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Paul und die Klettenhexe

hier erhältlich:

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Die kleine Klettenhexe lebt in einem Walnussbaum im hinteren Teil des verwilderten Gartens. Sie liebt Unfug, die Natur und hat eine Schwäche für Kuchen. Paul hingegen, der mit seiner Familie gerade in das zum Garten gehörende Haus gezogen ist, zeichnet sich vor allem durch nüchterne Sachlichkeit aus, ist ein richtiger Streber, ein Kopfmensch durch und durch. Als sich die schrullig-sympathische Hexe ausgerechnet ihn als neuen besten Freund aussucht, ist in seinem Leben nichts mehr wie zuvor ...


  • Erscheinungstag: 05.09.2019
  • Aus der Serie: Paul Und Die Klettenhexe
  • Bandnummer: 1
  • Seitenanzahl: 240
  • Altersempfehlung: 8
  • Format: E-Book (ePub)
  • ISBN/Artikelnummer: 9783505143014

Leseprobe

Für die frechen Spatzen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

© 2019 Schneiderbuch.digital

Verlegt durch Egmont Verlagsgesellschaften mbH

Alte Jakobstraße 83, 10179 Berlin

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten.

 

Die englische Originalausgabe erschien 2018

unter dem Titel »Picklewitch and Jack«

bei Faber & Faber Limited

Bloomsbury House, 74–77 Great Russell Street, London, WC1B 3DA

Text © 2018 by Claire Barker

Illustration © 2018 by Teemu Juhani

Aus dem Englischen von Antje Görnig

Umschlagadaption: Achim Münster

Satz: PPP, Pre Print Partner GmbH & Co. KG, Köln, www.ppp.eu

eBook: PPP, Pre Print Partner GmbH & Co. KG, Köln, www.ppp.eu

ISBN 978-3-505-14301-4

www.schneiderbuch.de

Vorwort:

Fremde Eindringlinge

Seit der Mittagszeit tobte ein heftiger Sturm. Er schüttelte die Sträucher, rüttelte an der Wetterfahne und pfiff durch die Schlüssellöcher. RUMS und BUMS machten die Blumentöpfe. QUIETSCH und KLAPP machten die rostigen Tore. Das Getöse war gewaltig. Es erschütterte das alte Anwesen bis in die Wurzeln.

»Was für ein herrliches Wetter!«, rief das seltsame kleine Mädchen, das hoch oben in den Ästen des alten Walnussbaums saß. »Huiii!«, quiekte es und hielt seinen spitzen Hut fest, denn der Baum schwang hin und her wie eine Schiffschaukel. Auf seiner Latzhose saßen Vögel, und seine Haare waren rot wie die Brust eines Rotkehlchens. »SCHNELLER!«, rief es lachend. »MEHR

Wie auf Kommando erhob sich daraufhin ein Wirbel aus kupferbraunen Blättern vom Boden. Sie drehten und drehten sich, bis sie zu einer riesigen unheimlichen Schattengestalt verschmolzen, die noch größer war als der Baum. Die Gestalt bäumte sich auf und gab ein grausiges Heulen von sich, das kilometerweit die Dachpfannen zum Rattern brachte.

»Ein Sturmwolf!«, staunte das Mädchen und sah voller Bewunderung zu ihm auf. »Sapperlottchen!« Es klatschte begeistert. »Bravo!«

Das Ungeheuer verbeugte sich huldvoll. Dann ließ es sich wieder auf alle viere herab und stieß die Mülltonnen um, dass es nur so schepperte. Als es weitermachen wollte, spitzte es plötzlich die Ohren. Das Brummen eines Motors und das Knirschen von Reifen auf dem Kies ­waren zu hören. Der Sturmwolf fiel augenblicklich zu einem lauen Windchen zusammen und verschwand hinter dem Gartenschuppen.

Ruckartig drehte sich das Mädchen um. Es hielt schnuppernd die Nase in die Luft, und die Vögel auf seiner Latzhose flogen mit schrillen Schreien in den Himmel. »Wer da?«, murmelte es und griff nach seinem Fernglas. »Wer seid ihr Eindringlinge? Freund oder Feind?«

In der Einfahrt ging es so geschäftig zu wie auf einer Ameisenstraße. Ein Klavier, Betten und Stühle wurden aus dem großen gelben Umzugswagen schnurstracks ins Haus befördert. »Häuslinge in Sicht!« Das Mädchen blickte finster drein und schüttelte einen Sperling ab, der auf seiner Schulter saß. »Fledermausdreck noch mal!«

Unten auf dem Boden sprang ein Junge vom Beifahrersitz des Lastwagens. Das Mädchen putzte die Linsen seines Fernglases und sah ihn sich genauer an.

