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Immerwelt - Der Pakt

hier erhältlich:

Ein Bündnis mit dem Feind

Tenley ist gestorben und hat sich in letzter Sekunde für ihr Zweitleben entschieden. Jetzt ist sie eine Troika und lernt eine völlig neue Welt kennen. Doch sosehr sie sich freut, liebe Familienmitglieder wiederzusehen, viel Zeit zum Eingewöhnen bleibt ihr nicht. Denn als hohes Mitglied der königlichen Garde soll Ten andere Menschen für Troika gewinnen - und schon bei ihrem ersten Auftrag muss sie dabei gegen ihre geheime Liebe aus dem Reich Myriad antreten. Ausgerechnet ihre wahre Liebe kann Tens Ende bedeuten. Es sei denn, sie beide finden einen Weg, das Schicksal selbst zu bestimmen …

»Was für eine wunderbar krasse Welt.« SPIEGEL-Bestsellerautorin Sarah J. Maas


  • Erscheinungstag: 04.01.2019
  • Aus der Serie: Immerwelt
  • Bandnummer: 2
  • Seitenanzahl: 480
  • Altersempfehlung: 12
  • Format: E-Book (ePub)
  • ISBN/Artikelnummer: 9783959678094

Leseprobe

WIDMUNG

Für Gott, mein Fels, meine Festung und mein Erretter!

Für Naomi von French ’n’ Bookish – Danke für alles, was du tust. Deine Unterstützung und deine Begeisterung sind unbezahlbar!

Für Katy Evans und Sarah J. Maas – ihr beide seid einfach fantastisch und so verflixt talentiert! Es ehrt mich, euch zu kennen.

Für mein irdisches Unterstützungsteam Vicki Tolbert, Shonna Hurt, Michelle Quine und Jill Monroe – ihr seid ein göttlicher Segen.

Für Bryn Collier und die fantastische Werbung. Danke, danke und tausendmal danke!

Für Siena Koncsol – du brillante Frau, du tust so viel hinter den Kulissen, und dafür bin ich so dankbar.

Für meine Lektorin Natashya Wilson – ich bin so dankbar für all die Aufmerksamkeit, die du meiner Arbeit schenkst!

»Ich sehe eine schöne Stadt und ein herrliches Volk aus diesem Abgrund sich erheben. Ich sehe die Leben, für die ich meines geopfert habe, friedlich, nützlich, reich und glücklich. Ich sehe, dass ich in ihren Herzen und in den Herzen ihrer Nachkommen ein Heiligtum erbaut habe. Ich tue etwas weit, weit Besseres, als ich je zuvor getan habe, und die Stille, in die ich eingehe, ist eine weit, weit bessere, als mir je zuteilwurde.«

CHARLES DICKENS,
Eine Geschichte von zwei Städten

The light Expands and the darkness Narrows
Das Licht weitet sich aus und die Dunkelheit weicht zurück

Man sagt, dass das ganze Leben an einem vorbeizieht, wenn man stirbt. Das tröstet die Menschen, die geliebt haben und geliebt wurden, quält hingegen jene, die gescheitert sind und nie geliebt wurden.

Ich aber sage, wenn man weiß, wo man die Unendlichkeit verbringen wird, hat man Grund zu feiern! Der Tod ist besiegt. Ewiges Leben herrscht.

Ich bin der Beweis dafür. Mein Erstleben ist vorbei, aber mein Ewigleben beginnt genau in diesem Moment.

Mein Licht wird leuchten …

Die Schatten werden sich zerstreuen … und jedes Leben wird von Bedeutung sein.

Es ist Zeit, zu tun, wozu ich geboren wurde. Es ist Zeit, aufzustehen und zu leuchten.

Egal, was mir bevorsteht – Krieg, Verfolgung, Hunger, Bedrohungen oder mein Zweittod –, nichts kann mich aufhalten. Auf die Nacht folgt immer der Tag, und diejenigen, die in der Nacht weinen, werden am Morgen glücklich sein.

Der Tag bricht bald an. Die Zeit drängt. Lasst den Kampf beginnen.

Wörterverzeichnis aus dem Buch des Gesetzes

Agent /Agentin

Machen den Weg frei, ebnen den Pfad.

* Eine von sechs Positionen innerhalb der Sphären, den Anführern direkt unterstellt.

* Kehren ins Land der Ernte zurück, um ausgewählte Menschen davon zu überzeugen, das Bündnis mit der Sphäre ihrer Wahl einzugehen.

* MA bedeutet Myriad-Agent /Agentin, TA bedeutet Troika-Agent /Agentin.

Anführer /Anführerin

Gehilfen und Gehilfinnen sind kostbarer als Diamanten.

* Assistent /Assistentin der Generäle.

* Verteilt Aufgaben an alle untergeordneten Positionen innerhalb der Sphären.

Auflöser /Auflöserin

Ohne Hoffnung gibt es kein Licht.

* Der höchste Generalsrang in Myriad.

* Selten, momentan existiert kein einziger.

* Löschen das Licht in anderen aus.

Bündnis

Sprich, und so wird es sein.

* Blutschwur zwischen zwei separaten Beteiligten (zwischen Menschen und einer Ewigleben-Sphäre). Kann nur durch Gerichtsbeschluss für ungültig erklärt werden.

* Werden die Bündniskonditionen gebrochen, kann ein Mensch bestraft und sogar zum Tode verurteilt werden, ein Geistwesen kann versklavt werden.

Die Auferstehung

Und die Toten werden wiederauferstehen.

* Einmal pro Jahr führt Troika eine Abstimmung durch; eine Seele aus der Stille wird ins Geistleben zurückgeholt.

* Der Gewinner muss die Stille verlassen, ob es ihm gefällt oder nicht.

Die Stille

Frieden, der nicht mit dem Verstand zu fassen ist.

* Troikaner glauben, dass die Seele nach dem Zweittod in diese absolute Ruhe eintritt, für immer getrennt lebend von den Sphären … von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Erstkönig

Er regiert mit Gnade und Macht, immer und ewig.

* Erschaffer von Troika und Myriad, der Menschen und ihrer Heimat, dem Land der Ernte.

* Vater der Zweitkönige: Eron, Prinz der Tauben, und Ambrosine, Prinz der Raben.

Erstleben

Nicht alles, was ist, soll auch sein.

* Ein menschliches Leben (eine in einem Körper eingeschlossene Seele).

* Generalprobe für das Ewigleben.

Ersttod

Das Ende ist lediglich der Anfang.

* Das Ableben eines menschlichen Körpers.

* Geschieht in dem Moment, in dem eine Seele die Verbindung zu ihrem jeweiligen Körper löst.

Ewigleben

Wo es keinen Anfang und kein Ende gibt.

* Die Nachwelt, in der Troika und Myriad an der Macht sind und gegeneinander Krieg führen.

* Auch bekannt als die Unendlichkeit.

General / Generalin

Erlernen den Weg, gehen ihn und geben ihn weiter.

* Dem Zweitkönig direkt unterstellt.

* Überwachen spezielle Teams von Anführern, Headhuntern, Agenten und Gesandten innerhalb der Sphären.

* Planen Kriegsstrategien und führen Armeen in den Krieg.

Gesandter / Gesandte

Hören und verbreiten die guten Nachrichten.

* Eine der sechs wichtigsten Positionen innerhalb der Sphären, direkt einem Agenten unterstellt.

* Vermitteln Menschen Kenntnisse über die Sphären, schützen vor dem Feind und zeichnen die Heldentaten innerhalb und außerhalb der Sphären auf.

Land der Ernte

Wir werden säen und wir werden ernten.

* Die Erde, Heimat der Menschen.

Myriad

Autonomie, Glück, Luxus.

* Die dunkle Sphäre, regiert von Zweitkönig Ambrosine, Prinz der Raben.

* Magische Wälder flüstern zauberhafte Geschichten und Geheimnisse lauern in jeder Ecke …

Genuss wird gepriesen und die Feste finden kein Ende …

Sieger sind zum Anbeten, Verlierer zum Zertreten …

Emotionen übertrumpfen Logik immer.

* Motto: Macht bedeutet Recht.

Penumbra

In der Dunkelheit führen die Blinden die Blinden.

* Eine Krankheit, in Dunkelheit geboren und verbreitet, sie kann Troikanern das Licht entziehen.

* Herkunft und Heilmittel unbekannt.

Schleier

Jeder, der eintritt, ist willkommen.

* Eine Türöffnung, die in die Ewigleben-Sphäre hinein- und aus ihr hinausführt.

Sphären

Heimat ist dort, wo das Herz genährt oder ausgehungert wird.

* Königreiche in Ewigleben: Troika, Myriad und Viele Enden.

Strömer

Der Tag wird die Nacht für immer verjagen.

* Der höchste Generalsrang in Troika.

* Selten, momentan existieren nur zwei.

* Sie absorbieren die Essenz des Sonnenlichts vom Land der Ernte und leiten die Strahlen nach Troika.

Troika

Gerechtigkeit, Gleichheit, Entscheidungsfreiheit.

* Die Sphäre des Lichts, regiert von Zweitkönig Eron, Prinz der Tauben.

* Von Finsternis unberührt, harte Arbeit ist hier nicht die Ausnahme, sondern die Regel, Gleichheit ist kein Ideal, sondern Normalität, und Angst ist kein geschätzter Freund, sondern ein verhasster Gegner …

Logik übertrumpft Gefühle immer …

es herrschen strenge Gesetze, wer sie verletzt, wird bestraft.

* Motto: Licht bringt Klarheit.

Ungezeichnet

Ohne Hoffnung gibt es keine Freude.

* Mensch, der vor seinem Ersttod weder mit Troika noch mit Myriad ein Bündnis eingegangen ist.

* Verdammt dazu, sein Ewigleben in Viele Enden zu verbringen.

Verschmolzen

Nur weil man an eine Lüge glaubt, wird sie nicht zur Wahrheit.

