher nervtötend. Aber auf der Tanzfläche stand sich meine betrunkene, frisch verlobte Freundin die Beine in den Bauch, und diese besagte Freundin wollte Drinks. Noch mehr Drinks.

„Hey!“, rief ich und schlug auf den Tresen.

„Er gibt wirklich sein Bestes, dich zu ignorieren, oder?“

Ich blickte zu dem Mann neben mir auf – so was von auf. Er hatte ungefähr die Ausmaße eines Redwoods, eines Mammutbaums. Er nickte in Richtung Barkeeper. „Du solltest nie einen Barkeeper anbrüllen, Kleines. Ganz besonders nicht bei dem, was du bestellen wirst: Pete hasst es, mädchenhafte Drinks zu machen.“

Na klar. Das war ja so was von typisch für mich: einem dermaßen gut aussehenden Mann zu begegnen, nachdem ich gerade erst der Männerwelt abgeschworen hatte, und das für immer. Obendrein einem Mann mit britischem Akzent. Das Universum war schon eine urkomische Schlampe.

„Woher weißt du, was ich bestellen werde?“ Mein Grinsen wurde breiter und ähnelte hoffentlich seinem, auch wenn es vermutlich etwas betrunkener rüberkam. Ich war dankbar für die Drinks, die ich schon intus hatte; eine nüchterne Sara hätte ihn einsilbig und mit einem verklemmten Nicken vertrieben. „Vielleicht wollte ich ja ein großes Guinness bestellen. Wer weiß!“

„Wohl kaum. Ich hab gesehen, dass du den ganzen Abend über kleine lila Drinks bestellst.“

Er beobachtete mich schon den ganzen Abend lang? Sollte ich das jetzt fantastisch finden oder eher ein bisschen unheimlich?

Ich verlagerte mein Gewicht auf das andere Bein, und er tat es mir nach. Er hatte scharf geschnittene Gesichtszüge, mit einem kantigen Kiefer und einer Vertiefung unter den Wangenknochen, Augen, die wie von hinten beleuchtet wirkten, und schwere dunkle Brauen, ein kleines Grübchen in der linken Wange, wenn sich ein Lächeln auf seinen Lippen zeigte. Dieser Mann musste weit über einen Meter achtzig groß sein, mit einem Oberkörper, für den meine Hände viele Monde bräuchten, um ihn zu erkunden.

Hallo, Big Apple.

Der Barkeeper drehte sich um und sah den Mann neben mir erwartungsvoll an. Mein schöner Fremder hob kaum die Stimme, aber sie war so tief, dass sie ohne Schwierigkeiten zu hören war: „Drei Finger Macallan, Pete, und was immer die Dame hier möchte. Sie wartet schon ’ne geraume Weile.“ Er wandte sich mir zu, mit einem Lächeln, das etwas tief in meinem Bauch Schlummerndes erwärmte. „Wie viele Finger möchtest du?“

Seine Worte explodierten in meinem Kopf, und meine Adern füllten sich mit Adrenalin. „Was hast du gerade gesagt?“

Unschuld. Er versuchte, unschuldig zu wirken, entspannte seine Gesichtszüge. Irgendwie funktionierte das auch, aber ich sah an der Art, wie seine Augen sich verengten, dass es keine einzige unschuldige Faser in seinem Körper gab.

„Hast du mir wirklich gerade drei Finger angeboten?“, fragte ich.

Er lachte und legte die größte Hand, die ich je gesehen hatte, auf den Tresen zwischen uns. Er hatte Finger, in denen ein Basketball winzig erscheinen würde. „Kleines, du startest besser mit zweien.“

Ich betrachtete ihn genauer. Er hatte freundliche Augen, und er stand nicht zu dicht bei mir – aber dicht genug, um zu wissen, dass er gezielt an diese Stelle der Bar gekommen war, um mich anzusprechen. „Du bist echt gut, wenn es um Zweideutigkeiten geht.“

Der Barkeeper klopfte mit den Fingerknöcheln auf den Tresen, verlangte meine Bestellung. Räuspernd wappnete ich mich. „Drei Blowjobs.“ Sein verärgertes Schnauben ignorierend, drehte ich mich wieder dem Fremden zu.

„Du klingst nicht wie eine New Yorkerin“, sagte er, und sein Grinsen wurde schwächer, funkelte aber ungebrochen in seinen Augen weiter.

„Du auch nicht.“

„Touché. Ich wurde in Leeds geboren, hab in London gearbeitet und bin dann vor sechs Jahren hierhergezogen.“

„Fünf Tage“, erwiderte ich und zeigte auf meine Brust. „Aus Chicago. Die Firma, für die ich gearbeitet habe, hat hier ein Büro aufgemacht und mich hergeholt, um die Finanzabteilung zu leiten.“

Wow, Sara. Zu viele Informationen. Das lädt einen Stalker ja geradezu ein.

Es war so lange her, dass ich einen anderen Mann angesehen hatte. Andy beherrschte solche Situationen sicher meisterhaft, aber ich hatte leider keinen blassen Schimmer mehr, wie man flirtete. Unwillkürlich drehte ich mich zur Tanzfläche um, weil ich dachte, ich könnte dort Julia und Chloe sehen, aber ich konnte sie in dem Gewimmel nicht ausmachen. Ich war so eingerostet auf diesem Gebiet, dass ich mir praktisch wieder wie eine Jungfrau vorkam.

„Finanzabteilung? Ich bin selbst ein Mann der Zahlen.“ Er wartete, bis ich ihn wieder ansah, dann lächelte er noch ein bisschen mehr. „Es freut mich, wenn Frauen das machen. In dem Feld gibt es zu viele mürrische Männer in Hosen, die Meetings abhalten, um sich selbst immer wieder das Gleiche sagen zu hören.“

Lächelnd erwiderte ich: „Ich bin manchmal ebenfalls mürrisch. Und ich trage auch gern Hosen.“

„Ich wette, du trägst auch Unterhosen.“

Aus seinem Mund klang das „Un“ wie ein Laut, den er vielleicht beim Sex von sich gab, und etwas in mir schmolz. Während ich ihn anstarrte, neigte mein Fremder den Kopf zur Seite und musterte mich. „Du bist ziemlich süß. Du siehst nicht so aus, als würdest du öfter in Clubs wie diesen gehen.“