Der Junge war anscheinend im gleichen Alter wie sie, und sie waren wohl auch gleich groß, aber mehr Gemeinsamkeiten gab es nicht. Das Mädchen betrachtete die sauberen Schuhe und die zugeknöpfte Strickjacke des Jungen, dann fiel ihm auf, was für glänzende glatte Haare er hatte. Es griff sich an den Kopf: Es selbst hatte ganz andere Haare; strubbelig und voller Flaumfedern und Zweige. Manchmal versteckten sich die frechen Spatzen darin. Dann musste es mit einem Stock nach ihnen schlagen, um sie zu vertreiben.

»Eine sonderbare Person«, sagte das Mädchen geziert. »Sehr eigenartig und seltsam. Und auch noch schlechte Manieren! Kommt einfach so anmarschiert, ohne Einladung.« Sein Magen knurrte, und es rückte seinen Hut zurecht. »Hoffentlich hat er wenigstens Kuchen mitgebracht.«

1

Guck-guck! Uhuuu!

Haus Krähenhorst hatte seit Jahren leer gestanden. In dem alten, schaurigen Gemäuer war es kalt und muffig. Überall knarrte und quietschte es, und es gab eine Menge geheimnisvoller Winkel und Ecken. Die halb ausgepackten Kisten, die überall herumstanden, wirkten im Dämmerlicht richtig unheimlich, und die Kleider an den Rollständern sahen aus wie Gespenster.

Paul hatte sich in seinen Schlafsack verkrochen. Seine Nackenhaare kribbelten, und er lag mit weit geöffneten Augen da. Er hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Dieses merkwürdige Gefühl hatte ihn seit der Ankunft nicht mehr losgelassen. Zu allem Übel war der Wind wieder stärker geworden. Er fegte ums Haus, polterte über das Dach und bollerte gegen die Türen. Paul hörte, wie die Bäume im Garten rauschten und knarzten, und hielt sich die Ohren zu.

Als ihm seine Mutter davon erzählt hatte, dass sie ein altes Haus mit einem Stück Land geerbt hatten, war Paul ins Träumen gekommen. Er hatte an eine große Wiese zum Fußballspielen und ein paar Apfelbäume zum Klettern ­gedacht. Er hatte gehofft, dass es dort ein Gewächshaus gab, eine Schaukel und vielleicht sogar Platz für ein Trampolin.

Aber der Garten kam ihm eher vor wie aus einem Gruselmärchen. Er war von einer hohen bröckelnden Mauer umgeben, die mit dicken Spinnweben über­zogen war. Da, wo die Nässe in das Mauerwerk eingedrungen war, befanden sich hässliche dunkle Flecken. Die stacheligen Brombeerranken, die über die Mauer hinweg­wucherten, schrien förmlich »Betreten verboten!«. Der einzige Eingang – eine klapprige blaue Holztür – war mit Efeuranken zugewachsen, und durch die rostigen Angeln zwängten sich Farnkräuter. Oben am Himmel drehten Raben und Krähen wachsam ihre Runden und stießen grelle Warnschreie aus. Der Garten war abschreckend, ­sonderbar und gefährlich. Er gefiel Paul überhaupt nicht.

Paul linste durch den offenen Reißverschluss seines Schlafsacks und sah Schatten von dürren Ästen vor seinem Fenster. Die sehen wie die Arme von alten Männern aus, dachte er, als wollten sie nach mir greifen ... Voller Panik sprang er aus dem Bett, zog die Vorhänge fest zu und verschwand mit einem Satz wieder in seinem Versteck. Sein Herz klopfte heftig.

Er versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Sei nicht albern, Paul, hier beobachtet dich niemand. Denk doch mal nach! Bäume haben keine Arme, folglich können sie auch nicht greifen. Ein Baum ist schlicht und einfach ein Baum. Und das da draußen sind nur Schatten. Kein Grund zur Sorge!

Paul war auf seiner letzten Schule drei Mal in Folge als »vernünftigster Junge des Jahres« ausgezeichnet worden. Er war eigentlich kein Fan von wilden Fantasien. Er wusste nämlich, dass es für alles eine logische Erklärung gab, wenn man sich nur bemühte, sie zu finden. Er holte tief Luft, schloss die Augen und sagte Einmaleins-Reihen auf, bis sich sein Herz beruhigt hatte. »Zehn mal vierundzwanzig ist zweihundertvierzig, elf mal vierundzwanzig ist zweihundertvierundsechzig, zwölf mal vierundzwanzig ist zweihundertachtundachtzig.«

Schließlich traute er sich, ein Auge zu öffnen. Von den unheimlichen Schatten vor dem Fenster war nichts mehr zu sehen. Paul war sehr erleichtert. Der Wind heult auch gar nicht mehr, dachte er und lauschte aufmerksam. Jetzt klingt es eher wie UHUUU. Das ist schon etwas anderes. Eulen machen UHUUU, und Eulen sind ein Bestandteil der Natur. Völlig normal. Zum ersten Mal seit der Ankunft erschien ein Lächeln in seinem Gesicht.

