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Vampirkönigin mit Biss. Work, rest and slay!

hier erhältlich:

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Als Vampirkönigin muss man auch anpacken können

Die 15-Jährige Mo Merrydrew hat es geschafft. Auch wenn die Entscheidung, Vampirkönigin zu werden, nicht leicht war, fühlt sich die Teenagerin in ihrer neuen Rolle zunehmend wohl. Sie hat ihren verträumten Vampirvertrauten Luca an ihrer Seite, und auch das Leben als Vegetarierin ist weniger problematisch als befürchtet. Es könnte alles so schön sein, wären da nicht die klitzekleine Herausforderung, sämtliche Vampire des Landes unter sich zu vereinen und sie außerdem vor Vampirjägern zu schützen. Für Mo und ihre Freunde wird das bestimmt ein Klacks ... Oder?


  • Erscheinungstag: 23.07.2024
  • Aus der Serie: Vampire Queen
  • Bandnummer: 2
  • Seitenanzahl: 320
  • Format: Klappenbroschur
  • ISBN/Artikelnummer: 9783505151965

Leseprobe

1. Kapitel

Im Bademantel sprang Mo Merrydrew die Treppe hinauf, eine Scheibe Toast mit Butter zwischen den Zähnen. Sie schlug die Zimmertür hinter sich zu, legte ihr Frühstück auf einem Stapel Bücher ab – Physik, Mathe und Macbeth – und trocknete ihre nassen Haare ab.

Es war ein düsterer Dezembertag. Die nackten Zweige vor dem Fenster ragten in den Himmel wie Skelettfinger. Der gerade erst aufgegangenen Sonne war es nicht gelungen, durch die dichte graue Wolkendecke zu dringen. Doch Mo summte vor sich hin.

»Du hast gute Laune«, sagte ihre Mutter, die mit einem heißen Kakao ins Zimmer kam. Rasch warf Mo das Handtuch über die falschen Vampirzähne, die auf ihrem Schreibtisch lagen – neue, eigens angefertigte mit einer passenden Gaumenplatte und handgefertigten, glatt polierten Reißzähnen aus leuchtend weißem Acryl.

»Ist es so schwer, zu klopfen?«

»Tut mir leid. Ich hab nicht daran gedacht, dass Jugendliche gern ihre Privatsphäre haben«, sagte ihre Mutter. »Kaum zu glauben, dass du schon fast sechzehn bist. Es kommt mir vor, als wärst du gerade erst ein Baby gewesen.«

»Mach es dir nicht zu gemütlich!«, warnte Mo ihre Mutter, als diese sich setzte. »Und bitte denk dran, dass du hier nicht mehr einfach so hereinspazieren kannst. Du brauchst deswegen nicht so traurig zu gucken, Mum. Ich ziehe nur ein paar gesunde Grenzen.«

»Klar«, sagte ihre Mutter. »Grenzen sind jetzt voll im Trend, stimmt’s? Als ich jung war …«

»Mum!«, sagte Mo mit Nachdruck. »Ich habe jetzt keine Zeit für so was. Ich muss mich fertig machen, sonst komme ich zu spät.«

»Das sieht dir gar nicht ähnlich, Süße. Du warst immer so pünktlich.«

Mo zog die Augenbrauen hoch und fixierte ihre Mutter.

»Bin ja schon weg«, sagte diese. »Hab einen tollen Tag. Viel Spaß beim Lernen.«

Als sie die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte, holte Mo die falschen Vampirzähne hervor und schob sie sich in den Mund. Sie blickte in den Spiegel. Ernst und hart schaute ihr blasses, ovales Gesicht zurück. Mit einem Fauchen entblößte sie die glänzenden, dolchartigen Zähne. Ihre Augen funkelten böse. Sie machte ein Selfie und schickte es ihrer besten Freundin.

Gruselig, oder?

Lou antwortete sofort.

Wild! Aber warum spielst du mit deinem Vampirkostüm, wenn du dich für die Schule fertig machen solltest? Wehe, du bist gleich nicht im Bus!

Rasch schrieb Mo zurück.

Das ist kein Spiel – ich bin die Vampirkönigin und du solltest mir besser Respekt erweisen, sonst reiße ich dir den Kopf ab und trinke dein Blut.

Mit einem Ping kam Lous Antwort.

Nee, ist klar.

Mo lachte. Sie verstaute die Zähne in einer abschließbaren Kiste im Kleiderschrank und schnappte sich ihre Schuluniform. Dabei fuhr sie mit der Hand über den weichen Samt ihres königlichen Gewandes, das neben der weißen Schulbluse hing. Schnell zog sie sich an und stopfte die Schulbücher in den Rucksack. Sie versteckte den Brief, an dem sie gerade arbeitete, in der Schreibtischschublade. Er war mit dicker schwarzer Tinte geschrieben und in ihm lud sie alle Untoten Großbritanniens zum Empfang mit der gerade gekrönten Vampirkönigin. In diesem Moment klingelte ihr Handy. Ein Videoanruf von Luca.

»Guten Morgen, meine Freundin.«

Mo griff nach dem Rucksack und ging zur Tür.

»Hi! Ganz schlecht gerade«, sagte sie durch den Rest Toast, den sie sich in den Mund gestopft hatte. »Wenn ich den Bus verpasse, bist du schuld!«

Das Gesicht auf ihrem Handyscreen lächelte sie an. »Ich wollte nur Hallo sagen, bevor du in die Schule verschwindest und mich wieder allein lässt.«

Mo schlug die Haustür zu und trabte los.

»Luca, hör auf!«, schimpfte sie schnaufend. In der kalten Luft bildeten sich Atemwolken vor ihrem Gesicht. »Du hast es superleicht. Du bist der treue Gefährte einer falschen Vampirkönigin. Das ist keine richtige Arbeit. Du wirst dafür bezahlt, dass du den ganzen Tag herumhängst.«

»Ich weiß, aber es ist ein bisschen langweilig. Fast fehlt es mir, Bogdans treuer Gefährte zu sein.«

»Du vermisst es, Vampirkotze aufzuwischen und Leichen wegzuräumen?«

»Ja, okay, das war nicht so toll, aber Bogdan war sehr kultiviert – und er hat mich wenigstens gebraucht.«

»Ich brauche dich auch«, sagte Mo und wurde rot.

»Wann erzählst du deinen Eltern endlich von uns?«, fragte er. »Wir sind schon seit drei Wochen zusammen.«

Drei Wochen zuvor hatte Mo vor dem Vampirkönig des Ostens – alias Matislaw Rosstiewelwitsch alias Steve –, dem mächtigsten Vampir ganz Europas, überzeugend die Vampirkönigin, die Auserwählte gegeben, die dazu auserkoren war, unbarmherzig und furchtlos zu regieren und mit links Köpfe abzureißen. Allerdings stimmte das nicht. Sie war weder eine Vampirin noch eine Kopfabreißerin. Sie war eine menschliche Schülerin aus einem kleinen ländlichen Ort, die sich aufs Lernen und ihre Zukunftspläne konzentrierte, die aber, wie sich herausgestellt hatte, auch hervorragend darin war, Vampirherrschern entgegenzutreten.

»Schämst du dich für mich?«

»Was? Luca! Nein!«, sagte Mo entsetzt. »Wirklich nicht. Ich bin es einfach gewohnt, diese Seite von mir geheim zu halten. Du weißt schon, die Vampirseite.«

»Aber ich bin kein Vampir.«

»Ich weiß, ich ja auch nicht«, meinte Mo. »Aber ich will meine Eltern da raushalten. Es gibt so viel, was sie über mich nicht wissen. Plötzlich habe ich ein zweites, ganz anderes Leben. Ich habe dich.« Wieder errötete sie.