Natürlich hatte er recht – aber war das wirklich so offensichtlich? „Ich weiß nicht, wie ich das verstehen soll.“

„Nimm es als Kompliment. Du bist die Coolste hier im ganzen Laden.“ Er räusperte sich und sah in Petes Richtung, der gerade mit meinen Kurzen zurückkam. „Warum trägst du eigentlich dieses ganze klebrige Gesöff zur Tanzfläche?“

„Meine Freundin hat sich gerade verlobt. Wir machen einen Mädels-Abend.“

„Es ist also ziemlich unwahrscheinlich, dass du mit mir von hier verschwindest?“

Ich blinzelte einmal, dann noch mal, heftig. Von diesem direkten Vorschlag war ich ganz offiziell überfordert. Dermaßen überfordert. „Ich … was? Nein.“

„Schade.“

„Meinst du das ernst? Du hast mich doch gerade erst kennengelernt.“

„Und trotzdem verspüre ich schon jetzt den unwiderstehlichen Drang, dich zu vernaschen.“ Der Satz kam langsam und leise aus seinem Mund, beinahe wie ein Flüstern, aber er traf mich wie ein Paukenschlag. Es war offensichtlich, dass der Typ sich mit dieser Form der Interaktion – mit Sex ohne Hintergedanken – auskannte. Und obwohl ich das nicht tat, wusste ich doch, als er mich ansah, dass ich ihm überallhin folgen würde.

Mit einem Mal schien die gesamte Menge an Alkohol, den ich an diesem Abend zu mir genommen hatte, Wirkung zu zeigen. Ich schwankte leicht vor dem Fremden. Er hielt mich am Ellbogen fest und sah grinsend zu mir herunter.

„Vorsicht, Kleines.“

Ich blinzelte, bis ich wieder geradeaus sehen konnte und einen einigermaßen klaren Kopf bekam. „Okay, wenn du mich auf diese Weise anlächelst, will ich auf dich draufklettern. Und Gott weiß, dass es Ewigkeiten her ist, seit es mir jemand ordentlich besorgt hat.“ Ich musterte ihn von oben bis unten, mit feinem Benehmen war es jetzt offensichtlich vorbei. „Und irgendwas sagt mir, dass du mehr kannst, als den Job nur so einigermaßen zu erledigen. Ich meine, heilige Scheiße, man muss dich doch nur ansehen.“

Und das tat ich. Wieder. Tief durchatmend sah ich zu ihm auf – und begegnete seinem amüsierten Grinsen. „Aber ich hab mich noch nie einfach so von irgendeinem Fremden an der Bar abschleppen lassen, und ich bin heute mit Freunden hier, wir feiern die fantastische Ehe, die die beiden haben werden, und deshalb“ – ich griff nach meinen Kurzen – „werden wir jetzt die hier runterspülen.“

Er nickte langsam, und sein Lächeln wurde noch etwas breiter, als hätte er soeben eine Herausforderung angenommen. „Okay.“

„Dann bis irgendwann.“

„Das ist zu hoffen.“

„Viel Spaß mit deinen drei Fingern, Fremder.“

Er lachte. „Viel Spaß mit deinen Blowjobs.“

Chloe und Julia hockten erschöpft und verschwitzt an unserem Tisch. Ich stellte die Kurzen vor ihnen ab. Julia schob einen zu Chloe rüber und hielt den anderen in die Luft.

„Auf dass dir all deine Blowjobs so leicht von der Hand gehen.“ Sie legte den Mund um den Rand ihres Glases, hob beide Hände hoch, warf den Kopf zurück und kippte den Kurzen auf Ex runter, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken.

„Heiliger Bimbam“, murmelte ich und starrte sie bewundernd an, während Chloe neben mir in Gelächter ausbrach. „Soll ich das etwa so machen?“ Ich senkte die Stimme und sah mich um. „Wie bei einem echten Blowjob?“

„Es grenzt an ein Wunder, dass ich überhaupt noch einen Würgereflex habe.“ Julia wischte sich ziemlich undamenhaft mit dem Unterarm über Mund und Kinn.

„Auf dem College hab ich regelmäßig aus Bierbongs getrunken“, erklärte sie. „Auf geht’s.“ Sie boxte Chloe in die Seite. „Hoch mit dem Hintern.“

Chloe beugte sich über den Tisch und kippte ihren Kurzen wie Julia zuvor ohne den Einsatz ihrer Hände hinunter, und dann war ich an der Reihe. Beide Freundinnen drehten sich zu mir um und sahen mich an.

„Ich hab einen heißen Typen kennengelernt“, sagte ich, ohne nachzudenken. „Verdammt heiß. Und so circa fünf Meter groß.“

Julia starrte mich mit offenem Mund an. „Und warum sitzt du dann noch hier mit einem Fake-Blowjob?“

Lachend schüttelte ich den Kopf. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das beantworten sollte. Wenn ich einer abenteuerlustigeren Liga angehören würde, wäre ich mit ihm abgehauen, und vielleicht hätte es tatsächlich dazu geführt, dass ich meinen Kopf zwischen seinen Beinen gehabt hätte. „Es ist ein Mädels-Abend. Und du bist nur für zwei Tage da. Ist schon okay.“

„Quatsch nicht solchen Scheiß. Los, schnapp ihn dir.“

Chloe eilte mir zu Hilfe: „Toll, dass du jemanden getroffen hast, den du heiß findest. Das freut mich. Es ist eine Ewigkeit her, dass ich dich wegen eines Kerls so glücklich hab lächeln sehen.“ Plötzlich erstarb ihr eigenes Lächeln. „Wenn ich so darüber nachdenke, dann hab ich dich noch nie wegen eines Kerls glücklich lächeln sehen.“

Und nach diesen wahren Worten, die so überdeutlich zwischen uns schwebten, nahm ich meinen Kurzen, ignorierte Julias Protest bezüglich meiner schlechten Vorgehensweise, und kippte ihn in einem Zug runter. Er war süß und lecker und genau das, was ich brauchte, um meinen Kopf frei zu bekommen von diesem Idioten in Chicago und diesem hübschen Fremden an der Bar. Ich zog meine Freundinnen auf die Tanzfläche.