* Ein myriadischer Glaube, dass eine Seele nach dem Zweittod mit einer anderen (oder sogar vielen anderen) verschmilzt, um im Land der Ernte wiedergeboren zu werden.

* Von Troikanern bestritten.

Viele Enden

Wer die Zukunft ignoriert, bezahlt den Preis.

* Die Sphäre, in der Ungezeichnete nach ihrem Ersttod gefangen gehalten werden.

* Wo alles Glück stirbt und Albträume auf entsetzliche Weise lebendig werden.

Zweittod

Ein weiteres Ende, ein weiterer neuer Anfang.

* Wenn ein Geistwesen all sein Lebensblut verliert.

* Myriad glaubt, eine Seele wird mit einer oder mehreren Seelen verschmolzen, um ins Land der Ernte zurückzukehren; Troika glaubt, eine Seele tritt für immer und ewig in die Stille ein.

Zweitkönig

Derjenige, dem du folgst, bestimmt über den Weg, den du gehst.

* Die beiden Söhne des Erstkönigs; Eron, Prinz der Tauben, und Ambrosine, Prinz der Raben.

* Herrscher jeweils einer Sphäre.

TROIKA

Von: L_N_3/19.1.1

An: M_C_4/2.17.12

Betreff: Tenley Lockwood

Madame Cordell, Sie baten darum, Miss Lockwoods Fall übernehmen zu dürfen, und schworen, mich immer – immer! – auf dem Laufenden zu halten. Doch seit deren Erstleben durch einen vergifteten Speer beendet wurde, habe ich noch keinen einzigen Bericht von Ihnen erhalten. Informieren Sie mich. Umgehend!

Licht bringt Klarheit!

General Levi Nanne

TROIKA

Von: M_C_4/2.17.12

An: L_N_3/19.1.1

Betreff: Ihre Geduld und Ihr Vertrauen rühren mich

Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie ganze 6,8 Sekunden auf einen weiteren Bericht habe warten lassen, Sir. Falls es Ihnen nicht aufgefallen ist, meine Mannschaft ist gerade damit beschäftigt, myriadische Soldaten abzuschlachten – und dabei selbst abgeschlachtet zu werden. Übrigens hat Archer Prince den Zweittod erfahren. Falls es Sie interessiert. Ich habe Tenley aus den Augen verloren und vermute, dass Myriad sie in seinem Schatten verbirgt. Ich tue mein Bestes, sie zu finden, Sir.

Licht bringt Klarheit! ← Vielleicht denken Sie mal darüber nach, Ihres zu benutzen?

Madame Meredith Cordell

TROIKA

Von: L_N_3/19.1.1

An: M_C_4/2.17.12

Betreff: Rrrring! Rrrring! Das ist Ihr Weckruf

Finden Sie sie!

Und um Archer sollten Sie nicht weinen. Er hat ein gutes Leben geführt und starb im Kampf. Sein Name wurde dem BUCH DES NEUEN LEBENS hinzugefügt, somit ist er ein Kandidat für die Auferstehung. Also sehen Sie ihn vielleicht wieder – und vielleicht schon bald!

Licht bringt Klarheit!

General Levi Nanne

TROIKA

Von: M_C_4/2.17.12

An: L_N_3/19.1.1

Betreff: Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Piepton

Wann war »vielleicht« jemals gut genug?

Licht bringt Klarheit!

Madame Meredith Cordell

MYRIAD

Von: Z_C_4/23.43.2

An: R_O_3/2.17.12

Betreff: Die Strömerin

Es steht nun fest: Miss Lockwood ist das Bündnis mit Troika eingegangen. Törichte Madame Bennett! Ihre Taten schaden uns allen. Ihretwegen wirkten wir unmoralisch und hinterhältig, weshalb ich Miss Lockwood ihre Entscheidung nicht einmal übel nehmen kann. Meine Frage lautet: Beschützt Killian Flynn nun Miss Lockwood zu unserem Vorteil – oder zu ihrem?

Wie soll ich weiter vorgehen?

Macht bedeutet Recht!

Sir Zhi Chen

MYRIAD

Von: R_O_3/2.17.12

An: Z_C_4/23.43.2

Betreff: Anweisungen

Sie haben recht. Madame Pearl Bennett hat uns dieses Chaos eingebrockt, doch erfreulicherweise kann ich berichten, dass Killian Flynn den Karren für uns aus dem Dreck ziehen wird. Ich versichere Ihnen, dass alles, was er tut, beabsichtigt und zu unserem Besten ist. Seine Mission ist entscheidend.

Erzählen Sie niemandem von seinen wahren Beweggründen, sonst könnte alles, was er tat und was er noch tun wird, umsonst sein. Lassen Sie die heutige Schlacht ohne Einmischung zu Ende gehen.

Und keine Angst. Was Tenley Lockwood betrifft, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Killian wird weiter seinen Zauber versprühen und dafür sorgen, dass sie ganz allein den Krieg gewinnt – für uns. Er weiß, was auf dem Spiel steht, und er wird uns nicht enttäuschen. Das hat er nie.

Macht bedeutet Recht!

General Rosalind Oriana

1. KAPITEL

»In der Not zeigt sich deine größte Stärke … oder größte Schwäche.«

Troika

Heute

Der Sand in der Sanduhr rieselt, ein Korn nach dem anderen … dem anderen … aus einer Sekunde werden zwei … drei Sekunden … Ich versuche, meine bruchstückhaften Gedanken zusammenzusetzen. Was schwierig ist. Mein Verstand ist umnebelt, meine Gedanken sind unscharf. Vier …

Etwas wird mir klar. Dass Zahlen meine größte Leidenschaft sind; sie erzählen immer eine Geschichte und sie lügen nie.

Fünf … fünf … fünf. Die Zahl schwirrt in meinem Kopf herum, wiederholt sich ständig. Klick. Vor fünf Minuten und vierzehn Sekunden bin ich gestorben.

Halt! Ich bin tot?

Muss ich sein. Mein Herz schlägt nicht mehr und meine Lunge ist kollabiert. Ich kann nicht atmen. Schweiß tropft von meinem Nacken über meinen Rücken, und doch bleibt mein Körper eiskalt.

Ruhig. Still. Obwohl mein Körper vernichtet ist, lebt meine Seele weiter. Das ist ein neuer Anfang. Ein neues Leben.

Ruhig? Im Ernst? Von jetzt an habe ich null zweite Chancen mehr. Null zweite Versuche. Alles, was ich tue, wird von Bedeutung sein: Jedes Wort, das ich sage, alles, was ich tue, jede Person, mit der ich mich befreunde, und jeder Feind, den ich umbringe, wird sich positiv oder negativ auf mich auswirken. Ohne Wenn und Aber.

Willkommen in Ewigleben.

Diese Worte wispern im Wind, in meinen Ohren klingelt es leise. In Sekundenschnelle steigt die Lautstärke an. Ich zucke zusammen. Meine Knochen vibrieren, und ich spüre ein leichtes Klopfen gegen meine Rippen.

Klopf, klopf. Klopf, klopf.

Bamm, BAMM!

Ich schnappe nach Luft, und als ich meinen ersten Atemzug tue, erwacht schließlich mein wahres Ich. Meine Brust kühlt ab und meine Lunge füllt sich. Ich kann wieder atmen. Ich bin tot, aber ich lebe noch.

Erhebe dich! Erhebe dich und glänze!

Ein weiteres Wispern treibt im Wind … oder in meinem Kopf spricht eine Stimme.

Bin ich tot und verrückt?

Sofort fühle ich mich schwach und schalte zurück auf meine Standardeinstellung: zählen. Sechs … sieben …

Klick. Siebzehn! Ich bin siebzehn Jahre alt. Ich wurde am zehnten Tag des zehnten Monats um 10 Uhr 10 geboren, und ich starb am elften Tag des elften Monats um 10 Uhr 14.

1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 0 + 1 + 4 = 10

Die Hand des Schicksals, würden manche sagen. Falsch! Schicksal ist nur ein Mythos, eine Ausrede, eine Möglichkeit, jegliche Schuld von sich zu weisen. Zwar haben wir vielleicht eine göttliche Bestimmung, doch geschieht nicht alles durch göttliches Eingreifen. Unsere Taten verändern den Lauf unseres Lebens zum Besseren oder Schlechteren.

Wir selbst sind die oberste Instanz.

Meine Gegenwart ist das Ergebnis aller Entscheidungen, die in meiner Vergangenheit getroffen wurden – von mir und auch von anderen Menschen um mich herum. Wir sind verantwortlich … weiterzählen … acht, neun … zehn. Ten!

Klick, klick. Mein Name ist Tenley Lockwood. »Ten« für meine Freunde.

5 + 5 = 10. Repräsentiert zwei gleiche Teile.

Das letzte Puzzleteilchen fällt auf seinen Platz. Zwei Sphären in Ewigleben – Troika und Myriad – sind momentan in einen harten, brutalen Krieg verwickelt.

Troika hat dafür gekämpft, mir das Erstleben zu retten, wohingegen Myriad alles unternahm, um es zu beenden. Myriad hat sich als erfolgreich erwiesen. Meine Leiche liegt auf einer blutgetränkten Straße im Herzen von Los Angeles.

Gratulation, Myriad. Ihr habt die Schlacht gewonnen. Den Krieg werdet ihr nicht gewinnen.

Mit meinem letzten Atemzug habe ich Troika die Treue geschworen, für immer und ewig, und ich bereue es nicht. Ich achte das Erstleben. Ich mag Regeln und Strukturen. Und ich finde, Strafe soll nicht schaden oder verletzen, sondern einem etwas beibringen.

Nun bin ich also Troikanerin, neu geboren aus Blut und Gewalt. Eine Soldatin in einem Krieg, der so alt ist wie die Zeit. Nun bin ich mit Leuten verfeindet, die ich nie getroffen habe, aber auch mit Leuten, die ich kenne und liebe.