»Das verstehe ich«, sagte Luca. »Aber deine Eltern werden immer deine Eltern sein. Und du lebst noch bei ihnen.«

»Ich weiß, ich weiß. Wahrscheinlich bin ich es, die sich verändert hat. Dadurch, dass ich es mit dem Vampirkönig aufgenommen und dich und Lou vor ihm beschützt habe …«

»Du hast uns gerettet«, bestätigte Luca. »Er war drauf und dran, uns zu verspeisen. Zuerst mich – hypnotisiert und vollkommen schlaff – und zum Nachtisch Lou.«

»Ich mag gar nicht daran denken«, sagte Mo. »Wie er mit seinem Fingernagel über deine Halsschlagader gefahren ist und sie gemustert hat …« Sie schüttelte sich. »Dass er dich nicht ausgesaugt hast, ist auf jeden Fall meine größte Leistung bisher. Mum und Dad waren immer stolz auf meine guten Noten und die Preise, die ich gewonnen habe, aber mich gegen den Vampirkönig behauptet zu haben, fühlt sich an wie das Wichtigste, das ich je getan habe, und davon wissen sie nichts.«

»Wirst du es ihnen erzählen?«

»Auf keinen Fall!«, sagte Mo. »Niemals! Mein Vampirleben muss für immer ein Geheimnis bleiben.«

»Aber erzähl ihnen wenigstens von mir. Ich habe es satt, dass wir uns jedes Mal draußen treffen müssen«, sagte Luca. »Deine Eltern werden sich freuen. Du hast einen Freund. Normal. Gut gemacht. Herzlichen Glückwunsch.«

»Ich war schon immer normal, vielen Dank auch.«

»Klar, aber du hast viel gelernt und sie haben sich Sorgen um dich gemacht – und dann kam ich und seitdem ist alles anders!«

»Ach, halt die Klappe«, sagte Mo. »Ich brauche niemanden – weder einen Mann noch eine Frau –, um mich vollständig zu fühlen.«

»Ja, aber schön ist es trotzdem, oder? Einen Freund zu haben, diesen Freund.« Er zeigte auf sich. »Ziemlich gut, oder?«

»Luca, seit wann bist du so selbstzufrieden? Sonst warst du immer so zurückhaltend.«

Er lachte.

»Okay, ich erzähle es ihnen«, sagte Mo.

»Wann?«, fragte Luca.

»Bald«, antwortete Mo. »Ich muss auflegen. Der Bus kommt.«

»Versuch, mich nicht zu sehr zu vermissen.«

»Noch mal: Halt die Klappe«, sagte Mo, während sie in den Bus stieg.

»Ich weiß, es ist hart, nicht mit mir zusammen zu sein, aber du musst dich auf die Schule konzentrieren, ja?«

»Tschüss, Luca«, sagte Mo nachdrücklich und legte auf.

2. Kapitel

Mo ging durch den halben Bus zu ihrem üblichen Sitzplatz. Lou sah zu ihr hoch, wobei ihr blonder Pony ihr fast die blauen Augen verdeckte.

»Na, hast du mit Luca gesprochen? Aaaaah, junge Liebe. So was Schönes!«, sagte sie.

»Ist da noch Platz für mich?«, fragte Mo und zeigte auf Lous nach wie vor eingegipstes Bein. Sie hatte es sich gebrochen, als Bogdan sie in der Gasse vor Mos Haus mit dem Auto angefahren hatte. Nun hatte sie es auf dem Sitz neben sich abgelegt. Mo quetschte sich daneben.

»Wie lange noch?«, fragte sie und klopfte mit den Knöcheln auf den Gips.

»Drei Wochen. Sie nehmen ihn kurz vor Weihnachten ab«, antwortete Lou seufzend. »Macht mich wahnsinnig. Es juckt so sehr. Ich muss eine Stricknadel unter den Gips schieben, um mich zu kratzen. Was hat der schnuckelige Luca gesagt?«

»Er hat sich beschwert, dass er sich langweilt, wenn ich in der Schule bin.«

»Wie süß«, sagte Lou. »Er findet dich gut. Das ist toll.«

»Meinst du?«

»Hundert Prozent«, sagte Lou und machte eine kurze Pause. »Du weißt es doch auch. Siehst du? Du strahlst wie ein Honigkuchenpferd und wirst ganz rot.«

»Ich kann immer noch nicht so recht glauben, dass ich einen Freund habe«, sagte Mo verlegen.

»Ich bin auch schockiert«, sagte Lou und sah nicht so aus, als würde sie Witze machen.

»Vor ein paar Monaten war ich, wenn ich keine Schule hatte, immer zu Hause bei Mum und Dad und habe mich auf den PLAN für mein Leben konzentriert. Ich meine, ich möchte immer noch unbedingt in die Politik gehen, bei den Vereinten Nationen arbeiten oder so, aber momentan habe ich einen Freund, bin die Auserwählte und habe den Vampirkönig des Ostens davon überzeugt, dass ich die rechtmäßige Vampirkönigin Großbritanniens bin. Alles ist anders. Ich bin anders.«

»Jetzt musst du es nur noch tun.«

»Was tun?«

»Königin sein. Herrschen. Was hast du da eigentlich zu tun?«

Mo zuckte mit den Achseln. »Weiß ich nicht so genau, aber ich werde versuchen, es auf ein Minimum zu beschränken. Ich habe mir den echten menschlichen König bei seinen öffentlichen Auftritten angeschaut. Eine kurze Rede, ein paar Hände schütteln und schon ist er wieder weg. Das bekomme ich hin.«

»Ich bin mir ziemlich sicher, dass er auch andere Sachen macht, wenn er zu Hause in seinem Palast ist. Papierkram, Briefe schreiben, Abendessen. Das ist ein Vollzeitjob.«

»Ja, aber er herrscht über Millionen Menschen und ich nur über zwanzig.«

»Zwanzig Vampire«, wandte Lou ein. »Das ist nicht mehr der Debattierklub.«

»Stimmt, aber es sind keine machtverrückten Psychos wie der Vampirkönig. Diese Leute haben sich die vergangenen Jahrzehnte versteckt, seit Vampirjäger bei den Säuberungen unzählige von ihnen umgebracht haben. Sie wurden ignoriert und eingeschüchtert. Wahrscheinlich sind sie froh, dass überhaupt jemand sie bemerkt.«

»Du klingst, als wärst du dir deiner Sache sicher«, sagte Lou.

»Hast du ein Problem damit?«, erwiderte Mo schnippisch. »Du versuchst doch jetzt nicht, mich kleinzumachen, oder? Wir Frauen sollten uns gegenseitig unterstützen.«

»Natürlich unterstütze ich dich, ich will nur, dass es dir gut geht.«

»Tut mir leid, und ja, ich weiß. Danke, dass du dir Gedanken darüber machst, Lou, aber ich habe alles im Griff.«

Lou nickte. »Coole neue Reißzähne, übrigens«, sagte sie. »So viel besser als Tracey Caldwells alter Gebissschutz mit aufgemalten Zähnen.«

Mo blickte über die Schulter nach hinten in die letzte Reihe, wo Tracey mürrisch auf ihr Handy starrte. Tracey, die sie früher immer »Streak« genannt hatte, sobald sie den Bus betrat, jetzt aber schwieg.