Innerhalb von Sekunden fühlte ich mich weich, biegsam und herrlich frei. Chloe und Julia hüpften um mich herum, sangen grölend die Songs mit, lösten sich in der Masse der schwitzenden Körper um uns herum auf. Und ich wünschte, dass mir meine Jugend noch ein bisschen erhalten blieb. Weit weg von meinem routinierten, mit Terminen vollgepackten Leben in Chicago bemerkte ich, dass ich es nicht genügend genossen hatte. Erst hier, bei der DJane, die ein Lied mit dem nächsten verschmolz, begriff ich, wie ich meine frühen Zwanziger hätte verbringen können: unter den Scheinwerfern in einem heißen Fetzen tanzen, Männer treffen, die mich vernaschen wollen, meinen Freundinnen dabei zusehen, wie sie wild und dumm und jung sind.

Ich hätte nicht im Alter von zweiundzwanzig Jahren mit meinem Freund zusammenziehen sollen.

Ich hätte ein Leben jenseits meiner spießigen Welt führen sollen, wo es nur um gesellschaftliche Verpflichtungen ging und darum, sich bei den richtigen Leuten einzuschleimen.

Ich hätte stattdessen dieses Mädchen sein können – das sich, aufgebrezelt bis zum Gehtnichtmehr, das Herz aus dem Leib tanzte.

Zu meinem Glück war es noch nicht zu spät. Als Chloe mir ein beschwingtes Lächeln schenkte, erwiderte ich es.

„Ich bin so froh, dass du hier bist!“, rief sie laut, um die Musik zu übertönen.

Gerade wollte ich mit einem ähnlich gebrüllten, betrunkenen Schwur auf die Freundschaft antworten, als ich es sah: Direkt hinter Chloe, abseits von der Tanzfläche, im Schatten, war mein Fremder. Unsere Blicke trafen sich, und keiner von uns sah weg. Er stand dort mit einem Freund und nippte an seinem Scotch – drei Fingerbreit. Daran, dass er wenig überrascht wirkte, als ich ihn beim Starren erwischte, merkte ich, dass auch er meine kleinsten Bewegungen verfolgt hatte.

Diese Erkenntnis hatte eine stärkere Wirkung auf mich als der Alkohol. Sie brachte jeden Zentimeter meiner Haut zum Glühen, brannte ein Loch direkt in meine Brust und darunter: von meinem Brustkorb bis tief in meinen Bauch. Er hob sein Glas, trank einen Schluck und lächelte. Unwillkürlich schloss ich die Augen.

Ich wollte für ihn tanzen.

Noch nie im Leben hatte ich mich so sexy gefühlt, so vollkommen als Herrin der Lage über das, was ich wollte. Ich hatte meinen Masterabschluss gemacht, einen gut bezahlten Job gefunden und trotz meines kleinen Budgets mein Haus renoviert. Aber ich hatte mich noch nie so sehr wie eine erwachsene Frau gefühlt wie in diesem Moment, als ich wie verrückt tanzte, während ein schöner fremder Mann im Schatten stand und mir zusah.

Das – genau das – war der Moment, in dem ich von vorn beginnen würde.

Was würde es bedeuten, von ihm vernascht zu werden? Meinte er es so explizit, wie es klang – sein Kopf zwischen meinen Schenkeln, die Arme um meine Hüften geschlungen, während er mich öffnete? Oder meinte er über mir, in mir, während er an meinem Mund und meinem Hals und meinen Brüsten saugte?

Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, meine Arme reckten sich in die Höhe. Ich konnte spüren, wie der Saum meines Kleids meine Schenkel hochrutschte, aber es war mir egal. Ich fragte mich, ob er es bemerkte. Ich hoffte, dass er es bemerkte.

Allein der Gedanke, dass er gehen könnte, hätte den Moment zerstört, deshalb sah ich nicht noch einmal in seine Richtung. Ich war ein Neuling, was das Flirten in einer Bar anging; vielleicht hielt seine Aufmerksamkeit nur fünf Sekunden an, vielleicht die ganze Nacht. Aber das spielte auch keine Rolle. Ich konnte so tun, als stünde er dort im Dunkeln – so lange, wie ich mich hier im Stroboskoplicht auf der Tanzfläche befand. Ich hatte mich daran gewöhnt, nie zu viel von Andys Aufmerksamkeit zu erwarten, aber bei diesem Fremden wollte ich, dass seine Blicke sich durch meine Haut brannten bis zu jener Stelle, wo mein Herz gegen den Brustkorb hämmerte.

Ich gab mich ganz der Musik hin und der Erinnerung an seine Hand auf meinem Ellbogen, seine dunklen Augen, das Wort vernaschen.

Vernaschen.

Ein Song ging in den nächsten über, dann in noch einen, und bevor ich auch nur auftauchen konnte, um Luft zu holen, waren plötzlich Chloes Arme um meine Schultern, und sie lachte in mein Ohr, hüpfte mit mir hoch und runter.

„Du hast Publikum bekommen“, schrie sie so laut, dass ich zusammenzuckte und mich leicht zurückzog.

Sie nickte zur Seite, und erst da bemerkte ich, dass wir von einer Gruppe Männer umgeben waren, die enge schwarze Klamotten trugen und eindeutige Bewegungen machten. Ich blickte mich zu Chloe um, sah ihre leuchtenden Augen, die mir so vertraut waren. Diese Frau, die keine halben Sachen machte und sich an die Spitze eines Unternehmens gearbeitet hatte, das inzwischen zu den größten Medienkonzernen der Welt gehörte, diese Frau, die genau wusste, was dieser Abend für mich bedeutete. Plötzlich spürte ich auf meiner Haut die kühle Luft der Ventilatoren über mir, und ich blinzelte, bis ich wieder bei vollem Bewusstsein war. Mir war immer noch schwindlig zumute, weil ich mich tatsächlich in New York befand, tatsächlich einen Neubeginn wagte. Mich tatsächlich amüsierte.

Aber die Schatten hinter Chloe waren dunkel und leer; kein Fremder stand da und beobachtete mich.

Mir wurde ein bisschen flau im Magen. „Ich muss mal für Damen“, sagte ich zu ihr.

Ich schlängelte mich durch den Kreis Männer hindurch, runter von der Tanzfläche, und folgte den Schildern in den ersten Stock, der in erster Linie eine Galerie war, von der man den gesamten Club überblicken konnte. Ich ging einen schmalen Gang entlang und in den Toilettenraum, der so hell erleuchtet war, dass mich von den Augen bis zum Hinterkopf ein gleißender Schmerz durchzuckte. Der Raum war auf unheimliche Weise leer, und die Musik unten fühlte sich an, als käme sie aus einer Unterwasserwelt.