Ich bin nun eine Feindin von Killian, einem Top-Agenten von Myriad.

Killian! Sein Name klingt wie ein zerrissener Schrei aus der Tiefe meiner Seele. Man könnte sagen, wir hatten eine Beziehung, aber das ist ein viel zu schwaches Wort. Ich war nach ihm süchtig wie nach einer Droge … dennoch habe ich Troika seiner Sphäre Myriad vorgezogen.

Trautes Heim, Glück allein. Das ist etwas, was ich praktisch nie kennengelernt habe.

Ich sollte ihn also hassen, doch alles in mir zieht sich bei dieser Vorstellung schmerzhaft zusammen. Ich werde ihm niemals schaden. Er bedeutet mir zu viel.

»Ist sie tot?« Eine barsche, unbekannte Stimme. »Ist sie das Bündnis mit Troika eingegangen?«

»Ja und ja.«

Den heiseren irischen Singsang erkenne ich. Erleichterung erfasst mich, sie fühlt sich an wie ein kühler Wasserfall. Killian ist nicht von meiner Seite gewichen!

Ich will ihn so dringend sehen, dass ich zittere.

»Ganz schön scheiße, du zu sein«, fährt der Unbekannte fort. In der Ferne ertönt das Klirren von Schwertern. »Jetzt, da Madame Bennett tot ist, bist du Zhi unterstellt. Wenn er herausfindet, dass du das Lockwood-Mädchen nicht für uns gewinnen konntest, wird er deinen Kopf auf einer Lanze aufspießen.«

Aus meiner Erleichterung wird Verzweiflung. Killian ist in Gefahr. Meinetwegen. Ich will ihm helfen, muss ihm helfen, als ich jedoch aufzustehen versuche, stecke ich fest wie eingemauert. Sinnlos!

Was ist das Problem? Meine äußere Hülle ist tot, alle Verbindungen zu meiner Seele unterbrochen. Da sollte ich doch in der Lage sein, hinauszuschweben, oder vielleicht nicht?

»Geh.« Killians Befehl klingt bedrohlich. »Beschütze unsere Leute vor den Troikanern.«

»Damit du Lockwood tötest, bevor ihre Seele ihren Körper verlässt, und du dann die Belohnung allein einstreichen kannst? Nein.«

Belohnung?

Auf einmal ist da ein Sirren. Flammen knistern. Rauch erfüllt scharf und beißend die Luft.

Ich höre ein schmerzvolles Aufkeuchen. Ein lautes Rumms.

»Liegen bleiben«, zischt Killian.

Er hat also den Unbekannten angegriffen?

Warum sollte er einen seiner Brüder verletzen, um seine Feindin zu retten? Warum sollte er riskieren, bestraft zu werden?

Die Antwort ist leicht: Das würde er niemals tun, außer für mich und nur für mich.

Am liebsten würde ich dahinschmelzen, versuche aber, mich zusammenzureißen. Befreie dich, beschütze Killian.

Als er die Möglichkeit hatte, mich zu einem Bündnis mit Myriad zu überreden und damit den Abschluss zu besiegeln, drängte er mich stattdessen, meinem Herzen zu folgen. Wir wussten beide, dass ich nach Troika gehöre. Ihm waren meine Bedürfnisse wichtiger als seine Wünsche, als eine Belohnung oder eine Strafe.

Er hat sein Glück für mich geopfert, aber ich war nicht in der Lage, dasselbe für ihn zu tun. Was für eine miese Freundin bin ich eigentlich?

Ich muss an meine letzten Sekunden denken. Sloan Aubuchon, einst meine Feindin, dann meine Freundin, dann meine erbitterte Feindin, durchbohrte mich mit einem vergifteten Speer.

Ich hasse ihn mehr, als ich dich liebe, sagte sie.

Ihn. Dr. Vans, das Monster, das uns in der Prynne-Anstalt, einem »Heim« für eigensinnige Teenager, den schlimmsten Folterungen ausgesetzt hat.

Myriad versprach, Sloan dabei zu helfen, sich an Vans zu rächen, wenn sie das Bündnis mit ihnen einging und mich ermordete. Sie stimmte beidem zu.

Ihr Verrat traf mich genauso tief wie ihr Speer. Natürlich hat ihr Vans Entsetzliches angetan. Dinge, die niemand jemals ertragen sollte. Aber sein Verhalten entschuldigt nicht ihres. In ihrer Rachsucht wurde sie genau wie er, sie verriet mein Vertrauen, wie er ihres verraten hat.

Zumindest hat sie umgehend dafür büßen müssen. Killian riss den Speer aus meinem Körper und spießte sie auf, um mich vor weiterer Gefahr zu schützen.

Noch ein Grund, warum er bestraft werden wird. Ich muss ihm helfen.

Ich schlage und trete um mich, mache aber nach wie vor keine Fortschritte.

»Wo ist sie, Killian?« Eine andere Stimme. Diese ist ebenfalls leicht wiederzuerkennen. »Wo versteckst du sie?«

Deacon, ein troikanischer Agent. Mein Freund. Er hat mich immer an einen zähen alten Krieger erinnert, der über genauso viel Ehrgefühl wie Muskeln und Kraft verfügt.

Wenn mich jemand befreien kann, dann Deacon.

»Hier drüben«, krächzt Killian. »Sie ist bereits … Man kann sie nicht mehr retten …«

Etwas Hartes und Warmes umschlingt meine Handgelenke. Auf einmal stehe ich fest auf den Beinen und ich kann sehen!

Ich keuche auf, als ich die Geistwelt, die um mich herum in vollem Gange ist, zum ersten Mal erblicke. Gesprenkeltes goldenes Sonnenlicht ergießt sich aus einem saphirfarbenen, seidigen Himmel. Dicke Wolken benetzen das Land darunter mit atemberaubendem Regen aus Diamantenstaub.

Dann wird mir etwas klar. Das sind keine Wolken, sondern eine ganze Reihe von merkwürdig geformten Gebäuden, auf deren Mauern bewaffnete Soldaten hin und her marschieren.

Auf einmal öffnet sich eine Schleuse in meinem Kopf und überflutet mich mit einer Welle von Informationen: Das sind Wachtürme, von wo aus Menschen beobachtet und spirituelle Schlachten gekämpft werden können. Sie bewegen sich zwischen den Sphären und dem Land der Ernte, das Besitzverhältnis ändert sich ständig. Je nachdem, wer gerade die Schlacht gewonnen hat.

Ich runzle die Stirn und schüttle den Kopf. Mir wurde nie etwas über diese Wachtürme erzählt, und trotzdem weiß ich alles über sie? Das kann eigentlich nicht …

Doch, man hat es mir erzählt. Vor Jahren. Mit fünf besuchte ich eine Pflichtklasse über Sphären-Geschichte. Ich hatte … hatte … Oh, wow, berauschende Wärme erfasst mich und ich nehme die köstlichsten Düfte wahr: Wildblumen, Obstbäume und reife Beeren. Wie soll ich mich da konzentrieren? Ich atme tief und genüsslich ein.

»Lass niemanden in ihre Nähe, bis sie verbunden ist«, sagt Killian und schüttelt mich.

Verbunden?

»Meine Männer und ich werden den Bereich, so lange wir können, frei halten«, sagt Deacon und eilt davon.

Ich sehe Killian in die Augen und mein Herz schlägt dumpf. Ich verliere mich in diesem herrlichen, gefühlvollen Gold mit den hellblauen Flecken darin. In einem Auge sind fünf Flecken, im anderen drei. Bei unserem ersten Treffen habe ich diese Flecken mit einer Oktave verglichen. In einer Oktave formen die fünfte und die dritte Note die Grundlage aller Akkorde. Immer, wenn er mich ansieht, beginnt mein Blut zu singen.

Heute ist es nicht anders.

Ein myriadischer Soldat durchbricht den Schutzring, der von Deacon und seinen Männern gebildet wird. Ohne mich aus den Augen zu lassen, stößt Killian den Arm nach vorn, einen Dolch in der Hand. Ich keuche auf. Er hat gerade einen seiner eigenen Leute ermordet. Wild. Brutal.

Lebensblut benetzt die Waffe, es ist klar und glitzert, ein makabrer und doch wunderschöner Anblick. Er kommt wieder zu mir, jeder Schritt eine Drohung, aber ich rühre mich nicht vom Fleck, furchtlos. Dieser Junge würde mir niemals etwas antun.

»Hör auf, meinetwegen deine Leute abzuschlachten«, sage ich.

»Ich beschütze dich so, wie ich es für richtig halte, Mädchen.«

Er steckt den Dolch zurück in die Scheide und legt beide Hände an mein Gesicht, seine Handflächen sind vom jahrelangen Kampf voller Schwielen.

Diese Schwielen kitzeln meine Haut, entwickeln Wärme – Hitze. Solch eine köstliche Hitze. Sofort ist der Kampf vergessen. Ich brenne praktisch lichterloh, mein Blut kocht, quält mich – erregt mich. Das alles nur wegen einer unschuldigen Berührung!

Ich habe auf diesen Jungen immer reagiert, aber noch nie so intensiv. Vielleicht weil wir uns bisher nie wirklich berührt haben, Haut an Haut, nichts, das zwischen uns steht. Kein Fleisch, keine Hülle. Kein Ringen um Leben und Tod.

Ich schmiege mich an seine Hand wie ein Kätzchen, das zum ersten Mal in seinem Leben gestreichelt wird.

Haben alle Geistwesen so mächtige Empfindungen?

Mit geschlossenen Augen atme ich seinen Geruch ein. Torffeuer und Heidekraut. Meine Lieblingsdüfte. Mein Hirn vernebelt sich aufs Neue, Killian berauscht mich, ohne es auch nur zu versuchen.