»Voll«, sagte sie. »Ich kann sogar sprechen, wenn ich die drin habe, sie sitzen perfekt. Sie waren auch ganz schön teuer.«

»Und du hast noch mehr geshoppt, oder? Einen neuen Mantel, stimmt’s?«, sagte Lou. Sie schob Mos lange Haare beiseite. »Und Ohrringe. Hast du die Vampirkreditkarte wieder glühen lassen?«

»Ich habe nur ein paar Teile gekauft. Bogdan hängt mir ständig in den Ohren, ich solle mehr ausgeben. ›Königin Mo, mach Nutzung von Vampirgeld, ja? Du hast jetzt Dunkelkarte. Keine Grenze! Genieße viel Einkaufen.‹«

»Kann ich sie mal sehen, die Dunkelkarte?«, bat Lou.

Mo holte sie aus dem Portemonnaie und reichte sie Lou. Sie glänzte schwarz und auf den ersten Blick sah es aus, als stünde nichts darauf, doch als sie sie im Licht bewegte, erschienen wie ein Hologramm ein paar silberne Zahlen.

»Cool«, sagte Lou. »Wie viel könntest du damit ausgeben?«

Mo zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, es gibt kein Limit.«

»Was? Das ist ein Scherz, oder? Mann, ich bin so neidisch!«

Der Bus fuhr durch das Schultor.

»Wir sind da«, sagte Mo und schob die Karte zurück in ihr Portemonnaie. Als sie aufstand und in den Gang trat, stieß sie mit Tracey Caldwell zusammen. Tracey tat einen kleinen Schritt zurück, sagte aber nichts. Mo konnte sich immer noch nicht daran gewöhnen, dass Tracey Caldwell sie nicht anschrie, beschimpfte, niedermachte. Seit dem Abend, an dem Mo sich ihr zur Wehr gesetzt hatte, kurz vor Lous Unfall mit Bogdans Auto, hatte Tracey vollkommen damit aufgehört. Einfach so. Über drei Jahre hatte sie Mo auf dem Kieker gehabt und plötzlich war alles vorbei.

»Hi Tracey«, sagte Mo.

Tracey antwortete nicht. Sie fixierte zwei jüngere Kinder, die hinter Mo im Gang standen. »Macht voran, ihr beiden!«, rief sie. »Lou braucht Platz.«

»Ja, seht ihr nicht, dass sie Gehilfen braucht?«, meldete sich ihr Kumpel Danny Harrington zu Wort. Danny, der keine Großbuchstaben benutzte, weil er »nicht daran glaubt«. Der fand, Ketchup-Sandwiches müssten zur täglichen Obst- und Gemüseration gezählt werden. Der einmal ein Entenküken Mund zu Mund beatmet hatte (es hatte überlebt).

Mo packte ihre Rucksackriemen fest und versuchte, nicht zu grinsen – über Dannys »Gehilfen« und Traceys wie ausgewechselte Persönlichkeit. Hinter den beiden tauchte Jez Pocock auf, das Alpha-Männchen der Jungen an ihrer Schule. Er hatte nicht wie ein Alpha-Männchen ausgesehen, als Bogdan ihn in der Gasse vor Mos Haus zu Boden geschleudert hatte, um ihn auszusaugen. Jez war in Ohnmacht gefallen, sodass er nicht mitbekam, dass Mo Bogdan eins mit dem Chemiebuch überzog. Gut so, dachte Mo nun. Mein kleines Geheimnis. Vielmehr eines meiner kleinen Geheimnisse … Sie lächelte ihm kurz zu und er grüßte zurück, indem er mehrmals die Augenbrauen hob.

»Danke, Tracey«, sagte Lou vorsichtig, als sie sich langsam aufrichtete und den Gang entlanghüpfte. Tracey nickte ernst.

»Wow«, sagte Mo, als sie draußen waren. »Tracey lässt uns immer noch in Ruhe.«

»Sie hat Schuldgefühle. Sie glaubt, sie sei hierfür verantwortlich.« Lou zeigte auf ihr gebrochenes Bein.

»Vielleicht mag sie dich aber auch wirklich«, sagte Mo.

»Soll das ein Witz sein?« Ungläubig riss Lou ihre Manga-Augen auf. »Tracey mag nur sich selbst.«

»Menschen können sich verändern«, sagte Mo. »Ich zum Beispiel habe mich verändert. Ich habe jetzt einen Freund.«

»Ach, wirklich? War mir gar nicht klar. Du hast ihn schon seit ungefähr zwei Minuten nicht mehr erwähnt.«

»Du bist doch diejenige, die gern über ihn redet.«

»Ich schaue ihn mir lieber an.«

»Lou!«, sagte Mo. »Finger weg! Außerdem ist es falsch, einen Mann zum Objekt zu machen.«

»Fühlt sich nicht falsch an«, murmelte Lou und schlug einen anderen Kurs ein. »Was hält deine Mutter von ihm?«

»Äh …«

»Dein Vater? Nicht dein Ernst! Du hast ihn noch nicht deinen Eltern vorgestellt?«

»Nicht wirklich«, sagte Mo verlegen. »Er ist Dad einmal begegnet, bevor wir zusammengekommen sind, aber Dad hat sich komisch benommen und wollte ihm nicht die Hand geben.«

»Mensch, Mo, was soll das? Du kannst Luca nicht für immer vor ihnen geheim halten. Und deine Eltern sind doch total in Ordnung.«

»Mum ist manchmal ein bisschen sentimental«, wand sich Mo.

»Dein Dad ist nett.«

»Er ist besessen von seinen Teppichen.«

»Das ist sein Job.«

»Es ist sein Job, Teppiche zu verlegen, nicht, davon besessen zu sein. Außerdem kann er ziemlich voreingenommen sein.«

»Aber doch bestimmt nicht gegenüber Luca, oder? Sie werden ihn lieben. Er ist toll. Breite Schultern, ein noch breiteres Lächeln, freundlich, intelligent, riecht wie Apfelstreuselkuchen.«

»Na ja, mehr wie eine Zimtschnecke.«

»Sie werden ihn lieben, weil sie dich lieben«, sagte Lou.

»Wahrscheinlich«, sagte Mo.

»Und weil du ihn liebst.«

»Kann schon sein.«

»Ha! Erwischt«, kreischte Lou und versetzte Mo einen Schlag mit einer ihrer Krücken.

»Moment, nein, ich meine damit nicht, dass, na ja, dass das meine Gefühle für ihn sind. Ich liebe ihn nicht, natürlich nicht.«

»Doch, du liebst ihn. Du liiiiiebst ihn. Mo liebt Luca. Für immer!«

»Sei nicht so kindisch.«

»Du bist diejenige, die ihren Freund nicht ihren Eltern vorgestellt hat. Wenn ich einen hätte, würden ihn meine Verwandten sofort kennenlernen. Aber du hast schon immer gern die Dinge in verschiedene Schubladen gesteckt. Ich habe deinen Schreibtisch gesehen. Seltsam ordentlich. Nach Farben sortierte Klebezettel. Angespitzte Bleistifte. Genau das tust du jetzt auch. Luca hier. Vampirkönigin da.« Lou bewegte ihre Hand von einer Stelle zur nächsten. »Schule hier, Eltern da. Alles schön aufgeräumt.«

»Lou! Ich erzähle meinen Eltern von Luca. Wirklich. Ich habe es ihm gerade versprochen.«

»Cool«, sagte Lou. »Und was sagst du jetzt?«

»Ähm …«

»Nicht ähm. Du sagst, danke, Lou, du bist die Allerbeste. Wie würde ich nur ohne dich klarkommen?«

»Das sage ich nicht«, sagte Mo und musste lächeln.

»Sag’s!«

»Nie im Leben!«

»Sag es!«

»Ich werde es nicht sagen!«, rief Mo.