Paul beschloss mutig, einen Schritt weiter zu gehen. Ich möchte die Sterne sehen, aber das kann ich nicht, wenn die Vorhänge zu sind, dachte er. Also krabbelte er aus seinem Schlafsack und tappte über den knarrenden Holzboden zum Fenster. Wer weiß? Vielleicht werde ich eines Tages Astronaut, und dann muss ich alles über den Nachthimmel wissen. Er riss die Vorhänge mit einem kräftigen Ruck
auf.

Ein schmutziges kleines Gesicht starrte ihn durch die Scheibe an. »HUUU«, machte es. »UHUUU

Paul rannte schreiend aus seinem Zimmer. »MAMA! MAAAMA! MAAAAMA!«, rief er.

»Paul?« Seine Mutter kam im Sturmschritt die Treppe hoch. »Paul, ist alles in Ordnung? Was ist denn los?«

»Da ist ein Mädchen!«, wimmerte er und zeigte auf seine Zimmertür. »Sie ist draußen am Fenster und guckt rein! Sie hat ... einen Hut auf!«

»Einen Hut? Was für einen Hut? Ein Mädchen? Was?« Pauls Mutter lief den Flur zu seinem Zimmer entlang und knipste das Licht an.

»Einen ... spitzen Hut«, sagte Paul und versteckte sich hinter ihr.

Seine Mutter spähte nach draußen in die Dunkelheit. »Da ist nichts, Paul. Komm her und überzeug dich selbst.«

Paul trat zögernd ans Fenster. »Aber gerade war sie noch da!«, beteuerte er. »Großes Indianerehrenwort! Sie hat ›Huuu Uhuuu‹ gemacht.«

»Ach, Paul.« Seine Mutter seufzte. »Das ist doch nur das stürmische Wetter. Wie soll denn bitte ein kleines Mädchen bis nach oben zu deinem Fenster im Dachgeschoss ge­langen? Noch dazu im Dunkeln? Solche Verrücktheiten passen gar nicht zu dir – sonst bist du immer so vernünftig.« Sie zog eine Augenbraue hoch. »Wie lautet unser Grundsatz? ›Tatsachen, keine Hirngespinste!‹ Schon vergessen?«

»Aber sie war tatsächlich da, Mama«, sagte Paul leise und schaute hinaus in den dunklen Garten, bis die kalte Fensterscheibe von seinem Atem beschlug.

Seine Mutter zog die Vorhänge wieder zu und half ihm in seinen Schlafsack. »Du hast dein Spiegelbild in der Fensterscheibe gesehen, Paul. Das ist die einzige logische Erklärung. Und jetzt versuch zu schlafen. Morgen ist ein großer Tag.« Sie hielt einen Moment inne, setzte sich auf die Bettkante und drückte ihm die Hand. »Ich hoffe sehr, dass du hier glücklich wirst, Paul«, sagte sie liebevoll. »Du hast einen guten Freund verdient. Ich weiß, dass du es in letzter Zeit nicht leicht hattest, aber das hier kann ein Neubeginn für uns beide sein: für mich mit meinem neuen Job in der Praxis und für dich mit deinem Stipendium. Ab jetzt wird alles besser, das verspreche ich dir.« Sie stand lächelnd auf. »Weißt du was? Ich backe dir Muffins zum Mitnehmen. Die kannst du dann in deiner Klasse verteilen. Muffins mag schließlich jeder! Du sollst doch einen guten Start haben, nicht wahr?« Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Und mach dich nicht im Voraus verrückt.«

Sie schaltete das Licht aus und schloss behutsam die Tür, als sie das Zimmer verließ. Paul verkroch sich ganz tief in seinen Schlafsack, kehrte dem Fenster den Rücken zu und kniff die Augen fest zusammen. Es war still draußen. Kein HUUU war mehr zu hören. Er zählte seine Herzschläge auf Spanisch, dann auf Russisch und dann auf Chinesisch. Und irgendwann fiel er in einen unruhigen Schlaf voller Albträume mit verwucherten Märchenwäldern und streunenden Wölfen.