Auf dem Weg nach draußen richtete ich noch mein Haar im Spiegel, gratulierte mir in Gedanken dazu, dass ich ein knitterfreies Kleid angezogen hatte, und erneuerte den Lippenstift.

Ich trat aus der Tür, direkt in eine Wand von Mann.

Wir hatten an der Bar dicht nebeneinandergestanden, aber nicht so dicht. Nicht mit meinem Gesicht an seinem Hals und seinem Geruch überall um mich herum. Er roch nicht wie die Männer auf der Tanzfläche, die in Rasierwasser gebadet hatten. Er roch nur sauber und wie ein Mann, der seine Wäsche wusch, und wie ein Mann, der auch ein bisschen Scotch auf den Lippen hatte.

„Hallo, Kleines.“

„Hallo, Fremder.“

„Ich hab dich beim Tanzen beobachtet, du kleines wildes Ding.“

„Ich hab dich gesehen.“ Ich konnte kaum noch Luft holen. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding, als ob sie sich nicht sicher wären, ob sie zusammenbrechen sollten oder wieder rhythmisch über die Tanzfläche hüpfen. An meiner Unterlippe knabbernd, unterdrückte ich ein Lächeln. „Du bist echt ein gruseliger Freak. Wieso bist du nicht zu mir gekommen und hast mit mir getanzt?“

„Weil ich glaubte, dass es dir mehr Spaß macht, wenn ich dir stattdessen zusehe.“

Ich schluckte und starrte ihn an, unfähig, den Blick von ihm zu wenden. Ich hätte nicht sagen können, welche Farbe seine Augen hatten. An der Bar hatte ich angenommen, dass sie braun waren. Aber in diesem Teil des Clubs, oberhalb der Stroboskoplichter, funkelte etwas Helleres in ihnen. Etwas Grünes, Gelbes, Faszinierendes. Nicht nur hatte ich gewusst, dass er mir zusah – und es gemocht –, ich hatte mir während des Tanzens auch vorgestellt, wie er mich vernaschte.

„Hast du dir vorgestellt, wie ich hart werde?“

Ich kniff kurz die Augen zu. Mit seiner Direktheit konnte ich kaum mithalten. Hatte es schon immer Männer wie ihn gegeben, die genau sagten, was sie – oder ich – dachten, ohne dass es beängstigend, derb oder fordernd klang? Wie stellte er das nur an?

„Wow“, keuchte ich. „Bist du …?“

Er nahm meine Hand und drückte sie fest auf seine Erektion, die sich unter meiner Hand wölbte. Ohne nachzudenken, legte ich meine Hand darum. „Das kommt davon, dass du mir beim Tanzen zugeguckt hast?“

„Legst du immer so eine Show hin?“

Wenn ich nicht wie vom Donner gerührt gewesen wäre, hätte ich gelacht. „Niemals.“

Er musterte mich. Seine Augen lächelten noch, aber sein Mund bekam einen nachdenklichen Zug. „Komm mit zu mir nach Hause.“

Diesmal lachte ich. „Nein.“

„Komm mit zu meinem Wagen.“

„Nein. Ich werde diesen Club auf keinen Fall mit dir verlassen.“

Er beugte sich zu mir herunter und drückte einen zarten, vorsichtigen Kuss auf meine Schulter. „Aber ich möchte dich berühren.“

Unmöglich, so zu tun, als wollte ich das nicht auch. Es war dunkel, um uns herum blitzten Lichter auf, und die Musik war so laut, dass es sich anfühlte, als würde sie meinen Puls hochtreiben. Was sollte Schlimmes sein an einer einzigen wilden Nacht? Andy hatte schließlich so viele gehabt.

Ich führte ihn an den Toiletten vorbei, den schmalen Gang hinunter, bis zu einer kleinen verlassenen Nische, von der aus man auf die DJane hinuntersehen konnte. Wir waren in der Sackgasse gefangen, abgeschieden in einer Ecke, aber keinesfalls unbeobachtet. Abgesehen von der Wand, die die Rückseite des Clubs bildete, war der Rest des Raumes um uns herum offen, und nur eine hüfthohe Glasbrüstung schützte uns davor, auf die Tanzfläche darunter zu fallen.

„Okay. Hier kannst du mich berühren.“

Er hob eine Augenbraue und fuhr mit dem Zeigefinger über mein Schlüsselbein, von einer Schulter zur anderen. „Was hast du mit mir vor?“

Ich blickte in diese mysteriösen leuchtenden Augen, die so amüsiert von allem um ihn herum zu sein schienen. Er wirkte so normal, so zurechnungsfähig für jemanden, der mir durch einen Club folgte und unverblümt sagte, dass er mich berühren wollte. Ich dachte an Andy und wie selten er – abgesehen von Situationen, in denen er den Schein wahrte – mich hatte berühren wollen … geschweige denn wann er mal mit mir sprechen oder überhaupt irgendwas von mir wollte. War es so ungefähr für ihn gewesen? Dass eine Frau ihn zur Seite gezogen, sich ihm angeboten hatte, und er hatte genommen, was er kriegen konnte, bevor er zu mir nach Hause kam? Während mein Leben so unbedeutend geworden war, dass ich mich kaum noch daran erinnerte, wie ich die langen Abende allein verbracht hatte.

War es gierig, alles zu wollen? Eine tolle Karriere und ab und zu einen verrückten Moment?

„Du bist kein Psychopath, oder?“

Lachend beugte er sich vor und küsste mich auf die Wange. „Du machst mich verrückt, aber nein, so einer bin ich nicht.“

„Ich bin nur …“, begann ich, sah dann aber zu Boden. Ich drückte meine Hand flach auf seine Brust. Sein grauer Sweater war unglaublich weich – Kaschmir, dachte ich. Seine dunklen Jeans passten ihm perfekt, seine schwarzen Schuhe waren makellos. Alles an ihm war vollkommen. „Ich bin gerade erst hergezogen.“ Das schien mir eine passende Erklärung dafür zu sein, warum meine Hand an seiner Brust so sehr zitterte.