Lou zuckte mit den Achseln. »Ist schon okay, macht nichts. Aber du denkst es, das sehe ich.«

Dann legte sie Mo eine ihrer Krücken an den unteren Rücken und schob sie durch die Eingangstür in die Schule.

3. Kapitel

Als Mo nach Hause kam, fand sie einen Briefumschlag auf der Türmatte, in einer wohlbekannten, schwungvollen Handschrift an sie adressiert. Darin war eine Postkarte mit Palmen, die sich über einer türkisen See wiegen, und einem Sonnenuntergang. Sie drehte sie um.

Meine liebe Mo,

wie gefällt dir der Sonnenuntergang? Nicht schlecht, was? Das ist der neue Strand, den ich entdeckt habe. Ich schwimme hier jede Nacht. Ich habe mich mit einer Schildkröte angefreundet. Ich nenne sie Atilla. Sieht aus wie Paradies hier, nicht wahr? Aber ich bin ehrlich, Mo, ich bin ein bisschen langweilig. Nicht viel zu tun. Kein Kino, keine Galerien, kaum Geschäfte. Wenigstens viele Touristen, sodass ich ein hübsches internationales Menü habe. Wann triffst du deine Untertanen? Zögere es nicht hinaus. Bist du aufregend deswegen? Ich wünschte, ich könnte dich herrschen sehen. Und Luca. Geht es ihm viel gut? Schreibe mir deine Neuigkeiten! Ich hoffe, bald von dir zu lesen.

Bogdan

Mo lächelte und legte die Karte in ihre Schreibtischschublade zu den sechs anderen, die Bogdan ihr geschickt hatte, seit er sich in der Karibik zur Ruhe gesetzt hat. In jeder beklagte er sich, dass der Ruhestand nicht so viel Spaß mache, wie er gehofft hatte. Sie waren außerdem merkwürdig gefühlsduselig für einen sechshundert Jahre alten Vampir, er sprach oft von ihr als Teil seiner Familie. Sehe ich anders, dachte sie. Ich könnte nie mit einem Vampir verwandt sein. Ich kann allerhöchstens so tun, als wäre ich einer. Bogdan scheint im Alter echt sentimental zu werden.

Die Haustür wurde zugeschlagen. Dad. Fünfzig Jahre alt und immer noch keine Ahnung, wie man eine Tür leise schließt.

Ich muss ihm sagen, dass ich einen Freund habe, dachte Mo. Ich warte, bis Mum zu Hause ist. Dann tue ich es. Und da ist sie auch schon. Na toll. Also gut, bringen wir es hinter uns. Mum, Dad, ich habe einen Freund. Urgs!

Mo spürte ihren inneren Widerstand wie Blasen aufsteigen und sich zu Gedanken formen. Geht sie das überhaupt etwas an? Sie wissen nicht, dass ich die Vampirkönigin bin, warum sollen sie von Luca erfahren? Was, wenn sie anfangen, komplizierte Fragen darüber zu stellen, wie wir uns kennengelernt haben? All das ging Mo durch den Kopf, als sie ihr Zimmer verließ und nach unten in die Küche trottete.

»Alles in Ordnung?«, fragte ihre Mutter. »Du wirkst, als würdest du dir Sorgen machen.«

»Ich habe einen Freund«, stieß Mo hervor.

»Du hast was?«, fragte ihr Vater. Wie ein Fuchs in einem umgekippten Mülleimer kramte er in den Tiefen des Kühlschranks nach Snacks. Nun wandte er sich ihr zu, eine Scheibe Schinken zwischen Zeigefinger und Daumen.

»Einen, äh, Freund?«

»Einen Freund«, wiederholte er und starrte Mo an, als hätte sie ihm gerade einen Ladendiebstahl gestanden oder dass sie sich den gesamten Arm tätowieren lassen hat. Der Schinken hing wie festgefroren in der Luft.

»Ja. Einen von denen. So was.«

Ihr Vater schwieg, aber ihre Mutter kam zu ihr geeilt und umarmte sie.

»Wie schön, Liebes«, sagte sie. »Ist es Jez?«

»Jez? Nein, Luca. Erinnerst du dich?«

Die Augenbrauen von Mos Vater wanderten in die Höhe. »Hmmm«, sagte er.

»Hmmm?«, machte Mo.

»Ja, hmmm.« Er stopfte sich den Schinken in den Mund.

»Wir würden ihn gern richtig kennenlernen. Bring ihn doch heute zum Abendessen mit«, schlug ihre Mutter vor.

»Heute?«, fragte Mo.

»Okay. Bring ihn mit«, sagte ihr Vater. »Wollen wir mal sehen, aus welchem Holz er geschnitzt ist.«

Als sie wieder in ihrem Zimmer war, schrieb Mo Luca eine Nachricht.

Abendessen hier, heute um sieben.

Luca schrieb zurück:

Das heißt, du hast deinen Eltern von uns erzählt?

Mo antwortete rasch:

Jap. Dad will anscheinend herausfinden, aus welchem Holz du geschnitzt bist. Mum will dich füttern. Du hast es so gewollt! Komm nicht zu spät.

Luca war nicht zu spät. Im Gegenteil, er war überpünktlich. Mo begrüßte ihn mit einem hastigen Kuss auf der Türschwelle.

»Denk dran, du bist hier am Donny College, okay? Erwähne einfach irgendwas Technisches, davon haben sie beide keine Ahnung.«

Luca nickte. Mo führte ihn in die Küche.

»Mum, Luca ist da«, sagte sie. »Wo ist Dad? Oh, Dad, da bist du ja … Äh, du filmst?«

Er war hinter ihnen im Türrahmen erschienen.

»Ein bisschen«, sagte er und ließ die Handykamera über ihre verwirrten Gesichter gleiten. »Für mein Archiv.«

»Und du hast einen Anzug an. Das ist nett. Wahrscheinlich. Aber heute ist Dienstag. Und wir essen ganz normal zu Abend. Wie jeden Dienstag. Wie jeden Tag, um genau zu sein. Außerdem trägst du sonst eigentlich auch keinen Anzug. Außer bei Beerdigungen.«

»Hoffentlich wird heute niemand beerdigt«, witzelte Luca.

»Wollen wir mal sehen«, antwortete Mos Vater.

»Ich finde, dein Vater sieht sehr schick aus«, sagte Mos Mutter, fuhr ihm mit beiden Händen über die Schultern und rückte seine Krawatte zurecht. »Das erinnert mich an unsere Anfangszeit, wo du immer so elegant und attraktiv aussahst und ich jedes Mal dachte …«

»Okay, weiter im Text«, sagte Mo ein bisschen zu laut. »Luca, willst du dich vielleicht neben mich setzen?«

»Und ich sitze hier, am Kopfende«, sagte ihr Vater.

»Der Tisch ist rund«, wandte Mo ein. »Er hat kein Kopfende.«

»Und ich tranchiere.«

»Was willst du denn tranchieren?«, fragte Mo. »Es gibt Gemüselasagne, keinen gebratenen Keiler.«

Er nahm ein großes scharfes Messer und zeigte damit direkt auf Luca. »Nun, junger Mann, welche Absichten verfolgst du in Bezug auf meine Tochter?«

Prustend spuckte Mo das Wasser, das sie im Mund hatte, in hohem Bogen über den Tisch. »Komm mal runter, Dad! Wir sind nicht im neunzehnten Jahrhundert. Er verfolgt keine ›Absichten‹.«

Ihr Vater würdigte sie keines Blickes. Er hob bloß die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen, und nickte Luca zu.

»Tja, Mr. Merrydrew, im Augenblick daten wir einfach nur und genießen das Zusammensein.«

»Definiere daten.«

»Dad, bitte lass es gut sein«, sagte Mo.