»Sieh mich an, Mädchen.«

Ich gehorche. Er studiert mein Gesicht, als wolle er es sich tief einprägen. Ich tue dasselbe mit seinem, ich kann einfach nicht anders. Schatten liegen auf seinen Zügen, können seiner überirdischen Schönheit aber nichts anhaben. Seidig schwarzes Haar fällt ihm in die Stirn und zu einer Seite und bildet einen perfekten Rahmen für seine perfekten Gesichtszüge. Seine Augenbrauen sind kräftig und schwarz, seine Haut gebräunt und porenfrei, als ob sie aufgemalt worden wäre. Seine Nase ist scharf geschnitten und seine Lippen sind so üppig, dass man sie fast schon als feminin bezeichnen könnte. Sein kantiges Kinn ist mit hübschen Stoppeln bedeckt.

»In den kommenden Wochen«, sagt er gequält, »musst du mir vertrauen, egal, was passiert. Wirst du das tun?«

»Natürlich.« Ohne darüber nachzudenken, streiche ich mit einer Fingerspitze über diese vollen Lippen. Überall sonst ist er fest und muskulös, aber sein Mund ist zart wie ein Rosenblatt. Ich erschauere.

Seine Pupillen weiten sich, ein Zeichen dafür, dass er mich jetzt noch tiefgreifender wahrnimmt.

»Das hat mit ›natürlich‹ überhaupt nichts zu tun. Es wird dir schwerfallen, aber du musst darauf vertrauen, dass ich immer nur das Beste für dich will.« Sein Griff verstärkt sich. »Bitte.«

Ich möchte ihn beruhigen und habe es auch wirklich vor, doch in diesem Moment weht mir der Wind eine Haarsträhne in die Augen. Stirnrunzelnd halte ich sie ins Licht. Kobaltblau? Was zum …? Bevor ich starb, waren meine Haare schwarz.

»Ich verstehe das nicht«, sage ich.

»Du solltest erst mal die anderen Veränderungen sehen.«

Unsere Hände berühren sich, als Killian mit den Fingern durch mein Haar streicht.

Scharfer Schmerz lässt mich nach hinten taumeln, ich schreie auf.

Hat man mich gerade … erstochen?

»Du bist verspannt.« Killian fängt mich auf, umfasst meine Handgelenke und hält mich aufrecht. »Entspann dich.«

In diesem Tu-was-ich-sage-oder-du-stirbst-Tonfall spricht er normalerweise mit allen anderen, aber nicht mit mir.

Ich werde wütend. »Entspann du dich! Ich …« Heftige Schmerzen durchbohren mich, sie sind zu stechend, viel zu stark. »Ich weiß nicht, was … Ich kann nicht … Ich …« Sterbe ich zum zweiten und letzten Mal? So schnell?

»Du wirst gerade an das Netz deiner Sphäre angekoppelt.«

Netz? In meinem Hals scheint ein mit Stacheln versehener Kloß zu stecken. »Ich fürchte, es stimmt was mit der Verbindung nicht«, stoße ich mühsam hervor.

»Da stimmt alles.« Er zieht mich an sich und streicht mir tröstend über den Rücken. »Das muss jeder durchmachen. Sogar Myriader.«

Ich lege meinen Kopf an seine Schulter, atme bewusst ein und aus. Trotzdem fühle ich mich, als wäre ich in einer Grube gefangen, in der ein nicht endender Kugelhagel mich durchlöchert und ich gleichzeitig von Schwertern durchbohrt werde.

Töte mich! Lass mich sterben.

Doch … der Schmerz vergeht so plötzlich, wie er begann.

Wärme umhüllt mich, durchdringt mich und leuchtet … leuchtet so hell, dass alle Gefühle, die ich vor langer Zeit in dunklen Ecken verborgen habe, auf einmal aufgedeckt werden. Diese Gefühle krabbeln in alle Richtungen wie winzige Käfer. Hass auf meinen Vater. Wut über die Umstände, die außerhalb meiner Kontrolle lagen. Schmerz über den Verlust meiner Mutter und meines kleinen Bruders.

Nichts bleibt mehr versteckt. Ich fauche und schluchze gleichzeitig – Töne, die von einem waidwunden Tier stammen könnten.

»Du bist stark. Du bist mutig«, sagt Killian. »Du schaffst das, Mädchen.«

Als die Wärme sich an drei bestimmten Stellen sammelt – in beiden Händen und in einem Arm –, drücke ich ihn so fest an mich, dass ich ihm vermutlich ein paar Knochen breche. Worüber er sich jedoch nicht beklagt. Die Wärme … sie brennt jetzt. Ich glaube, ich werde gerade … gezeichnet?

In der Mitte meiner Handflächen erscheint ein Kreis mit drei Blättern. Das Troika-Symbol. Anfangs sind sie noch blass, werden aber nach und nach dunkler. An meinem rechten Arm erscheinen drei Zahlenreihen.

»Spirituelle Zeichen«, sagt Killian und streicht mit dem Daumen über eins der Symbole, ohne mich wirklich zu berühren. »Ein äußerliches Zeichen deiner innerlichen Loyalität.«

Endlich, Gott sei Dank, hört auch der restliche Schmerz auf, und ich wimmere erleichtert.

»Ein Schlüssel.« Killian richtet seine Aufmerksamkeit – und seine Phantom-Berührung – auf die Zahlen. »Ich habe Gerüchte gehört, dass Troika die Neulinge zwingt, für ihre Belohnung hart zu arbeiten, was bisher niemand bestätigt oder abgestritten hat.«

Als sein Daumen meine Haut berührt, werde ich von Eiseskälte überflutet und klappere mit den Zähnen. »Ein Schlüssel?«

Killian verzieht wütend das Gesicht, was mich genauso erschreckt wie die Kälte. Er lässt mich los und tritt ein paar Schritte zurück, um mehr Distanz zwischen uns zu schaffen.

Ich bin noch nicht bereit, mich von ihm zu trennen, recke das Kinn vor, gehe auf ihn zu und drücke eine Hand auf sein geliebtes Herz. Eine weitere Kältewelle erfasst mich, diesmal stärker, unerträglich.

»Zero!« Mein Lieblingsfluch. Ich springe zurück und in Sekundenschnelle ist die entsetzliche Kälte verschwunden.

»Ich habe versucht, dich zu warnen«, brummt er.

Als ich in seine Sirenenaugen sehe, begreife ich. Physisch werden unsere Körper sich für immer abstoßen. Dunkelheit und Licht können nicht gleichzeitig existieren. Das eine wird immer das andere verjagen.

Meine Entscheidung für Troika hat das Schicksal unserer Beziehung besiegelt.

Mir schießen Tränen in die Augen. »Killian«, sage ich. Er hat tatsächlich versucht, mich zu warnen. Ich habe mir eingeredet, dass wir einen Weg finden werden, zusammen zu sein, ohne zu begreifen, welche Hindernisse sich uns in den Weg stellen würden.

»Was geschehen ist, ist geschehen.« Er schüttelt fast unmerklich den Kopf, während er weiter zurückweicht. »Wenn ich für dich kämpfe, kämpfe ich gleichzeitig gegen meine Sphäre. Wenn ich gegen dich kämpfe, verliere ich dich. Es gibt keinen Mittelweg. Nicht in unserem Fall. Und wie du muss ich mich entscheiden.«

2. KAPITEL

»Kummer beweist nur, dass du keinen Beschützer hast. Lass dich von uns beschützen.«

Myriad

Killians Worte hallen in meinem Kopf nach. Wenn ich für dich kämpfe, kämpfe ich gleichzeitig gegen meine Sphäre. Wenn ich gegen dich kämpfe, verliere ich dich.

Kein Mittelweg.

Entscheide.

Tränen – dumme, nutzlose Tränen – laufen mir über die Wangen und hinterlassen heiße, brennende Spuren. Ich dachte, ich wäre bereit, für mein neues Zuhause alles aufzugeben. Ich dachte, ich könnte mit den Konsequenzen leben.

Aber der Preis ist schon jetzt zu hoch.

Was soll ich bloß tun? Killian ist nicht nur die Liebe meines Lebens, er ist auch mein bester Freund, der einzige, den ich noch habe. Archer, ein Junge, den ich liebte wie einen Bruder, starb, als er versuchte, mein Erstleben zu retten. Er ist heute gestorben. Schlimmer noch, er ist umsonst gestorben!

Trauer packt mich, nimmt mich in den Würgegriff und tritt mir in den Bauch. Und sie wispert: Du kannst nichts dagegen tun.

Jetzt kommen auch noch Selbstmitleid und Hilflosigkeit hinzu, Gefühle, die ich verachte, denn sie sind nicht etwa unschuldig, sondern giftig.

Sie haben meine Vergangenheit verschlungen, mein Glück aufgefressen, bis nichts mehr übrig war; meine Gegenwart und meine Zukunft kann ich ihnen nicht auch noch überlassen.

»Du bist mir wichtig, Killian. Ich bringe das wieder in Ordnung«, verspreche ich, und dieses Versprechen brennt ein Loch in mein Herz.

»Bin ich?« Sein ungläubiger Tonfall trifft mich. »Wirst du?«

Ich war nie der Ansicht, dass Worte genügen, und ich habe nie Leuten vertraut, die viel Wind machen und sauer werden, wenn man es wagt, ihre Freundschaftsbekundungen in Zweifel zu ziehen. Und ich werde jetzt nicht meine Meinung ändern, nur weil diesmal meine Gefühle infrage gestellt werden.

Meine Taten entscheiden über unser gemeinsames Schicksal.