Zum Glück hörte er nicht, wie etwas mit einem kräftigen BUMS in dem Gebüsch unter seinem Fenster landete – dann hätte er bestimmt gar nicht schlafen können.

2

Ein räuberischer Vogel

Paul machte sich am Morgen gut gelaunt auf den Weg zur Schule. Er schwenkte vergnügt die Tüte mit den frisch gebackenen Muffins, die noch warm waren. Trotz der merkwürdigen Vorgänge in der Nacht war er putzmunter. »Es war die erste Nacht in unserem neuen Haus«, sagte er sich, als er beschwingt die Straße hinunterging. »Da sind schlechte Träume wirklich nichts Besonderes. Kein Grund zur Sorge!« Er hatte einen aufregenden Tag vor sich: eine neue Schule, neue Lehrer und vor allem eine Möglichkeit, neue Freunde zu finden. Es war der Beginn eines spannenden Abenteuers, und er wollte sich diesen Tag durch nichts und niemanden ver-
derben lassen.

Paul war ein Spitzenschüler. Er war hervorragend in Mathe, supergut in den Naturwissenschaften und ausgezeichnet in Englisch. Mit seiner Rundum-Begabung hatte er das Zeug zum Schulsprecher. In seiner letzten Schule hatte er einen Spitznamen gehabt: »Herr Oberschlau« hatten ihn die anderen Kinder genannt. Als bekannt wurde, dass er ein Stipendium für die Maria-Makellos-Schule für Hochbegabte bekommen hatte, hatten seine Klassenkameraden vor Freude gejubelt. Im Gegensatz zu den Lehrern: Die hatten geweint.

Die Sonne schien, und Paul pfiff fröhlich vor sich hin. Dabei machte er Pläne für die Zukunft und begann, mit sich selbst zu reden. »Eines Tages werde ich ein berühmter Wissenschaftler!« Er lächelte und betrachtete voller Stolz das goldene Löwenwappen auf der Brusttasche seiner Jacke. »Ich werde der beste Schüler der Schule. Ich spendiere den anderen Muffins und finde viele neue kluge Freunde. Mich wird niemand mehr beschimpfen und in Pfützen schubsen!«

Eins sah er allerdings nicht kommen: den großen Klecks Taubendreck, der mit einem PLATSCH auf seiner neuen Schuluniform-Jacke landete – genau auf dem hübschen Wappen. Paul sah entsetzt an sich hinunter. In dem Moment flog ein einbeiniger Vogel heran, riss ihm die Tüte mit den Muffins aus der Hand und flatterte rasch wieder davon. »He!«, rief Paul und lief ihm nach. »Du Dieb! Gib mir die Tüte zurück!«

Die Taube startete durch und flog hoch hinauf in den Himmel. Aber schon nach kurzer Zeit sackte sie ab, und die Tüte mit den Muffins schleifte wie ein schlaffer Party-Ballon über den Boden – nur wenige Meter vor Paul. Doch dann gelang es der Taube, noch einmal aufzufliegen, und sie flüchtete in den Wald, der an die Straße grenzte. Hinter einem großen Busch landete sie.

Paul folgte ihr schnaufend und schwitzend. Als er aber bei dem Busch ankam, war die räuberische Taube verschwunden. An der Stelle, wo sie hätte sein müssen, saß ein kleines Mädchen und verputzte seine Muffins.

»Was soll das?« Er sah sich verwirrt nach der einbeinigen Taube um. »Wo ist sie? Und wer bist du? Gib mir meine Muffins zurück!« Sie hatte sich gerade einen in den Mund gestopft. Er wollte ihr die Tüte wegnehmen, aber sie hielt sie fest umklammert.

Paul starrte sie grimmig an, und plötzlich riss er die Augen auf. »Moment mal ... Du bist das! Dich gibt es wirklich! Du hast gestern Abend durch mein Fenster geguckt!«

»Hab ich nich«, nuschelte sie und schluckte den Rest des Muffins hinunter.

»Doch, doch, hast du!«, erwiderte Paul. »Was fällt dir ein! Du kannst nicht einfach so Leute erschrecken, die im Bett liegen, und ihnen den Kuchen klauen! Was glaubst du, wer du bist?« Er sah sich ihre komische Jeans-Latzhose an und ihren noch komischeren Hut. Sein Gehirn versuchte zu verstehen, was seine Augen sahen. Ja, wer war sie eigentlich? Sie sah ungefähr so alt aus wie er, aber ganz anders als alle Kinder, die er kannte.

Die Klettenhexe Klarinde schüttete sich seelenruhig die letzten Krümel aus der Tüte in den Mund. Die meisten landeten auf ihrer Hose. »Du bist sehr unhöflich.«

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