Luca schluckte nervös. »Na ja, wir verbringen Zeit miteinander und, äh, ja, das ist eigentlich alles.«

»Macht ihr das so, wo auch immer du herkommst? Du hast einen leichten Akzent.«

»Dad!«, rief Mo laut und scharf aus. »Es tut mir so leid, Luca, mein Vater hat sich anscheinend in einen rassistischen, mittelalterlichen Patriarchen verwandelt.«

»Mo, du musst verstehen, dass dieser junge Mann aus meiner Perspektive einfach von wer weiß wo in deinem Leben, in unserer Familie aufgetaucht ist. Ich würde meiner Vaterrolle nicht gerecht, wenn ich ihn nicht auf Herz und Nieren prüfen würde.«

Mos Mutter stellte eine gewaltige Auflaufform auf den Tisch. »Komm schon, Mike«, sagte sie. »Entspann dich. Tut mir leid, Luca. Manchmal geht sein Beschützerinstinkt etwas mit ihm durch.«

»Natürlich will ich meine Tochter beschützen«, sagte er. »Ich will nur das Beste für sie. Mo ist etwas Besonderes. Ein Schatz. Sie ist mein Ein und Alles. Es gibt nichts Wichtigeres als die Familie.«

»Und was ist mit Freundschaften, Karriere und Reisen?«, fragte Mo. »Und Teppichen, hm, Dad? Manchmal sind eher Teppiche dein Ein und Alles, habe ich recht?«

Er lachte nicht, versenkte nur das Messer in der Lasagne und zog es hindurch.

»Die Familie geht über alles«, sagte er. »Immer. Verstanden, Luca?«

»Jap«, sagte Luca und nickte.

Mo verzog das Gesicht zu einer entschuldigenden Grimasse. Die Familie war vor allem über alle Maßen peinlich. Ich wusste, dass das keine gute Idee ist, dachte sie und drückte unter dem Tisch Lucas Hand.

Ein paar Sekunden aßen sie schweigend, dann lächelte Luca Mos Mutter an.

»Das ist köstlich, Mrs. Merrydrew.«

»Kate«, sagte sie.

»Oder doch lieber Mrs. Merrydrew«, sagte Mos Vater.

»Noch etwas Salat, Luca?«, fragte Mos Mutter und schob ihm aufmunternd lächelnd die Schüssel zu. Mos Vater schob sie wieder weg.

»Nun zu den harten Fragen«, sagte er.

»Sind wir damit nicht schon durch, Dad?«, fragte Mo.

»Nein. Wir fangen jetzt erst damit an. Bereit, Luca?«

Luca nickte unsicher.

»Warum bist du hier?«

»Hm, das ist eine große Frage. Warum ist jemand auf der Welt?«, antwortete Luca. »Ich nehme an, wir sind hier, um Gutes zu tun, unseren Mitmenschen zu helfen und …«

»Nein, warum bist du hier?«, sagte Mos Vater und bohrte den Zeigefinger förmlich in die Tischplatte. »In Lower Donny.«

»Ach so. Ich bin am Donny College eingeschrieben.«

»Für was?«

»Technologiewissenschaften. Mit digitalen Software Interface-Relations.«

Mos Vater blinzelte ein paarmal und fuhr dann fort.

»Was ist dein Lieblingswochentag?«

»Samstag.«

»Lieblingsgeruch?«

»Zitronen«, sagte Luca.

Mos Vater schnalzte missbilligend. »Frisch gemähtes Gras ist die richtige Antwort. Lieblingsjahreszeit?«

»Frühling?«

»Wirklich?«

»Herbst ist auch ganz schön.«

»Besser«, sagte Mos Vater. »Fernsehen oder Radio?«

»Äh …«

»Nicht nachdenken, einfach antworten!«

»Beides!«, sagte Luca gequält.

»Ein Bär und ein Löwe kämpfen gegeneinander. Wer gewinnt?«

»Wahrscheinlich der …«

»Zu langsam. Lieblingsabteilung im Museum?«

»Der Shop?«

»Nein!«, sagte Mos Vater und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, sodass alle zusammenzuckten. »Die mit den Gegenständen aus der Bronzezeit. Wann hast du das letzte Mal geweint?«

»Äh, weiß nicht genau«, sagte Luca. »Vielleicht später an diesem Abend?«

»Nicht frech werden, junger Mann. Was ist besser, Querflöte oder Blockflöte?«

»Äh, wie bitte?«

»Dad, hör auf damit«, bat Mo.

»Nur noch ein paar Fragen. Hast du vor, dir einen Schnurrbart wachsen zu lassen? Was war dein Spitzname als Kind? Hast du jemals einen älteren Mitbürger beschimpft? Bist du schon mal auf eine Giftqualle getreten? Kennst du den Unterschied zwischen einem Frosch und einer Kröte? Beherrschst du irgendwelche Überlebenstechniken? Was ist die korrekte Art und Weise, den Papst anzusprechen? Kannst du die Zunge zusammenrollen? Hast du irgendwelche Piercings? Warst du schon mal im Gefängnis? Was ist aus deiner Sicht deine größte Leistung bisher? Wie viele Kilos kannst du stemmen?«

»Dad!«, sagte Mo.

»Ich habe damit angefangen, also führe ich das jetzt auch zu Ende. Wie lang hast du schon am Stück geschwiegen? Kannst du schnitzen? Jemals Aal gegessen? Was wäre deine Superkraft – Fliegen oder Gedankenlesen? Wie oft sagst du Danke, ohne es wirklich zu meinen? Was ist die beste Zeit, um …«

»DAD!« Mo sprang auf und schob geräuschvoll ihren Stuhl nach hinten.

Blinzelnd sah ihr Vater zu ihr hoch.

»Das ist albern. Und unfair. Du gibst Luca ja nicht einmal die Gelegenheit zu antworten. Kannst du bitte damit aufhören?«

»Mo hat recht, Mike«, sagte ihre Mutter. »Vielleicht reicht es für heute mit den Fragen.«

»Ich will ihn nur kennenlernen«, sagte er. »Man kann viel über einen Menschen herausfinden, indem man Fragen auf ihn abfeuert.«

»Was willst du denn damit herausfinden? Abgesehen davon, dass er den Frühling mag und nicht sicher ist, wer in einem Kampf Bär gegen Löwe gewinnen würde?«

»Ich habe festgestellt, dass er …« Er suchte nach dem Wort. »Dass er akzeptabel zu sein scheint.«

Luca strahlte, als habe er einen Preis gewonnen. Mo war weniger begeistert.

»Akzeptabel?«

»Ja, aber da ist noch etwas, Luca, und zwar … Also, Folgendes. Du bist vielleicht akzeptabel, aber das bedeutet nicht, dass ich dich mögen muss. Wichtig ist jedoch, dass ich dir vertrauen kann. Kann ich dir vertrauen?«

»Ja«, sagte Luca.

»Vertrauen ist das Wichtigste. Es ist essenziell. Verstehst du das?«

»Ja«, sagte Luca.

»Super!«, sagte Mo. »So, jetzt wo wir mit diesem patriarchalen Schaukampf fertig sind und Luca offiziell als ›akzeptabel‹ gilt, gehen wir hoch in mein Zimmer, ja?«

»Danke für das Essen, Mrs. Merrydrew. Ich meine, Kate«, sagte Luca. »War nett, mit Ihnen zu plaudern, Mr. Merrydrew.«

»Du kannst jetzt aufhören zu filmen, Dad«, sagte Mo.

»Lass deine Zimmertür angelehnt«, rief er ihr hinterher.