„Und in diesem Moment fühlst du dich unsicher, stimmt’s?“

Ich schüttelte den Kopf. „Kein bisschen.“ Aber dann hob ich die Hand, legte sie um seinen Nacken und zog ihn zu mir herunter. Er folgte mir willig, kam mir entgegen und lächelte, bevor sich unsere Lippen berührten. Der Kuss war auf perfekte Weise sanft und auf perfekte Weise hart, während der Scotch seine Lippen auf meinen wärmte. Mein schöner Fremder stöhnte leise auf, als ich den Mund öffnete und ihn einließ, und die Vibration versetzte mich in Flammen. Ich wollte jeden einzelnen Laut von ihm spüren.

„Du schmeckst so zuckersüß. Wie heißt du?“, fragte er.

Bei diesen Worten überkam mich das erste Mal ein echter Anflug von Panik. „Keine Namen.“

Er lehnte sich zurück, um mich anzusehen, und hob die Augenbrauen. „Wie soll ich dich dann nennen?“

„Wie du mich bereits genannt hast.“

„Kleines?“

Ich nickte.

„Und wie wirst du mich nennen, wenn du kurz davor bist, zu kommen?“ Er gab mir einen zarten Kuss.

Mein Herz zog sich bei dem Gedanken heftig zusammen. „Ich glaube nicht, dass es wichtig ist, wie ich dich nenne, oder?“

Achselzuckend willigte er ein. „Vermutlich nicht.“

Ich nahm seine Hand, legte sie auf meine Hüfte. „Ich bin die Einzige gewesen, die mir während des letzten Jahres einen Orgasmus verschafft hat.“ Dann schob ich seine Finger an den Rand meines Kleides und flüsterte: „Kannst du das ändern?“

Sein Lächeln war an meinem Mund zu spüren, als er sich vorbeugte, um mich wieder zu küssen. „Du meinst das ernst.“

Der Gedanke, mich diesem Mann in dieser dunklen Ecke hinzugeben, machte mir ein wenig Angst, aber nicht genügend, um meine Meinung zu ändern. „Ich meine es ernst.“

„Du bringst mich in Schwierigkeiten.“

„Ich verspreche dir, das tue ich nicht.“

Er lehnte sich gerade so weit zurück, dass er mir in die Augen sehen konnte. Sein Blick wanderte hin und her, bis seine Augen sich zu diesem amüsierten Lächeln verzogen. „Du hast keine Ahnung, wie du kommen wirst …“

Er drehte mich um, drückte mich gegen die Glasbrüstung, sodass ich über den Rand nach unten auf die wogende Menschenmasse sah. Stroboskoplicht pulsierte hinunter von den eisernen Scheinwerfern – die direkt vor mir, auf meiner Höhe, über den gesamten Club verteilt waren – und erhellte den Raum unter uns, während unsere Ecke hier oben praktisch im Dunkeln lag. Nebel begann, aus Schlitzen im Tanzboden aufzusteigen und die Feiernden bis zu den Schultern einzuhüllen; an der Oberfläche entstanden Wellen, als sie sich hindurchbewegten.

„Du bist klitschnass, Süße. Was gefällt dir denn so? Der Gedanke, dass wir es hier oben tun werden? Oder dass ich dir zugesehen habe, als du beim Tanzen daran gedacht hast, mit mir zu ficken?“

Ich schwieg, aus Angst vor meiner eigenen Antwort, keuchte aber laut auf, als er seinen Zeigefinger in mich hineingleiten ließ. Die Gedanken daran, was ich tun sollte, verschwammen, als mir die langweilige Chicago-Sara in den Kopf kam. Diese Person wollte ich nicht mehr sein. Ich wollte ungebunden sein und wild und jung. Ich wollte zum ersten Mal in meinem Leben nur an mich selbst denken.

„Du bist ein zierliches kleines Ding, aber wenn du so feucht bist wie jetzt, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass du problemlos die drei Finger aufnehmen könntest.“ Sein Lachen wurde zu einem Kuss, den er mir auf den Nacken drückte, während er mit dem Finger meine Klit umkreiste, langsam und aufreizend.

„Bitte“, flüsterte ich, ohne zu wissen, ob er mich hören konnte. Sein Gesicht war gegen mein Haar gedrückt, und ich konnte seinen Schwanz seitlich an meine Hüfte gepresst spüren, aber abgesehen davon war ich taub und blind für alles andere, als er nun seinen Zeigefinger wieder in mich hineingleiten ließ.

„Deine Haut ist der Wahnsinn. Vor allem hier.“ Er küsste meine Schulter. „Weißt du eigentlich, dass dein Nacken absolut perfekt ist?“ Ich drehte mich um, lächelte zu ihm hoch. Seine Augen waren weit offen und klar, und als mein Blick seinen traf, lächelte er. Ich hatte noch nie jemandem so fest in die Augen gesehen, während er mich auf diese Weise berührte, und etwas an diesem Mann, an diesem Abend, an dieser Stadt ließ mich plötzlich vollkommen sicher sein, dass dies die beste Entscheidung gewesen war, die ich je getroffen hatte.

„Ich komm nicht so oft dazu, mir meinen Nacken anzusehen.“

„Eine Schande, wirklich.“ Er zog seine Hand fort, und ich fühlte einen leichten Kälteschauer an der Stelle, wo seine warmen Finger gewesen waren. Er steckte sie in seine Hosentasche und zog ein Tütchen heraus.

Ein Kondom. Er hatte zufällig ein Kondom in der Hosentasche. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, ein Kondom mit mir rumzutragen, wenn ich in irgendeinen Club ging.

Er drehte mich zu sich um und wirbelte dann uns beide herum, drückte mich zurück gegen die Wand und beugte sich vor, um mich zu küssen, erst sanft, dann härter, hungriger. Als ich glaubte, keine Luft mehr zu bekommen, ließ er von meinem Mund ab und liebkoste stattdessen meinen Kiefer, mein Ohr, meinen Hals, wo mein Puls wie wild hämmerte. Mein Kleid war wieder über meine Schenkel gefallen, aber seine Finger spielten mit dem Saum, hoben ihn langsam hoch.

„Es könnte hier jemand vorbeikommen“, bemerkte er und gab mir damit eine letzte Chance, das Ganze abzubrechen – obwohl er im selben Moment meinen Slip so weit hinunterschob, dass ich ihn ausziehen konnte.