»Bist du und werde ich.« Ich hebe das Kinn. »Ich werde es dir beweisen.«

Er schüttelt heftig den Kopf. »Bring dich bloß nicht meinetwegen in Gefahr, Mädchen. Mir wäre es lieber, dass du mich hasst und lebst, als dass du mich lie… magst und stirbst. Deacon«, ruft er. »Sie ist so weit.«

Deacon erscheint neben mir. »Zeit, zu gehen.«

Er nimmt meine Hand, und mein Geistkörper begrüßt diese Berührung, Licht und Licht ergänzen einander. Diesmal wird mir nicht kalt, sondern warm – so, wie es bei Killian hätte sein sollen. So, wie es früher mit Killian war.

Was habe ich nur getan?

Deacon sieht aus, als wäre er in meinem Alter, obwohl er unendlich viel älter ist. Er ist schwarz und schön, sein dunkles Haar raspelkurz, das Grün seiner Augen ist saftig und lebendig wie der Sommer. Seine Nase ist einen Hauch zu lang und sein Mund einen Hauch zu schmal, doch beides spielt keine Rolle. Er sieht wie der Bad Boy aus, den er in Killian sieht: hart, grob und absolut sexy.

Er trägt eine schwarze Lederweste mit kleinen Silberklingen anstelle von Knöpfen. Die dazu passende Lederhose hat fünf Reißverschlüsse an jedem Bein.

5 + 5 = 10

Moment. Ich habe ihn nur wenige Minuten vor meinem Tod gesehen, und da trug er eine weiße Robe mit weißem Saum. Verwirrt runzle ich die Stirn. Zwar ist es nicht unmöglich, dass jemand mitten im Kampfgetümmel die Kleidung wechselt, aber nicht besonders wahrscheinlich.

Die Antwort erzeugt neue neuronale Bahnen in meinem Hirn – liegt vermutlich an diesem Netz – und ich reibe mir die Schläfen. Seine Seele war in einer Hülle eingeschlossen, die er inzwischen abgestreift hat.

»Falls es dir nicht aufgefallen sein sollte«, sagt er, »befinden wir uns mitten auf einem Schlachtfeld. Du bist schwach und verletzlich. Wir müssen dich umgehend in Sicherheit bringen.«

Fortgehen? Ich schüttle den Kopf. Er will mich von Killian trennen.

Gute Idee. Todfeinde, schon vergessen?

Diese beiden Jungs haben zuvor an einem Strang gezogen, um mich aus den Fängen einer Verrückten zu befreien, doch da hat Archer auch noch zwischen ihnen vermittelt. Deacon und Killian werden niemals wieder freiwillig an einem Strang ziehen, oder? Sie werden einander nie wirklich vertrauen. Eine Sphäre kann der anderen Sphäre gar nicht vertrauen. Es gab zu viel Verrat in der Vergangenheit.

»Nein.« Ich schüttle den Kopf. Ich werde meine Freunde nicht im Stich lassen, wenn sie mich am meisten brauchen. Ich schiele Killian von der Seite an. »Ich bleibe. Ich helfe.«

»Helfen?« Er grinst spöttisch. »Mach dich nicht lächerlich, Mädchen. Du wirst verletzt werden, und ich werde gezwungen sein, dabei zuzusehen. Es ist nicht länger meine Aufgabe, dich zu beschützen.« Seine Verbitterung steht wie eine unsichtbare Wand zwischen uns. Killian dreht sich um und schlüpft in seine Hülle. »Geh! Bevor es zu spät ist.«

Nicht länger meine Aufgabe …

Der Schmerz, den ich zuvor fühlte, ist nichts im Vergleich zu diesem jetzt. »Es tut mir leid.« Und es ist meine Schuld. Ich habe uns voneinander getrennt, habe ihn verletzt. Den Jungen, der sein Leben für mich riskierte.

Ihm helfen und Troika helfen. Zwei Bedürfnisse. Doch das eine wird immer das andere ausschließen.

»Eine Entschuldigung ist nichts wert, solange sich nichts an deinem Verhalten ändert.« Er sieht mich nicht an. »Also, beweise, dass du die Entschuldigung ernst meinst, und geh.«

Jetzt bin ich nur noch wilder entschlossen zu bleiben. Ich will ihm meine Zuneigung beweisen, indem ich ihn vor meiner Sphäre beschütze.

Daher bleibe ich, wo ich bin, wappne mich für den Kampf, betrachte prüfend meine Umgebung. Oh … Zero. Ich muss schwer schlucken.

Zahllose Seelen und Hüllen, die entweder dafür kämpften, mich zu retten, oder dafür, mich zu töten, wurden zerstückelt. Der Tod sollte nichts Schönes an sich haben, aber der Anblick ist genauso prachtvoll wie widerwärtig. Lebensblut glitzert im Sonnenlicht und verwandelt den Krieg in ein verdrehtes Märchen.

In meinem Erstleben fiel es mir schwer, Hüllen und Menschen voneinander zu unterscheiden. Aber jetzt? Jetzt erkenne ich den Unterschied auf den ersten Blick. Hüllen sind kompakter und haben eine plastikartige Erscheinung wie lebensgroße Puppen. Ich kann Geistwesen und Menschen auseinanderhalten; Geistwesen lumineszieren, menschliche Haut ist glanzlos. Ich kann sogar Troikaner und Myriader unterscheiden. Troikaner sind der Sonnenaufgang, die anbrechende Helligkeit, und Myriader der Sonnenuntergang, Vorboten der Dunkelheit.

Licht gegen Schatten. Hell gegen dunkel.

Diejenigen, die bisher nicht in Stücke zerschlagen wurden, sind noch immer in eine grausame Schlacht verwickelt. Gegrunze und Gestöhne mischt sich mit dem Geräusch brechender Knochen und dem Gurgeln der Kämpfer, die an ihrem Blut ersticken, ein entsetzlicher Soundtrack. Ich schlage mir eine Hand vor den Mund.

»Der nächste Teil wird dir nicht gefallen, Mädchen.«

Killian schnappt sich einen Speer. Den, mit dem Sloan mich getötet hat – den, der noch immer in ihrer leblosen Brust steckt.

Er zerrt daran, reißt die Waffe zusammen mit ein paar Rippen aus ihrem Leib. »Nach dem Ersttod bleiben die meisten Seelen im Körper gefangen, bis sie von einer anderen Seele befreit werden.« Er langt in ihren Oberkörper, seine Finger geistern durch ihr Fleisch. Er zieht …

Und da ist sie, die echte Sloan. Einen Moment lang werde ich von Zorn überwältigt. Sieh an, die Verräterin! Sie sieht genauso aus wie zuvor und doch vollkommen anders. Die modelhaft hübsche Blondine hat sich in eine erlesene, unvergleichliche Schönheit mit Haaren weiß wie Schnee und Lippen rot wie Wein verwandelt.

Sie hat einen unschuldigen Menschen getötet. Sie sollte äußerlich so hässlich sein wie innerlich.

Ich balle die Hände zu Fäusten. Ich könnte sie erledigen, wie sie mich erledigt hat. Ich könnte ihr Ewigleben beenden, bevor es überhaupt begonnen hat. Denn – verdient sie wirklich eine zweite Chance?

Und du?

Diese Frage driftet durch die neuen Bahnen in meinem Hirn, rüttelt mich auf.

Sloan betrachtet die Welt um sie herum mit aufgerissenen Augen von der Farbe des Morgenhimmels. Sie ist verstört und sich keiner Gefahr bewusst. Es gibt keinen besseren Moment, um zuzuschlagen …

Und das werde ich, beschließe ich. Ist mir egal, ob ich eine zweite Chance verdient habe oder nicht. Mir egal, ob ich eine Heuchlerin bin und meinen eigenen Überzeugungen zuwiderhandele.

Was ist nur los mit mir?

Auch das ist mir egal. Ich reiße mich von Deacon los und mache einen Schritt auf sie zu. Schwarze Schatten steigen aus der Erde, bedecken ihre Füße … ihre Waden. Ihr Gesicht ist schmerzverzerrt.

»Hilf mir.« Sie streckt eine zitternde Hand nach mir aus.

Ich bleibe abrupt stehen.

Sie greift nach Killian. Er tritt zurück, lässt sie allein in ihrer Qual. Und dann ist sie weg, keine Spur ist mehr von ihr zu sehen.

»Wo ist sie hin?«, frage ich und werde von Scham gepackt. Denn es ist gut, dass sie verschwunden ist, genauso wie mein Bedürfnis, ihr wehzutun. Ich sollte sie gehen lassen, statt sie zu verfolgen.

»Wohin wohl? Nach Myriad.« Deacon packt mich fest am Oberarm und zieht mich in die entgegengesetzte Richtung. »Du jedenfalls musst jetzt nach Troika. Hier bist du verwundbar.«

Der Kampf tobt noch immer, Soldaten töten sich gegenseitig mit glutroten Schwertern, erschießen sich mit ihren Laserwaffen. Links und rechts zerfallen Hüllen, der Anblick ist verheerend.

»Ich bleibe«, krächze ich. Wegrennen ist feige. Ich bin der Grund für diesen Kampf. Ich werde dafür sorgen, dass er endet.

»Was willst du denn tun, Ten?« Deacon verstärkt seinen Griff. »Du sitzt momentan in einer emotionalen Achterbahn.«

»Woher weißt du …«

»Ich habe das ebenfalls erlebt. Ich weiß, dass das Netz Eigenschaften entblößt, die man an sich nicht mag. Ich weiß außerdem, dass du jetzt niemandem außer dir selbst helfen kannst. Keine Ansprache, mag sie auch noch so begeisternd sein, kann etwas am Blutdurst ändern, den die Soldaten momentan verspüren.«

Er stößt mich zur Seite, was mich so erschreckt, dass ich stolpere.

Ein Pfeil fliegt knapp an mir vorbei, während ich mit den Armen rudere.