»Nei-ein!«, flötete Mo zurück.

4. Kapitel

Mo und Luca rannten die Treppe hinauf. Als sie in ihrem Zimmer waren, schlug Mo die Tür so heftig zu, dass eine signierte Fotografie der Bürgermeisterin von Middle Donny von der Wand fiel.

»Oh Gott, oh Gott, oh Gott, es tut mir so leid. Das war so weird«, sagte sie und ließ sich aufs Bett fallen. »Deshalb wollte ich nicht, dass du sie kennenlernst! Deshalb hätte ich dich von meinen unmöglichen Eltern fernhalten sollen. Was zum Teufel war denn mit meinem Vater los? Diese Fragen? Das war so peinlich. Normalerweise ist mein Dad ganz in Ordnung, aber das war furchtbar.«

»Hast du schon einmal einen älteren Mitbürger geschlagen?«, äffte Luca Mos Vater nach. »Würdest du dienstags Schinken essen? Wann war das letzte Mal, dass du mit einem Kind gerungen hast? Hast du Pläne, eine Bank auszurauben?«

»Hör auf, hör auf!«, rief Mo und drückte sich ihren Teddy Mr. Bakewell vor das errötende Gesicht.

»Alles gut«, sagte Luca lachend. »Er will dich bloß beschützen. Lustig ist nur, hätte er eine Ahnung, mit wem du in letzter Zeit zu tun hattest, würde er sehen, dass nicht ich das Problem bin.«

»Bogdan, der Vampirkönig … Stell dir vor, er wüsste von denen …«

Mo schauderte.

»Na ja. Schönes Zimmer. Viel heimeliger als der Schuppen«, wechselte Luca das Thema.

Er schaute sich Mos Regale an. »Du hast echt viele Bücher. Nicht viele Romane. Dafür jede Menge politische Biografien.«

Luca betrachtete die vielen gerahmten Urkunden und Medaillen an der Wand – für Diktier- und Debattierwettbewerbe und hervorragende Leistungen in Mathematik, Naturwissenschaften und Englisch. Dann setzte er sich neben Mo auf das Bett.

»Wer ist dieser Kerl?«, fragte er auf Mr. Bakewell zeigend. »Ich muss ihm ein paar Fragen stellen, um herauszufinden, ob ich ihm vertrauen kann. Nicht nachdenken, Teddy, einfach antworten. Wann hast du zuletzt Pudding gegessen? Hast du jemals Guten Morgen gesagt, ohne es zu meinen? Glaubst du an Ameisen?«

Mo schlug Luca Mr. Bakewell ein paarmal um die Ohren.

»Oh nein, er hat ein Aggressionsproblem«, sagte Luca. »Das ist nicht akzeptabel. Darf man ihm einen Kuss geben?«

Er beugte sich vor und drückte Mr. Bakewell einen Kuss auf den pelzigen Kopf und wollte Mo auch einen geben. Er näherte sich ihren zu einem Lächeln verzogenen Lippen, als sich die Tür öffnete und Mrs. Merrydrew mit zwei heißen Kakaos hereinkam.

»Lasst euch nicht stören«, sagte sie. »Macht es euch ruhig gemütlich.«

Mo sprang auf. »Mum, du sollst klopfen. Wir haben heute Morgen noch darüber gesprochen!«

»Ging nicht mit den Bechern in der Hand!«

»Aber du musst sie abgestellt haben, um die Tür zu öffnen. Da hättest du auch klopfen können.«

»Man merkt, dass sie die Vorsitzende des Debattierklubs ist«, sagte Mos Mutter und zwinkerte Luca zu.

Mo nahm die Becher und schob ihre Mutter Richtung Tür.

»Tschüss und danke für den Kakao, um den wir nicht gebeten hatten.«

»Es freut mich, dass ihr beiden so glücklich miteinander seid«, sagte ihre Mutter, die sich offensichtlich noch nicht losreißen konnte. »Die erste Liebesbeziehung ist so etwas Besonderes. Mein erster Schwarm hieß Gary Ritter. Wir haben ihn Schwamm genannt. Keine Ahnung, warum. Er hat in der Ziegelsteinfabrik gearbeitet. Starke Arme. Ich weiß noch, wie …«

»Mum«, sagte Mo nachdrücklich. »Zeit, zu gehen.«

»Nein, nicht gehen, ich möchte mehr über Gary Ritter erfahren«, sagte Luca.

»Klappe, Luca. Mum, raus. Sofort.«

Mo begann die Tür zu schließen.

»Ich erzähl’s dir ein andermal, Luca«, sagte Mos Mutter durch den schmaler werdenden Spalt. »Oh, und du musst zu meiner Geburtstagsfeier kommen.«

»Die ist doch erst nach Weihnachten«, sagte Mo.

»Du kommst doch, nicht wahr, Luca?«, fragte ihre Mutter unbeirrt. »Das ist eine jährliche Tradition. Ganz Lower Donny wird da sein.«

»Klingt toll!«, sagte Luca, während Mo die Tür fest zudrückte.

»Das ist überhaupt nicht toll«, sagte sie. »Alle trinken total viel und dann tanzen Mum und Dad einen Klammerblues miteinander. Wenn du das einmal gesehen hast, bekommst du es nicht mehr aus dem Kopf. Du musst nicht kommen. Ich würde auch nicht hingehen, aber anscheinend verpflichtet mich meine Verwandtschaftsbeziehung mit diesen Leuten dazu.«

»Ich komme auf jeden Fall«, sagte er. »Wahrscheinlich hast du bis dahin auch die Vampire getroffen. Hast du schon ein Datum festgelegt?«

Mo schüttelte den Kopf.

»Du schiebst es doch nicht hinaus, oder?«

»Nein, ich bereite mich bloß vor. Habe an einer Rede gearbeitet.«

»Als der Vampirkönig hier war, hast du improvisiert und das lief super.«

»Ich weiß, aber das ist mein ›Freunde, Vampire, Mitbürger‹-Moment.«

»Was wirst du sagen?«

»Irgendetwas, das ihnen Mut macht. So was wie: Kommt schon, Leute, lasst die Vergangenheit ruhen, das ist eine neue Epoche für Vampire, ihr habt jetzt eine Königin, mich, in meinen schicken Kleidern, also geht stolz in die Welt hinaus und wir sehen uns in einem halben Jahr wieder. Oder in einem Jahr. Ja, ein Jahr wäre besser.«

Luca nickte.

»Ich versichere ihnen, dass ich von nun an auf sie aufpasse, mache ihnen aber auch klar, dass ich nicht ihre Mutter bin, verstehst du? Ich kann nicht den ganzen Tag Briefe von ihnen beantworten oder ihre Streitigkeiten schlichten. Dann habe ich keine Zeit mehr für die Schule und, na ja, für uns.«

»Klingt gut«, sagte Luca lächelnd. »Lass die Vampire Vampire sein und nimm dir Zeit für etwas Luca-Lieben.«

Mo zeigte streng mit dem Finger auf Luca. »Wenn du noch einmal so redest, ist es augenblicklich vorbei mit uns.«

»Ja, das klang nicht besonders gut, oder?«

Er lachte, aber Mo hielt eine Hand hoch. »Was war das?«, fragte sie flüsternd.

»Wieder deine Mutter?«, fragte Luca und schaute zur Tür.

»Nein, am Fenster. Pst.«

Diesmal hörten sie es beide. Etwas klopfte an die Fensterscheibe. Mo erstarrte. Luca legte den Finger an die Lippen, huschte lautlos durch das Zimmer, schob den Vorhang ein wenig beiseite und lugte hinaus.