Es war mir egal. Total egal. Vielleicht wollte ein klitzekleiner Teil von mir sogar, dass jemand hier vorbeikommen und sehen würde, wie dieser perfekte Mann mich berührte. Ich konnte kaum an irgendetwas anderes denken als daran, wo seine Hände gerade waren, wie mein Rock jetzt oberhalb meiner Hüften lag, wie dieser Fremde sich hart und fordernd gegen meinen Bauch drückte.

„Mir egal.“

„Du bist betrunken. Vielleicht zu betrunken für das hier? Wenn ich dich ficke, möchte ich, dass du dich daran erinnerst.“

„Dann sorge eben dafür.“

Er hob mein Bein, spreizte mich, sodass er meine nackte Haut der kühlen Luft preisgab, die direkt unter uns aus der Klimaanlage geblasen wurde, und legte dann meine Kniekehle um seine Hüfte – zum Glück trug ich so hohe Absätze. Ohne nachzudenken, langte ich zwischen uns und knöpfte seine Jeans auf, schob seine Boxershorts vorne gerade so weit hinunter, dass er befreit war, und legte meine Hand um seine Erektion, rieb sie gegen meine Feuchte.

„Verflucht, Kleines. Lass mich das überziehen.“

Seine Hose war offen, hing aber noch über seine Hüften. Von hinten mochte es sogar so aussehen, als ob wir tanzen oder uns küssen würden. Aber er pulsierte in meiner Hand, und es erregte mich, als ich mir die Situation vor Augen führte. Gleich würde er mich nehmen, genau hier, mit dem Blick auf die Menge unten. In dieser Menge waren Menschen, die mich als die gute Sara kannten, die verantwortungsbewusste Sara, Andys Sara.

Neues Zuhause, neuer Job, neues Leben. Neue Sara.

Mein Fremder war so schwer und so groß in meiner Hand. Obwohl ich ihn wollte, fürchtete ich gleichzeitig ein wenig, dass er mich aufspießen würde. Ich war mir nicht sicher, ob ich schon mal einen Mann in der Hand gehalten hatte, der so hart geworden war.

„Du bist riesig“, platzte es aus mir heraus.

Er grinste, wie ein Wolf, der mich mit Haut und Haaren verschlingen wollte, und riss rasch mit den Zähnen die Kondompackung auf. „Das ist das Beste, was du zu einem Mann sagen kannst. Du könntest mir auch sagen, dass du dir nicht sicher bist, ob ich hineinpassen werde.“

Ich strich mit seiner Spitze über meine Öffnung. Das brachte mich zum Beben. Er war so warm: weiche Haut, darunter hart.

„Verdammt. Ich komm noch in deine Hand, wenn du nicht damit aufhörst.“ Seine Hände zitterten ein wenig vor Eile, als er sich von meinem Griff befreite, um das Kondom überzuziehen.

„Machst du das oft?“, fragte ich.

Er war genau hier, thronte über mir, sein Lächeln auf mich gerichtet. „Ob ich was mache? Sex mit einer wunderschönen Frau, die mir nicht ihren Namen nennt und bevorzugt, dass ich sie in einem öffentlichen Flur ficke – statt wie üblich in einem Bett oder einer Limousine?“ Er begann, in mich hineinzustoßen, auf schmerzhaft langsame Weise. Das Licht brannte in seinen Augen, und – heilige Scheiße! – ich hätte nicht gedacht, dass Sex mit einem Fremden sich so intim anfühlen konnte. Er beobachtete jede Regung in meinem Gesicht. „Nein, Kleines. Ich muss zugeben, das habe ich noch nie getan.“

Seine Stimme klang gepresst, und dann verebbte sie, weil er tief in mir drinnen war, hier in diesem chaotischen Club mit all den lebenden, atmenden Lichtern und der Musik, die um uns herum pulsierte, wo Menschen unwissend an uns vorbeigingen, nur wenige Meter von uns entfernt. Und dennoch reduzierte sich meine gesamte Welt auf diesen einen Ort, an dem er mich ausfüllte, wo er mit jedem Stoß fest gegen meine Klit rieb, wo die warme Haut seiner Hüften sich gegen meine Schenkel drückte.

Es gab keine Worte mehr, nur kleine Stöße, die schneller wurden und härter. Der Raum zwischen uns füllte sich mit leisen Lauten des Ansporns und Drängens. Seine Zähne pressten sich an meinen Hals, und ich packte seine Schultern, weil ich Angst hatte, über das Geländer zu fallen oder sogar über noch was anderes, nicht auf die Tanzfläche, sondern in eine Welt, in der ich nicht genug davon bekommen würde, so exponiert zu sein, ich meine Lust daran haben würde, so sichtbar für jeden zu sein, der hinsah – vor allem für diesen Mann.

„Oh Gott, du bist so fantastisch.“ Er lehnte sich zurück, sah hinunter und beschleunigte ein wenig das Tempo. „Ich muss die ganze Zeit deine perfekte Haut ansehen und dahin – fuck –, wo ich in dich hineinstoße.“

Das Licht war deutlich auf seiner Seite, denn für mich war er von hinten angeleuchtet, ich sah nur die Silhouette meines Fremden. Beim Blick nach unten konnte ich nichts erkennen außer dunkle Schatten und die Andeutung einer Bewegung: er in mich hinein und wieder hinaus. Routiniert und hart drückte er sich mit jedem Stoß gegen mich. Und wie um zu bekräftigen, dass ich es eh nicht sehen musste, wurden die Lichter zu beinahe vollkommener Dunkelheit heruntergedimmt, und ein langsamer, wogender Beat erfüllte den Club.

„Ich hab dich beim Tanzen gefilmt“, flüsterte er.

Es dauerte ein paar Augenblicke, bis seine Worte zu mir durchdrangen, vorbei an dem Gefühl von ihm, wie er sich in mir bewegte. „W…was?“

„Ich weiß nicht, warum. Ich werde es nicht herumzeigen. Ich wollte nur …“ Er betrachtete mein Gesicht, verlangsamte sein Tempo – vermutlich, damit ich denken konnte. „Du hast so verdammt besessen gewirkt. Ich wollte mich daran erinnern. Teufel noch mal, ich fühle mich, als ob ich dir gerade meine Sünden beichten würde.“

Ich schluckte, und er lehnte sich dichter an mich heran, küsste mich.