»Siehst du!«, brüllt er. »Du bist in Gefahr.«

»Geh, Ten. Sofort!« Killian wirbelt herum und ersticht einen Troikaner, der sich von hinten an ihn herangeschlichen hat, mit dem Speer. »Wenn du getötet wirst, war alles, was wir zu deiner Rettung unternommen haben, umsonst.«

Ich sollte froh sein, dass ihm nichts passiert ist, doch die Wut, die Sloan bei mir entfacht hat, wird nur noch heftiger. Ich mache einen Schritt auf ihn zu, um … was? Ich will ihm nicht wehtun, aber ich kann auch nicht zulassen, dass er weitere Troikaner tötet. Diese Leute … sie sind jetzt meine Brüder und Schwestern.

Halt! So viel Verbundenheit mit Individuen, die ich gar nicht kenne?

Deacon packt mich noch fester. »Ich kann dich nicht ohne deine Zustimmung nach Troika begleiten. Sag Ja.«

Freier Wille zählt, selbst in einem Kriegsgebiet?

Ich ringe mit meinem Gewissen, während sich immer mehr Troikaner um Killian versammeln und ihn attackieren. Er ist stark und geschickt, aber ist er geschickt genug, um das zu überleben?

Die Angst um ihn – um jeden, der kämpft – lässt mich eiskalt werden.

Einige seiner Kameraden eilen ihm zu Hilfe, und ich bin genauso erleichtert wie beschämt. Schließlich könnten sie meinen Leuten etwas antun.

Noch mehr Pfeile fliegen in meine Richtung. Deacon wehrt sie mit seinem Schwert ab, bewahrt mich vor Verletzungen. Oder Schlimmerem.

Zero! Wenn ich mich ins Schlachtgewühl stürze, kann ich entweder Troika oder Killian helfen, aber nicht beiden.

Ich brauche nicht lange nachzudenken. Ich muss Killian helfen. Vor Kurzem erst habe ich meine Mom und meinen Bruder verloren. Etwas früher am heutigen Tag sah ich, wie mein Vater niedergeschossen wurde. Und ich habe Archer verloren. Killian kann ich nicht auch noch verlieren.

Du hast ihn schon verloren …

Nein. Ganz und gar nicht! Und doch versperren mir heiße Tränen die Sicht und laufen über meine Wangen. Das Netz, was immer das auch ist, hat mich in ein emotionales Wrack verwandelt.

Genug mit den Emotionen. Ich muss etwas tun. Jetzt oder nie.

Jetzt! Brüllend stürze ich mich ins Chaos. Gegrunze und Gestöhne. Körperteile fliegen umher, manche mit Absicht und ein Ziel anvisierend, andere, weil sie abgetrennt wurden. Der Geruch von Blut tränkt die Luft, die vor Spannung zu zischen scheint. Entschlossen greife ich nach einem Schwert.

Die Waffe ist zehnmal schwerer, als ich erwartet habe, und mein Arm zittert, als ich versuche, in Stellung zu gehen.

»Halt!«, schreie ich. »Troikaner lieben und vergeben. Hören wir auf zu kämpfen und retten wir Leben. Es muss heute keine weiteren Toten geben.«

Niemand hört mir zu. Deacon hat recht. Eine Ansprache wird niemals diesen Blutrausch durchdringen.

Einer der Troikaner zielt mit Pfeil und Bogen auf Killian. Ich stürze schreiend zu ihm, um ihn zu beschützen. Allerdings bin ich so schwach, dass ich die Distanz nicht überwinden kann und auf der Erde aufschlage. Aber Killian benötigt meine Hilfe sowieso nicht. Blitzschnell hebt er seinen Speer, um den Pfeil abzuwehren, der ein Pling verursacht, als er zu Boden fällt.

Mir bleibt keine Zeit, erleichtert zu sein. Andere Soldaten stürzen sich auf ihn und trampeln mich dabei einfach nieder. Kampfstiefel …

Die mich nicht treffen? Genau! Ich bin ja ein Geistwesen, wohingegen die Soldaten in Hüllen stecken. Wir können einander nicht berühren.

Schwankend stehe ich auf. In Lichtgeschwindigkeit sausen zwei weitere Pfeile in Killians Richtung; er ist schnell genug, sie abzuwehren.

Hinter ihm taucht ein Troikaner mit erhobener Stag auf.

Für eine Hülle ist die Stag das Allerschlimmste. Ein einziger Pfeil fängt eine Seele in der Hülle ein, beide können sich dann nicht mehr bewegen und sind vollkommen schutzlos.

Ich habe keine Ahnung, was die Stag einem Geistwesen ohne Hülle antun kann, aber es ist mir auch egal. Diesmal springe ich mit mehr Schwung, und das macht sich bezahlt. Die Pfeile fliegen durch mich hindurch und werden langsamer, was Killian die Möglichkeit verschafft, sich zu ducken.

Schmerz durchjagt mich, ich schreie auf und falle von Krämpfen geschüttelt zu Boden. Lichtblitze setzen meine Organe in Flammen.

Das Mädchen, das auf mich gefeuert hat, starrt mich entsetzt an. Sie hat gerade einen ihrer Leute angeschossen, und ich habe gerade einen Feind gerettet.

Sie ist so verstört, dass sie nicht richtig aufpasst, als Myriader sich mit schwingenden Schwertern auf sie stürzen. Ziel: ihr Kopf.

»Neeeein!« Ein anderer Troikaner stößt sie aus dem Weg. Ein Schwert fährt durch seine Schulter und trennt einen Arm seiner Hülle ab. Lebensblut spritzt aus der Wunde.

Ich bin genauso entsetzt wie das Mädchen. Hüllen und Geistwesen sind miteinander verbunden. Hat der Junge auch als Geistwesen einen Arm verloren?

Killian schwingt sein Schwert über mir, um mehrere Pfeile davon abzuhalten, in meine Brust zu dringen. Er tritt nach hinten und trifft einen Troikaner, der sich angeschlichen hat.

»Ich habe gesagt, du sollst gehen, Ten.«

Ich … kann nicht. Ich kann ihn nicht verlassen. Ich habe Angst, ihn vielleicht nie wieder zu sehen … und das, wovor man Angst hat, lädt man in sein Leben ein. Das weiß ich so sicher, wie ich meinen Namen weiß.

Ich versuche aufzustehen, was mir nicht gelingt.

Er duckt sich unter dem Schwung eines Schwertes und zieht seinem Gegner die Beine weg.

»Wenn sie heute getötet wird«, sagt er zu Deacon, der gerade einen myriadischen Soldaten abwehrt, »dann ist das deine Schuld, aye. Und ich werde mich rächen, indem ich jeden töte, den du liebst.«

Er ist kalt, gnadenlos. Und er ist noch nicht fertig. Er spießt mich praktisch mit seinen Blicken auf, während er mich hochzieht.

»Geh jetzt endlich. Von dieser Sekunde an geht jeder, den ich töte, auf dein Konto, nicht auf meins.«

Die Berührung ist genauso schmerzhaft wie die zuvor, aber noch schlimmer ist die Enttäuschung, die ich spüre. Wegen seiner Worte. Weil ich versagt habe. Und wegen allem, was das für unsere Zukunft bedeutet.

»Lass mich nicht gehen.« Meine Knie sind weich wie Pudding, doch ein Teil von mir – das Mädchen, das sich das Beste erhofft – will, dass er mich wegzerrt. Kein Kampf mehr, keine Entscheidung mehr treffen zwischen einer Heimat und einem Jungen.

Da täusche ich mich jedoch gewaltig. Mit einem Arm hält er mich aufrecht, während er mit dem anderen schnell und brutal den nächsten Troikaner aufhält, der sich auf ihn stürzt.

Mein Fehler.

Ein Aufgebot an MAs eilt herbei. Killian verteidigt mich gegen seine eigenen Leute, was seine Liste der Verbrechen noch länger macht.

Mein Herz schrumpft zu einem winzigen Knäuel aus Schuldgefühlen zusammen. Wenn ich bleibe, richte ich viel mehr Schaden als Gutes an, richtig?

»Ja«, rufe ich Deacon zu. »Ja, ja, ja.«

Deacon erledigt seinen neuesten Angreifer, kommt zu mir und lässt seine Waffe fallen, um mich von Killian wegzuziehen und mich an seine Brust zu drücken.

Killian hält meine Hand so lange wie möglich fest, und ich klammere mich an seine.

Ist das der Abschied?

Das darf kein Abschied sein.

Deacon rennt. Er ist verletzt, Lebensblut spritzt aus einer Wunde in seiner Schulter und durchtränkt sein Hemd. Mein ausgedörrtes Herz schmerzt. Zwar habe ich das Schwert nicht geführt, doch ich war es, die ihn in diese Situation gebracht hat.

Ohne langsamer zu werden, sagt er etwas in einer Sprache, die ich nicht kenne, die ich aber schon einmal gehört habe, als er mit Archer redete. Eine spezielle troikanische Sprache, die von den Myriadern nicht verstanden wird.

Ich sehe Killian fest in die Augen. Er hält inne, vergisst die Schlacht um uns herum. Er ist so schön und stark, doch er wirkt gehetzt. Ein gefallener Engel, der eintausendundeins Dinge bereut.

Er streckt die Hand nach mir aus, ich versuche, sie zu ergreifen.

Ein Lichtstrahl trifft mich. Ich blinzle und stehe mit Deacon zusammen auf der Brüstungsmauer eines der Wachtürme. TAs flankieren uns auf jeder Seite, Gewehr bei Fuß. Killian ist weg. Ich unterdrücke ein Wimmern.

Keine Zukunft mit Killian, keine Gegenwart mit Archer.

»Hör auf, darüber nachzudenken, was du verloren hast«, befiehlt Deacon, »und fang an, daran zu denken, was du alles gewonnen hast.«

Er hat recht. Jetzt ist weder der richtige Moment noch der richtige Ort, um zusammenzubrechen. »Ist das der Grund, weshalb Archers Tod dich so wenig berührt?«

»Das, und außerdem gibt es eine Chance, ihn wiederzusehen.«

Was? Bestimmt habe ich mich verhört. Archer hat die Stille betreten. Das ist das Ende.