»Alles in Ordnung, nur eine Fledermaus«, sagte er. »Wahrscheinlich eine Nachricht von einem der Vampire.«

Bevor Mo ihn daran erinnern konnte, dass sie Fledermäuse wirklich überhaupt nicht mochte, hatte Luca das Fenster aufgerissen und sie hereingelassen. Sie flatterte einmal durch den Raum und kam auf Mos Schreibtisch zum Sitzen, wo sie die Flügel faltete, sodass es aussah, als hätte sie zwei Arme ohne Hände.

»Komisches Exemplar«, sagte Luca mit einem Blick auf das Tier. »Keine Expressfledermaus. Viel zu klein. Sieht nicht so aus, als hätte sie irgendeine Botschaft dabei, sie hat nichts in den Krallen und …«

»Seid gegrüßt, Königin Mo

Erschrocken schrie Mo auf. Es war die Stimme des Vampirkönigs. Unverkennbar. Sie schoss in die Höhe und ließ nervös den Blick durch das Zimmer gleiten.

»Wo ist er?«, zischte sie. »Ist er durch das offene Fenster hereingeflogen? Ist er unter dem Bett?«

»Du fragst dich, wo ich bin«, erfüllte wieder die Stimme des Vampirkönigs den Raum.

Mo packte Luca am Arm und zog ihn an sich. Ihre Finger bohrten sich wie Klauen in sein Fleisch.

»Ich bin die Fledermaus!«, sagte der Vampirkönig und lachte kreischend. »Na ja, nicht ganz. Sie spricht meine Worte. Sie imitiert mich. Ich diktiere ihr meine Botschaft und sie gibt sie euch auf genau dieselbe Weise wieder. Ich nenne sie die Plaudermaus. Cool, hm? Und dank ihres hervorragenden Geruchssinns kann sie jeden überall auf der Welt finden. Die moderne Vampirtechnologie ist so smart! Jetzt muss ich dir nicht mehr mit Tinte schreiben, was so, du weißt schon, langweilig sein kann! Wer hat dafür noch Zeit?«

Stumm vor Verblüffung starrten Mo und Luca die Fledermaus an. Wieder öffnete sie ihr winziges Maul und ließ ein grellrosa Inneres sehen, aus dem weitere Worte des Vampirkönigs purzelten.

»Wie auch immer, Königin Mo, ich lag neulich in der Badewanne, habe mich nach einer anstrengenden Nacht entspannt und meinen Lieblingsrapper Lil Snack gehört, als du mir plötzlich in den Kopf geploppt bist. Plopp!«

Das letzte Wort war so laut, dass Mo zusammenzuckte.

»Ich fragte mich, wie es meiner entzückenden, exzentrischen kleinen Königin drüben im feuchten Großbritannien wohl geht? Es ist schon ein paar Wochen her, dass ich sie kennengelernt habe – rockt sie die Show? Ich dachte, ich erkundige mich mal lieber. Also, wie sieht es aus? Bist du gnadenlos? Herrschst du so, wie es einer Königin geziemt? Ich hoffe es, denn sonst … Wie soll ich sagen?«

Die Fledermaus schwieg. Hatte sie den Text vergessen? Dann sprach sie wieder, diesmal war ihre Stimme ein drohendes Knurren.

»Wenn du nicht gut herrschst, wenn du nicht dafür sorgst, dass deine Untertanen dir die Gewänder küssen, dir ihre Treue schwören und dass sie dir versprechen, ihr Untotenleben für dich zu geben, dann machst du es nicht richtig. Und nicht richtig herrschen ist nicht gut. Klar?«

Mo nickte schwach, die Augen groß aufgerissen vor Angst. Wie konnte der Vampirkönig so Furcht einflößend sein, wenn er nicht einmal da war?

»Es ist mir im Grunde egal, ob du die Auserwählte bist, Mo. Dadurch bist du in die Position gekommen, aber wie ich selbst schon erfahren durfte, musst du den Thron verteidigen, nachdem du ihn bestiegen hast. Manchmal sind andere Vampire, nicht Menschen, die größte Gefahr. Capito?«

Das habe ich wohl capito, dachte Mo.

»Großartig! Das war’s auch schon. Ich organisiere mir einen Snack. Dieses ganze Gerede hat mich ausgehungert. Also, Königin Mo, erledige deinen Job ordentlich. Enttäusche mich nicht! König Stevie hasst es, enttäuscht zu werden. Und ich will nicht noch einmal rüberkommen müssen! Ernsthaft. So ein trauriger Flecken Erde. Gut, das reicht. Bis demnächst, Mo. Ich bin gespannt, wie es bei dir läuft. Sayonara, Schnuckelchen! Ciao, ciao, ciao!«

Die Fledermaus schloss das Maul und rührte sich nicht.

Schwer atmend starrte Mo sie an.

»Kannst du sie hinausscheuchen?«, flüsterte sie Luca schließlich zu.

»Nicht sprechen«, flüsterte er zurück. »Vielleicht nimmt sie auf, was wir sagen.«

Mo presste die Lippen aufeinander und nickte.

»Bitte dankt Eurem Herrn für die Nachricht«, sagte Luca laut und höflich und trat näher an die Fledermaus heran. »Ich bin übrigens Luca, der treue Gefährte der Königin. Der, den Ihr verspeisen wolltet? Danke, dass Ihr euch gemeldet habt. War super, von Euch zu hören.«

Mo starrte Luca an, damit er den Mund hielt.

»Okay, also gut, tschüss dann«, sagte er. Er schob das Fenster so weit auf wie möglich und bedeutete der Fledermaus, hinauszufliegen. Ihre winzigen schwarzen Augen wanderten zwischen den beiden hin und her und ihre haarlosen Ohren zuckten, aber am Ende hob sie ab und glitt rasch und geräuschlos hinaus. Luca schlug das Fenster zu, zog die Vorhänge vor und ging zu Mo, die an der Wand heruntergeglitten war und ihre an die Brust gezogenen Knie umarmte.

5. Kapitel

Luca setzte sich neben Mo.

»Immer nett, von Steve zu hören«, sagte er.

»Dass er ausgerechnet als Fledermaus auftauchen musste. Zwei der Dinge, die ich am wenigsten mag, in einem.«

Luca griff nach ihrer Hand. »Du zitterst ja«, sagte er.

»Ich habe noch nicht einmal die Vampire getroffen und der Vampirkönig droht mir jetzt schon aus der Ferne. Ich hatte gehofft, ihn nie wiederzusehen. Er sagte, er rechne damit, erst in Hunderten von Jahren zurückzukommen. Das hat er gesagt. Im Gemeindesaal von Lower Donny.«

»Ich weiß, ich war dabei«, sagte Luca.

»Was hat er dann gemeint mit ›Ich will nicht noch mal vorbeikommen müssen‹?«

»Das sind bloß Psychospielchen. Er will dich unter Druck setzen, das ist alles. Das kann er gut.«

Mo war nicht überzeugt. »Vielleicht reicht es nicht, nur die Vampire zu treffen und eine Rede zu halten?«, sagte sie und sah Luca verzweifelt an. »Vielleicht muss ich doch gnadenlos sein, wie der Vampirkönig gesagt hat, zumindest am Anfang. Direkt etwas richtig Krasses machen. Sie mit einer großen, ungeheuerlichen Aktion einschüchtern – keine Ahnung, so etwas wie einer Taube den Kopf abreißen oder irgendetwas anzünden vielleicht –, damit sie keine Zweifel daran haben, dass ich die wahre Königin bin. Vielleicht hat der Vampirkönig recht – ich muss dafür sorgen, dass sie mich fürchten.«

»Indem du eine Taube köpfst?«

»Ich weiß es doch auch nicht!«, sagte Mo gereizt und stand abrupt auf. Luca sah zu, wie sie, sich selbst umarmend und auf der Unterlippe kauend, im Zimmer auf und ab ging. »Das kann ich nicht machen, oder? Ich kann niemandem den Kopf abreißen. So bin ich nicht. Manchmal bekomme ich kaum den Deckel eines Marmeladenglases auf.«

Sie starrte einige Sekunden auf ihre Hände.