„Ist es verrückt, dass mir gefällt, was du getan hast?“, fragte ich.

Er lachte in meinen Mund, glitt wieder in langsamen, bedachten Schüben in mich hinein und aus mir heraus. „Genieß es einfach, okay? Ich mag es, dir zuzusehen. Du hast dich mir präsentiert. Daran ist nichts Schlechtes.“

Er hob mein anderes Bein, legte sie beide um seine Taille, und dann, für ein paar perfekte Sekunden in der Dunkelheit, begann er, sich richtig zu bewegen. Schnell und drängend. Er stöhnte und seufzte auf wunderbarste Weise, und wenn jemand in diesem Moment in unseren kleinen Winkel der Galerie gekommen wäre, hätte er keinen Zweifel daran gehabt, was hier gerade abging. Allein dieser Gedanke – wo wir waren, was wir taten und die Möglichkeit, dass jemand sehen könnte, wie mich dieser Mann so brutal nahm – gab mir den Rest. Mein Kopf rollte nach hinten gegen die Wand, und ich konnte es fühlen.

Es fühlen …

Es fühlen …

Es fühlen, wie es sich in meinem Bauch aufbaute, so langsam und schwer, wie ein schmerzender Ball, der mein Rückgrat hinunterrollte und dann hinauf, wie er so heftig in mir explodierte, dass ich aufschrie, ohne mich darum zu scheren, ob mich irgendjemand hören konnte. Ich musste noch nicht mal das Gesicht meines Fremden sehen, um zu wissen, dass er mich dabei beobachtete, wie ich in tausend Teile zersplitterte.

„Gott, verdammt.“ Seine Hüften bewegten sich ruckartig und derb, und dann, mit einem tiefen Stöhnen, kam er. Seine Finger gruben sich hart in meine Hüften.

Vielleicht bekomme ich davon einen Bluterguss, dachte ich. Und dann: Hoffentlich bekomme ich einen.

Wenn ich ging, wollte ich eine Erinnerung an diese Nacht und an diese Sara mitnehmen, um besser das neue Leben, das ich so unbedingt haben wollte, mit dem alten vergleichen zu können.

Er wurde ruhig, lehnte sich schwer gegen mich, seine Lippen sanft an meinem Hals. „Guter Gott, kleine Fremde. Du hast mich geschafft.“

Er pulsierte – das Nachbeben seines Orgasmus –, und ich wollte, dass er eine Ewigkeit so in mir bliebe. Ich stellte mir vor, wie wir von der anderen Seite des Clubs wohl wirkten: ein Mann drückt eine Frau gegen die Wand, in der Dunkelheit nur eine Andeutung ihrer Beine um seine Hüften sichtbar.

Seine breite Hand streichelte über mein Bein, vom Knöchel bis zur Hüfte, dann zog er sich mit einem kleinen Stöhnen aus mir heraus, stellte mich auf meine Füße, trat einen Schritt zurück und streifte das Kondom ab.

Heilige Scheiße, ich hatte noch nie auch nur annähernd etwas dermaßen Verrücktes getan! Ein Grinsen bemächtigte sich meines Gesichts, während meine Beine so sehr zitterten, dass sie fast unter mir zusammenbrachen.

Flipp nicht aus, Sara. Flipp nicht aus.

Es war perfekt. Alles daran war perfekt gewesen, aber es hatte hier und jetzt zu enden. Mach alles anders als sonst. Keine Namen, keine Verpflichtungen. Keine Reue.

Ich strich mein Kleid glatt und stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihn kurz auf den Mund zu küssen. „Das war unglaublich.“

Er nickte und brummte leise während des Kusses. „Das war es. Sollen wir …?“

„Ich werde jetzt nach unten gehen.“ Langsam ging ich von ihm fort, winkte ihm kurz zu.

Verwirrt starrte er mich an. „Geht es dir …?“

„Gut. Es geht mir gut. Geht es dir gut?“

Er nickte verdattert.

„Also … danke.“ Das Adrenalin sauste noch immer durch meine Adern. Bevor er antworten konnte, drehte ich mich um und ließ ihn dort stehen, mit offener Hose und den Mund zu einem überraschten Grinsen verzogen.

Minuten später fand ich Chloe und Julia, beide bereit, nach Hause zu gehen. Arm in Arm verließen wir den Club, und erst als wir schon in der Limo saßen und ich stumm jede Sekunde auskostete von dem, was gerade geschehen war mit diesem merkwürdigen, überwältigenden Mann, fiel es mir ein: Ich hatte mein Unterhöschen auf dem Boden vergessen, zu seinen Füßen – und er hatte das Video auf seinem Handy, wie ich tanzte.

2. KAPITEL

Mein Leben war perfekt, jedenfalls am Samstag: eine erfolgreiche Karriere, eine ordentliche Wohnung, mehrere Frauen, die bereit waren, wann und wo immer mit mir zu spielen. Am Sonntag und Montag: ein beschissenes Chaos. Ich war unfähig, mich zu konzentrieren, sah mir wie besessen dieses bescheuerte Video an, und der Slip einer fremden Frau brannte ein Loch in meine Schlafzimmerkommode.

Ich rutschte auf meinem Stuhl herum, fuhr mit dem Daumen über den Bildschirm, schaltete mein Handy zum tausendsten Mal an. Die anderen waren beim Lunch-Meeting wieder vom Thema abgekommen, und ich hatte eine Zeit lang so gut wie möglich versucht, so auszusehen, als hätte ich auch nur den leisesten Schimmer, worüber sie quatschten. Aber sobald das Thema auf American Football kam, war ich draußen.

Ich konnte eh nur an sie denken.

Ich sah nach unten, überprüfte, ob das Handy auf stumm geschaltet war, und drückte nach einem wenn auch nur kurzen Moment des Zögerns auf Play.

Die Kontraste waren schlecht, und das Bild war nur dunkel und verschwommen zu sehen, aber ich musste nicht jedes Detail erkennen, um zu wissen, was als Nächstes kam. Selbst ohne Ton erinnerte ich mich an die pulsierende Musik, die Art, wie ihre Hüften sich zum Rhythmus bewegten, während ihr Rock langsam ihre Schenkel hinaufkroch, höher und höher. Amerikanische Frauen wissen eine makellos blasse Haut nicht zu schätzen, aber meine Fremde hatte die wunderbarste Haut, die ich je gesehen habe. Verdammt, ich hätte sie von den Knöcheln bis zur Hüfte abgeleckt und wieder hinunter, wenn sie mir dafür eine Chance gegeben hätte. Ich wusste inzwischen, dass sie für mich getanzt hatte, und dass sie genau wusste, dass ich sie dabei beobachtet hatte.