Ich habe keine Gelegenheit, ihn zu fragen. Myriader materialisieren, kreisen uns ein, haben mit Schatten infizierte Pfeile eingespannt … die sich bald in den Himmel erheben. Troikaner blocken sie mit ihren Feuerschwertern ab, woraufhin sie zu Asche zerfallen.

Als die gegnerischen Truppen als grausiges Durcheinander aus Gliedmaßen und Waffen aufeinander losstürzen, lässt Deacon mich fallen. Ich lande krachend auf dem Boden, noch immer zu schwach, um allein zu stehen. Er runzelt die Stirn, reißt ein kleines Fläschchen von der Kette, die er um den Hals trägt, und wirft es mir zu.

»Bis auf den letzten Tropfen«, ordnet er an.

Ich weiß, was in dem Fläschchen ist, als ich es entkorke. Verflüssigtes Manna, genau das, was ein Geistwesen braucht, um gesund und stark zu werden. Der süße Duft ist verlockend, ich trinke alles aus.

Deacon ersticht einen MA, dreht sich um die eigene Achse und ersticht einen anderen.

Ich werde langsam kräftiger.

Zwei MAs stürzen sich gleichzeitig auf Deacon. Der wiederum wirft sich auf den größeren der beiden. Ich rolle mich auf den Rücken und trete nach den Fußknöcheln des kleineren. Deacon ist es dann, der ihn erledigt, bevor er mir auf die Beine hilft.

»Zeit, zu gehen.«

Auf keinen Fall! »Ich bin einsatzbereit. Bleiben wir und kämpfen.«

»Bist du so scharf darauf, wieder zu sterben?«

Hey! »Ich bin gut.« Sowohl Killian als auch Archer haben mit mir trainiert …

Bei dem Gedanken wird mir schwer ums Herz, ich lasse die Schultern sinken.

»Du bist überhaupt nicht gut«, erklärt mir Deacon gnadenlos. »Im Moment bist du wie ein Kleinkind. Du kannst nicht viel mehr als heulen und in die Windel machen. Also …« Er wirbelt herum, um einen MA zu erdolchen. »Wenn Ihre Majestät dann bereit sind, die Reise fortzusetzen …«

Wie kann er es nur ertragen, mir zu helfen? Archer war sein bester Freund, und ich habe Archers Leben aufs Spiel gesetzt, indem ich um eine troikanische Armee gebeten habe, die Killian und Sloan rettet. Killian, der noch immer für Myriad kämpft, obwohl er von seinen Chefs hintergangen wurde, und Sloan, die insgeheim bereits das Bündnis mit dem Feind geschlossen hatte.

Archer war nicht nur ein Agent, er wurde ins Land der Ernte geschickt, um dort die Menschen zu beschützen. Er war nicht nur ein Unterhändler für Bündnisbedingungen oder ein Ratgeber für die Menschen, die bereits bei Troika unterschrieben hatten, er war außerdem integer und gutherzig, ein Mann von Ehre. Eine Seltenheit. Ein Held in Zeiten, in denen Bösewichte die Regel sind.

Archer liebte mich, als ich nicht liebenswert war. Immer und immer wieder hätte er mir irgendwelche Lügen erzählen können, das wäre für uns beide einfacher gewesen. Stattdessen sagte er die Wahrheit, egal, wie schmerzhaft sie war. Er hat die jahrhundertealte Fehde mit seinem größten Feind beendet, um mir zu helfen. Am Ende starb er durch Pfeile, die mir gegolten haben.

Meine Schultern sinken noch weiter herab. »Ja«, sage ich leise. »Lass uns gehen.«

Deacon schlingt einen Arm um meine Hüfte. Wir entmaterialisieren in einem blendenden Lichtstrahl und erscheinen …

Ich atme heftig ein. Wir stehen mitten auf einer kristallenen Brücke. Vor uns ein purpurroter Wasserfall, der von Wänden aus glitzernden Rubin-Geoden umrahmt wird. Die Sedimentschichten ähneln Federn; diese Federn strecken sich nach beiden Seiten aus und erschaffen so die Illusion von Flügeln. Diese Flügel wiederum sind von Edelsteinen wie Topas, Jaspis und Beryll eingefasst.

Die Architektur ist atemberaubend, viel zu perfekt, um von Menschen oder gar der Natur geschaffen worden zu sein. Intelligente Schöpfung.

Also vom Erstkönig erschaffen?

Hier gibt es weder Troikaner noch Myriader, nur Deacon und mich und den kühlen Kuss des feinen Dunsts auf meinen Wangen. Ein Duft, köstlicher als der von Manna – süßer sogar als der von Killian –, durchdringt die Luft.

Deacon baut sich vor mir auf und zischt mich an: »Jetzt, wo wir allein sind … An deinem ersten Tag im Ewigleben hast du Myriad geholfen. Du hast den Typen beschützt, der meine Soldaten getötet hat. Soldaten, die ihr Leben riskiert haben, um dich zu retten.«

Ich kann ihm nicht in die Augen sehen, meine Scham ist zu groß, mein Selbstbewusstsein zerbröckelt wie ein abbruchreifes Gebäude. »Killian hat ebenfalls seine eigenen Soldaten getötet. Er …«

»Du verteidigst ihn noch immer!«, sagt Deacon bellend.

Ich senke den Kopf. »Tut mir leid.«

»Nein, tut es dir nicht. Wenn du die Chance hättest, würdest du es wieder machen.« Seine Stimme klingt flach, und noch schlimmer, seine Worte treffen ins Schwarze. »Wie ich bereits sagte, besteht die Chance, dass Archer zu uns zurückkehrt. Eine sehr kleine Chance. Jedes Jahr werden die Namen der Verstorbenen in das Buch des neuen Lebens eingetragen. Die troikanischen Bewohner wählen eine tote Seele dazu aus, die Stille zu verlassen. Das nennt sich Auferstehung. Aber wir haben dieses Jahr auch einen Strömer verloren. Und Strömer gewinnen die Wahl eigentlich immer.«

Meine Hoffnung steigt … und sinkt gleich wieder. »Vielleicht können wir die Mehrheit davon überzeugen, stattdessen für Archer zu stimmen?« Ich liebe diesen großen Trottel von ganzem Herzen und möchte mehr Sekunden, Tage und Wochen mit ihm haben. Jahre! Jahrzehnte! »Wir können alles erreichen, wenn wir …«

»Uns gemeinsam etwas überlegen? Hart genug arbeiten? Daran glauben?« Er lächelt höhnisch. »Erfolglose Leute arbeiten sich Tag für Tag ins Grab. Und woran sollen wir glauben, Ten? An uns selbst? Soweit ich weiß, hat keiner von uns beiden die Fähigkeit, ein Wunder zu vollbringen.«

Ich sinke in mich zusammen. Ein Teil von mir würde am liebsten das Schicksal für unsere Situation verantwortlich machen. Wenn alles aus einem Grund geschieht und unsere Taten nichts an dem ändern, was geschieht, dann haben wir keine Schuld. Doch jede Entscheidung zählt, führt einen auf einen bestimmten Weg, und das weiß ich auch.

»Was soll ich tun?«, frage ich. »Sag es mir, und ich tue es.«

»Bemüh dich nicht.« Noch immer hat er kein Erbarmen mit mir. »Was du morgen tust, ändert nichts daran, was du heute getan hast.«

Eine Welle des Bedauerns überspült mich, ertränkt mich, zitternd schlinge ich die Arme um meine Mitte.

In den schönsten wie auch in den schlimmsten Zeiten reagiert mein Verstand auf zwei Weisen: Entweder beschäftigt er sich zwanghaft mit Zahlen oder er entwirft ein Gedicht.

Und was tue ich also in diesem Augenblick?

Ich bin Ten. Zehn bedeutet die Vollendung eines Zyklus. Aus zwei Zahlen zusammengesetzt. Eins und Null. Eins: Einsamkeit. Ohne Gemeinschaft. Null: weder negativ noch positiv, einfach nur eine ganze Menge Nichts … so wie mein Stellenwert im Moment.

Zehn von zehn Leuten hassen mich momentan.

Zehn von zehn Leuten werden in ihrem Leben sterben.

Die beiden beliebtesten Zahlen der Welt sind drei und sieben. 3 + 7 = 10. Drei ist bekannt als Dreieinheit – oder Troika. Geist, Seele und Körper. Sieben wird oft als die perfekte Zahl bezeichnet. Sieben Kontinente, sieben Hautschichten – drei Hauptschichten mit vier anderen dazwischen – und die sieben Farben des Regenbogens. Sieben Noten in der Musik. Sieben Dimensionen und Richtungen – zwei entgegengesetzte Richtungen für jede Dimension plus die Mitte … das Statische … das, was sich nie ändert.

Für mich hat sich alles geändert.

Deacon reibt sich mit einer Hand über das Gesicht. »Wenigstens hat der Kampf im Land der Ernte aufgehört, sobald du den Wachturm verlassen hast.«

»Das freut mich.« Also stirbt nun niemand mehr aufgrund meiner Entscheidungen. Zumindest nicht heute.

Er starrt mich lange an. »Folgendes wird jetzt geschehen. Ich bringe dich nach Troika, wo deine Familie und deine Freunde schon auf dich warten. Du wirst eine Woche damit verbringen, die Sphäre zu erkunden, das Land und die Leute kennenzulernen, dann nimmst du an einer Begrüßungsfeier für diejenigen teil, die vor Kurzem den Ersttod gestorben sind. Danach beginnt deine Ausbildung.«

Ich soll Generalin werden. Sogar Strömerin, was der höchste Generalsgrad ist. Ich soll meine Sphäre vor Myriads schrecklicher Dunkelheit bewahren.

In Troika gibt es sechs Hauptpositionen – General, Anführer, Headhunter, Agent, Gesandter und Heiler – mit Hunderten von Unterpositionen.