»Ich werde als ich herrschen müssen, wie geplant. Eine inspirierende Galionsfigur. Mehr brauchen die Vampire nicht. Vergiss den Vampirkönig. Er ist meilenweit entfernt in seiner Luxusbadewanne und hört Lil Fang oder so … Er wird nicht einmal wissen, wie es bei mir läuft. Er wird das Interesse verlieren. Er ist ständig damit beschäftigt, irgendwelche Aufstände niederzuschlagen. Du hast recht, Luca. Das ist bloß eine weitere typische Vampirdrohung. Ich sollte sie ignorieren. Ich werde eine erfolgreiche Vampirkönigin zu meinen Bedingungen. Meine Herrschaft, meine Regeln. Er braucht die Details nicht zu kennen. Solange die Vampire zufrieden sind, wird er fortbleiben.«

»Okay«, sagte Luca, »aber du solltest die Vampire wahrscheinlich schnell treffen, bevor Steve auf die Idee kommt, eine weitere Plaudermaus vorbeizuschicken – oder Schlimmeres.«

»Ja.« Mo nickte. »Ich kann es nicht länger hinausschieben. Ich meine, mich noch länger darauf vorbereiten.«

»Also hast du es doch hinausgeschoben?«

»Ich habe die Pause zwischen der Begegnung mit Steve und dem Herrschen genossen, wenn du es genau wissen willst«, sagte Mo. »Aber die Schonphase für die Vampirkönigin ist wohl vorbei. Ich muss vor meine Untertanen treten und herrschen. Möge das Königinnen beginnen.«

»Das Königinnen?«

»Du weißt, was ich meine«, sagte Mo und machte eine ungeduldige Geste mit der Hand. Sie nahm ihren Laptop und gab ihn Luca. »Könntest du eine Eventlocation suchen? Irgendetwas mit genug Platz für uns alle. Ich kann keine Tour machen und die Vampire einzeln besuchen. Sie sind in ganz Großbritannien verteilt und es würde zu lange dauern. Außerdem würden Mum und Dad mich nie mit dir irgendwo übernachten lassen. Also müssen wir sie wohl an irgendeinem zentralen Ort treffen – probier es mal in der Gegend um Birmingham. Schau nach einem Hotel mit Tagungsräumen. Wir müssen es riskieren, sie alle an einem Ort zu versammeln. Zwanzig Vampire in einem Raum unter Menschen, was soll da schon schiefgehen?«

Luca machte den Mund auf, um etwas zu sagen.

»Du brauchst darauf nicht zu antworten«, sagte Mo. »Ich schreibe ihnen«, fuhr sie fort, holte den Briefentwurf hervor, mit dem sie schon begonnen hatte, und füllte die leeren Stellen. Wann? Sie schrieb das aktuelle Datum. Heute war Mittwoch, der kommende Samstag wäre also zu bald, aber vielleicht der danach? Ja. Anderthalb Wochen für die Vorbereitungen. Perfekt. Sie schrieb auch dieses Datum und ein paar weitere wichtige Details in den Brief.

»Ich mache ganz deutlich, dass dies eine beißfreie Veranstaltung ist. Kein Bluttrinken, sonst müssen wir mit dem Zaunpfahl winken«, sagte Mo zu Luca, während sie schrieb. »Sie werden sich wirklich unauffällig verhalten müssen. Kleiderordnung: casual (und so wenig vampirisch wie möglich). Ach ja, und: Selbstverpflegung.«

»Super«, sagte er. »Hier ist eine mögliche Location.«

Er zeigte Mo die Website eines Hotels mit schicken Außenanlagen und Konferenzräumen.

»Da gibt es auch einen Wellnessbereich«, sagte er.

»Denkst du, wir könnten alle zusammen in die Sauna gehen?«, fragte Mo. »Oder wie wäre es mit einer Gesichtsbehandlung? Betreiben Vampire Hautpflege?«

Er klickte die Bilder der Konferenzräume an.

»Schicke Stühle mit diesen goldenen, gepolsterten Armlehnen. Das werden die Vampire lieben«, sagte Mo. »Aber das Teppichmuster ist etwas Übelkeit erregend … Und was für eine Vorhangfarbe ist das? Senf? Curry?«

»Babykacke?«, schlug Luca vor. »Guck, hier steht, der Raum ist für ›bis zu 24 Personen‹ ausgelegt und hat eine tolle Aussicht.«

»Auch nachts?«

»Er heißt der Sonnenschein-Sitzungssaal.«

»Haha, was für eine Ironie«, sagte Mo. »Lass ihn uns für eine Woche ab Samstag buchen. Das ist der zwölfte Dezember.«

Luca tippte ihre Angaben ein. »Das wird teuer.«

»Macht nichts«, sagte Mo. »Hier, nimm meine Dunkelkarte.«

Sie reichte ihm ihre Vampir-Kreditkarte und schrieb dann die Adresse des Hotels in den Brief. Ein Klopfen an der Tür unterbrach die konzentrierte Stille.

»Dad findet, ihr seid verdächtig leise«, ertönte die Stimme ihrer Mutter aus dem Flur.

»Und das kann er uns nicht selbst sagen?«, rief Mo zurück.

»Nein, er hat zu tun«, antwortete ihre Mutter und schob die Tür einen Spalt auf.

»Wie du siehst, Mum, mache ich Hausaufgaben und Luca ist auf der Website seines Lieblings-Eselrettungsvereins, um eine weitere Spende zu überweisen.«

Luca sah auf und grinste. »Die Esel brauchen Unterstützung«, sagte er.

»Das klingt gut«, sagte Mos Mutter. Sie wirkte verwirrt. »Gut, dann gebe ich das so an Dad weiter. Alles in bester Ordnung.«

»Wie immer bei uns«, sagte Mo. Ihre Mutter schloss die Tür wieder und sie hörten ihre Schritte auf der Treppe.

»Bei dir ist so gar nichts in bester Ordnung«, murmelte Luca.

Mo schnaubte, ohne ihr Schreiben zu unterbrechen. Ihr Füller kratzte über das dicke cremefarbene Papier, als sie die Vampire in den Sonnenschein-Sitzungssaal zu ihrer ersten Begegnung mit der Königin lud.

6. Kapitel

An den folgenden Abenden trudelten die Antworten der Vampire per Fledermausexpress ein. Pat und Richard aus Wales – ja. Derek – ja. Natascha und die Mädels – ja. Die Schottenschocker – aye. Ein Vampir namens Sven, der Wikinger – tak. Jeden Abend brachte Luca Mo die Briefe und sie hakte die Namen auf einer Liste ab. Bis Montag hatten alle zugesagt.

»Sie scheinen sich alle so zu freuen«, sagte Mo an diesem Abend zu Luca. »Sie können es kaum erwarten, die Vampirkönigin Großbritanniens zu treffen.«

»Sehr gut. Sie werden dich mit offenen Armen empfangen. Nicht so wie dein Vater mich. Er stellt mich immer noch auf die Probe. Gerade hat er mich gefragt, ob ich schon einmal eine größere Operation hatte, eine ganze Wassermelone gegessen oder einem Delfin in die Augen gesehen habe.«

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