Und sie hatte es geliebt, verdammt noch mal!

Herr im Himmel! Dieser kleine Stofffetzen von Kleid. Ihr zerzaustes, kinnlanges karamellfarbenes Haar und diese riesigen unschuldigen braunen Augen. Diese Augen brachten mich dazu, sehr, sehr böse Dinge mit ihr tun zu wollen … und sie sollte dabei zusehen.

Ihr wohlgeformter Hintern und ihre perfekten Brüste waren auch nicht zu verachten.

„Du bist ein schreckliches Lunch-Date, Stella.“ Will beugte sich vor und klaute sich eine Pommes von meinem Teller.

„Mmm?“, murmelte ich, den Blick weiter gen Boden gerichtet, bemüht, in keiner Weise zu reagieren. „Ihr quatscht mal wieder über American Football. Ich langweile mich hier zu Tode. Ihr könnt gleich meinen Leichnam abtransportieren.“

Wenn ich etwas im Geschäftsleben gelernt habe, dann das: Du darfst dir nie, niemals in die Karten schauen lassen, selbst wenn du das schlechteste Blatt in der Hand hältst, das man sich überhaupt vorstellen kann. Oder das Video von einem tanzenden Mädchen, kurz bevor du es gegen eine Wand gevögelt hast.

„Was immer du dir da auf dem Handy ansiehst, ist anscheinend tausend Mal besser, als es dieses Jahr für die Jets laufen wird. Und du teilst es nicht mit uns.“

Wenn er nur wüsste!

„Hab nur einen Blick auf die Börse geworfen“, sagte ich mit leichtem Kopfschütteln. Fast hätte ich laut gewinselt, als ich das Video schloss und das Handy in die Innentasche meines Jacketts steckte. „Langweiliges Zeug.“

Will kippte den Rest seines Drinks runter und lachte. „Widerlich, was für ein verdammt guter Lügner du bist.“ Wenn wir nicht die besten Kumpel gewesen wären, seitdem wir vor drei Jahren eine der erfolgreichsten Wagnisfinanzierungsgesellschaften der Stadt gegründet hatten, hätte ich ihm vielleicht sogar geglaubt.

Ich ignorierte ihn.

„Hey, Max“, mischte sich James Marshall, unser leitender Technikberater, ein. „Was ist eigentlich mit der Frau geworden, mit der du an der Bar gequatscht hast?“

Normalerweise antwortete ich, wenn einer meiner besten Kumpel mich nach irgendeiner Frau fragte, die ich getroffen hatte, mit einem Achselzucken und sagte „Quickie“ oder einfach nur „Limo“. Aber aus irgendeinem Grund schüttelte ich diesmal den Kopf und sagte: „Nichts.“

Die nächste Getränkerunde wurde an unseren Tisch gebracht, und ich dankte dem Kellner geistesabwesend, obwohl ich noch nicht mal meinen ersten Drink angerührt hatte. Ich sah unruhig durch den Raum. Es war das typische Grüppchen an Leuten zur Mittagessenszeit: Geschäftstreffen und Frauen, die sich zum Lunch trafen.

Ich wünschte mich an einen anderen Ort, in eine andere Zeit.

James schloss stöhnend die Akte, die er sich gerade angesehen hatte, und schob sie in seine Tasche. Er drückte sich sein Glas gegen die Stirn, zuckte kurz zusammen. „Büßt eigentlich noch jemand von euch für das Wochenende? Ich bin zu alt für diesen Scheiß.“

Ich hob meinen Scotch an den Mund und bereute es sofort. Wie konnte mich nur ein Drink, den ich seit meiner Pubertät so gut wie täglich trank, an eine Frau erinnern, die ich nur ein einziges Mal gesehen hatte?

Als ich hörte, dass jemand sich räusperte, sah ich auf.

„Hey“, sagte Will. Ich folgte seinem Blick zu einem Mann, der gerade den Speiseraum durchquerte. „Ist das nicht Bennett Ryan?“

„Ich werd nicht mehr!“, erwiderte ich, als ich die hochgewachsene Gestalt meines alten Freundes im Restaurant erblickte.

„Du kennst ihn?“, fragte James.

„Ja, wir sind zusammen zur Uni gegangen; er war drei Jahre lang mein Mitbewohner. Hat vor ein paar Monaten angerufen, weil er sich meine Hütte in Marseille ausleihen wollte, um seiner Freundin einen Antrag zu machen. Da haben wir auch über Ryan Medias Aufbau eines New Yorker Büros gesprochen.“ Wir beobachteten, wie Bennett am anderen Ende des Raumes vor einem Tisch stehen blieb und idiotisch grinste, sich dann hinunterbeugte und eine atemberaubend gut aussehende Brünette küsste.

„Schätze, Frankreich hat funktioniert.“ Will lachte.

Aber es war nicht die zukünftige Mrs Bennett Ryan, die meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Es war die wunderschöne Frau, die neben ihr stand und nach ihrer Handtasche griff. Karamellhonigfarbenes Haar, dieselben roten Lippen, die ich im Club geküsst hatte, dieselben großen braunen Augen.

Viel hätte nicht gefehlt, und ich wäre kurzerhand aufgestanden und zu ihr hinübergegangen. Sie lächelte Bennett zu, und dann sagte er etwas, das beide Frauen zum Lachen brachte. Die drei verließen das Restaurant, und ich konnte nichts weiter tun, als ihnen hinterherzustarren.

Vermutlich war es an der Zeit, meinem alten Freund einen Besuch abzustatten.

„Max Stella.“ Große Metalltüren, die ein großes Büro vom Ryan-Media-Empfangsbereich trennten, öffneten sich, und Bennett Ryan höchstpersönlich kam heraus, um mich zu begrüßen. „Wie geht es dir, alter Junge?“

Ich trat von den deckenhohen Fenstern zurück, von denen aus man auf die Fifth Avenue hinuntersah, und schüttelte ihm die Hand. „Großartig“, sagte ich und ließ den Blick schweifen.

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