Sechs Positionen, so wie es sechs grundlegende Werte gibt: Liebe, Weisheit, Wahrheit, Güte, Gnade und Gerechtigkeit.

»Und in dieser ganzen Zeit«, fährt er fort, »gehst du mir besser aus dem Weg. Ich kann deinen Anblick nicht ertragen.«

Meine Kehle ist sandpapierrau. »Gut.« Ich schulde ihm was. Ich werde seinen Wunsch respektieren – während ich gleichzeitig etwas den Respekt vor ihm verliere. Troikaner preisen doch immer die Vorzüge der Vergebung und warnen vor den Gefahren der Rache. Zwei Gründe, weshalb ich mich für diese Sphäre entschied. Zwei Gründe, weshalb ich Killian aufgab.

War ich eine Närrin?

Und dachte ich gerade wirklich die Troikaner anstelle von wir? Ich seufze. Ich bin Teil dieser Familie, selbst wenn ich mich allein fühle.

Nicht dass Gefühle verlässlich wären. Gefühle vermitteln einem selten ein realistisches Bild und enden oft in Zerstörung. Ich muss auf mein Herz hören, auf das, was mein Herz weiß, auch wenn mein Verstand es nicht versteht.

Hallo, spirituelles Gesetz. Bei Sloan bin ich nur meinen Gefühlen gefolgt. Ich muss die Suppe nun auslöffeln, die ich mir eingebrockt habe. Und der Koch heute heißt Deacon.

Unn-nn-nnd jetzt ziehe ich den Kopf noch weiter ein. Wenn ich meine Gefühle nicht kontrolliere, können die zu einer Waffe werden, die gefährlicher ist als eine Pistole oder ein Messer. Sie können mich in der Dunkelheit festhalten und mich für das Licht blind machen. Sie können dafür sorgen, dass ich in einem Moment in die Luft gehe und im nächsten auf den Boden krache. Ich muss mich über sie erheben. Muss tun, was richtig ist, selbst wenn alles um mich herum falsch ist.

Das werde ich nie wieder vergessen.

Deacon deutet auf den Wasserfall. »Das ist der Schleier der Flügel. Der einzige Weg nach Troika. Troikaner können ohne Befürchtungen hindurchgehen. Wenn Myriader es versuchen, verbrennen sie zu Asche.«

Ein Beben erfasst mich. Botschaft verstanden. Wenn ich versuchen sollte, Killian hindurchzuschleusen, werde ich ihn dadurch töten.

Und ein weiteres Mal reißt mich das Gewicht meiner Entscheidung fast zu Boden – die Entscheidung, auf der Seite der einen Sphäre gegen die andere zu kämpfen … alles, was ich habe, alles was ich bin, einem einzigen Ziel zu widmen … den Jungen zu verlassen, der bereit war, für mich zu töten, sogar für mich zu sterben …

Ich versuche, mich mit einem Gedicht abzulenken.

Glück ist unmöglich

Und nie werde ich glauben

Liebe und Licht zeigen den Weg

Wieder und wieder erlebe ich

Schmerz und Dunkelheit gewinnen immer

Die Lüge lautet

Glück und Freude sind nur eine Entscheidung

Die Wahrheit lautet

Es gibt kein Entkommen.

Nie werde ich glauben

»Etwas Besseres liegt vor uns.«

»Man muss den Kampf des Guten kämpfen.«

Ich denke

»Noch Schrecklicheres liegt vor uns.«

Weil es falsch ist zu behaupten

Wir können dem Abgrund entkommen

So deprimierend! Also drehe ich den Spieß um und wiederhole das Gedicht, beginne am Ende und arbeite mich nach oben weiter, und plötzlich ist da ein neuer Hoffnungsschimmer.

An den ich mich klammere. Im Moment ist er alles, was ich habe.

»Siehst du den Dunst über dem Wasserfall wabern?«, fragt Deacon. »Er ist Teil des Schleiers und hüllt die gesamte Sphäre ein. Es gibt keine Stelle, durch die ein Myriader unbeschadet eindringen kann.« Er marschiert über die Brücke, ohne auch nur einen einzigen Blick zurückzuwerfen, mit dem er sich versichert, dass ich ihm folge.

Resigniert laufe ich ihm nach. Es wird Zeit, dass ich meine ewige Heimat kennenlerne. Zeit, Leute zu treffen, mit denen ich mein Ewigleben teilen werde. Meine neue Familie. Die Leute, für deren Schutz ich gekämpft habe.

Eine Frage beschäftigt mich jedoch, als ich unter dem sprühenden Wasser hindurchgehe.

Ich habe mich für sie entschieden … doch was, wenn sie sich nicht für mich entscheiden?

MYRIAD

Von: K_F_5/23.53.6

An: R_O_3/2.17.12

Betreff: Ich klopfe mir jetzt einfach mal selbst auf die Schulter

Betrachten Sie die Sache mit Tenley Lockwood als erledigt. Sie vertraut mir bedingungslos und will mit mir zusammen sein. Vielleicht bereut sie ihr Bündnis mit Troika bereits. Das Problem ist, dass sie das nächste Jahr in Troika festsitzt – zur Ausbildung. Es dauert also mindestens zwölf Monate – oder zweiundfünfzig Wochen –, bis sie im Land der Ernte eingesetzt wird. Zwölf Monate, in denen ich sie nicht sehen und nicht mit ihr sprechen kann. Zweiundfünfzig Wochen, in denen ich nicht in der Lage bin, meinen »Zauber zu versprühen«, wie Sie es gern ausdrücken.

Wie soll ich sie also davon überzeugen, für uns zu spionieren? Es sei denn … Können Sie Troika mit einem Trick dazu bringen, sie schon früher auf einen Einsatz zu schicken?

Egal. Tut mir leid, dass ich das Unmögliche vorgeschlagen habe. Ich werde meinen Zauber wie versprochen in einem Jahr versprühen.

Macht bedeutet Recht!

MA Killian Flynn

MYRIAD

Von: R_O_3/2.17.12

An: K_F_5/23.53.6

Betreff: Zweifeln Sie niemals an mir

Ich bin General, Mr. Flynn. Und zwar einer von den besten. Ich kann alles tun. Somit lassen Sie sich also gesagt sein: Sie werden Miss Lockwood eher früher als später wiedersehen. Dafür sorge ich schon.

In der Zwischenzeit bilden Sie unsere neueste Rekrutin aus. Miss Aubuchon scheint mir eine tatkräftige junge Frau zu sein, die keine Mühen scheut, um eine Aufgabe zu erledigen.

Zudem wurden Sie einem neuen Anführer unterstellt. Richten Sie die Berichte über die Entwicklung von Miss Aubuchon an Sir Zhi Chen. Richten Sie die Berichte über die Entwicklung bezüglich Miss Lockwood an uns beide.

Macht bedeutet Recht!

Generalin Rosalind Oriana

MYRIAD

Von: K_F_5/23.53.6

An: R_O_3/2.17.12

Betreff: Habe ich tatsächlich feuchte Augen bekommen?

Danke, dass Sie mir solch eine Ehre zuteilwerden lassen. Klar bilde ich Sloan liebend gern aus, das Mädchen, das ich gerade erst umgebracht habe. (Teilen Sie mir mit, falls ich Ihnen Sarkasmus erklären muss.) Elena und Charles sind meine Flankierer/Trainees. Eine dritte Person wäre des Guten zu viel, denken Sie nicht?

In Anbetracht meines jüngsten Erfolges möchte ich Sie um einen Gefallen bitten. Bevor Madame Pearl Bennett starb, hat sie die Aufzeichnungshalle besucht, um herauszufinden, wer mit meiner Mutter verschmolzen ist und wo im Land der Ernte das entsprechende Mädchen lebt. Könnten Sie bitte in Madame Bennetts Unterlagen nachsehen? Ich wäre Ihnen sehr dankbar.

Ich bin jedenfalls sicher, dass ich die Sache mit Miss Lockwood besser erledigen kann, wenn ich mich auf sie – und nur auf sie allein – konzentrieren muss.

Macht bedeutet Recht!

MA Killian Flynn

MYRIAD

Von: R_O_3/2.17.12

An: K_F_5/23.53.6

Betreff: Wenn Sie mal nicht hinreißend sind

Sollten Sie mir noch einmal drohen – offen oder versteckt –, lasse ich Sie zurück in den Zwinger bringen.

Elena und Charles wurden einem anderen zugewiesen. Was Ihre Mutter betrifft, werde ich Ihnen den Namen nur zu gern mitteilen … sobald Sie das tun, was Sie bezüglich Tenley Lockwood versprochen haben. So läuft das bei uns. Helfen Sie mir, dann helfe ich Ihnen.

Macht bedeutet Recht!

Generalin Rosalind Oriana

3. KAPITEL

»Demut schützt vor Selbstbetrug. Stolz bedeutet Untergang.«

Troika

Ich tauche in flüssigen Sonnenschein und in Seligkeit. Doch werde ich vom Wasser nicht nass, nicht einmal meine Klamotten bekommen etwas ab; es geht durch mich hindurch, reinigt mich irgendwie von innen und wäscht für einen großartigen Augenblick sämtliche Probleme weg. Frieden hüllt mich ein. Für Angst oder Traurigkeit ist kein Platz mehr.

Ich atme tief ein … langsam wieder aus … und genieße jede Sekunde.

Killian wird es ganz sicher schaffen, alle Hindernisse zu überwinden. Er ist klug. Brillant, um genau zu sein. Und ich freue mich für Archer. Er hat die Stille betreten. Jeder würde sich über einen Dauerurlaub vom Krieg freuen, oder nicht? Zudem bin ich sicher, dass auch ich alle Hindernisse überwinden und mich schnell den neuen Umständen anpassen werde … neue Strukturen, Ausbildung, Traditionen und Leute.

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